Messeausgabe 2010

Energetische Investitionen - braucht es eine neue Fördersystematik?

Die derzeitige parlamentarische Diskussion über die erhebliche Reduktion der Förderung von Investitionsvorhaben im Rahmen der Programmkreditfamilie Wohnen der KfW macht deutlich, dass dringender Handlungsbedarf und eine sehr differenzierte Betrachtung der Bedarfssituation nötig ist.

Wirtschaftlichkeit energetischer Sanierungen

Der "Deutsche Verband" hat in seiner Studie "Die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung und der Europäischen Union - Auswirkungen auf die Immobilien- und Wohnungswirtschaft" - einen aktuellen und umfassenden Sachstandsbericht zur Darstellung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen in CO2-reduzierende Maßnahmen erstellt.

Darüber hinaus sind die bestehenden Interdependenzen aus unterschiedlicher Sicht herausgearbeitet worden und stellen eine gute Basis für die sich nun notwendigerweise anschließende öffentliche Diskussion dar.

In einem Berichtsteil wird die bestehende Förderung durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) untersucht und bewertet. Folgende die Fördersystematik betreffenden Ergebnisse stellt die Studie dar:

- Förderung ist notwendig, um gewünschte Investitionen (insbesondere im Mietwohnungsbau) wirtschaftlich zu gestalten.

- Trotz Förderung in Märkten mit stagnierenden oder fallenden Mietpreisen sind die Anreize nicht ausreichend, um gewünschte Investitionen auszulösen.

- Die Marktbarrieren für Kreditnehmer nehmen aufgrund der Förderung von Einzelmaßnahmen und damit einhergehenden Reduktion des Kreditbedarfs zu.

- Die Förderung orientiert sich ausschließlich an dem aktuellen Gebäudezustand beziehungsweise an dem geplanten investiven Vorhaben.

Die Studie zeigt in umfangreichen Berechnungen auf, dass die jeweiligen Marktsituationen erheblichen Einfluss auf eine Anreizwirkung haben. Dieser Umstand wird von der derzeitigen Fördersystematik der KfW nicht berücksichtigt. So ist zu vermuten, dass viele Investitionen in energetische Sanierungen in prosperierenden Märkten auch ohne Förderung wirtschaftlich gewesen und getätigt worden wären, aber das "Mitnehmen" von Förderung ein schöner Nebeneffekt war.

Ausweitung der Förderung in einigen Märkten

Erheblichen energetischen Investitionsbedarf gibt es aber auch an Gebäuden in Märkten mit stagnierenden oder fallenden Mietpreisen. In diesen Märkten wäre eine deutliche Ausweitung des

Förderwertes erforderlich, um gewünschte Anreizwirkungen auszulösen. Das Ergebnis der Studie unterstellt die im Jahr 2009 gültigen Förderkonditionen, für die aus dem Bundeshaushalt rund zwei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Aber was passiert, wenn das historisch niedrige Zinsniveau um ein oder zwei Prozentpunkte und damit die Belastung der Unternehmen um 50 bis 80 Prozent ansteigt?

Die jetzige wie auch die früheren Bundesregierungen betonen, dass wir in Deutschland höchst unterschiedliche Marktentwicklungen bei kleinräumiger Betrachtung haben werden. Die Konsequenz aus diesem Wissen sollte eine Abkehr von der Förderung nach dem Gießkannenprinzip sein.

Berücksichtigung der Demografie

Jede eingesparte Tonne CO2 ist für das Weltklima wichtig. Die grundgesetzliche Pflicht der Staatsorgane, annähernd gleiche Lebensbedingungen herzustellen, bezieht sich auch auf die Belastung des Bürgers mit Wohnnebenkosten. Sofern also differenzierte Marktbedingungen aus sich heraus unterschiedliche Investitionsanreize setzen, hat Förderung dort Impulse zu geben, wo die Marktbedingungen dies nicht erreichen. Eine differenzierte Förderung stellt das Spiegelbild zu den Marktgegebenheiten dar.

So sinnvoll die Einbeziehung von Marktgegebenheiten ist, darf dieser Gedanke nicht dazu verleiten, die demografischen Entwicklungen zu ignorieren. Vor dem Hintergrund eines optimalen Fördermitteleinsatzes ist eine - geförderte - Investition in die energetische Sanierung eines Gebäudes dann nicht sinnvoll, wenn dieses Gebäude nach wenigen Jahren abgerissen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit Leerstände aufweisen wird.

Das bedeutet eine stärkere Einbeziehung bestehender Wohnraumversorgungs- (WVK) oder Integrierter Stadtentwicklungskonzepte (ISEK) in die Förderentscheidung, die einen entsprechenden Bedarf an Wohngebäuden dokumentieren müssen. Für Gebiete, in denen das Aufstellen solcher Konzepte nicht sinnvoll ist, müssen Prüfkriterien entwickelt werden.

Neben den demografischen, gebäude- und marktspezifischen Gegebenheiten sind noch eine Vielzahl von anderen Hemmnissen zu berücksichtigen, die häufig in der Situation des Kreditnehmers begründet sind und eine unüberwindliche Hürde für das Auslösen von Investitionen darstellen können. Durch schlichte Vereinfachung der Programme sollte dieses Problem allerdings nicht gelöst werden. Im Vordergrund von Programmstrukturentscheidungen sollte die Berücksichtigung der markt-, gebäude- und demografiebedingten Aspekte stehen, auch wenn dadurch die Transparenz einzelner Förderprodukte leiden kann. Natürlich stellt diese Aussage (basierend auf dem Wunsch nach 100-prozentig gerechter Subventionsverteilung) keinen Freibrief für eine absichtliche oder unbedachte Komplizierung dar.

In diesem Zusammenhang ist auch das permanent vorgetragene Argument der Beihilferelevanz der KfW-Förderprogramme einzuordnen. Die Beihilfefreiheit sollte ein Ziel der Fördersystematik sein, aber nur, wenn dadurch der gewünschte Effekt erzielt wird. Wenn die Ziele nicht mehr oder nur noch zum Teil erreicht werden, hat die Beihilfefreiheit in den Hintergrund zu rücken und die Fördersystematik muss dem Beihilferegime der EU unterworfen werden. Wenn der Grundsatz des Forderns und Förderns gilt und das Fordern seine Grenzen in der Wirtschaftlichkeit findet, besteht die Aufgabe einer permanenten Überprüfung der Fördersystematik, um weiterhin Anreizwirkungen zu erzielen und die Effektivität der eingesetzten Steuermittel zu optimieren.

Bedarf für intensivere Zusammenarbeit

Auch wenn die Diskussion, insbesondere zu Details einer Fördersystematik, noch bundesweit zu führen ist, zeichnet sich bereits jetzt eine notwendige regional differenzierte Förderintensität unter Berücksichtigung der jeweiligen demografischen Situationen ab.

Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der intensiven Zusammenarbeit zwischen der KfW und den Landesförderinstituten, um das Know-how vor Ort mit der nötigen Fördermittelstruktur zusammenzuführen. Durch die Einbindung der Länder könnte auch der schwelende Streit mit dem Bund - in wessen Zuständigkeit die Wohnraumförderung fällt und wie mit Annexaspekten von Umweltförderung umgegangen werden soll - entschärft werden. Auf diese Weise wird eine klassische Win-Win-Situation geschaffen. Die Diskussion ist eröffnet.

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