Messeausgabe 2010

Nachhaltigkeit - Voraussetzung für den Markterfolg

Es ist eines der ungewöhnlichsten Bauwerke Europas und liegt 660 Meter langgestreckt - und neun Stockwerke hoch - auf dem Dach des Fernbahnhofs am Frankfurter Flughafen: The Squaire, ein Gigant, zweimal so lang wie der Eiffelturm und umschlossen von Autobahn und Bundesstrasse. Was sich dem Autofahrer auf der A3 wie ein silbernes Raumschiff präsentiert, birgt im Inneren eine Stadt der Superlative, in der täglich mehr als 10000 Menschen erwartet werden, Besucher, Reisende, Hotelgäste, Beschäftigte.

The Squaire ein nachhaltiges Gebäude

Es ist eine "New Work City" mit Büroflächen von fünf bis 50 000 Quadratmetern, Konferenzmöglichkeiten nach internationalen Standards, einem Business Club, Raum für Kunst und Events, zwei Hilton-Hotels und einem vielfältigen Einkaufs- und Gastronomieerlebnis. Alles in wenigen Minuten und trockenen Fußes zu erreichen: vom Abfertigungsschalter der internationalen Luftfahrtgesellschaften, von dem noch zu errichtenden Parkhaus an der "A3" oder den Hochgeschwindigkeitszügen im Untergeschoß.

Das Gebäude gilt als eine technische Meisterleistung, in deren Decken luftgefüllte Plastikbälle einzementiert wurden, um Gewicht zu reduzieren. Die Stahlkonstruktion wirkt wie ein menschliches Rückgrad, das die Kräfte und Lasten (350 000 Tonnen) über 86 Säulen in das Fundament an den beiden Seiten des Fernbahnhofs verteilt. Und gebaut wurde es bei laufendem ICE-Betrieb; nicht eine einzige Schraube durfte hinunterfallen.

Doch noch etwas anderes zeichnet das ungewöhnliche Objekt mit seinen lichtdurchfluteten Atrien aus: Es ist ein "Green Building", das heißt es ist klimaschonend und vereinigt ökologische, ökonomische und soziale Qualität mit spektakulären Standortvorteilen. Es wird ein international anerkanntes Zertifikat nach amerikanischem Standard (Leed: Leadership in Energy and Environmental Design) in Silber erhalten - möglicherweise in Gold. Doch was bedeutet ein solcher Nachweis für "Nachhaltigkeit" am Markt?

Bauherren, Ingenieure, Juristen, Gutachter und andere Immobilien- und Finanzfachleute werden mit einer Vielzahl entsprechender Fragen konfrontiert: Wie wirkt sich die Investition in "Nachhaltigkeit" auf die Betriebskosten aus? Gibt es eine Garantie dafür, dass die erwarteten Effekte auch tatsächlich eintreten? Wie sehen die Amortisationzeiten aus für den zusätzlichen finanziellen Aufwand bei Neubau, Anbau, Umbau - vor allem bei der Sanierung oder Revitalisierung älterer Gebäude? Wird der zusätzliche Aufwand am Markt honoriert, durch eine höhere Nachfrage, eine höhere Miete beziehungsweise höhere Preise? Welchen Einfluss hat ein entsprechendes Nachhaltigkeitszertifikat auf die Objektfinanzierung und Versicherung? Wie wirken sich die Gebäudeeffizienzrichtlinien der Europäischen Kommission und die bestehenden nationalen Verpflichtungen auf das Investitionsverhalten aus? Wie werden "nachhaltige" Gebäude aus Kapitalmarktsicht beurteilt, und haben sie aus Vertriebs- und Anlegersicht spürbare Vorteile, zum Beispiel bei der Kapitalunterlegung nach Solvency II für bestimmte institutionelle Anleger wie Versicherungsgesellschaften?

Grüne Immobilien-Kapitalanlagen

Die IVG, mit Vermögenswerten von mehr als 22 Milliarden Euro unter Verwaltung, darunter 15,5 Milliarden Euro in Immobilienfonds für institutionelle und private Anleger, hat ausgesprochen gute Erfahrungen mit "nachhaltigen Gebäuden" gemacht. Obwohl es in Europa an ausreichenden Daten über "Green Buildings" fehlt, kann das Unternehmen aus eigener Erfahrung Antworten auf eine Reihe der sich aufwerfenden Fragen geben. Sie hat mehrere "Green Buildings" erstellt und den größten Immobilienfonds für nachhaltige Gebäude (IVG Premium Green Fund) aufgelegt und in kurzer Zeit platziert.

Er investiert insgesamt 300 Millionen Euro in vier neue beziehungsweise neuwertige (sanierte) und nachhaltige (grüne) Bürogebäudeensemble. Der Fonds besitzt eine Club-Struktur mit insgesamt fünf Anlegern. Die Büroimmobilien befinden sich in guten innerstädtischen Lagen in München, Frankfurt am Main, Bonn und Berlin mit bester Verkehrsanbindung, und zwar an Standorten mit Bahnhöfen beziehungsweise Bushaltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs - alles fußläufig zu erreichen. Das Portfolio weist per 1. September 2010 einen Vermietungsgrad von nahezu 90 Prozent aus. Die Laufzeiten der Mietverträge liegen bei durchschnittlich 10,5 Jahren.

Ziel des Fonds ist es, den Immobilienzyklus zu nutzen und neben einer attraktiven Ausschüttungsrendite einen angemessenen Veräußerungserlös anzustreben. Zentraler Standard ist das Green-Building Zertifizierungs-System Leed, das über die größte internationale Akzeptanz bei Investoren und Mietern verfügt. Das Fondsobjekt "An den Brücken" in München kann sogar mit der höchsten internationalen Auszeichnung "Leed-Platin" rechnen. Das deutsche DGNB-Zertifikat (Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen) war bei der Planung und Baubeginn der Objekte noch nicht verfügbar.

Die Vorteile der hohen und damit teureren Bauqualität liegen insbesondere in der Wirtschaftlichkeit. Die Mehrkosten von annähernd zwei bis zehn Prozent für eine nachhaltige Bauweise bei der Erstellung stehen niedrige Betriebskosten und höhere Mieterträge gegenüber. Daneben schafft Nachhaltigkeit ein gesundes Umfeld am Arbeitsplatz, vermindert Umweltbelastungen und langfristige Folgekosten von Umweltschäden.

Außerdem sind mehrere Studien zu dem Ergebnis gekommen, dass auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Büroimmobilien aufgrund ihrer Bauqualität deutlich besser am Markt positioniert werden können. Die Immobilien verfügen über messbare Wettbewerbsvorteile gegenüber konventionellen Gebäuden - auch in der Finanzierung durch die Banken. Bei der Vermietung und Platzierung der Fondsanteile hat sich außerdem gezeigt, dass Umweltschutz und Energieeffizienz bei zahlreichen Unternehmen weit vorn auf der Tagesordnung stehen. Veranlassung dafür ist das erhöhte Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Öffentlichkeit (Corporate Social Responsibility). Es spiegelt sich in einem nachhaltigen, also auf Dauer sozial- und umweltverträglichen Verhalten der Unternehmen wider. Damit verbunden ist der behutsame Umgang mit den natürlichen Ressourcen, und es ist die Selbstverpflichtung zahlreicher Unternehmen, so weit wie möglich nur noch umweltschonende Gebäude zu nutzen.

Vermarktbarkeit

Dieses Verhalten ist durchaus nicht uneigennützig: Nachhaltigkeit in Gebäuden bedeutet nicht nur Verringerung der Betriebskosten und Schonung der Umwelt durch reduzierten Einsatz von Ressourcen, sondern kann auch eine erhöhte Produktivität der Mitarbeiter bewirken. Sie leisten mehr, wenn das Raumklima stimmt, wenn Optik, Akustik und Belichtung optimal gestaltet sind und eine flexible Raumplanung vielfältige Arbeitsformen zulässt. Das ausschließlich umweltschonende Baumaterialien und Einrichtungen verwendet werden, ist eine Selbstverständlichkeit. Solche Objekte verfügen über messbare Wettbewerbsvorteile gegenüber konventionellen Gebäuden. Das heißt, die Nutzer sind bereit, für hohe Qualität und die Aussicht auf Leistungsverbesserung der Mitarbeiter eine erhöhte Miete zu zahlen, zumal die Betriebskosten in diesen Gebäuden deutlich niedriger sind.

Wenn bedacht wird, dass in der Regel lediglich 20 bis 25 Prozent der Lebenszykluskosten eines Gebäudes auf die Planung und den Bau entfallen und sich der Löwenanteil über die Betriebsphase verteilt, wird deutlich, dass sich Nachhaltigkeit in Gebäuden auszahlt, sofern die sonstigen Voraussetzungen wie Standort und Mietniveau stimmen. Umweltschutz allein macht noch kein Bürogebäude wertvoller. Die Qualität des Standortes und des Gebäudes, die Verkehrsanbindung und die Möglichkeit, die Flächen nach individuellen Erfordernissen nutzen zu können, sind genauso entscheidend für den Erfolg wie die Attraktivität des Gebäudes, die Aufenthaltsqualität und die Kosten für Miete und Betrieb.

Wer sich im anspruchsvollen Bürosegment bewegen will, muss einwandfreie Qualität bieten. Das zeigt sich auch an der "Medienbrücke München", ein auf zwei Säulen in einer Höhe von 45 Metern schwebendes Gebäude der IVG mit Panoramablick über die Dächer von München bis hin zu den Alpen. Schon vor Fertigstellung sind rund 80 Prozent der etwa 7000 Quadratmeter großen Büroflächen vermietet - überwiegend an Unternehmen der Medienbranche, die sich in dieser besonderen Immobilie mit Loftcharakter und Leed-Zertifizierung Silber, möglicherweise auch Gold, mit einem umweltschonenden und energieeffzienten Verhalten präsentieren wollen.

Rechtliche Vorgaben

Längst bestimmen die rechtlichen Auflagen für Energieeffizienz und Umweltschutz in Gebäuden den Stand der Technik, vor allem die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare Ener-gien-Wärmegesetz, die eine schrittweise Verschärfung der Klimaschutzziele vorsehen. Die Bundesregierung hat in ihrer Koalitionsvereinbarung "den Weg ins regenerative Zeitalter" vorgegeben. Hier ist die Immobilienwirtschaft gefordert: Rund 17 Millionen Wohn- und annähernd sechs Millionen Gewerbe- und Verwaltungsbauten sind mit ihrem Energieverbrauch für Kühlung, Heizung, Warmwasser, Beleuchtung und Maschinen die Hauptquelle für die schädlichen Treibhausgase und erhöhen die Abhängigkeit von Energieimporten. Der rechtliche Rahmen ist bereits vorhanden, diese Nachteile abzubauen. Damit wird Energieeffizienz in Gebäuden zu einer Voraussetzung für den Markterfolg.

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