Prozesse in Leasing-Gesellschaften aktiv gestalten und optimieren

Zeit und Kosten sparen, Zufriedenheit erzielen

Abbildung: Erfolgsfaktoren für eine positive Prozessgestaltung Quelle: Navax

Mag. Martin Feith, Wolfgang Gries - Aktive Prozessgestaltung wird in Leasing-Gesellschaften immer stärker zu einem Erfolgsfaktor. Einerseits sorgen umfassende aufsichtsrechtliche Organisations- und Dokumentationserfordernisse für entsprechenden innerbetrieblichen Handlungsbedarf. Andererseits besteht durch den ständigen Kostendruck und die stetigen Marktveränderungen immer Bedarf für die laufende Überprüfung und Neugestaltung bestehender Prozesse. Zusätzlich dazu kommt es aufgrund von Systembrüchen, Workarounds und manuellen Eingriffen teilweise zu aufwendiger Verwaltung von Leasing-Geschäften im Unternehmensalltag.

Wenn Prozesse nicht von Unternehmensseite aktiv gestaltet werden, entwickeln sie sich aufgrund des operativen Tagesgeschäfts als Abteilungs-Insel-Lösungen oder bilateral, also zwischen einzelnen Abteilungen, ohne das große Ganze im Auge zu behalten. Diese Prozesse findet man selten ganzheitlich dokumentiert vor beziehungsweise ist die Dokumentation lückenhaft.

Als gängige Beispiele für die Folgen dieser Nichtgestaltung von Unternehmensprozessen dienen nicht behandelte Kundenanfragen, unbearbeitete Beschwerden, Hin- und Herschieben von Fällen/Verantwortung, unkoordinierte oder koordinierte Excel-Listen, "Post-it"-Zettelchen, Aktenberge und eine Mischung aus alledem. Den Hintergrund dessen bildet neben unklaren Zuständigkeiten und Abläufen oft nicht vorhandene, unzureichende oder nicht optimal eingesetzte prozessgetriebene Software.

Prozesse gestalten

Die Notwendigkeit zur Prozessgestaltung trifft aber nicht nur große Unternehmen. Gerade für den Mittelstand ist es besonders wichtig, die Unternehmensabläufe zu planen und gut zu organisieren, um die bei kleineren Unternehmen vermuteten Vorteile wie Flexibilität und Schnelligkeit tatsächlich gegenüber den Kunden und Partnern beweisen zu können.

Wird die Prozessgestaltung nicht aktiv seitens des Managements gesteuert, findet sie trotzdem statt. Denn die notwendigen Prozesse eines Unternehmens laufen immer ab, ungesteuert oder gesteuert, ungeplant oder geplant, da die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre täglichen Aufgaben grundsätzlich erfüllen müssen. Um diese Prozessplanung auf optimale Weise für das Unternehmen zu gestalten, erfordert es entsprechen de Vorgaben und Ziele, um geplant an die Sache heranzugehen. Dadurch kann eine sach- und- unternehmensgrößengerechte Prozessgestaltung sichergestellt werden.

Umfeldbedingungen

Leasing-Gesellschaften müssen Kernprozesse definieren, dokumentieren und diese auch so leben (beispielsweise für Aufsichtsbehörden, Revision, Wirtschaftsprüfer). Einfach, dokumentiert, schnell, sicher, fehlerfrei, vollständig, abteilungsübergreifend und den regulatorischen Anforderungen entsprechend, so müssen die definierten Prozesse gestaltet sein.

Nutzen

Die aktive Prozessgestaltung führt zu geringeren Kosten aufgrund von optimierten, besser aufeinander abgestimmten Unternehmensabläufen. Damit einher geht eine deutliche Fehlerreduktion und Qualitätsverbesserung durch eine klare Aufgabenverteilung und Schnittstellendefinition. Die geringere Fehleranfälligkeit verbunden mit schnelleren Durchlaufzeiten führt wiederum zu einer höheren Kundenzufriedenheit. Ebenso steigt aufgrund der klaren Aufgabenzuordnung und Verbesserung der internen Abläufe die Zufriedenheit der Beschäftigten; außerdem können sich neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund der sorgfältig geplanten und dokumentierten Prozesse schneller einarbeiten.

Durch die aktive Gestaltung und nachvollziehbare Dokumentation der Prozesse kann das Unternehmen wesentlich schneller auf neue Marktanforderungen wie Veränderung von bestehenden Produkten, Einführung neuer Finanzierungsprodukte oder Finanzierungsobjekte und notwendige zusätzliche Prozessschritte reagieren. Mit einer durchgängigen Dokumentation aller operativen Prozesse lassen sich die Anforderungen von Interner und Externer Revision sowie Aufsichtsbehörden einfach besser erfüllen. Dadurch reduziert sich insgesamt das operationale Risiko. Gleichzeitig erhöhen sich die für die Revisionssicherheit erforderliche Nachvollziehbarkeit, Transparenz und Überprüfbarkeit der Abläufe.

Der dargestellte Nutzen einer aktiven Prozessgestaltung nimmt die Beantwortung der logischen Frage nach dem Budget schon vorweg: "Kann ich mir das überhaupt leisten?" Der Gewinn der aktiven Prozessgestaltung auf mehreren Ebenen gestaltet sich so groß, dass diese Frage in den Hintergrund tritt. Denn die Amortisation erfolgt extrem schnell durch die Zeitersparnis in den internen Abläufen. Gerade solide gewachsene, mittelständische Unternehmen haben aufgrund ihrer gewachsenen Strukturen vielfältige Möglichkeiten, ihre Abläufe noch besser zu gestalten.

Vorgehensmodell

Folgendes grundsätzliches Vorgehensmodell wäre eine denkbare Variante (abhängig von den konkreten Prozessen und der Größe des Unternehmens):

- Ermittlung der Rahmenbedingungen und strategischen Vorgaben inklusive IT: Zunächst müssen die wesentlichen Geschäftsfelder für die Zukunft abgeklärt werden. Ist die bestehende Software- und Hardware-Infrastruktur fix, oder welche Elemente sind als fix anzusehen und welche veränderbar.

- Identifikation der Kernprozesse "Begin with the End in Mind": Die klare Definition der Kernprozesse ist besonders wichtig. Welches sind die Ziele und Überschneidungen oder Schnittstellen der einzelnen Prozesse/Abteilungen (Vertrieb/Genehmigung/Vertragsverwaltung/Finanzbuchhaltung und so weiter)? In welche "in sich schlüssigen Prozesse" kann das Unternehmen unterteilt werden?

- Definition von Prozessverantwortlichen: Die Einbindung der wesentlichen Know-how-Träger und Prozessspezialisten mit klar definierten Verantwortlichkeiten bildet die Grundvoraussetzung.

- Zeit- und Ressourcenplanung: Das Projekt sollte mit Teilzielen und Zuteilung von personellen Ressourcen klar strukturiert werden.

- Analyse der Ist-Prozesse: Festzulegen sind Anfangs- und Endpunkt des Prozesses, das Ziel des Prozesses und die Definition der Änderungsanforderungen.

- Identifikation der Handlungsfelder für die einzelnen Prozesse: Welches Ziel verfolgt die Gestaltung/Veränderung? Welche Prozesse sollen effizienter/qualitätsvoller gestaltet werden?

- Gegenüberstellung Aufwand/Ertrag der Veränderungen mit Machbarkeitsanalyse: Ein oft vergessener Aspekt ist die Kosten-/Nutzenanalyse. Veränderungen der Prozesse sollen zu messbaren Erfolgen führen, zum Beispiel Kostenreduktion, Qualitätsverbesserung, Beschleunigung der Durchlaufzeiten.

- Entscheidung: Die klare Entscheidung zur Neugestaltung der Prozesse durch die zuständigen Entscheidungsträger und entsprechendes Commitment sind wesentliche Voraussetzungen.

- Umsetzung (aktive Umgestaltung der Prozesse): Siehe "Umsetzung und Dokumentation", Seite 269.

- Dokumentation der Prozesse: Das Ziel ist eine nachvollziehbare, vollständige und an die Unternehmensgröße angepasste Dokumentation der Prozesse. Diese sollte gegenüber Dritten, wie etwa Revision, Aufsichtsbehörde, Wirtschaftsprüfer, ebenfalls entsprechend aussagekräftig und verständlich sein.

- Laufende planmäßige Überprüfung der Prozesse: Die Prozessneugestaltung ist nur der Startschuss für einen ständigen Prozess. Zumindest jährlich sollten die Strukturen einer kritischen Prüfung unterzogen werden, da in einem sich ständig veränderten Umfeld auch die Prozesse kontinuierlich hinterfragt und gegebenenfalls adaptiert werden sollten.

Umsetzung und Dokumentation

Mit älteren IT-Systemen war die Umsetzung der Prozessgestaltung bisher ein eher schwieriges Unterfangen. Einerseits wurden Prozessveränderungen aufwendig programmiert. Andererseits waren Reaktionen auf Marktveränderungen und Änderungen (auch in rechtlichen) Rahmenbedingungen schwierig, kompliziert und teilweise nur verzögert möglich. Prozesse wurden nicht aktiv verändert, sondern Prozessveränderungen fanden aufgrund von starken Initialimpulsen statt, beispielsweise durch Fehler, regulatorische Anforderungen, IT-Systemwechsel.

Die Umsetzung der Prozesse in der IT war bisher dem Softwarelieferanten vorbehalten. Mit moderner Software können diese Anpassungen durch die Organisationsabteilung/IT/ Key User intern erfolgen, mit der entsprechenden Dokumentation. Eine aktive Prozessgestaltung lässt sich mit IT-Systemen, die dem neuesten Stand der Technik entsprechen ("state of the art") nunmehr wesentlich besser planen, gestalten, umsetzen und dokumentieren.

Egal, welches System zum Einsatz kommt; wesentlich dabei sind folgende Kerneigenschaften: Revisionssicherheit, Usability/Benutzerfreundlichkeit, direkte Umsetzung der gestalteten Prozesse im Kernsystem, Flexibilität und Dokumentation. Die Schnittstellen in der Kommunikation zwischen den operativen Abteilungen, den Organisations- und IT-Verantwortlichen und dem IT-Softwarelieferanten samt der dazugehörigen Komplexität fallen weg. Daraus besteht der Hauptvorteil einer voll im Kernsystem integrierten Prozessplanung und Dokumentation. Die Umsetzung erfolgt sofort und direkt aus dem System heraus mit der entsprechenden Dokumentation aus einem Guss.

Win-Win-Situation

Geplante, klar definierte, aufeinander abgestimmte sowie dokumentierte Prozesse führen bei Leasing-Gesellschaften zu einer Verringerung der Durchlaufzeiten und der Kosten bei gleichzeitiger Steigerung der Zufriedenheit von Kunden und Belegschaft. Bei straffer Organisation der Prozessgestaltung halten sich die dafür notwendigen internen Kosten in einem überschaubaren Rahmen. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten, unabhängig von der jeweiligen Betriebsgröße.

DIE AUTOREN:

Mag. Martin Feith, Köln, ist Senior Expert bei der Navax-Unternehmensgruppe im Bereich Finanzdienstleister. Seine Tätigkeitsschwerpunkte bilden die Prozessberatung, Software-Optimierung und die Umsetzung von Geschäftsprozessen in der IT.E-Mail: m.feith[at]navax[dot]comWolfgang Gries, Köln, ist Systemarchitekt und verfügt über langjährige Erfahrung in der Umsetzung von Projekten in der Leasing-Branche. Bei der Navax-Unternehmensgruppe verantwortet er die Produktentwicklung im deutschsprachigen Raum.E-Mail: w.gries[at]navax[dot]com

Martin Feith , Mitglied des Executive Board FSI , NAVAX Unternehmensgruppe, Wien

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