Schwerpunkt: Alternative Finanzierung

Gewerbliche Immobilienkredite als weiterer Baustein in der Kapitalanlage von Assekuranzen

Meldungen wie "Allianz finanziert Deut-sche-Bank-Türme"1) oder "Silberturm: BVK gibt Zehnjahreskredit über 190 Mio. Euro"2) haben die Immobilien- und Bankenbranche in Deutschland aufhorchen lassen. Insbesondere im Bankensektor sorgten diese Transaktionen sowie die Ankündigungen einiger Assekuranzen, ihre Finanzierungsaktivitäten bei Gewerbeimmobilien in Europa deutlich auszubauen, für Aufmerksamkeit. Denn damit weiten Versicherungen und Versorgungskassen ihre Geschäftsfelder auf Sektoren aus, die bisher primär den Banken vorbehalten waren.

In den USA etabliertes Geschäftsfeld

Im internationalen Kontext haben sich Versicherungen als bedeutende Finanzierer für Gewerbeimmobilien bereits seit Jahrzehnten etablieren können, wobei insbesondere der US-Markt hier eine Vorreiterrolle spielt. In den Vereinigten Staaten liegt nach Angaben von Real Capital Analytics (RCA) der Marktanteil der Versicherer an gewerblichen Immobilienfinanzierungen derzeit bei rund 18 Prozent. Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren haben Anbieter wie unter anderem Metropolitan Life (Met-Life) oder Prudential Insurance das Debt Business stark ausbauen können und weitere Marktanteile hinzugewonnen.

Aber auch der europäische Marktführer Allianz ist mit Gewerbeimmobilienfinanzierungen stark im US-Markt engagiert. In den vergangenen zehn Jahren hat das Unternehmen ein breit diversifiziertes Portfolio mit derzeit knapp 300 Krediten und einem Gesamtvolumen von rund sechs Milliarden US-Dollar aufgebaut. Allein im Jahr 2011 wurde ein Neugeschäftvolumen von rund einer Milliarde US-Dollar erreicht. Ein erfolgreicher Geschäftszweig, der nun auch in Europa verstärkt werden soll.

Erfahrungen aus privaten Wohnbaukrediten

Auch für andere deutsche Versicherungsunternehmen ist die Immobilienfinanzierung kein gänzlich neues Geschäftsfeld. Zahlreiche Assekuranzen - insbesondere die Lebensversicherer - vergeben seit Jahren Wohnbaukredite an Privatkunden. Auch sind einige Versicherungsunternehmen in der Finanzierung von großvolumigen Wohnportfolios aktiv.

Nach Angaben der BaFin belief sich das Volumen der grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen mit Wohnbauten im zweiten Quartal 2011 auf rund 50 Milliarden Euro, was immerhin rund 4,2 Prozent der gesamten Kapitalanlagen der Erstversicherer ausmacht. Allein Europas größter Versicherer, die Allianz, hat in Deutschland derzeit Darlehen im zweistelligen Milliardenbereich an private Bauherren vergeben. Demgegenüber spielen die grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen mit gewerblicher Nutzung eher noch eine untergeordnete Rolle.

Im zweiten Quartal 2011 belief sich das Gesamtvolumen der deutschen Erstversicherer in diesem Segment laut BaFin auf rund 5,3 Milliarden Euro, was lediglich rund 0,5 Prozent der gesamten Kapitalanlagen entspricht. Die Ankündigungen einiger großer Versicherungen sowie die bis dato bekannt gewordenen Finanzierungen verdeutlichen, dass gewerbliche Immobilienfinanzierungen auch bei den in Deutschland aktiven Versicherungsunternehmen und Versorgungskassen zunehmend einen höheren Stellenwert einnehmen werden.

Niedrigzinspolitik und Anleihemärkte

Assekuranzen sind in ihren primären Anlageklassen, den festverzinslichen Kapitalanlagen wie Pfandbriefen, Unternehmens- oder Staatsanleihen, derzeit der Niedrigzinspolitik und den Unsicherheiten auf den Kapitalmärkten ausgesetzt. Im Bondmarkt werden teilweise von relativ gut aufgestellten Staaten hohe Risikoaufschläge verlangt. Auch wenn derzeitige Kapitalanlagen von Versicherungsunternehmen immer noch stark von höher verzinsten Papieren mit langen Laufzeiten geprägt sind, ergeben sich aus der derzeitigen Niedrigzinspolitik wachsende Herausforderungen.

Für Neuanlagen ist es im momentanen Marktumfeld schwierig, ausreichend rentierliche Anlageformen mit einem adäquaten Risiko-Rendite-Profil zu finden, um letztendlich den Versicherten eine möglichst hohe Verzinsung bei überschaubaren Risiken zu gewährleisten. Gewerbliche Immobilienfinanzierungen bieten ein attraktives Chancen- und Risikoprofil über einen langfristigen Anlagehorizont, mit stabiler und planbarer Performance.

Änderung der regulatorischen Rahmenbedingungen

Auch wenn die Ausgestaltung der einzelnen Detailanforderungen unter Solvency II und der Zeitpunkt der Implementierung noch nicht final beschlossen worden sind, so ist die Ausweitung der Kapitalanlage der Versicherer auf die gewerbliche Finanzierung als erstes Indiz für den potenziellen Einfluss von Solvency II zu werten. Das derzeit intensiv diskutierte Standardmodell sieht für Hypothekendarlehen ein Solvency Capital Requirement (SCR) von bis zu 15 Prozent vor, im Vergleich zu den derzeit propagierten 25 Prozent für direkte Immobilieninvestments. Dies kann Immobilienfinanzierungen für Versicherer im Vergleich zu direkten Immobilienanlagen auf Basis des "Return on Risk adjusted Capital" vorteilhafter erscheinen lassen. Mit genehmigten internen Modellen könnten die Vorteile jedoch vergleichsweise geringer sein.

Gleichzeitig stellen die Anforderungen nach Basel III die Banken vor neue Herausforderungen bei gewerblichen Immobilienfinanzierungen. Neben der Erhöhung der Mindestquote des Kernkapitals - sprich der Erhöhung des Eigenkapitals - dürfte sich vor allem das sogenannte "Leverage Ratio" auf das Finanzierungsgeschäft auswirken, und hier insbesondere im Neugeschäft. Zudem dürfen Banken langfristige Darlehen nur noch eingeschränkt refinanzieren. Dies hat zur Folge, dass großvolumige Finanzierungen mit langen Laufzeiten für Banken eher uninteressant werden. Dieses "Funding Gap" können Versicherungen schließen, da sie in der Lage sind, große Volumina mit langen Laufzeiten bereitzustellen, sofern die Margen das Risikoprofil abdecken.

Sicherheit vor Rendite

Auch in den Anforderungen der Versicherer für Immobilienfinanzierungen spiegeln sich die sehr konservativen Investment Guidelines eines langfristigen Investors wider. In der Regel werden Immobilien finanziert, die die gleichen Voraussetzungen wie die direkten Immobilieninvestments hinsichtlich der Beurteilung der Lage, der Einschätzung der Objektqualität und der Mieterbonität erfüllen. Insofern werden von Versicherungen in der Regel sogenannte Core-Objekte im Büro- beziehungsweise Einzelhandelsbereich mit Beleihungsausläufen zwischen 50 und 70 Prozent bevorzugt.

Zudem sollte gewährleistet sein, dass der Kreditnehmer über eine ausgezeichnete Bonität verfügt und der Kredit respektive das Objekt in das Sicherungsvermögen der Versicherungen einfließt. Spezialimmobilien und Projektentwicklungen stehen tendenziell aufgrund des höheren Risikoprofils nicht im Fokus. Bei der Auswahl der zu finanzierenden Objekte können die meisten Versicherer zudem Synergien heben, die sich aus den Erfahrungen und dem Know-how des direkt gehaltenen Immobilienbestandes generieren.

Verläßlicher Partner und Sicherheit für Policy Holder

Assekuranzen stellen zudem eine zuverlässige Alternative für den Kreditnehmer dar, da Versicherungen in der Regel keine Verbriefung oder Syndizierung der Kredite anstreben, sondern vielmehr in ihrer Eigenschaft als langfristiger Investor die Kredite bis zum Ablauf in ihrem Bestand halten. In der Regel streben Versicherungsunternehmen Laufzeiten zwischen sieben und zehn Jahren an. Sollte es in einem "Worst Case" zu einem Ausfall des Kreditnehmers kommen, greift der Vorteil der Versicherer mit Eigenbestand, die finanzierte Immobilie professionell zu verwerten beziehungsweise ins eigene Bestandsportfolio zu übernehmen. Insofern dienen die gewerblichen Immobilienkredite in gewisser Weise auch als Pfandbriefersatzgeschäft, welches bedingt durch die anhaltende Finanz- und Schuldenkrise durch ein schwächeres Angebot gekennzeichnet war.

Auch wenn derzeit diverse Versicherungen ihre Aktivitäten im gewerblichen Immobilienfanzierungsmarkt ausbauen, muss darauf hingewiesen werden, dass es "lediglich" eine alternative Kapitalanlageform ist. Es ist kein volumenorientiertes Geschäftsfeld, sondern vielmehr stehen Sicherheit und Performance der Kapitalanlage und somit die Interessen der Versicherungsnehmer im Vordergrund. Da es sich bei der gewerblichen Immobilienfinanzierung um einen weiteren Diversifikationsbaustein innerhalb der Kapitalanlagen handelt, sind die Versicherungen in der Lage, in einem überhitzten respektive aggressiven Marktumfeld das Neugeschäftsvolumen risikoadäquat zu reduzieren. So kann ein prozyklisches Marktverhalten vermieden werden.

Fußnoten

1) FAZ Online vom 9. Juni 2011.

2) Immobilienzeitung Online 3. November 2011.

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