Immobilie und Kapitalmarkt

"Die Opportunisten verschwinden aus dem Markt"

Während die europäischen Immobilienmärkte in den vergangenen Monaten hohe Transaktionsvolumina verzeichneten, ebbte der Liquiditätsstrom an den internationalen Kapitalmärkten merklich ab. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?

In der Immobilienwirtschaft ist die durch ein hohes Transaktionsniveau getragene Champagnerlaune zwar verflogen, aber die Stimmung ist weiterhin positiv. Dies kann eine durchaus gesunde Entwicklung sein. Bei den hoch auslaufenden Finanzierungen werden die Zinsen wohl nicht so weit sinken, wie sie das in den vergangenen Jahren getan haben. Denn durch die Krise, die verbriefte US-Sub-prime-Hypotheken an den Kapitalmärkten ausgelöst haben, sieht man die Immobilie wieder als Wert und nicht mehr nur als ein Finanzanlageinstrument, das vom Spread lebt. Dies kommt uns sehr entgegen.

Kapitalmarktinstrumente sind in der Regel sehr liquide, das heißt die Preise passen sich sehr schnell einer veränderten Nachfrage an. Immobilien reagieren dagegen langsamer. Das hat den Vorteil, dass Panikreaktionen und deren volkswirtschaftliche Auswirkungen geringer sind als bei Rohstoffen oder Bonds. Im Gegensatz zu Aktien, die bedingt durch das Anlegerverhalten in ihrem Kurs stark schwanken, trägt der Cash-Flow aus einer gemanagten Immobilie stabiler über Krisen hinweg. Deshalb wirken Immobilienanlagen als Stabilisator im Portfolio.

Wann werden sich die Immobilien- und Kapitalmärkte wieder beruhigt haben?

Hierzu gehen die Meinungen sehr stark auseinander. Diesen Schock wird der Markt so schnell nicht vergessen. Eine Rückkehr zur Situation vor der Krise, also der Zeit von etwa Januar bis Juni 2007, wird es mittelfristig nicht mehr geben. Das Pendel, das im Juni und Juli dieses Jahres extrem in die eine Richtung ausschlug, ist im August und September in die entgegengesetzte Richtung geschwungen und kommt jetzt wieder etwas zurück. Wir werden demnach nicht mehr eine solche Risikoaversion erleben, wie sie im August zu beobachten war, aber dennoch werden viele Banken ihre Kredite auf mittlere Sicht risikobewusster vergeben, mehr Eigenkapital fordern und mit höheren Margen als in der Vergangenheit kalkulieren.

Hat man aus Fehlern der Vergangenheit gelernt?

Es hat eine Neubewertung des Marktes und seiner einzelnen Funktionen gegeben - insbesondere bei der Liquiditätsversorgung. Die Banken sind sich bewusst geworden, dass sie wieder stärker risikoadjustiert "pricen" müssen. Diese Erkenntnis zieht sich durch die gesamte Branche. Die Opportunisten verschwinden aus dem Markt.

Wie viel Schuld trifft die Ratingagenturen an der Vertrauenskrise am Kapitalmarkt?

Man sollte sich davor hüten, einfach den Ratingagenturen die Schuld an der Krise zu geben. Die Krise im August hatte mehrere Ursachen. So wurde angenommen, dass die Zinsen dauerhaft niedrig bleiben und dass Liquidität anhaltend im Überfluss vorhanden sein würde. Überhitzungszeichen wollte niemand sehen. Außerdem wollte man höhere Margen erzielen, als das mit konservativen Produkten möglich gewesen wäre. Gleichzeitig wurden die Risiken der neuen Instrumente nicht im vollen Umfang erfasst.

Die engere Verzahnung von Immobilienfinanzierungen und Kapitalmarkt ist in erheblichem Maße von den Investmentbanken getrieben worden. Sind diese jetzt noch am Markt spürbar?

Die Investmentbanken melden sich wieder am Markt zurück, allerdings in einem deutlich reduzierten Umfang. Einerseits sind sie als Eigenkapitalinvestoren weiterhin sehr aktiv. In dieser Rolle fragen sie auch Finanzierungen nach. Andererseits üben sie sich als Emittenten von Verbriefungen in Abstinenz.

Ist der Verbriefungsmarkt tot?

Nein, aber er ist noch geschockt. Im Vergleich zur Jahresmitte ist das Verbriefungsgeschäft zwar fast zum Erliegen gekommen. Wir hören, dass amerikanische Investmentbanken bereits beginnen, ihre Bestände für Verbriefungen wieder aufzufüllen, um zum Ende des Jahres Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS) in den Markt zu geben.

Das Instrument der Securitization hat nach wie vor seine Berechtigung und es gehört in den Baukasten eines Finanzdienstleisters genauso wie die Syndizierung. Die Verbriefung wird aber nicht mehr das Wundermittel sein, hinter dem alle herlaufen, sondern es wird viel nüchterner betrachtet werden. Künftig werden wir wohl auch im Bereich der Verbriefung konservativere Strukturen sehen. Die Margen werden steigen, denn die Securitization wird nicht mehr so billig zu haben sein, wie dies im Juli noch der Fall war. Die Ratingagenturen hinterfragen die Strukturen, das Servicing und die Origination noch intensiver. Das Produkt Verbriefung wird künftig in einer solideren, robusteren Form wieder auf den Markt kommen.

Ist die enge Verzahnung von Immobilie und Kapitalmarkt ein Irrweg?

Ganz im Gegenteil. Jetzt entdeckt man, dass verschiedene Anlageklassen in Krisen unterschiedlich reagieren können. Insofern hat die Immobilie gezeigt, dass sie in weiten Teilen relativ robust ist.

Wenn ein vom Ansatz her schon notleidender Kredit, egal ob mit diesem eine Immobilie oder ein Auto gekauft werden soll, verbrieft wird, ist es doch nicht verwunderlich, wenn auch die Verbriefung Ausfälle aufweist. Das hat aber mit dem Wesen einer gemanagten und Cash-Flow-stabilen Immobilie nichts zu tun. Man darf nicht den Fehler machen, das Thema Subprime gleichzusetzen mit der Assetklasse Immobilie. Subprime-Finanzierungen sind nichts anderes gewesen als Konsumentenkredite an Kundengruppen mit unzureichender Bonität. Dass diese Kreditnehmer davon auch Häuser finanziert haben, ist lediglich ein Zufall gewesen, sie hätten auch alles andere damit kaufen können und haben das zum Teil auch getan.

Ist der Pfandbrief besser als strukturierte Vehikel?

Der Pfandbrief ist ein historisch sehr lange etabliertes Instrument, das schon durch viele Krisen gegangen ist. Zudem ist er hinsichtlich der Bewertungen sehr viel verlässlicher als beispielsweise die relativ jungen MBS-Strukturen.

Darüber hinaus ist das Market Making beim Pfandbrief während der gesamten Kapitalmarktkrise nicht zum Erliegen gekommen. Bei CMBS wurden zeitweise gar keine Kurse gestellt.

Aber sind nicht auch die für Pfandbriefe gestellten Preise deutlich ausgeweitet worden?

Das ist richtig, aber der Markt war immer intakt. Die Glaubwürdigkeit des

Pfandbriefs als Kapitalanlageinstrument hat durch diese Krise gewonnen und sie ist auch historisch gerechtfertigt. Strukturen wie CMBS und RMBS müssen in einigen Aspekten noch einmal überdacht werden.

Wie spüren Sie die höhere Glaubwürdigkeit der gedeckten Schuldverschreibungen, insbesondere des deutschen Pfandbriefs?

Wir haben das vor allem dadurch gespürt, dass die Spreads während der Krise nur geringfügig auseinander gelaufen sind. Bei englischen und spanischen Covered Bonds hat es dagegen deutlich größere Ausschläge gegeben.

Wurden die Verbriefungsinstrumente, speziell MBS- und CDO-Strukturen, vom Markt, von den Emittenten und den Investoren, nicht richtig verstanden?

Nein, das ist sicher - von Einzelfällen abgesehen - nicht der Fall. Künftig werden die Investoren sehr viel genauer prüfen, welche Strukturen die Anlageprodukte haben und welche Vermögenswerte ihnen zugrunde liegen.

Das heißt eine Rückbesinnung auf die Überprüfung der ökonomischen Sinnhaftigkeit des Grundgeschäfts, für das die Kredite vergeben wurden. Beim Pfandbrief ist das vergleichsweise einfach, weil der Deckungsstock relativ klar sichtbar ist. Die Deckungswerte werden regelmäßig von einer staatlichen/neutralen Stelle überprüft und dann - falls erforderlich - angepasst.

Zuweilen wurde der Pfandbrief als zu teuer und zu starr kritisiert. Hat die Krise gezeigt, dass dieser höhere Aufwand für das Produkt gerechtfertigt ist?

Jedes Produkt könnte billiger sein, aber der Pfandbrief hat eine hohe Qualität und eine getestete Krisenfestigkeit. Somit ist er sicher seinen Preis wert.

Wie sieht die künftige Kapitalmarktstrategie Ihres Hauses nach der Depfa-Übernahme aus?

Um jetzt schon detaillierte Kapitalmarktstrategien zu verkünden, ist es noch zu früh. Beide Institute haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie ausreichend und vorsichtig refinanziert waren und dass sie über einen ausgewogenen Mix an Instrumenten inklusive des Pfandbriefs eine sehr solide Basis hatten. Diese Politik werden wir auch weiter verfolgen.

Wie weit ist der Aufbau einer eigenen Verbriefungsplattform inzwischen fortgeschritten?

Wir haben im Jahr 2006 mit dem Aufbau von Verbriefungsplattformen begonnen. Hierbei sind wir schrittweise und vorsichtig vorgegangen, was in der aktuellen Situation durchaus von Nutzen ist. Wir wollen auch in Zukunft einen weiteren Ausbau unserer Aktivitäten betreiben.

Wird Ihr Haus den Pfandbrief stärker betonen oder geht der Trend trotz Krise weiter in Richtung ungedeckter Schuldverschreibungen?

Die Attraktivität des Pfandbriefs hat unter den Ereignissen der letzten Monate eher gewonnen. Aber zu einem modernen Finanzierungshaus gehört, dass wir alle Instrumente der Refinanzierung beherrschen und nutzen.

Wie gut sind ungedeckte Anleihen im gegenwärtigen Kapitalmarktumfeld platzierbar?

Da die Hypo Real Estate gerade durch mehrere Ratingagenturen heraufgestuft wurde, ist die Situation für uns auch in einem allgemein schwierigen Umfeld besser geworden.

Insgesamt sind die Pfandbriefemittenten glimpflich durch die Krise gekommen. Fühlen sich die Institute jetzt als Gewinner der Krise?

Ich möchte in dieser Situation nicht von Gewinnern oder Verlierern sprechen. Aber das Umfeld für die Pfandbriefbanken ist durch die relativ stabilen Spreads bei der Refinanzierung vergleichsweise günstig geblieben. Im Aktivgeschäft können wir - speziell auch die Hypo Real Estate - von höheren Margen bei gleichzeitig konservativem Risikoprofil profitieren.

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