Zukunft des REIT

Immobilienaktien - Immobilien oder Aktien?

Experten diskutieren seit Jahren die Frage, ob die Wertentwicklung von Immobilienaktien eher durch die Immobilien- oder die Aktienmärkte getrieben ist. Eine aktuelle von der EPRA in Auftrag gegebene Studie der IREBS International Real Estate Business School an der Universität Regensburg gibt eine überraschend eindeutige Antwort: Die Performance von Immobilienaktien hängt langfristig von der Entwicklung an den Immobilienmärkten ab. Kurzfristig wird sie jedoch von den Entwicklungen an den Aktienmärkten beeinflusst.

Neuer Forschungsansatz

Forschungen über das grundsätzliche Verhalten von Immobilienaktien sind nicht neu. Bisher gelang es jedoch nicht, eindeutige und schlüssige Ergebnisse aus den Untersuchungen zu ziehen. Zu sehr waren die letztlich inkonsistenten Daten von der Methoden- und Stichprobenwahl abhängig. Dieser Umstand ist für all jene unbefriedigend, die eine Alternative zu direkten Investitionen in Immobilien suchen und zwischen verschiedenen Angeboten der indirekten Immobilienanlage wie Offene und Geschlossene Immobilienfonds, Aktien von Immobilienaktiengesellschaften sowie Real Estate Investment Trusts (REITs) oder Beteiligungen an Real Estate Private Equity Fonds zu wählen haben.

Die Beantwortung der Fragestellung hat weitreichenden Einfluss auf die Investitions- und Diversifikationsentscheidungen auf der Ebene eines Portfolios. Durch die Börsennotierung kann sich die Performance einer Immobilienaktie und ihr Risiko-Chancen-Profil nicht den Entwicklungen an den allgemeinen Aktienmärkten entziehen. Entsprechend fließen die aktuellen Wirtschaftsentwicklungen ebenso in den ermittelten Anteilspreis mit ein wie mögliche Fehleinschätzungen und -bewertungen von Analysten. Das eigentliche Kerngeschäft der notierten Unternehmen ist jedoch die auf langfristige Zeiträume ausgerichtete Bewirtschaftung von Immobilien.

In der Studie wurde ein gänzlich neuer analytischer Ansatz verfolgt. Erstmals bezog man gesamtwirtschaftliche Faktoren ein und fokussierte sich nicht ausschließlich auf die Einflüsse der drei Anlageklassen, die bisher betrachtet wurden - Immobilienaktien, Direktimmobilien und allgemeine Aktien. Die Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher Faktoren gestattete, auch solche Effekte zu betrachten, die aus den Wechselwirkungen zwischen der Gesamtwirtschaft und den drei vorgenannten Anlageklassen resultieren.

Für die Stichprobe wurden die Märkte der Vereinigten Staaten und Großbritanniens, unter anderem wegen ihrer besonders hohen Transparenz und des großen Marktvolumens, gewählt. Die dort vorhandenen Finanz- und Immobilienmarktindizes als Kennzahlen für die Wertentwicklungen auf den Märkten greifen auf einen langen Erhebungszeitraum zurück und decken den Großteil des Marktvolumens ab. Für das allgemeine wirtschaftliche Wachstum dienten die jeweiligen Bruttoinlandsprodukte als Indikator. Als Inflationsindikator wurden die Verbraucherpreisindizes beider Länder ausgewertet. Um den Einfluss des Geldmarkts zu ermitteln, zog man die Interbankenzinsen heran, aus denen sich die resultierenden Kreditkosten ableiten lassen. So ging der Interbankenzins als Indikator für das Investitionsklima ein.

US-amerikanische und britische Marktdaten

Die Auswertung startet im Jahr 1992. Zuvor wurden die US-amerikanischen Daten zwischen 1978 und 2008 sowie die Daten aus Großbritannien zwischen 1988 und 2008 auf sogenannte strukturelle Brüche untersucht, welche zu falschen Trendannahmen in den Zeitreihen und schließlich zu Fehlinterpretationen führen können. Der gefundene strukturelle Bruch im Jahr 1992 war in beiden Ländern durch eine vorausgegangene Phase der Rezession und einer von massiven Senkungen der Leitzinsen begleiteten Erholungsphase erklärbar.

Nach der Auswahl der Betrachtungszeiträume wurden die Daten mittels eines komplexen VECM (Vector Error Correction Model) ausgewertet. Dieses statistische Verfahren aus der Ökonometrie dient der Auswertung von Zeitreihen wie beispielsweise Aktienkursen. Die untersuchten Variablen stehen dabei in einem sinnvollen, anders als bei einfachen linearen Regressionsmodellen, vorher nicht bekannten Zusammenhang. Beeinflussen sie sich gegenseitig, nennt man sie co-integriert. Man spricht diesen Modellen verlässliche Ergebnisse bei Betrachtungen langer Zeithorizonte mit weniger Datenpunkten, die zeitlich weit auseinander liegen, zu. Hintergrund ist, dass makroökonomische Daten lediglich monatlich oder gar vierteljährlich, wie im Falle des Bruttoinlandsprodukts, erhoben werden. Aktienindizes werden jedoch täglich ermittelt. Dazu ist es nicht sinnvoll, Veränderungen an Direktimmobilien monatlich zu analysieren, da sie seltener bewertet werden und subjektiven Schätzungen unterliegen.

Erhöht man jedoch die Anzahl der Faktoren in einem solchen Co-Integrationsmodell, steigt die Wahrscheinlichkeit signifikant, dass die Ergebnisse zu instabil werden, um aussagekräftige Schlussfolgerungen abzuleiten. Es ergaben sich dennoch sehr stabile Daten, die erstaunlich aussagekräftig und deutlich waren. Die Stabilität der Ergebnisse bestätigt auch die Auswahl der Daten für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die Dichte an Auswertungspunkten, mit der gearbeitet wurde. Dementsprechend überzeugend fallen die Schlussfolgerungen aus.

Ergebnisse

Die Immobilienaktien der untersuchten Länder sind langfristig signifikant durch den zugrunde liegenden lmmobilienmarkt beeinflusst. Die Studie zeigte auch, wie stark die Abhängigkeiten für bestimmte Zeiträume sind. Je länger der betrachtete Zeitraum ist, desto stärker wird der Einfluss des Immobilienmarkts. Das setzt sich fort bis zu einem Punkt, an dem sicher abgeleitet werden kann, dass sich Immobilienaktien über einen sehr langen Investitionszeitraum letztlich wie Direktimmobilien verhalten. Immobilienaktien sind bei kurzfristiger Betrachtung zwar durch den Aktienmarkt beeinflusst, auf lange Sicht sind sie jedoch definitiv durch die Entwicklung der Immobilien in den jeweiligen Portfolios getrieben. Für weniger entwickelte Märkte weisen ähnliche Resultate darauf hin, dass die Ergebnisse auch dort Gültigkeit besitzen. Je weiter entwickelt und transparenter diese Märkte sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie sich in gleicher Weise verhalten.

Zwischen den untersuchten Ländern ergaben sich jedoch auch Unterschiede. In den USA ist eine stärkere Verflechtung innerhalb der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu beobachten als in Großbritannien. So konnten starke Wechselwirkungen von Bruttoinlandsprodukt und Zinsniveau in den USA ausgemacht werden. Im gesamten Untersuchungszeitraum fanden sich höhere Wachstumsraten der Gesamtwirtschaft bei im Verhältnis niedrigen Zinssätzen. Diese waren verantwortlich für zusätzliche, kreditfinanzierte Investitionen und führten über diesen Weg zum Anstieg der Immobilienpreise. In Großbritannien deuteten die beobachteten Entwicklungen der Indizes darauf hin, dass sich die Finanz- und Immobilienmärkte vor allem untereinander beeinflussen. Außerdem bestätigten die Resultate, dass Aussagen zum wirksamen Inflationsschutz durch Immobilieninvestitionen nicht unabhängig von der Betrachtung des wirtschaftlichen Umfelds und dessen Verknüpfung mit dem Immobiliensektor getroffen werden können.

Immobilienbesitz bietet gute Diversifikationsmöglichkeiten für Investoren mit Multi-Asset-Portfolios. Den Direktinvestitionen stehen jedoch Eintrittsbarrieren wie hohe Transaktionskosten, Transparenzlücken und schlechte Liquidierbarkeit entgegen. Wenn aber börsennotierte Immobilienaktien langfristig einen adäquaten Ersatz für Direktimmobilien darstellen, können Investoren mit langem Investitionshorizont von den Vorteilen beider Anlageklassen profitieren - von der Liquidität, Transparenz und dem Management der Immobilienaktien sowie den Diversifikationsmöglichkeiten und dem Risiko-Chancen-Profil von direkten Investitionen in Immobilien. Die Studie zeigt nicht nur, dass Immobilienaktien auf lange Sicht als Ersatzinvestition für direkten Immobilienbesitz dienen können, sondern auch, wie gut sie diese Rolle für unterschiedliche Anlagezeiträume spielen. Wer langfristig in Immobilien investieren möchte und ausreichend flexibel ist, findet in Immobilienaktien damit eine gute Alternative zu direktem Immobilienbesitz.

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