Blickpunkte

Produktpolitik - Abschied von der Debitkarte?

Die große Affinität der deutschen Verbraucher zur Debitkarte dürfte zweierlei Ursachen haben: Zum einen die Sorge, über das eigene Ausgabeverhalten den Überblick zu verlieren, wenn Kartenumsätze nicht umgehend, sondern nur einmal monatlich vom Konto abgebucht werden, daneben aber auch die Produktpolitik der Banken: Die Debitkarte gehört wegen ihrer Funktion als Zugang zu den Selbstbedienungsservices und bis vor kurzem auch als Zugangskarte für das SB-Foyer zur "Grundausstattung" jedes Girokontos und wird deshalb im Gegensatz zur Kreditkarte meist ohne Jahresgebühr ausgestellt. Obendrein ist im Inland die Akzeptanz für die Debitkarte besser als für Kreditkarten. Viele Kunden sehen also wenig Bedarf, sich eine Kreditkarte zuzulegen.

Diese Grundvoraussetzungen haben die EU-Parlamentarier in ihrem Vorschlag für eine Verordnung unter Erwägung 18 a infrage gestellt: Ganz deutlich zeigt sich hier ein Bestreben, jegliche Interchange für Debitkarten zu verbieten. Und bei den Diskussionen darüber, inwieweit die Regulierung auch unter den Bedingungen der neuen Verhandlungswelt auf das Girocard-Verfahren anzuwenden ist, scheint sich das Pendel derzeit in Richtung einer Anwendung zu neigen, wie von Marktteilnehmern zu hören ist. Auch Rita Wezenbeek von der EU-Kommission hat sich in dieser Richtung geäußert.

Die Debitkarte, sei es nun Girocard, Maestro oder V-Pay, würde damit für die Emittenten zum Non-Profit-Produkt. Ohne Jahresgebühr (oder eine Anhebung von Kontopauschalen) wäre sie damit für Emittenten wenig attraktiv, selbst unter Berücksichtung ihrer Funktion als Service- und Kundenbindungsinstrument. Ohne Interchange müsste die Debitkarte theoretisch sogar noch stärker bepreist werden als die Kreditkarte.

Damit aber wäre das Wettrennen der Produkte und Marken um attraktive Produktgestaltung und Funktionalitäten, für die der Kunde zu zahlen bereit ist, neu eröffnet. Zwingend braucht der Kunde die Debitkarte nicht. Für die Bargeldabhebung etwa lassen sich auch Kreditkarten nutzen, wie es die Direktbanken vorgemacht haben. Auf die taggenaue Abbuchung müsste der Kunde, dem eine Debitkarte künftig zu teuer ist, aber vermutlich verzichten. Denn eine entsprechende Ausgestaltung von Kreditkartenprodukten würde der Regulator rasch als Ausweichstrategie identifizieren. Und damit wäre das Aus für die Interchange wohl auch bei Kreditkarten rasch besiegelt. Für eingefleischte Debitfans bleibt also in Zukunft womöglich wirklich nur noch das Bargeld als Alternative. Red.

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