Geldwäsche

Terrorismusfinanzierung und was Banken dagegen tun können

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Mit dem IS hat das Thema Terrorismusfinanzierung, das die Finanzbranche seit den neunziger Jahren beschäftigt, an neuer Brisanz gewonnen. Wenn Finanzinstitute ein detailliertes Verständnis für die Muster der Finanzierung und die Beschaffungstypologien entwickeln, denen der IS folgt, so der Autor, dann können sie seinem Wachstum dadurch möglicherweise entgegenwirken, indem sie dabei helfen, den Terroristen den Geldhahn zuzudrehen. Einige typische Warnzeichen und Szenarien, auf die die Verantwortlichen achten können, zeigt John Byrne auf. Banken müssten jedoch Zeit und Geld investieren, um das geopolitische Umfeld, die Reisewege, die Geldquellen und den Geldfluss richtig zu verstehen und die Problematik komplett zu erfassen. Red.

Das Verfolgen von Geldbewegungen, die zur Finanzierung von Terrorgruppen verwendet werden, ist sehr ressourcenintensiv und schwierig zu bewerkstelligen. Dieses ständig wachsende Problem verursacht viel Unbehagen innerhalb der Anti-Geldwäsche-Gemeinschaft, was die Ergebnisse einer kürzlich durchgeführten Blitzumfrage unter 1 500 Mitgliedern der Association for Certified Anti-Money Laundering Professionals (ACAMS) auf deren US-Konferenz mehr als bestätigen.

Die ACAMS-Umfrage zeigt, dass 63 Prozent der Fachleute für Geldwäsche-Prävention (Anti-Money Laundering) glauben, die aktuellen AML-Kontrollen seien nicht dazu geeignet, der Finanzierung des Terrorismus auf die Schliche zu kommen, und schätzen daher das damit einhergehende Risiko sehr hoch ein. Weitere 58 Prozent gaben an, dass sie nur eingeschränkte Kenntnisse über Tendenzen und Typologien der Terrorismusfinanzierung haben, wobei Letzteres ein besonders wichtiges Element im Werkzeugkasten einer Institution darstellt, um unlautere Aktivitäten zu entdecken. Der vorliegende Artikel behandelt zunächst diese Schwachstelle mit einem detaillierten Einblick in die Quellen von Finanzierungsfonds für Terroristenkämpfer. Außerdem stellt er bekannte Typologien von Terroristenfinanzierungsmodellen vor, damit sich Institutionen mit dem Problem befassen können.

Das Thema Terrorismusfinanzierung, mit dem die Finanzgemeinschaft konfrontiert ist, ist nicht neu und stellt seit den Konflikten der neunziger Jahre in Bosnien und Afghanistan ein Problem dar. Was aber frühere Terrorismusfinanzierungsmodelle von den heutigen unterscheidet, ist das Ausmaß, in dem der breit angelegten Finanzierung durch einzelne Spender weltweit begegnet werden muss.

Finanzierungsmuster des IS verstehen

Soziale Medien und das Internetbanking haben das Wachstum des sogenannten IS (Islamischer Staat) im Irak und Syrien begünstigt, der als die inzwischen bestorganisierte und am globalsten agierende Terroristengruppe gesehen wird und der dementsprechend viel besser finanziert ist als jede andere frühere Terroristenoperation.

Es wird berichtet, dass der IS über zwei Milliarden Dollar verfügt, die er aus verschiedenen Quellen rekrutiert. Für eine globale Organisation wie den IS, dessen Finanzierung besonders umfassend und kompliziert ist, besteht darin auch eine seiner Schwächen, weil eine so große Einheit auch Geld in riesigen Mengen verbrennt und gigantische Summen benötigt, um weiter bestehen zu können. Das schiere Ausmaß der vom IS laufend benötigten Finanzen bedeutet letztendlich, dass die Finanzinstitute s einem Wachstum möglicherweise dadurch begegnen können, dass sie ein detailliertes Verständnis für die Muster der Finanzierung und die Beschaffungstypologien entwickeln, denen der IS folgt.

Der IS bezieht seine Einnahmen in erster Linie aus mehreren Quellen. Dazu gehören die Plünderung von Banken, Erpressung, Kontrolle von Ölfeldern und Raffinerien, Diebstahl von Wirtschaftsvermögen und die illegale Besteuerung der besetzten Territorien. Er finanziert sich auch durch Lösegelder aus Entführungen und durch Spenden von Non-Profit-Organisationen oder individuellen Unterstützern, die sich den ausländischen Terrorkämpfern (FTFs - Foreign Terror Fighters) verbunden fühlen.

Die wertvollste Einnahmequelle ist Öl, das aus Quellen in den besetzten Territorien gefördert wird und - üblicherweise gegen Bargeld - über einen komplizierten Schwarzmarkt verkauft wird, dicht gefolgt von Erpressung, Steuern und Lösegeldzahlungen.

Über soziale Medien akquirierte Spenden

Der Unterstützung ausländischer Terrorkämpfer dienen zunehmend auch Spendenfonds, welche ihre Spenden durch Aufrufe in sozialen Netzwerken, von individuellen Spendern oder über Crowdfunding-Modelle erhalten. Es handelt sich dabei im Einzelnen um kleinere Beträge, die zusammengenommen eine maßgebliche Größenordnung ausmachen und es dem IS erlauben, viele seiner breit gestreuten Kampfhandlungen fortzuführen. Dies ist ohne das detaillierte Verstehen der Typologien der Terrorismusfinanzierung noch viel schwerer zu entdecken.

Vor einer detaillierten Betrachtung der Typologien sollte zunächst definiert werden, was ausländische Terrorkämpfer (FTFs) ausmacht und wie sie funktionieren. Es handelt sich vorwiegend um Männer im Alter zwischen 18 und 35 Jahren, die möglicherweise zum Islam konvertiert sind und wahlweise einen arabischen oder auch westlichen Namen verwenden. Sie sind oft gut ausgebildet, sehr aktiv in sozialen Netzwerken und führen typischerweise einzelne Geldtransaktionen durch, häufig mithilfe von Familienmitgliedern. Wie bereits erwähnt, werden ausländische Terrorkämpfer üblicherweise aus kleineren, über soziale Medien akquirierte Spenden finanziert, sie können aber auch über eigene Geldmittel verfügen. Diese können aus Arbeitseinkünften, aus Sozialleistungen oder von Darlehen stammen, die dann oft nicht zurückbezahlt werden.

Typische Reiserouten

Sie reisen zu und von den primären Konfliktgebieten in Syrien oder dem Irak, oft über poröse Grenzen zu Ländern wie der Türkei und Jordanien, und jetzt auch zunehmend über den Jemen und Libyen. Das gründliche Verstehen der Geografie von Konfliktregionen und kürzlich besetzten Gebieten ist daher notwendig, um die Geldströme zu überwachen und Finanzierungstypologien zu entdecken.

Gemäß US-Regierungsinformationen, die Ende 2014 herausgegeben wurden, haben mehr als 19 000 ausländische Terrorkämpfer aus über 90 Nationen ihre Heimatländer in Richtung Syrien und Irak verlassen, um sich dem IS anzuschließen. Die wirkliche Zahl ist wahrscheinlich noch höher.

Es ist nun möglich, dass sie nach Abschluss ihres aktiven Einsatzes beginnen, in den Westen zurückzukehren und ihr ehemaliges Leben wieder aufnehmen wollen. Oder kommen sie möglicherweise zurück, um die vom IS benötigte finanzielle Unterstützung sicherzustellen?

Nicht ohne die Nutzung von Banksystemen

Das ist eine der Fragen, die Finanzinstitute beantworten müssen, indem sie ein grundsätzliches Verständnis dafür entwickeln, welche Rolle die Terrorkämpfer spielen, um das komplizierte Finanznetz zu ermöglichen, das die Organisationen unterstützt, für die sie arbeiten, und die Art und Weise, wie sie vorgehen. Um eine multinationale Organisation und das damit verbundene logistische und finanzielle Framework zu führen, ist in der einen oder anderen Form die Nutzung konventioneller Banksysteme, insbesondere Geldautomaten und Geldtransferdienstleistungen erforderlich.

- Gemäß FATCA (Foreign Account Tax Compliance Act) hat beispielsweise Finnland berichtet, dass Terrorkämpfer oft Finanzmittel von Spendern erhalten, die Geld in moderaten Mengen (von Hunderten von Euro bis zu einigen tausend Euro in einer einzelnen Transaktion) über Geldtransferdienste mit Außenstellen in den Grenzgebieten zu den vom IS gehaltenen Territorien schicken. Dieses Geld kann dann zur Unterstützung ihrer Aktivitäten verwendet werden, während sie in den Konfliktgebieten kämpfen.

- In ähnlicher Weise haben niederländische Behörden festgestellt, dass von den FTFs erwartet wird, dass sie die Kosten für ihren Lebensunterhalt selbst aufbringen, während sie in Syrien oder dem Irak kämpfen und daher auf die regelmäßigen Finanzhilfen aus ihren Heimatländern angewiesen sind.

Typische Warnzeichen für Banken

Die übliche Praxis des Geldversands ist die Verwendung von Geldtransferdienstleistern, die an leicht erreichbaren Orten in der Nähe der Konfliktgebiete gelegen sind, oder durch Barabhebungen an Geldautomaten mit der Bank- oder Kreditkarte der Heimatbank des Kämpfers. Alternativ können sich die Terrorkämpfer auf Mittelsmänner verlassen, um das Bargeld über eine durchlässige Grenze in das vom IS besetzte Territorium zu transportieren.

Es ist wichtig, dass Finanzinstitute Kontobewegungen beobachten, die im Zusammenhang mit Reisekosten stehen und insbesondere Gebiete betreffen, die bekanntermaßen als Transit in die Konfliktzonen dienen. Daraus kann üblicherweise geschlossen werden, ob eine Person als Tourist reist oder ein anderes Motiv hat.

- Wenn eine Person beispielsweise in die Türkei reist und man die Bezahlung von Reisetickets feststellt, sollten in der Regel auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung während des Aufenthalts erkennbar sein. Fehlen solche Transaktionen während des Aufenthalts in der Türkei, kann dies ein Warnzeichen für eine möglicherweise verdächtige Aktivität sein und sollte weiter untersucht werden. Es kann natürlich sein, dass die Person keine Gefahr darstellt, weil sie bei Familienmitgliedern oder Freunden unterkommt, aber diese Möglichkeit muss ausgeschlossen werden.

- Ebenso wichtig ist es, Kontobewegungen für andere Käufe zu überwachen. Hat die Person, die in die Türkei reist, zum Beispiel auch Outdoor-Ausrüstung oder Military-Artikel gekauft? Oder steht sie in Bezug zu jemand anderem, der diese Art von Käufen eventuell stellvertretend übernimmt?

- Es ist vor allem auch notwendig, die aus den bekannten Krisengebieten zurückkehrenden Personen zu kontrollieren, von denen einige unvermeidlich versuchen werden, nicht konvertierbare lokale Währungen in Euro, Pfund oder Dollar zu tauschen. Es ist zu hinterfragen, warum sie überhaupt im Besitz jener Währungen sind und welche neueren Transaktionen über ihre Bankkonten abgewickelt wurden.

Solche gemeinsamen Muster, deren man sich gewahr sein muss, erinnern daran, dass die genaue Kenntnis seiner Kunden (KYC - Know Your Customer) und folglich auch von deren Kunden (KYCC - Know Your Customers Customer) ein entscheidender Teil der Anstrengungen des umfassenden Risikomanagements sein muss. Werden solche positiven Übereinstimmungen aufgedeckt, sind weitere Ermittlungen in Richtung aller Aktivitäten der Verdächtigen in sozialen Medien und in ihrem sozialen Netzwerk zu empfehlen, aber auch die Betrachtung ihrer Reisegründe kann von Vorteil sein.

Beispielhafte Szenarien

Zwei typische Fälle für ausländische Terrorkämpfer (basierend auf realen Szenarien) seien im Folgenden beispielhaft genannt:

1. Der FTF empfängt Spenden per Überweisung von internationalen Unterstützern.

Es wurde eine in der Türkei operierende Person entdeckt, die 70 Spendentransfers von 54 verschiedenen Absendern aus 17 Ländern einschließlich der Niederlande, Deutschlands und Frankreichs erhalten hat. Diese Person hatte eine Reihe inländischer Netzwerke, die innerhalb der Spenderländer, zum Beispiel Frankreich, verbunden waren. Tiefergehende Untersuchungen ergaben, dass sich unter den Kontaktpersonen eine aktiv in Syrien kämpfende Person befand sowie eine andere, die Propaganda material auf Youtube hochgeladen hatte. Eine weitere Kontaktperson in Frankreich unterstützte die Person in der Türkei, die sowohl über ein Bankkonto als auch über einen Geldtransferdienst Spenden von verschiedenen Unterstützern sammelte und dann das Geld sicher an den Kämpfer und den Propagandisten weiterleitete.

2. Typologie eines Spendenfonds, der zwischen der Türkei und den Konfliktgebieten hin und her wechselt ("flipping").

Diese Typologie beschreibt eine Person, die in der Türkei als Mittelsmann agiert und Gelder von Spendern in Syrien, Saudi-Arabien, Europa und den Vereinigten Staaten empfängt, die sie dann an neue Standorte weiterschickt.

Dieser Fall ist ein Beispiel für das "Flipping" und ein weiterer Beweis für die wichtige Rolle der Türkei als Verbindungskanal zwischen Westeuropa und den ausländischen Terrorkämpfern in Syrien und dem Irak. Dieser Mittelsmann ist dafür zuständig, Spenden entgegenzunehmen und sicherzustellen, dass über die Guthaben verfügt werden kann, um sie zu "flippen" und wieder an die Terrorkämpfer im aktiven Kampf in Syrien und dem Irak zu schicken.

Alternativ kann das Geld auch nach Europa zurückfließen, um Propagandamaterial und Marketingaktivitäten zu finanzieren.

Trotz der dargestellten allgemeinen Typologiebeispiele ist es wichtig zu verstehen, dass es keine allgemeingültigen Muster gibt, auf die man zurückgreifen kann.

Darin besteht eine sich ständig entwickelnde Herausforderung und Finanzinstitute müssen Zeit und Geld investieren, um das geopolitische Umfeld, die Reisewege, die Geldquellen und den Geldfluss richtig zu verstehen und die Problematik komplett zu erfassen.

Zum Autor

John Byrne, Esq., Executive Vice President ACAMS (Association of Certified Anti-Money Laundering Professionals), Washington, D.C. USA

Tipps für die Überwachung der Terrorismusfinanzierung durch ausländische Terrorkämpfer

1. Wissen über die Geographie und die politische Geschichte der Konfliktregionen erwerben, um sensible Gebiete und durchlässige Grenzen zu erkennen.2. Kenntnisse über die Lage und Struktur grenznaher Städte aneignen, einschließlich der Standorte von Banken und Geldautomaten.3. Ressourcen in die Entwicklung von Typologien der Terrorismusfinanzierung investieren, unter Verwendung offener Quellen und der Strafverfolgungsberichte.4. Identifizieren Sie die "Know-your-Customer"-Risikoprofile von potenziellen ausländischen Terrorkämpfern identifizieren und deren Aktivitäten und ihr unmittelbares Netzwerk sehr genau beobachten.5. Typologiespezifische Ausbildung auf die gesamte Organisation und alle entsprechenden Bankpartner ausweiten, um das Risikobewusstsein und die Schutzmaßnahmen zu verbessern.6. Verdächtiges beobachten und aktiv mit den entsprechenden Bankpartnern zusammenarbeiten, um Unregelmäßigkeiten und riskante Transaktionen zu entdecken.7. Intelligente Überwachungstechniken zur Überarbeitung und Verbesserung von Typologien für einen kontinuierlichen Wissenstransfer verwenden.8. Umfassende SARs (Suspicious Activity Reports) und STRs (Suspicious Transaction Reports) erstellen, diese melden und mit der Strafverfolgung koordinieren.9. Gesammelte Erkenntnisse und Typologien mit anderen Finanzinstituten teilen.10. Verstehen, dass sich das Thema Terrorismusfinanzierung laufend verändert, arbeitsintensiv ist und bedeutende Investitionen von Zeit und Geld erfordert.

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