Messeausgabe 2007

Der deutsche Immobilienmarkt aus dänischer Perspektive

Eine gute Entwicklung der Weltkonjunktur, ein nachhaltiges Wachstum im Euro-Raum sowie eine Aufbruchstimmung im Land sorgen dafür, dass Deutschlands Wirtschaft boomt wie lange nicht mehr. Dieser konjunkturelle Aufschwung prägt auch den deutschen Immobilienmarkt, der besonders für ausländische Investoren hochattraktiv ist.

Seit gut zwei Jahren haben auch dänische Kapitalanleger Deutschland verstärkt im Fokus ihrer Anlageaktivitäten und avancieren zu einer bedeutenden Größe auf dem deutschen Immobilienmarkt. Diese Entwicklung hat in den vergangenen Monaten mit gewaltigen Zuwächsen in den Anlagetätigkeiten der nordischen Nachbarn einen Höhepunkt erreicht. Nach Angaben der Degi Research beliefen sich die Immobilieninvestitionen der Dänen mit 214,6 Millionen Euro bis Mitte Mai schon auf 80 Prozent des gesamten Vorjahreswertes: Rund 245 Millionen Euro flossen 2006 in Ein-zelhandels-, Büro- und Wohnungsobjekte in Deutschland, bis zu 320 Millionen Euro können es nach Schätzungen der Degi Research in diesem Jahr werden.

Optimierung des Anlagedepots

Grund für den gewaltigen Investitionsschub sind kalkulierte Renditen von mehr als fünf Prozent - eine Größenordnung, die auf dem dänischen Markt aufgrund der Angebotsknappheit längst nicht mehr zu erzielen ist. Dabei sind Dänen traditionell immobilienfokussiert und nutzen das Betongold seit Jahrzehnten als wesentlichen Bestandteil der Optimierung ihrer Anlagedepots. So ist es nicht verwunderlich, dass fast 54 Prozent des dänischen Privatvermögens - immerhin elf Prozent mehr als im europäischen Durchschnitt - aus Immobilien besteht.

Lösungen für den bestehenden Anlagedruck und Auswege aus der Renditefalle sehen die Dänen direkt vor ihrer Haustür - in Deutschland. Die Immobilienmärkte der Nachbarländer Großbritannien, Spanien oder Frankreich leiden unter der Yield-Compression, Italien und die Schweiz weisen aufgrund von Gesetzesänderungen zu Eigentumsübergängen und geringer Bautätigkeit zurückhaltende Immobilienmärkte auf, und Investitionen in ehemalige Ostblockstaaten bergen immer noch erhebliche politische und fiskalpolitische Risiken.

Dagegen bietet gerade der deutsche Markt, getrieben von einer allgemein positiven wirtschaftlichen Entwicklung, hervorragende Chancen für in- und ausländische Immobilieninvestoren: ein vergleichsweise günstiges Zinsumfeld, qualitativ hochwertige Objekte, sichere Rahmenbedingungen und vor allem niedrige Preise und hohe Renditenaussichten. Zudem gilt der deutsche Immobilienmarkt im Ausland weiterhin als unterbewertet. Zum Vergleich: Eigentumswohnungen in Dänemark kosten durchschnittlich das Dreifache der deutschen Preise und bringen dabei jedoch nur magere Renditen von weniger als zwei Prozent. Darüber hinaus reizt dänische Investoren vor allem die Vielfalt im hiesigen Immobilienangebot. Denn nicht nur Megadeals, sondern auch Investitionen in diversifizierte und zugleich Rendite versprechende Portfolios sind möglich.

Genau diese kleinen Portfolios reizen die Dänen im Gegensatz zu vielen US-Investoren besonders. Sie haben vor allem Objekte im Blick, die für ein- bis zweistellige Millionenbeträge zu haben sind auch wenn es inzwischen nicht mehr ganz so leicht ist, in diesem Preissegment passende Objekte zu finden. Im Unterschied zu den oft kritisierten "Heuschrecken" zeichnet dänische Investoren dabei ein vielversprechendes Anlageverhalten aus: Sie sind nicht an kurzfristigen Geldmehrungsaktionen interessiert, sondern an einem langfristigen Engagement in Deutschland. Dies belegen umfangreiche Investitionsmaßnahmen nach Käufen, die eine optimale Wertsteigerung der Objekte gewährleisten.

Regionaler und sektoraler Investitionsfokus

Wurden im Jahr 2006 noch Büro-, Einzelhandels- und Wohnimmobilien im norddeutschen Raum bevorzugt, zeichnet sich bereits jetzt sowohl sektoral als auch regional eine Erweiterung des dänischen Anlagefokus ab.

- Regional, weil man inzwischen Fuß gefasst hat und von Norddeutschland aus den Markt bewusst tiefer nach Süden durchdringt. Hier liegt der Fokus der Dänen vornehmlich auf Städten in den alten Bundesländern, da das Vertrauen in die neuen Länder noch nicht vollständig aufgebaut ist.

Berlin nimmt hier eine Sonderstellung ein und kann zu Recht als Investors Darling bezeichnet werden. Dabei machen vor allem die Immobilienpreise Berlin zum Dänen-Domizil: Für Eigentumswohnungen zahlt man hier mit 1 000 bis 1 500 Euro pro Quadratmeter nur einen Bruchteil dessen, was diese in Dänemark kosten. Nicht verwunderlich ist daher, dass die Zahl skandinavischer Investoren in Berlin stetig wächst. Rund 75 Prozent der Käufer in Berlin stammen aus dem Ausland, davon stolze 25 Prozent aus dem nordischen Raum, von denen die Dänen wiederum die größte Gruppe bilden.

- Sektoral, weil man Nischen entdeckt hat, in denen bei vergleichsweise geringem Wettbewerb zu niedrigen Preisen und hohen Renditeerwartungen gekauft werden kann. Dies zeigt sich vor allem im Ferienimmobilienmarkt. In Deutschland in der Vergangenheit stiefmütterlich behandelt, zählt er in Dänemark zu den traditionellen Immobilieninvestments. Doch mit der Professionalisierung dieses speziellen Segmentes in Deutschland und stetig neuen Erfolgszahlen für Urlaub made in Germany rücken Ferienimmobilien auch hierzulande in den Fokus von Investoren. Sie können in diesem Segment mit Renditen von rund sieben Prozent rechnen. Bei diesen lukrativen Kapitalanlagen werden dänische Investoren künftig verstärkt ansetzen und als Pioniere im Segment Ferienimmobilien der Immobilienbranche zusätzlichen Aufschwung verleihen.

Diese, für den deutschen Markt noch jungen Immobilien, rücken jedoch nicht stattdessen, sondern zusätzlich in den Fokus der dänischen Investoren. Denn Potenzial sehen die Dänen nach wie vor auch in den klassischen Segmenten Wohnen, Büro und Einzelhandel - und wollen dies stetig ausbauen.

Im Bereich der Wohnimmobilien werden künftig verstärkt Citylagen in den Fokus der Anlagestrategien rücken, da hier die größten Wertsteigerungspotenziale zu erwarten sind. Gründe hierfür sind einerseits die Verknappung des Angebots die Zahl der Neubauten in Deutschland sinkt seit einigen Jahren kontinuierlich andererseits die gestiegene Nachfrage durch den Trend zum Singlewohnen und den Bestrebungen der Generation 50-Plus, ihr Häuschen im Grünen durch eine Wohnung in Innenstadtlage zu ersetzen. All diese Gründe sprechen für einen schnellstmöglichen Einstieg in den Wohnimmobilienmarkt Deutschland beziehungsweise für die Ausweitung der bisherigen Aktivitäten. Belohnt werden diese Investitionen bereits in absehbarer Zeit, denn einhergehend mit Zinsanstieg, Konjunkturaufschwung und einer steigenden Kaufkraft werden auch die Mieten anziehen.

Positiv werden auch die Büro- und Einzelhandelsmärkte eingeschätzt, denen die Dänen traditionell verbunden sind. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum konnte die Degi Research für das Jahr 2006 eine Steigerung der Transaktionen um rund 25 Prozent registrieren. Dabei erhöhte sich das umgesetzte Transaktionsvolumen auf 46,1 Milliarden Euro. Für das erste Halbjahr 2007 wurden nun bereits Transaktionen in Höhe von 30 Milliarden Euro vollzogen, eine Überhitzung wird es - da sind sich die Experten einig - jedoch nicht geben. Diesen positiven Trend reflektieren die deutschen Bürozentren. So erreichte das Transaktionsvolumen im Jahr 2006 in diesem Segment einen Rekordwert in Höhe von 11,9 Milliarden Euro, rund 20 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Noch größere Erfolge konnten in den vergangenen Monaten auf dem Einzelhandelsimmobilienmarkt verzeichnet werden. Ihr Anteil am Gesamtvolumen betrug mit 15,5 Milliarden Euro 33,6 Prozent. Ein Großteil dieser Investitionen in Deutschland entfällt auf europäische Investoren, die größte Transaktionstätigkeit erfolgte hier unter anderem von den Skandinaviern.

So ist es nicht verwunderlich, dass in den vergangenen Monaten auch immer wieder Transaktionsmeldungen dänischer Firmen über die Ticker der Nachrichtenagenturen gingen. Die an der Kopenhagener Börse notierte Tower Group A/S hat den Erwerb von 67 Immobilien in Deutschland, 956 Wohnmietobjekte und 98 Gewerbemietobjekte bekannt gegeben. Kristensen Properties A/S kaufte für mehr als zehn Millionen Euro ein Bürohaus in Bremen und für 27 Millionen Euro den Olivandenhof in Köln, ein Geschäftshaus mit rund 50 Einzelhandelsgeschäften. Die Kopenhavnske Ejendomselskaber gaben sogar auf einen Schlag rund 88 Millionen Euro aus und investierten unter anderem im Hamburger Grindelviertel. Jüngst kündigte die Victoria Properties A/S, ebenfalls in Dänemark börsennotiert, die Ausweitung ihrer Aktivitäten über Berlin und Hamburg hinaus an.

Engagement wird zunehmen

Die Aktivitäten dänischer Investoren werden in den kommenden Wochen und Monaten an Intensität gewinnen. Denn nach wie vor hat das Ausland Deutschland auf der Agenda. Trotz höherer Verkaufspreise liegen die Erwerbskosten für Immobilien noch weit unter den Vergleichswerten anderer europäischer Märkte. Allerdings ist die Stunde der Opportunisten vorbei: Ihr meist sehr hoher Fremdkapitaleinsatz wird aufgrund steigender Zinsen zunehmend teurer und ihre Strategie, kurzfristige Gewinne zu erzielen, ist so kaum noch umsetzbar. Die "neuen" Protagonisten auf dem Markt sind die langfristig orientierten Investoren, die mit höherem Eigenkapitaleinsatz auf kontinuierliche Renditen aus effizientem Portfoliomanagement setzen - Longterm-Investoren wie die Dänen.

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