Gratulationsgespräch zum 80. Geburtstag von Ludwig Schork

"Bankenaufsicht ist eine nicht delegierbare Staatsaufgabe"

Sie sind Jurist. War Ihnen dies beim Stufenklettern Ihrer Karriereleiter - Ministerialer im Hause Ehrhard, Bankenaufseher dort und im neu gegründeten BAKred, Vorstand der Deutschen Pfandbriefanstalt, Aufsichtsrat, Buchautor - hilfreich?

Unbedingt. Juristisches Denken, juristisches Wissen hat mir, wie man heute sagen würde, "Problemlösungen" ganz erheblich erleichtert. Und "im Amt" war es gewiss zu Recht schon die formale conditio sine qua non.

Sie haben nach Ihrem Examen im Wirtschaftsministerium das erste KWG mitgebaut. Was war für Sie dabei das spannendste Thema?

Ganz klar die Frage der Zentralisierung der Bankenaufsicht. Die Länder wollten sie nicht, insbesondere, wen darf es wundern, war Bayern dagegen. Es ist uns jedoch gelungen, mit intensiver persönlicher Aufklärung und Abklärung bis in frohe Abendstunden hinein vor allem die CSU-Landesgruppe mit Hermann Höcherl zu überzeugen. Das neu geschaffene BAKred kam von vornherein als eine Zentralbehörde.

Würden Sie die guten Erfahrungen mit dieser Lösung als beispielhaft für die Bankenaufsicht in Europa werten?

In Maßen. Die gewachsenen Strukturunterschiede in Europa sind doch sehr viel größer als die regionalen Besonderheiten in Deutschland. Dass es aber für die Beaufsichtigten von Vorteil ist, wenn die Aufsicht in einem gemeinsamen Markt mit einer Stimme spricht, ist nicht zu bezweifeln.

Stichwort "eine Stimme": Die BaFin von heute bekommt statt des Präsidialmodells ein Vorstandsmodell. Zeitgemäß?

Man muss es beobachten. Für mich als ehemaliger Bankenaufseher ist das Entscheidende, ob die Bankenaufsicht, die Finanzaufsicht auch weiterhin als eine nicht delegierbare Staatsaufgabe zu erkennen bleibt.

War Berlin als Aufsichtssitz richtig?

Wir hätten nach Frankfurt gehört - so wie jetzt die BaFin. Aber die Politik denkt eben nicht immer sachgerecht. Bonn heute ist so falsch wie Berlin gestern.

Es gab in Ihrer Amtszeit keine aufsehenerregenden Bankschließungen ...

Nein, dafür waren wir ja schließlich da.

Ist die BaFin heute "härter" als das alte BAKred?

Das kann ich nicht sagen. Was ich weiß: Wir waren keine Scharfmacher - und das wurde anerkannt.

Als Sie 1965 das Angebot erhielten, Vorstand der Deutschen Pfandbriefanstalt in Wiesbaden zu werden - ist Ihnen da die Entscheidung leicht gefallen?

Nein. Ich habe diesen Wechsel in die Praxis durchaus auch als Minderung meiner Funktion innerhalb des Kreditwesens hingenommen, auch wenn mich die "Bank als Aufgabe" sehr gereizt hat.

Was rechnen Sie sich dazu vor allem zu?

Die Intensivierung des Kommunalkredits etwa von 1974/1975 an.

Aber war denn der Staatskredit als Geschäft damals wirklich eins? Haben Sie nicht nur Erfolg gegen Volumen tauschen müssen?

Gewiss haben wir großes Volumen gemacht, aber auch ein gutes Geschäft. Wie werten Sie in diesem Zusammenhang, dass die Hypo Real Estate als spezialisierter Gewerbekreditnachfolger der alten Münchener Hypothekenbanken sich soeben den Staatskreditteil der alten, geteilten Depfa einverleibt?

Als eine Bestätigung des klassischen Modells! Das Kommunalkredit- und das Hypothekengeschäft kommen wieder zusammen, wie es sich gehörte.

Bankvorstände haben heute das Risiko, ziemlich schnell entlassen zu werden. Halten Sie diese Entwicklung für eine angemessene?

Nein, sondern für das billige Ausweichen aus der Gesamtverantwortung eines Führungsgremiums. Und es wusste jeder von uns früher auch ohne Corporate Governance sehr gut, was sich für einen ordentlichen Kaufmann gehört, und wer bestimmt. Vielleicht gab es früher im Gewerbe mehr "Persönlichkeiten".

Sie sind oft Aufsichtsratsmitglied gewesen. Wie sehen Sie das Verhältnis zum Vorstand?

Als heute deutlich überfrachtet. Ich halte es für unsinnig, dem AR die Verantwortung einer Geschäftsleitung zuzuschieben - und würde unter diesem Aspekt kein Aufsichtsrat mehr sein mögen.

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