Assetklassen

Immobilien als Anlage - ein Vergleich mit Aktien und Anleihen

Können Immobilien mit Investitionen im Aktien- und Anleihenbereich überhaupt sinnvoll verglichen werden? Ja und nein. Aufgrund der festen Laufzeit von Mietverträgen teilen Immobilien den festverzinslichen Charakter mit Anleihen, mit dem entscheidenden Unterschied, dass Immobilien keinen Endfälligkeitswert aufweisen.

Kein fixer Endfälligkeitswert

Der Endfälligkeitswert einer Immobilie wird erst durch einen erfolgreichen Verkauf realisiert und ist nicht nur unvorhersehbar, sondern kann auch zu einem großen Teil durch den Eigentümer beeinflusst werden. Um kontinuierliche Erträge und den Kapitalwert zu sichern, sind die Managementfähigkeiten des Immobilieneigentümers während der Haltedauer entscheidend.

Zur Erfüllung dieser Rolle in allen unerwarteten und schwierigen Situationen benötigt der Eigentümer eine starke Kapitalbasis, die sicherstellt, dass der Immobilie nicht der Investitionsaufwand entzogen wird, der notwendig ist, um den Wert zu steigern oder auch nur zu erhalten.

Zusätzlich kann ein "Zahlungsausfall" zu enormen Verlusten führen. Dieser kann eintreten, wenn der Mieter entweder zahlungsunfähig wird oder sich einfach nur entscheidet, das Mietverhältnis nicht zu verlängern. Wenn jedoch ein neuer Mieter schnell gefunden wird und die Marktmiete über der vereinbarten Miete des vorhergehenden Vertrags liegt, kann ein erheblicher Gewinn erzielt werden.

Immobilieninvestoren als (Klein-)Unternehmer

Der Aktienhandel wird auf effizienten, transparenten Börsen abgewickelt, und die Gruppe der Anleger ist meist weit gestreut. Das schmälert den Einfluss der Anleger enorm und ist sehr weit von der Realität der Immobilienwelt entfernt. Eine bestimmende Eigenschaft von Aktieninvestitionen ist, dass man sowohl einen Totalverlust erleiden als auch Werte in kurzer Zeit vervielfachen kann. Mit Immobilieninvestitionen ist das nur sehr selten möglich.

Es erscheint daher sinnvoller, Immobilien als eher einfache, kapitalintensive Unternehmen, die stark durch ihre baulichen Strukturen definiert sind und die über die hoch standardisierten Gefüge der Mietverträge gesteuert werden, zuverstehen. Mit anderen Worten, Immobilieninvestoren sind eher (Klein-) Unternehmer als Finanzinvestoren. Die Anwendung von gängigen Finanzmarkt-Anlagestrategien auf Immobilien und das Ignorieren ihrer kritischen Eigenarten sind daher nicht zielführend. Immobilien wie individuelle Unternehmen zu betrachten, hat Auswirkungen auf den

Aufbau und die Verwaltung von Immobilienportfolios. Ausgefeilte Aktienmarkt-Strategien wie Leerverkäufe eignen sich offensichtlich nicht für direkte Immobiliengeschäfte.

Allerdings ist auch die nächstliegendste Fonds-Managementstrategie, bei niedrigen Preisen zu kaufen und bei hohen Preisen zu verkaufen, im Immobilienmarkt nicht so einfach anzuwenden. Im aktuellen Zyklus hätte man, mit perfekter Voraussicht, im zweiten Quartal 2009 in der Talsohle des Marktes so viel Kapital wie möglich investiert. Allerdings sind auch Immobilienmärkte in Krisenzeiten weniger liquide und im vierten Quartal 2011 wurden daher in ganz Europa Gewerbeimmobilien im Wert von nur 12,9 Milliarden Euro gehandelt, verglichen mit 72,1 Milliarden Euro am Markthöhepunkt im zweiten Quartal 2007. Selbst das ehrgeizigste Investitionsprogramm hätte eher bescheidene Ergebnisse in Bezug auf das Volumen erzielt.

Darüber hinaus ist der Handel mit Gewerbeimmobilien ein sehr komplexer und langwieriger Prozess, der mindestens ein paar Monate in Anspruch nimmt und sich auch über mehr als ein halbes Jahr hinziehen kann. Die Analyse von möglichen Investitionen verursacht Kosten und verlangt beträchtliche personelle Ressourcen. Bei der Investitionsanalyse und der Due Diligence können keine Kompromisse eingegangen werden; daher wird die Zahl der Akquisitionen, die ein Investor in einem kurzen Zeitraum ausführen kann, durch die Anzahl der verfügbaren Mitarbeiter begrenzt, die sich wiederum nicht innerhalb von Monaten deutlich steigern lässt. Dies unterscheidet sich erheblich von den Aktien- und Anleihenmärkten, wo große Volumen an Kapital innerhalb von Minuten investiert und desinvestiert werden können.

Die bisherige Argumentation könnte den Eindruck hinterlassen haben, dass Direktinvestitionen in Immobilien gegenüber anderen Anlageklassen einige spezifische Nachteile aufweisen. Es sollte jedoch auch deutlich geworden sein, dass der Status von Immobilien als Unternehmen impliziert, dass Investoren nicht auf die Gnade der Märkte angewiesen sind, wie es bei Investitionen in "Papier" der Fall ist.

Immobilität erfordert Kreativität

Zum Beispiel können Immobilieneigentümer innovative Wege finden, um in konjunkturschwachen Phasen Mieter an sich zu binden oder anzuziehen. Oder sie können in solchen Zeiten Renovierungen und Umbauten vornehmen, um sich so als Erster mit einer frischen Immobilie am Markt zurückzumelden, genau dann, wenn sich dieser ins Positive dreht. Insbesondere im Sektor Einzelhandel haben Eigentümer unzählige Möglichkeiten, den Mix an Einzelhändlern an neue wirtschaftliche Rahmenbedingungen, veränderte Mode-Trends oder Verschiebungen in der lokalen Demografie anzupassen.

Im Bürobereich können schon bescheidene architektonische Veränderungen ein unauffälliges Bürogebäude zu einer gefragten Adresse machen. In manchen Lagen können sogar veraltete Bürogebäude durch den Umbau zur Wohnnutzung wie der sprichwörtliche "Phönix aus der Asche" steigen. Erfahrungsgemäß sind viele dieser Maßnahmen besonders effektiv, wenn sie antizyklisch angewendet werden. Vergangene Zyklen zeigen, dass der beste Zeitpunkt, um Entwicklungsprojekte zu starten, die Talsohle des Marktes ist.

Dies ergänzt die natürlichen antizyklischen Merkmale von Immobilien, die zum Beispiel durch die Indexierung von Mietverträgen oder durch die in Krisenzeiten regelmäßig auftretende Flucht in hochwertige Sachwerte schon gegeben sind. Um diesen Vorteil von Direktinvestitionen in Immobilien wirksam einzusetzen, sollten Investoren die Anlagemöglichkeiten auswählen, die ihnen eine möglichst hohe Kontrolle in Kombination mit maximaler Flexibilität bieten. Immobilieneigentümer sollten anstreben, möglichst viele Steuerungshebel und Ansatzpunkte in Händen zu halten.

Core Investments - Nachteile beider Welten

Von diesem unternehmerischen Blickwinkel aus gesehen werden beim Erwerb von Spitzenimmobilien - neuen, langfristig vermieteten Objekten, die von risikoaversen Anlegern gewählt werden - unglücklicherweise die Nachteile beider Welten kombiniert. Ein langfristiger Mietvertrag kommt einer Anleihe am nächsten. Allerdings können Anleger eine Immobilie im Gegensatz zu einer Anleihe nicht einfach bis zur Fälligkeit halten und den Nennwert zurückverlangen, da der Wert der Immobilie mit dem Näherrücken des Mietvertragsendes proportional abfällt. Gleichzeitig können die realen Abschreibungen den Wert zusätzlich erodieren. Nur zyklisches Wachstum der Marktmieten könnte dem Abwärtstrend entgegenwirken.

Im schlimmsten Fall könnte es für den Immobilieneigentümer darauf hinauslaufen, dass er dem Wertverfall tatenlos zuschauen muss, da die Möglichkeiten für unternehmerisches Handeln bei solchen Objekten sehr gering sind. Wenn man also als Investor eine finanzmarktinspirierte Strategie auf Immobilien anzuwenden versucht, läuft man Gefahr, unbeabsichtigt zusätzliche Risiken einzugehen und - was besonders tragisch ist - dabei die besten Eigenschaften von Immobilieninvestitionen nicht nutzen zu können. Möchte man die beste Seite von Immobilieninvestitionen genießen, sollte man sie als solche behandeln und das "Real" in "Real Estate" im Blick behalten.

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