Leitartikel

Hamburger Kehraus

"Selten in ihrer 80-jährigen Geschichte hat sich die DG Hyp so grundlegend und schnell verändert wie in diesem Geschäftsjahr. Die Konturen unserer eigenständigen Vision und Konzeption einer zeitgemäßen und zukunftsfähigen Hypothekenbanktätigkeit im genossenschaftlichen Finanzverbund zeichnen sich nunmehr deutlich ab. Wir haben in den zurückliegenden Monaten die Weichen für eine qualitative Optimierung unserer Geschäfte richtiggestellt. Einen zukunftsweisenden Impuls bekam die Neuausrichtung der DG Hyp kurz vor Ende des Geschäftsjahres 2001. Unter dem Dach einer Immobilien-Holding werden die DG Hyp und die Bausparkasse Schwäbisch Hall mit ihren Beteiligungsgesellschaften rund um die Immobilie zusammengehen. Mit vereinten Kräften wollen die starken Partner ..." Was hatte man 2001 noch Ziele, Visionen, Träume in Hamburg. Und wie hart ist wieder mal die Wirklichkeit. Die schöne und sicherlich auch kluge Idee einer VR Immo ist längst begraben. Die ehemals so stolze und zuversichtliche DG Hyp geht in eine Fusion mit der Münchener Hypothekenbank. Und das keineswegs als der starke, weil viel größere Partner. Im Gegenteil. Ihr Wert muss kräftig nach unten korrigiert werden. Sie stand einmal - sicherlich auch aus bilanztechnischen Gründen - mit 1,2 Milliarden Euro in den Büchern ihrer Mutter DZ Bank. Nach ersten Bereinigungen in den Vorjahren waren es zu Beginn 2007 immerhin noch 600 Millionen Euro. In die Fusion mit München geht sie nun nur noch mit rund 200 Millionen Euro, nachdem die DZ Bank es offensichtlich sehr, sehr ernst meint mit ihren Bemühungen, einen zentralen Immobilienfinanzierer für die genossenschaftliche Bankengruppe zu schaffen, lässt sie dies nicht an Bewertungsfragen scheitern.

Was ist schiefgegangen, muss man sich angesichts solch schrecklicher Zahlenspiele fragen? Augenscheinlich sind mangelnde Reserven bei der DG Hyp. Das vermag freilich nicht zu überraschen. Zu lange und zu tief reichte der Einfluss der Mutter bis in die Bilanzgestaltung hinein. Der kaum zu stillende und stetige Kapitalbedarf zunächst der DG und schließlich der DZ Bank ließ eine Reservenbildung nicht zu. Denn anders als beispielsweise bei Schwäbisch Hall wurde bei der DG Hyp nur ausgeschüttet, das "Hol zurück" in Form von (stillen) Einlagen blieb aus. Dadurch fehlten wiederum die Spielräume für dringend notwenige Neubewertungen. Zwar wurde das Geschäftsmodell in den letzten Jahren kräftig umgebaut, weg von einer Hypothekenbank klassischer Prägung hin zu einer vermeintlich modernen Immobilienbank - Standardisierung des Kreditprozessings in der VR Kreditwerk 2001, Aufbau des aktiven Portfoliomanagements (buy and sell) 2002, Start als Kompetenzcenter für gewerbliche Immobilienfinanzierungen im DZ-Bank-Konzern 2003 und schließlich die Ausrichtung auf die vier Kerngeschäftsfelder private und gewerbliche Immobilienfinanzierung, Credit Treasury und Treasury 2004 waren die Meilensteine.

Doch schlummern im ehemals dominierenden und mittlerweile nahezu bedeutungslos gewordenen Privatkundengeschäft - der Anteil am Neugeschäft sank von über 80 Prozent im Jahre 1999 auf gerade mal noch gut 40 Prozent 2006 - dank vielfältiger Aktivitäten auch oder gerade in Ostdeutschland noch einige faule Kredite. Dies hat man erst spät erkannt und dann vor sich hergeschoben - mal, weil die Mutter sich Einzelwertberichtigungen nicht leisten konnte und wollte, mal, weil ein Abschieds-Rekordabschluss her musste. Per Gewinnabführungsvertrag ist man einfach (zu) eng verbunden. Offensichtlich konnte man auch mit den verantwortlichen Prüfern immer reden. Die Wertberichtigungsquote lag zumeist unter dem Branchendurchschnitt: In den vergangenen acht Jahren berichtigte die DG Hyp im Schnitt gerade mal 0,23 Prozent des gesamten Immobilienkreditbestandes - auch für einen Wohnungsfinanzierer wenig. Das wird nun nachgeholt. Nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung sind auch die durchleitenden Volks- und Raiffeisenbanken. Denn diese haben nur das nach Hamburg weitergereicht, was quantitativ und vor allem qualitativ nicht mehr in die eigenen Bücher passte.

Und schließlich hat wohl auch die DG Hyp versucht, der Enge des klassischen Geschäfts über den Kapitalmarkt zu entfliehen und hier ein bisschen mehr zu vereinnahmen. Auch wurden, so berichtet es der Markt, zukünftige Erträge nach vorne gezogen, was sich andernorts schon als riskant herausstellte. Die Spekulationen gingen wohl nicht immer so ganz auf. AHBR lässt grüßen.

Was bleibt, ist Tristesse für den Bankenplatz Hamburg. Lediglich die Hamburger Sparkasse und einige kleine und sehr fei-ne Privatbanken wie Warburg und Berenberg sind noch Anlass zur Freude. Die Landesbank wird dem äußeren Eindruck nach längst von Kiel regiert. Und die schöne DG Hyp geht nun als Junior-Partner nach München. Ob natürlich der Name "Münchener Hypothekenbank" im internationalen Geschäft nicht zu regional anmuten mag im Vergleich zu "Deutscher Genossen-schafts-Hypothekenbank", wie manch fröhlicher Spötter philosophiert, wird man sehen - egal ob mit oder ohne WL. P. O.

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