Schwerpunkt: Grüne Immobilien

Going Green - wachsende Nachfrage nach "grünen" Büroimmobilien

Die Anforderungen an Büroimmobilien sind gewachsen. Waren früher Standards wie Innenausstattung, Architektur und Lage entscheidend für die Anmietung, so sind heute neue Kriterien hinzugekommen. Die Qualität einer Immobilie wird inzwischen auch daran bemessen, ob sie gewisse soziale, wirtschaftliche und ökologische Komponenten erfüllt. Vor allem letzterer Bereich wird hinsichtlich stetig steigender Energiekosten und eines wachsenden Umweltbewusstseins immer wichtiger.

Deutsches Zertifikat nötig

Eine Vorreiterrolle hat Deutschland diesbezüglich nicht. Im Gegensatz zu den USA oder Großbritannien steht der Green-Building-Trend hierzulande erst am Anfang. Dies wird auch dadurch belegt, dass es derzeit noch kein gängiges nationales Zertifizierungsverfahren gibt. Viele Projekte werden deshalb nach den Anforderungen des US-amerikanischen Leed-Zertifikats konzipiert. Für die Mehrzahl der ausländischen Investoren ist dies der geforderte Standard. Teilweise wird auch die britische BREEAM-Zertifizierung angewandt.

Doch auch in Deutschland ist man bemüht, ein Zertifikat zu etablieren. Besonders die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen e. V. (DGNB) versucht, einheitliche Kriterien zu schaffen, die ein Green Building am Büromarkt charakterisieren und herausstellen. Zu diesen Merkmalen zählen unter anderem die Recyclingfähigkeit, der Frischwasserverbrauch, niedrige CO2-Emissionen, der Innenschallpegel sowie der Anteil an erneuerbaren Energien und Ressourcen im Gebäude.

Darüber hinaus will die von Wissenschaftlern, Ingenieuren, Architekten, Investoren sowie von der Bauindustrie gegründete Gesellschaft Wege und Lösungen für nachhaltiges Bauen aufzeigen und fördern. Übergeordnetes Ziel der "grünen" Bauweise soll es laut DGNB sein, wirtschaftlich effiziente, umweltfreundliche und ressourcensparende Gebäude zu schaffen. Außerdem sollen diese sich optimal in ihr sozio-kulturelles Umfeld einfügen und für ihre Nutzer behaglich und gesund sein. Die Erreichbarkeit der Immobilie mit dem öffentlichen Nahverkehr, das Vorhandensein von genügend Fahrradstellplätzen sowie ein gutes Abfallentsorgungskonzept sind ebenfalls Punkte, die berücksichtigt werden.

Wie wichtig ein nationales Zertifikat für Investoren, Eigentümer und Nutzer ist, zeigt das Beispiel der Hamburger Hafen-City. Aufgrund der bisher fehlenden Standards hat die Hafen-City GmbH, die auch ein DGNB-Gründungsmitglied ist, ein eigenes Konzept für das zurzeit umfassendste städtebauliche Entwicklungsgebiet Europas entwickelt und umgesetzt. Die Investoren müssen sich bei vielen Grundstücken dazu verpflichten, nach gewissen Standards zu bauen. Der qualitative Unterschied wird in den verliehenen Gold- und Silbersiegeln deutlich. Das Interesse an einem prämierten Haus ist für viele Nutzer groß. So sind bereits die Greenpeace-Zentrale, das Spiegel-Gebäude, die Hafen-City-Universität und die Unilever-Zentrale als Öko-Immobilien gekennzeichnet.

Zurückhaltung bei potenziellen Nutzern

Trotzdem ist nicht alles Gold, was glänzt. Zwar ist die Nachfrage bei den Mietern hoch, doch die durch die nachhaltige Bauweise durchschnittlich entstehenden Mehrkosten von bis zu sechs Prozent wollen viele nicht mittragen. Kaum ein Mieter ist bereit, für den Einzug in ein Green Building seine gewohnten Anforderungen an ein Bürogebäude zu reduzieren oder höhere Preise zu zahlen. Dies führt oftmals noch zu einem Interessenkonflikt zwischen Nutzern, Investoren, Entwicklern und der Bauwirtschaft, der so manches geplante Projekt kippen lässt.

Langfristig wird der Green-Building-Trend dadurch jedoch nicht aufzuhalten sein. Ein wesentlicher Grund dafür, dass nachhaltig gebaute Immobilien ein Zukunfts- und Wachstumsmarkt sind, ist der hohe Energieaufwand, den Gebäude heutzutage benötigen. So wird etwa 40 Prozent der in Europa verbrauchten Energie für die Erstellung und den Betrieb von Immobilien aufgewendet. Auf Gewerbeimmobilien entfällt ungefähr die Hälfte dieses Verbrauchs. Um diesen einzudämmen und einzelne Objekte vergleichbarer zu machen, wird ab 1. Juli 2009 der Energieausweis für gewerbliche Gebäude Pflicht. Aufgrund der grundsätzlich großen Unterschiede zwischen den einzelnen Gewerbeimmobilien wird die Transparenz, die durch den Ausweis erzielt werden soll, zwar vielfach angezweifelt, den Anreiz für energiesparende Gebäude bei Eigentümern und Nutzern wird er dennoch erhöhen.

Außerdem liefern Green Buildings inzwischen auch hierzulande durchaus den Beweis, dass ökologische Vorteile nicht gleichbedeutend mit ökonomischen Nachteilen sein müssen. Entscheidend für den Erfolg ist jedoch, dass die Gebäudequalität, wie auch von den verschiedenen Zertifizierungen gefordert, hoch ist. Nur so können die jeweils gewünschten Strukturen umgesetzt und eine hohe Flächenwirtschaftlichkeit erzielt werden. Eines dieser "grünen" Vorzeigeprojekte wird zurzeit durch die Hochtief Projektentwicklung in der Hamburger City Süd realisiert. Mitte 2010 soll das rund 24 500 Quadratmeter Gesamtfläche umfassende Lindley Carree in der Sachsenstraße fertiggestellt werden. Künftige Nutzer haben hier die Möglichkeit, bis zu 25 Prozent ihrer bisherigen Primärenergiekosten einzusparen. Einen ersten Mieter für das Gebäude gibt es bereits.

Die Neue Leben Lebensversicherung AG hatte schon vor Beginn der Bauarbeiten zirka 8 000 Quadratmeter angemietet. Für das Unternehmen war die Entscheidung, in ein Green Building zu ziehen, ein logischer Schritt. Gerade weil wir mit einigen Produkten unter anderem auch einen ökologischen Ansatz verfolgen, ist der Umzug in ein Green Building aus unserer Sicht nur konsequent. Aufgrund der erheblichen umwelttechnischen und wirtschaftlichen Vorteile sind wir überzeugt, ein Vorreiter für viele weitere Unternehmen zu sein, die zukünftig den Weg in eine solche Immobilie suchen", sagt Neue-Leben-Abteilungsdirektor Uwe Splett. Bei seinen Mitarbeitern musste das Versicherungsunternehmen diesbezüglich keine große Überzeugungsarbeit leisten.

Doch nicht nur Aspekte wie Mitarbeiterzufriedenheit, Umweltbewusstsein und nachhaltige Kosteneffizienz sind für Büronutzer verlockend. Auch gesellschaftlich verleiht der Einzug in eine grüne Immobilie Anerkennung. Gerade Großunternehmen aus den USA und Großbritannien wissen erfahrungsgemäß, wie positiv diese Form der ökologischen Verantwortung öffentlich wahrgenommen wird. In Deutschland ist die Nachfrage von internationaler Seite deshalb bisher besonders groß.

Bedeutende Trendsetter

Doch auch nationale Global Player sind sich der Außenwirkung eines Green Buildings immer stärker bewusst. Dies zeigt unter anderem der Umbau der Konzernzentrale der Deutschen Bank in Frankfurt am Main. Der Wandel von den Zwillingstürmen zu den "Green Towers" soll aus dem 38-stöckigen Komplex ein ökologisch nachhaltiges Bürogebäude werden lassen. Durch Maßnahmen, die von einem intelligenten Beleuchtungskonzept bis hin zu einem neuen Klimakonzept reichen, werden der Ausstoß an Treibhausgasen um mindestens 50 Prozent verringert und der Energieverbrauch reduziert. Solche Meldungen schaffen positive Schlagzeilen und sind gut für das Image eines Unternehmens.

Viele Nutzer von herkömmlichen Immobilien werden sich deshalb an den Green-Building-Trendsettern orientieren und versuchen, selbst in ein solches Bürogebäude zu kommen. Investoren und Projektentwickler sind hier, auch im eigenen Interesse, noch stärker gefragt, Büroräume für den wachsenden Bedarf zu schaffen. Immobilien, die nicht unter der Berücksichtigung ökologischer Standards gebaut werden, laufen außerdem Gefahr, zukünftig nicht konkurrenzfähig zu sein. Es ist deshalb anzunehmen, dass diese Gebäude in einigen Jahren große Schwierigkeiten haben werden, auf dem Büromarkt Mieter zu finden.

Viele Potenziale im Bestand

Aufgrund dieser Prognose sind die Besitzer bereits bestehender Büroimmobilien ebenfalls gefordert, sich Gedanken über ein ökologisches Konzept zu machen. Die Frage, ob und wann sich für konventionelle Immobilien die Umwandlung in ein Green Building lohnt, kann nur von Fall zu Fall beantwortet werden. So gibt es eine Reihe von Faktoren, wie zum Beispiel die Gebäudesubstanz, die im Vorfeld für eine abschließende Beurteilung analysiert werden müssen. Ausschlaggebend für die Entscheidung ist letztlich, wie schnell sich die Umrüstungs- und Sanierungskosten amortisieren.

Für die Berechnung dieses Zeitraums müssen der Umfang der erforderlichen Maßnahmen sowie die Höhe der daraus resultierenden Ertragsverbesserung festgestellt und berechnet werden. Doch selbst wenn größere bauliche Veränderungen aus wirtschaftlicher Sicht keinen Sinn mehr machen, gibt es bei nahezu jeder Immobilie "grünes" Entwicklungs- und Einsparpotenzial, wie der Tausch von herkömmlichen Lampen gegen Energiesparlampen oder die Installation von Photovoltaik-Anlagen.

Hemmschuh Finanzkrise?

Ein Faktor, der den Green-Building-Trend trotz aller positiven Prognosen verlangsamen könnte, ist die Finanzkrise und deren Auswirkungen auf den Immobilienmarkt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der bereits beschriebenen Mehrkosten, die beim nachhaltigen Bauen aufgewendet werden müssen. Es bleibt abzuwarten, ob diese eine bremsende Wirkung auf die Entwicklung haben werden. Dagegen spricht jedoch, dass auch in den nächsten Jahren fest mit einem weiteren Anstieg der Energiekosten zu rechnen ist. Für Büronutzer wird eine Verringerung der sogenannten "zweiten Miete" dadurch immer wichtiger. Entsprechende Immobilien verfügen somit über eines der wesentlichsten Anmietungskriterien der Zukunft.

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