Bilanzpräsentation

Deutsche Euroshop: Wenn Geschäftszahlen zum Lifestyle werden

Geschäftsberichte sind oftmals ein verkanntes Medium. Dabei kann ein Unternehmen seine Philosophie, Strategie und Leistungsfähigkeit mit kaum einer anderen Publikation so breit und gleichzeitig so detailliert darstellen wie im Jahresabschluss. Doch im ehrenhaften Bemühen, Vermögenswerte und Leistungen, Forderungen und Verbindlichkeiten, Erträge und Kosten übersichtlich aufzulisten und sorgfältig zu verrechnen, präsentiert sich das Zahlenwerk allzu oft als reichlich farblose Lektüre.

Dass es auch anders geht, beweist die Deutsche Euroshop, die ihre Ergebnisse für 2006 wie ein Lifestyle-Magazin präsentiert - trendy, bunt, unkonventionell. Dabei zieht nicht nur ein lächelndes Titelgirl die Blicke auf sich. Mit knalligen Lettern werden gleichzeitig Unternehmenszweck und Geschäftsphilosophie verkauft: "Shopping - Warum wir es so lieben". Diese Aufmachung allein schon ist so ungewöhnlich, dass der geneigte Leser kaum erwartet, einen Geschäftsbericht vor sich zu haben. Und wer rechnet bei der Suche nach nüchternen Umsatz- und Gewinnzahlen schon mit der Frage: "Sind Sie gut gekleidet?" Der typische Strichcode verstärkt den Eindruck eines käuflichen Endkunden-Magazins noch.

Bei soviel Farbe geht schon beim Titel leicht der Blick für das Wesentliche verloren, denn obwohl Logo und Schriftzug der Immobilien-AG größer kaum auf die Seite gebracht werden können, werden sie in der peppig-unruhigen Umgebung kaum wahrgenommen. Ob dies beabsichtigt war? Fast verschämt, aber gerade noch lesbar wird zumindest rechts oben erwähnt, was der Betrachter hier eigentlich in Händen hält: den "Geschäftsbericht 2006" unter dem Motto "Feel Estate".

Auf den kommenden gut 180 Seiten wird die schillernde Präsentation der Unternehmenszahlen und -ziele konsequent fortgesetzt. Dass dazu der Vorstand seine Vorstellungen in einem Interview erläutert, ist an und für sich nicht ungewöhnlich und auch in Geschäftsberichten anderer Gesellschaften zu finden. Überraschend ist nur die Aufmachung. Denn statt mit ernsten Mienen im Gespräch modeln die Vorstände Claus-Matthias Böge und Olaf G. Borkers mal im adretten Anzug, mal im legeren Freizeitlook - und stets mit einem gewinnenden Lächeln auf den Lippen. Dass allerdings die Produzenten beziehungsweise Anbieter der jeweils getragenen Kleidungsstücke - vom Schal bis zu den Schuhen - einzeln genannt werden, dürfte - auch ohne Preisangabe - einen Grenzfall in Sachen Seriosität darstellen. Fast schon bieder wirkt dagegen der Bericht des Aufsichtsrates.

Problematisch ist sicherlich auch die Aufnahme von kommerziellen Anzeigen in den Bericht, gleichwohl sie in dessen Gesamtkonzept passen mögen. Dieses Dilemma scheint auch der Euroshop bewusst zu sein, denn bereits im Vorwort bemüht sich das Unternehmen klarzustellen, dass keine der Anzeigen bezahlt wurde, sondern den Mietpartnern als Dank für die Zusammenarbeit geschenkt wurden. So dürfen Heidi Klum für einen Kosmetik-Filialisten und Gisele Bündchen für einen Schuh-Discounter lächeln, außerdem Schokoladengeschäfte und Fast-Food-Ketten mit speziellen Genüssen werben, während diverse Modehäuser, Uhrenhersteller und Juweliere ihre Kollektionen vorzeigen. Auch eine Best-seller-Liste für Bücher und Parfüms gibt Orientierung für den nächsten Einkauf.

Bevor der geneigte Leser zu Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung vordringt, bemüht sich die Deutsche Euroshop noch, ihm allerlei Wissenswertes zum Thema Einkaufen zu vermitteln. Dabei ist unter anderem zu erfahren, warum Shopping heute neben Fernsehen und Sex zum Volkssport avanciert sei und welche prähistorischen Instinkte unser Kaufverhalten prägen. Wer mit dem Trend gehen will, bekommt erklärt, was "in" und was "out" ist. Aber Mode ist bekanntlich kurzlebig. Die vorgelegten Geschäftszahlen sind hoffentlich nachhaltiger. Und weil die Konsumtempel auch den Anspruch erheben, soziale Kontaktbörse zu sein, darf selbstverständlich ein Flirt-Guide für den Einkaufsbummel nicht fehlen. Sudokus und ein Fotowettbewerb runden das Entertainment ab.

Doch zwischen den zahlreichen Anzeigen und Lifestyle-Artikeln finden sich - nicht minder üppig dekoriert die Standpunkte der Deutschen Euroshop zu erhöhter Mehrwertsteuer und liberalisierten Ladenöffnungszeiten. Darüber hinaus werden die einzelnen Center vorgestellt sowie die Kurs- und Geschäftsentwicklung erläutert. Dabei zeigt sich die Schwachstelle des gewählten Formats: Die Übersichtlichkeit leidet spürbar unter überladener Bebilderung, wechselnden Schriftarten und uneinheitlichem Layout. Wer im Geschäftsbericht schmökern will, mag sich glänzend unterhalten fühlen, doch wer gezielt nach Informationen sucht, hat Mühe, im kunterbunten Durcheinander den Überblick zu behalten.

Erst im Konzernlagebericht und den folgenden Abschlusszahlen verzichtet das Unternehmen auf jeden optischen Schnörkel. Dabei wird deutlich, dass die Deutsche Euroshop auch ohne schrille Effekte den Anleger überzeugen kann: Ein um 50,2 Prozent auf 86,3 (2005: 57,5) Millionen Euro gesteigertes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT), ein mit 117,7 (68,1) Millionen Euro fast verdoppeltes Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit (EBT) und ein um 105,9 Prozent verbessertes Konzernergebnis in Höhe von 100,3 (48,7) Millionen Euro sprechen für sich. Dass dieser Erfolg etwas fröhlicher präsentiert wird, sei der Gesellschaft gegönnt. (Red.)

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