Nachhaltige Immobilien

"Green Building hat noch nicht viel Interesse bei Logistikern geweckt"

Welchen Stellenwert hat die ökologische Nachhaltigkeit für Mieter?

In der Praxis zeigt sich, dass wir hier erst am Anfang stehen. Es gibt bis heute zwei bis drei zertifizierte Logistikimmobilienprojekte, die die DGNB abgenommen hat. In Kundengesprächen geht es derzeit eher um jeden Cent, das ist ein extrem schwieriger Spagat. Das Thema Green Building hat noch nicht so viel Interesse bei Logistikern geweckt. Das zeigt auch das aktuelle Ergebnis des Institutes für ökologische Wirtschaftsforschung aus Berlin, das ein Top-50-Ranking der besten Nachhaltigkeitsberichte deutscher Konzerne veröffentlicht. Nur zwei Logistikdienstleister sind darin vertreten: die Deutsche Bahn auf Platz 5 und die Deutsche Post DHL auf Platz 44.

Welche Gründe sehen Sie hierfür?

Logistiker sind extrem kostenbewusst und da gerät Nachhaltigkeit auch schnell auf die Streichliste bei der Neukonzeption einer Immobilie. Denkt man beispielsweise an ein energiesparendes Heizsystem, kommen erhöhte Baukosten auf den Logistiker zu. Der aber benötigt die Heizung je nach Winter nur ein bis zwei Monate. Handel und Hersteller haben hierzu oft eine andere Einstellung und nutzen schon neue Ansatzpunkte wie zum Beispiel Geothermie oder Dachbegrünung.

Wie schauen Immobilieninvestoren auf das Thema grüne Logistikimmobilien?

Institutionelle Investoren nehmen beim Ankauf nachhaltige Immobilienfaktoren gern mit. Wir sind davon überzeugt, dass ein verbindliches Gütesiegel zukünftig eine Verbesserung des Verkaufspreises darstellen wird. Für Sustainability Fonds, für die es erste Ideen gibt und die mittelfristig verstärkt kommen werden, wird die Zertifizierung eine große Rolle spielen. Auf diese Fonds bereiten wir uns vor und sind in der Überlegung, unsere Immobilie, die wir für Cummins realisiert haben, vom DGNB zertifizieren zu lassen.

Was bedeutet ökologische Nachhaltigkeit? Wann ist sie echte unternehmerische Verantwortung, wann bloßes Marketing?

Mehr Substanz, weniger Marketing hat das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung aktuell von Logistikern bei Nachhaltigkeitsberichten hinsichtlich der Supply Chain und der Produktionsprozesse gefordert. Ähnlich geht es uns Entwicklern für Logistik- und Gewerbeimmobilien, wobei sich jedoch in den vergangenen Jahren schon ein wenig getan hat: Viele Vorgänge gehören bereits zum Standard, wie zum Beispiel die Nutzung von Regenwasser durch Rückhaltebecken. Früher wurden ungedämmte Betonfertigteile im Bereich Sockel und Überladebrücken eingesetzt, heute gibt es sie nur noch in gedämmter Ausführung.

Wer in den vergangenen Jahren konservativ warmes Wasser mit der Gasheizung erzeugte, nutzt heute Sonnenkollektoren zur Warmwassergewinnung. Die Anzahl von Lichtkuppeln und Lichtbändern wird schon seit vielen Jahren deutlich zugunsten des Tageslichteinfalls erhöht, um den Stromverbrauch zu verringern. Und sogenannte "blower door tests" überprüfen die Qualität der Luftdichtigkeit der Außenhaut einer Logistikimmobilie. Individuelle Lösungen wie zum Beispiel Holzleimbinder, wie wir sie in Herford für die Trans-o-flex-Immobilie eingesetzt haben, unterliegen jedoch häufig noch der Kostenschraube, sie werden gern eingesetzt, wenn der Stahlpreis höher ist.

Welche weiteren Maßnahmen haben Sie bis heute nachhaltig überzeugt?

Wir sind davon überzeugt, dass Dachbegrünung als Ausgleich der Versiegelung von Grundstücksflächen vermehrt kommen wird. Einerseits schützt es die Dachhaut vor Beschädigungen, andererseits kann sie als Isolierung dienen und Temperaturschwankungen ausgleichen. Und wo zuvor nur eine Dachwüste war, können Pflanzen und Tiere gedeihen. Zudem entlastet die Dachbegrünung den Regenwasserkanal, das Niederschlagswasser wird in geringeren Mengen dem Kanalnetz zugeführt. Dem stehen mit einem geringen Mehraufwand in der Planungsphase oder erhöhten Statikanforderungen durch die erweiterte Dachlast nur wenige Nachteile gegenüber.

Wie schaut es mit den aufstrebenden alternativen Energien wie Solarenergie oder Geothermie aus?

Bei jeder ökologischen Maßnahme muss man sich als Immobilienentwickler fragen, ob nicht schon zu viel Energie beim Einsatz von Produkten, wie beispielsweise die CO2-intensive Herstellung von Solarpanelen, verursacht wurde. Diese Werte muss man in seine eigene Nachhaltigkeitsbilanz mit einrechnen. Reine Logistikhallen haben zudem ein zu hohes Luftvolumen, sodass hier die Wirtschaftlichkeit von Geothermieanlagen zur Kühlung und Heizung reduziert ist und ihr Einsatz zu überdenken ist.

Mich hat jedoch der Einsatz von Geothermie ab einem Büroanteil von 1 500 Quadratmetern sehr positiv überrascht. Das ist für Unternehmen interessant, die eine ökologisch nachhaltige Logistikimmobilie zum Beispiel als Deutschland- oder Europazentrale nutzen möchten oder kleinere Werkstattflächen ab 1 000 Quadratmeter integrieren wollen.

Meinen Sie, dass die Installation von Geothermieanlagen in Logistikimmobilien in Deutschland, Europa oder USA zum Trend wird?

Ihre Installation ist zurzeit besonders bei Gewerbe- und Logistikimmobilien in Deutschland und Europa auf dem Vormarsch. Es ist die einzige Energieform, die den CO2-Ausstoß eines Gebäudes erheblich mindert, bei der Nutzung von Ökostrom sogar auf null reduzieren kann. Fossile Energieträger wie Öl und Gas werden geschont. Weiterhin werden die gesetzlichen Auflagen zum Einsatz erneuerbarer Energien zu 100 Prozent erfüllt. Gegenüber allen anderen regenerativen Energien bestehen bei einer geothermischen Anlage keine Bedenken, dass es zu Komplikationen hinsichtlich der Feinstaubverordnung kommt. In den USA zeichnet sich ein ähnlicher Trend ab. Dort liegen jedoch nur geringe Kenntnisse über die geologischen Gegebenheiten im Erdreich vor, im Gegensatz zu Europa.

Wann amortisiert sich eine Geothermieanlage?

Unter Berücksichtigung der derzeit in Deutschland zur Verfügung stehenden Bundeszuschüsse wird eine Amortisation nach rund drei Jahren erreicht sein. Die jährlichen Betriebskosten für Heizen und Kühlen liegen bei etwa 30 bis 35 Prozent der für solche Gebäude momentan üblichen Energiekosten. Dadurch werden die Nebenkosten für die Mieter erheblich reduziert. Die Immobilie ist also für Vermietungszwecke besonders interessant. Am Beispiel des Objektes Cummins lässt sich errechnen, dass sich alle Investitionskosten für die Green-Building-Aspekte in einem Zeitraum von fünf bis sechs Jahren amortisiert haben. Vorausgesetzt, die Energiepreise unterliegen zukünftig keinen extremen Schwankungen.

Erzielen nachhaltige Immobilien tatsächlich höhere Mieten oder Kaufpreise?

Wenn man als Logistikimmobilienentwickler Heizungssysteme wie Geothermie einsetzt, erhöhen sich zwar die Mietkosten, aber die Nebenkosten verringern sich für den Mieter nachweislich. Und das ist das überzeugendste Argument, warum ein Mieter bereit ist, mehr Geld für die Erstmiete auszugeben. Ein Beispiel: Wer als Mieter einer rund 5 000 Quadratmeter großen Immobilie bereit ist, für die Erdwärmeanlage 2 500 Euro monatlich dazuzuzahlen, zahlt bei einem 15-Jahres-Vertrag 450 000 Euro mehr. Er spart aber bis zu 50 Prozent an Nebenkosten für Strom, Gas oder Öl. Die Frage ist immer, wann der Break-even erreicht ist. Die verschiedenen Käuferschichten wissen, dass die Immobilie weniger Nebenkosten erzeugt und damit zukünftig bei Folgevermietungen deutlich die Nase vorn hat.

Welche Veränderungen erwarten Sie für die Zukunft? In welchem Zeitrahmen?

Ein gutes Zeichen haben das Bundesumweltministerium, die KfW Bankengruppe und die Münchener Rück gesetzt mit einem neuen Kreditprogramm für den Ausbau der Geothermie. Je mehr ökologisch sinnvolle Aspekte und erneuerbare Energien von der Politik und den Banken gefördert werden, desto stärker werden sie sich durchsetzen. Das war bei der Wind- und der Solartechnik so - und wir erkennen, dass Geothermie-Projekte mehr Rückhalt erhalten und erwarten, dass sie in der Zukunft stärker subventioniert werden. Zudem gibt es zinsgünstigere Kredite für den Einbau einer Heizung auf Basis erneuerbarer Energien und verschiedene Stromanbieter fördern den Einsatz durch vergünstigten Strom für die Wärmepumpen.

Auf welche Zertifikate achten Nutzer und Eigentümer?

Insgesamt gibt es weltweit rund zwei Handvoll Zertifizierungssysteme. Diese Vielzahl sorgt für Irritationen und mangelnde Transparenz bei allen Beteiligten. Führend ist derzeit das US-amerikanische Bewertungsverfahren LEED aufgrund seiner einfachen Systematik und weil es die relevanten Aspekte der Nachhaltigkeit von Flächen und Objekten über Ländergrenzen hinweg vergleichbar macht. Das britische BREEAM-Siegel ist ebenfalls stärker verbreitet und als neues Leitsystem positioniert sich der DGNB, der sehr umfassend ökologische, ökonomische und soziale Aspekte untersucht und zertifiziert. Wir stehen hier erst am Anfang und es wird zukünftig Doppelzertifizierungen wie aktuell bei der Deutschen Bank geben. Man muss aber aufpassen, dass die Zertifizierungskosten nicht zu hoch werden.

Erleichtert ökologische Nachhaltigkeit die Finanzierung oder verbessert sie gar die Konditionen?

Für Banken stehen nach wie vor der Standort, die Bonität des Mieters und des Investors, sein Track of record sowie ein langfristiger Mietvertrag im Vordergrund. Wenn umweltfreundliche Aspekte nachweislich zu höheren Kaltmieten und einem niedrigeren Risiko beim Leerstand führen und insgesamt der Lebenszyklus einer Immobilie verlängert wird, schlägt das positiv bei der Kreditentscheidung zu Buche. Wertbeeinflussende ökologische Komponenten werden mit Sicherheit mittel- und langfristig eine noch größere Rolle spielen. Unterschätzen darf man in diesem Zusammenhang aber auch die Gemeinden nicht, die die Standorte für neue Projektentwicklungen vergeben: Ökologische Nachhaltigkeit kann entscheidend für die Akzeptanz der Gremien bei der Vergabe von Baugenehmigungen sein und sie kann für erheblich mehr Akzeptanz in der Bevölkerung vor Ort sorgen.

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