Grundpfandrechte in der Verwertung

Ausbietungsvereinbarungen im Zwangsversteigerungsverfahren

Die Zwangsversteigerung ist das gesetzlich vorgesehene Verfahren zur Durchsetzung des Pfandrechtes an Immobilien und deren Verwertung. Sie kann von einem Gläubiger beantragt werden, wenn der Schuldner seinen ver-traglichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommt. Das bei der Verwertungen von Immobilien im Wege der Zwangs-versteigerung erzielte Ergebnis ist im Regelfall abhängig von der Attraktivität der zu versteigernden Immobilie sowie von den eingeleiteten begleitenden Vertriebsaktivitäten.

Ob in einem Zwangsversteigerungstermin das vom Gläubiger angestrebte Ergebnis erzielt wird, ist oft erst am Ende des Versteigerungstermins nach Feststellung des Meistgebotes erkennbar. Bei weniger marktgängigen und schwierig zu vermarktenden Objekten oder komplexen Angeboten kann im Einzelfall der Abschluss einer Ausbietungsvereinbarung für den Gläubiger mit Bietinteressenten bereits im Vorfeld der Versteigerung sinnvoll sein. Im Folgenden sollen Vor- und Nachteile sowie Gestaltungsmöglichkeiten von Ausbietungsvereinbarungen vorgestellt werden.

Verhaltensregeln

Bei einer Ausbietungsvereinbarung wird ein Vertrag zwischen dem Gläubiger und einem Bieter über das Verhalten in einem künftigen Zwangsversteigerungstermin geschlossen. Für den Inhalt des sogenannten Ausbietungsvertrages gibt es keine festen Regelungen, sondern es handelt sich dabei stets um individuelle, auf den Einzelfall zugeschnittene Vereinbarungen.

- Ziel des Gläubigers (im Folgenden als Garantienehmer bezeichnet) ist es dabei, für den anstehenden Zwangsversteigerungstermin sicherzustellen, dass die Verwertung der Immobilie zu einem vorher abgestimmten Preis beziehungsweise Gebot abgeschlossen werden kann.

- Ziel des Bietinteressenten (im Folgenden als Garant bezeichnet) ist es im Regelfall, die Immobilie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einem vorher abgestimmten Preis zu erwerben. Der Garant will sich damit vor Geboten durch Mitbewerber schützen. Im Einzelfall kann auch die Partizipation des Garanten an einem eventuellen Mehrerlös Motivation für den Abschluss der Ausbietungsvereinbarung sein; dieses ist aber immer für den Garanten mit dem Risiko verbunden, aus der Ansteigerungsverpflichtung in Anspruch genommen zu werden.

Für die Ausgestaltung von Ausbietungsgarantien gibt es in der Praxis sehr unterschiedliche Varianten, die nachfolgend in ihren wesentlichen Ausprägungsmerkmalen beschrieben werden.

Bei der einfachen Ausbietungsvereinbarung verpflichtet sich der Garant zur Abgabe eines vorher mit dem Garantienehmer vereinbarten Gebotes. Der Garantienehmer verpflichtet sich im Regelfall, nach Abgabe des vereinbarten Gebotes durch den Garanten im Versteigerungsverfahren den Zuschlag erteilen zu lassen.

Als Motivation für den Garanten sieht die einfache Ausbietungsvereinbarung im Regelfall vor, dass der betreibende Gläubiger als Garantienehmer jegliche Werbung und sonstige Vertriebsaktivitäten für den bevorstehenden Versteigerungstermin einstellt und mit anderen Interessenten keine Ausbietungsvereinbarungen abschließt.

Die einfache Ausbietungsvereinbarung wird in der Praxis im Wesentlichen zwischen Gläubigern und Privatkunden für den Erwerb von Einfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen abgeschlossen. Gewerbliche Investoren erwarten im Rahmen der Ausbietungsvereinbarung meistens eine deutlich höhere Sicherheit in der Erwerbswahrscheinlichkeit oder eine Partizipation an Mehrerlösen, soweit sie im Versteigerungsverfahren ihr Ziel des Erwerbs aufgrund von Mehrgeboten Dritter nicht erreichen und nicht neuer Eigentümer der Immobilie werden. Hier werden oft Ausbietungsvereinbarungen mit Befriedigungserklärung abgeschlossen.

Befriedigungserklärung

Bei der Ausbietungsvereinbarung mit Befriedigungserklärung verpflichtet sich der Garant zur Abgabe eines Gebotes in einer vor der Versteigerung vereinbarten Höhe. Bei Übergeboten durch Dritte wird der Garant von der Zahlung in Höhe eines Korridors von im Regelfall etwa zehn bis 15 Prozent des vereinbarten Gebotes von der Zahlungspflicht durch Befriedigungserklärung des Garantienehmers freigestellt. Beispiel: Der Verkehrswert der Immobilie beträgt eine Million Euro. Die Ausbietungsvereinbarung besteht über 800000 Euro mit einem Sicherheitspuffer von 12,5 Prozent, also 100000 Euro.

Im vorliegenden Beispiel hat sich der

Garant zur Abgabe eines Gebotes in Höhe von 800000 Euro verpflichtet. Der Garantienehmer hat sich zur Erteilung des Zuschlages bei 800000 Euro verpflichtet. Bei Geboten durch Dritte wird der Garant hinsichtlich des 800000 Euro überschreitenden Betrages bis zu einem absoluten Gebot von maximal 900000 Euro verpflichtet, in Höhe des überschreitenden Teilbetrages gegenüber dem Vollstreckungsgericht vor dem Verteilungstermin eine Befriedigungserklärung abzugeben. Wirtschaftlich zahlt der Garant dementsprechend bei Geboten innerhalb des Korridors immer nur den Betrag von 800000 Euro.

Bei derartigen Vereinbarungen hat der Garant allerdings folgende Kostenaspekte zu beachten. Die vom Amtsgericht erhobene Zuschlaggebühr wird auf Basis des abgegebenen Gebotes berechnet. Die Eintragungsgebühr des Grundbuchamtes errechnet sich auf Basis des festgesetzten Verkehrswertes unabhängig von der Gebotshöhe. Bei der Grunderwerbsteuer wird der Steuerbescheid zunächst auf Basis des Gebotes erfolgen. Da das Grunderwerbsteuergesetz in § 8 auf den "Wert der Gegenleistung" abstellt, kann im Einspruchsverfahren eine Reduktion der Bemessungsrundlage auf 800000 Euro erfolgen. Das Finanzamt wird jedoch zunächst den Steuerbescheid auf Basis des vom Amtsgericht übermittelten Zuschlagspreises berechnen. Die Korrektur des Steuerbescheides ist nur innerhalb der gesetzlichen Einspruchsfrist gegeben.

Im Regelfall führen der vereinbarte Korridor sowie die vereinbarte Einstellung jeglicher Werbung des Gläubigers für das Versteigerungsobjekt dazu, dass der Garant innerhalb des vereinbarten Korridors die Immobilie erwirbt. Sollte dennoch durch Dritte im Versteigerungstermin Gebote oberhalb des vereinbarten Korridors erfolgen sind verschiedene Ansätze für weitergehende Vereinbarungen denkbar.

- Oberhalb des Korridors offenes Bieterverfahren: Bei dieser Form der Vereinbarung ist nach Überschreiten des Korridors von allen, auch vom Garanten, das Gebot in voller Höhe zu belegen. Der Garantienehmer erhält in diesem Fall den gesamten Versteigerungserlös; der Garant zieht bei Überschreiten des vereinbarten Korridors aus der Garantie keinerlei Vorteile und hat sein Gebot gegebenenfalls in voller Höhe zu zahlen.

- Korridor verbleibt als Discount beim Garanten: Bei dieser Vereinbarung erhält der Garant bei Überschreiten des Korridors immer in Korridorbreite einen Discount. Es ist lediglich zur Zahlung des garantierten Betrages sowie in Höhe des Übergebotes verpflichtet. Für den Fall der vorstehenden beispielhaft genannten Vereinbarung würde der Garant im Falle eines eigenen Meistgebotes von 950000 Euro zur Zahlung des garantierten Betrages von 800000 Euro sowie zur Zahlung des über den Korridor hinausgehenden Betrages, also im angeführten Beispiel die Differenz zwischen 900000 und 950000 Euro zahlen. Der Garantienehmer müsste sich hinsichtlich des Korridors gegenüber dem Amtsgericht für befriedigt erklären. Wirtschaftlich zahlt der Garant damit 850000 Euro statt der gebotenen 950000 Euro.

- Korridor und ergänzender Discount verbleiben beim Garanten:Diese Konstellation sieht neben dem beim Garanten verbleibenden Discount als weitere Vergünstigung einen weiteren Discount für Gebote oberhalb des Korridors für den Garanten vor. Hier würde der Garantienehmer sich verpflichten, den Garanten hinsichtlich des oberhalb des Korridors anfallenden Betrages zum Beispiel nur zu 90 Prozent des Gebotes in Anspruch zu nehmen. Dieses würde für das vorstehende Beispiel bedeuten, dass der Garant bei einem Gebot von 950000 Euro nur den Garantiebetrag von 800000 Euro sowie 90 Prozent des über 900000 Euro hinausgehenden Betrages, im konkreten Fall also 45000 Euro, in Summe mithin 845000 Euro zahlen müsste.

- Ausbietungsvereinbarung mit Mehrerlösbeteiligung: Diese Form der Ausbietungsvereinbarung verpflichtet den Garanten zur Abgabe des vereinbarten Gebotes. Der Garantienehmer verpflichtet sich zur Zuschlagerteilung ab dem vereinbarten Gebot. Für den Fall von Übergeboten von Dritter Seite wird vereinbart, dass der Garant neben dem garantierten Gebot lediglich einen prozentualen Anteil des Übergebotes zahlen muss, sofern er als Meistbietender den Zuschlag erhält. Für den Fall von Meistgeboten von Dritter Seite oberhalb des vereinbarten Mindestpreises und Zuschlag an den Dritten (nicht an den Garantiegeber) erfolgt eine prozentuale Beteiligung des Garanten am Mehrerlös. Diese Form der Vereinbarung führt in der Praxis zu einer typischen "Win-Win"-Situation. Sowohl Garantienehmer als auch Garant profitieren gleichermaßen von der Vereinbarung, auch wenn beim Garanten im Regelfall die Erwerbsabsicht im Vordergrund stehen dürfte. Der Garantienehmer erzielt dabei Mehrerlöse gegenüber dem angestrebten und in der Vereinbarung definierten Abgabepreis.

Die vorstehenden Regelungen können nur exemplarisch aufzeigen, wie Ausbietungsvereinbarungen in der Praxis grundsätzlich ausgestaltet werden können. Eine Ausbietungsvereinbarung ist stets als Einzelfallregelung auf die individuellen Präferenzen der Vertragsschließenden auszugestalten. Insbesondere wenn beim Garantienehmer keine diesbezüglichen Erfahrungen vorliegen, empfiehlt sich die Einbeziehung eines Fachmannes.

Notarielle Beurkundung

Ausbietungsverträge werden im Regelfall notariell beurkundet. Soweit im Einzelfall auch privatschriftliche Verträge ohne Beurkundung geschlossen werden, sind diese hinsichtlich der Verbindlichkeit der eingegangenen Verpflichtungen auf dem Rechtswege nicht oder nur eingeschränkt durchsetzbar.

Insoweit wird eine notarielle Beurkundung der Vereinbarungen dringend empfohlen, auch wenn hiermit Notariatskosten verbunden sind. Die Kosten hierfür belaufen sich im Bereich von weniger als 0,5 Prozent des Garantiebetrages und werden üblicherweise durch den Garanten getragen. Die Übernahme der anfallenden Notarkosten durch den Garantienehmer wird für den Fall vereinbart, dass der Garant mit seinem Gebot oberhalb des vereinbarten garantierten Gebotes nicht Meistbietender bleibt und nicht neuer Eigentümer der Immobilie wird.

Der Abschluss einer Ausbietungsvereinbarung empfiehlt sich im Regelfall nicht bei der Zwangsversteigerung marktgängiger Standardimmobilien. Hier ist dieses aus Gläubigersicht auch nicht erforderlich. Eine fachlich kompetente und persönlich engagierte Vermarktung und Betreuung der Bietinteressenten durch Fachmakler ist hier wichtiger. Durch eine größere Anzahl von Bietern im Versteigerungstermin und dadurch resultierende Bietkonkurrenz kann das Verfahren aus Gläubigersicht normalerweise auch ohne Ausbietungsvereinbarung erfolgreich abgeschlossen werden.

Ausbietungsvereinbarungen bieten sich für die Versteigerung von Spezialimmobilien mit geringer, aber qualifizierter Nachfrage an. Weiterhin kann ein Abschluss für Standardimmobilien im Einzelfall dann sinnvoll sein, wenn es bereits erfolglose Versteigerungstermine gegeben hat und auch für künftige Versteigerungen aus Sicht des Gläubigers die Chancen auf Erfolg als gering eingeschätzt werden. Für beide Fälle kann ein potenzieller Bieter bereits im Vorfeld der Versteigerung rechtsverbindlich an das mit ihm vereinbarte Gebot gebunden werden.

Bei Immobilienpaketen, zum Beispiel mehrere Eigentumswohnungen in einem Gebäude, kann sowohl aus Gläubigersicht als auch aus Erwerbersicht der Wunsch eines Paketverkaufes vorliegen. Für den Gläubiger besteht bei Einzelvermarktungen von Immobilienpaketen das Risiko der Restantenbildung; attraktive Wohnungen finden ihre Käufer, während weniger attraktive Wohnungen als Restanten noch lange Zeit den Gläubiger belasten. Durch eine entsprechende Ausbietungsvereinbarung kann eine vollständige Vermarktung des Paketes zu einem vorher vereinbarten Preis sichergestellt werden.

Verkehrswert und Befriedigungserklärung

Von zentraler Bedeutung für den Ablauf des Zwangsversteigerungsverfahrens ist der festgesetzte Verkehrswert. Mitunter weichen die gutachterlich ermittelten und vom Vollstreckungsgericht festgesetzten Verkehrswerte allerdings eklatant von den Marktgegebenheiten ab. Überhöhte Verkehrswerte führen nahezu zwangsläufig zu sehr langen Verfahrensdauern mit mindestens zwei Versteigerungsterminen. Hier kann der Gläubiger das Verfahren abkürzen, indem eine Ausbietungsvereinbarung mit Befriedigungserklärung abgeschlossen wird.

Der Garant verpflichtet sich, im Versteigerungstermin ein zuschlagfähiges Gebot (im Regelfall fünf Zehntel des Verkehrswertes) abzugeben. Im Gegenzug verpflichtet sich der Garantienehmer, sich hinsichtlich eines vorher vereinbarten Teilbetrages für befriedigt zu erklären. Damit kann auch im ersten Termin eine Verwertung unterhalb des halben Verkehrswertes erfolgen.

Der Abschluss von Ausbietungsvereinbarungen gehört auch für die Mitarbeiter in den Verwertungsabteilungen der Kreditinstitute im Regelfall nicht zum Standardgeschäft. Eine versierte Begleitung durch Fachmakler für Zwangsversteigerungen und/oder durch entsprechend spezialisierte Rechtsanwälte wird daher empfohlen. Dort verfügt man über entsprechende Erfahrungen und oft auch über entsprechende Mustervereinbarungen, die dann auf den konkreten Fall angepasst werden müssen.

Ausbietungsvereinbarungen mit Befriedigungserklärungen oder Mehrerlösvereinbarungen bergen für den Garantienehmer die Gefahr eines teilweisen Erlösverzichtes. Dem Forderungskonto des Schuldners ist das vollständige Ergebnis aus der Versteigerung gutzuschreiben; auch wenn der Gläubiger aufgrund einer Ausbietungsvereinbarung mit Befriedigungserklärung diesen nur zu einem Teil erhält. Wirtschaftlich betrachtet handelt es sich bei dem Erlösverzicht aufgrund der Befriedigungserklärung um eine Risikoprämie für die Absicherung des Ergebnisses der Versteigerung. Allerdings dürften die Kosten der Befriedigungserklärung aufgrund von Erlösverzichten in der Praxis normalerweise gegen uneinbringliche und bereits wertberichtigte Forderungen gegen den Schuldner verrechnet werden können. Insoweit resultieren hieraus dann keine echten Auswirkungen auf die Ertragslage des Garantienehmers.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine Ausbietungsvereinbarung für den Gläubiger im Einzelfall ein Mittel zur Sicherung einer erfolgreichen Versteigerung darstellen kann. Dieses Instrument zur Erfolgssicherung ist allerdings nicht ganz zum Nulltarif zu haben. Es besteht für den Garantienehmer stets das Risiko, dass im Versteigerungsverfahren wider Erwarten doch Nachfrage von Dritter Seite aufkommt. Dann kommen Vereinbarungen zum Tragen, die im Regelfall den Erlösanteil des Garantienehmers schmälern. Für den Garanten bietet der Abschluss einer Ausbietungsvereinbarung die Chance, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die Immobilie zum vorher vereinbarten Preis tatsächlich zu ersteigern. Ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen eine Ausbietungsvereinbarung sinnvoll ist kann sowohl aus der Sicht des Garanten als auch aus der Sicht des Garantienehmers nur im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung beurteilt werden.

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