Mipim-Gespräch

"Die Marktteilnehmer nehmen Risiken wieder bewusster wahr"

Sie verantworten seit dem 1. September 2007 das internationale Immobiliengeschäft der Eurohypo - mit Ausnahme von Asien und den USA. Wie empfanden Sie Ihre Startsituation?

Ich habe eine gewisse Routine im Wechsel in schwierigen Zeiten. Das passt doch auch zum Übertritt von der Commerz Grundbesitz in die Eurohypo, denn das Bankenumfeld hat sich seit dem vergangenen Sommer massiv verändert. Dieser Wandel macht sich in manchen Bereichen negativ, in anderen positiv bemerkbar. Wenn sich endlich die Märkte normalisieren, wird Banker zu sein dann deutlich mehr Spaß machen als vor zwölf Monaten.

Und das, obwohl an den Immobilienmärkten derzeit kaum etwas geht?

Immobilien werden weiterhin gekauft und verkauft, wenngleich das Volumen deutlich niedriger ist als noch vor einem Jahr. Finanziert werden muss aber auch das. Allerdings haben die aktuellen Transaktionen eine ganz andere Qualität. So sind heute wieder konservative Strukturen möglich, die zwischenzeitlich nicht durchsetzbar waren.

Die Investoren müssen wesentlich mehr Eigenkapital mitbringen und die Leistungen der Banken angemessen bezahlen. So finanziert es sich aus Bankensicht leichter und nachhaltiger.

Fiel Ihnen die Umstellung vom Investor zum Finanzierer demnach leicht?

Ich beschäftige mich nun schon seit vielen Jahren mit der Assetklasse Immobilie - zuerst als Projektentwickler, dann als Investor und jetzt als Banker. Das Zentrum meiner Tätigkeit ist also immer das Gleiche geblieben, nur der Blickwinkel hat sich geändert.

Warum verteilt die Eurohypo die Verantwortung für das Immobilienkreditgeschäft auf drei Schultern - Herr Knobloch für die USA und Asien, Herr Plesser für Deutschland und Sie für den Rest?

Diese Aufgabenverteilung verlangt der Umfang des Geschäfts. Deutschland ist mit einem Anteil von 30 Prozent am Neugeschäft unserer Kernmarkt und soll das auch bleiben. 70 Prozent der Neuzusagen akquirieren wir im Ausland. Zudem wollen wir in neue Märkte vordringen: In Asien tasten wir uns schrittweise vor, gleichzeitig werden wir unsere Präsenz in Lateinamerika ausbauen. In Mexiko ist die Eurohypo bereits, nach Brasilien - Sao Paulo - wollen wir in diesem Jahr. Das alles verlangt nach einer Aufteilung der damit verbundenen Verantwortung.

Wie würden Sie die aktuelle Lage an den Immobilienmärkten beschreiben, für die Sie in Ihrem Hause zuständig sind?

Die Preise, die für Immobilien und Portfolios bis zum Sommer 2007 aufgerufen wurden, waren sehr aggressiv. Das muss aber per se noch nichts Schlimmes sein. Denn die Preise antizipierten damals Mietsteigerungen, die jetzt auch tatsächlich eingetreten sind und bei denen bisher keine Gegenbewegung zu erkennen ist. Insofern können sinkende Anfangsrenditen durch höhere Mieten kompensiert oder sogar überkompensiert werden.

Bei der Marktbetrachtung muss grundsätzlich zwischen den Investment- und den Mietmärkten unterschieden werden. In die Investmentmärkte ist inzwischen flächendeckend Bewegung gekommen. Vor allem in Großbritannien sind wie in den USA massive Preisrückgänge zu beobachten. In beiden Märkten ist der Boden noch nicht erreicht. Allerdings werden die Wertänderungen der Objekte - je nach deren Qualität - durch steigende Mieten teilweise ausgeglichen.

Dabei hält sich die Mietnachfrage bei sehr großen Flächen noch zurück, weil hier auf fallende Mieten gewartet wird.

In Kontinentaleuropa ist die Marktentwicklung sehr heterogen. Vor allem in Mittel- und Osteuropa herrscht große Nervosität und auch im spanischen Immobilienmarkt besteht eine gewisse Unruhe. Denn dort sind die heimischen Immobilieninvestoren während der Prosperitätsjahre sehr dynamisch gewachsen. Allerdings ist dieses Wachstum mit Fremdkapital finanziert worden, das sich inzwischen erheblich verteuert hat. Deshalb wird sich die spanische Konjunktur eintrüben, was bislang aber in den Mietpreisen noch nicht erkennbar ist.

Sind die Renditen in Osteuropa und Russland noch risikoadäquat?

Hier ist sicherlich zu differenzieren, aber mir fällt kein Grund ein, warum ein gut gelegenes Einkaufszentrum in einer polnischen Stadt risikoreicher sein soll als ein vergleichbares Objekt in Deutschland. Die relativ stark geschrumpften Renditeabstände sind demnach gerechtfertigt. Und Russland bietet aufgrund seiner Volatilität, seines Aufschwungs und der hohen Nachfrage bei unzureichendem Angebot mehr Chancen und ist daher für einige Investoren interessanter als die EU-Märkte.

Eine Besonderheit ist aber, dass das Land aufgrund der hohen Rohstoffeinnahmen nicht auf internationales Kapital angewiesen ist. Insgesamt sind aber die Fundamentaldaten für die europäischen Immobilienmärkte in Ordnung, es gibt also keinen Grund, hier nur pessimistisch in die Zukunft zu blicken.

Wenn dem tatsächlich so ist, warum fallen dann die Immobilienpreise?

Wahrscheinlich ist das eine Reaktion auf die lange Zeit steigenden Objektpreise, die keinen fundamentalen Grund, aber einen Anlass brauchte: die Sub-prime-Krise. Dadurch wurden Erwartungen genährt, dass Wolken am Konjunkturhimmel aufziehen könnten. Zwar ist von denen noch nicht allzuviel spürbar - zumindest in Europa -, aber die Marktteilnehmer werden trotzdem vorsichtiger und nehmen Risiken bewusster wahr.

Indem Banken in der Folge höhere Eigenkapitalanforderungen stellen, müssen sich Investoren mit hohen Fremdfinanzierungsquoten als Nachfrager vom Markt zurückziehen, während sich andere Investoren wie Versicherungen und Pensionsfonds weiterhin und sogar tendenziell stärker in Immobilienanlagen engagieren. Wenn aber am Ende des Tages eine Rechnung über die Folgen der Subprime-Krise aufgemacht wird, dann wird herauskommen, dass weltweit 7 000 Milliarden Euro Fremdfinanzierungsvolumen im Markt fehlen. Das lässt sich nicht vollständig durch höheren Eigenkapitaleinsatz ausgleichen.

Trotzdem: Die aktuelle Entwicklung ist gesund, denn das im Sommer 2007 erreichte Preisniveau war beunruhigend. Hätte dieser Höhenflug länger angehalten, wäre der Rückstoß irgendwann durch fundamentale Marktveränderungen ausgelöst worden und dann vermutlich weit schlimmer ausgefallen.

Sollten wir also dankbar sein, dass es die Subprime-Krise gab?

Soweit würde ich nicht gehen. Eine vorsichtige Korrektur wäre mir lieber gewesen.

Sind die Banken an der momentanen Marktlage schuld?

Die Banken sind die Leidtragenden. Zwei Aspekte sind zu beachten: Erstens gibt es Kreditinstitute, die in den vergangen Jahren sehr ambitioniert im Markt unterwegs waren, derzeit aber nicht mehr aktiv sind, weil sie keine Ressourcen frei haben. Zweitens strukturieren die aktiven Banken ihre Kredite konservativer.

Wir zählen uns zu dieser zweiten Gruppe, denn bei uns unterliegt das Geschäft keinen Restriktionen, außer dass es profitabel sein muss und in unsere Risikostreuung passt. Denn auch wenn Verbriefungen in Europa derzeit gar nicht und in den USA nur eingeschränkt funktionieren, haben wir mit dem Pfandbrief ein attraktives Refinanzierungsinstrument, dessen Reputation in der Krise sogar noch zugenommen hat und das heute wieder intensiver genutzt wird. Darüber hinaus kann auch weiterhin syndiziert werden.

Kehrt der klassische Konsortialkredit zurück?

Eindeutig ja. Bei großen Transaktionen im Bereich von mehreren hundert Millionen Euro nimmt heute kaum noch eine Bank den Kredit allein auf das eigene Buch, um ihn anschließend zu syndizieren. Häufiger werden bereits vorab die nötigen Bankpartner für einen Konsortialkredit gesucht.

Gibt es so große Transaktionen noch?

Sie sind deutlich weniger geworden. Zugenommen hat vor allem der Handel mit Einzelimmobilien. Häufig sind derzeit Transaktionen zwischen 100 und 400 Millionen Euro zu sehen - mit steigenden Margen.

Gab die Mipim die Stimmung im Markt wieder?

Ich denke schon. Während vor einem Jahr noch viel Euphorie im Markt und auf der Messe herrschte, war diesmal doch deutlich mehr Vorsicht spürbar.

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