DIGITALISIERUNG

Kryptowährungen - eine große Chance für Banken

Shuki Licht, Foto: Finastra

Das Interesse an digitalen Währungen ist immer weiter gestiegen, vor allem bei jungen Menschen. Das Wissen und Vertrauen vieler Kunden ist aber noch begrenzt. Genau hier sieht Shuki Licht eine große Chance für Banken. Sie können das Vertrauen ihrer Kunden nutzen und kompetent über das Thema aufklären, auch über Risiken und die steuerliche Behandlung. Um den Trend und das damit verbundene Potenzial nicht zu verpassen, müssen sie sich jetzt entsprechend positionieren, so Licht. Dabei erfordert das neue Themenfeld auch neue Partnerschaften und die Bereitschaft, es weiterzuentwickeln. Red.

Wer den Markt für Kryptowährungen verfolgt, hat in den vergangenen Monaten einige Hochs und Tiefs miterlebt. Zwischenzeitlich wurde berichtet, dass die Zahl der Bitcoin-Millionäre um 30 000 gesunken ist. Gleichzeitig spekulierten Branchenexperten, dass der Bitcoin schon bald die 100 000-US-Dollar-Marke überschreiten könnte. So unbeständig und ungewiss der Markt auch ist, kann man eines doch klar konstatieren: Das Interesse an digitalen Währungen wächst stetig.

Geschäft langfristig sichern ...

Laut einer Studie des Bitkom haben 82 Prozent der Befragten inzwischen von Kryptowährungen gehört und ein Drittel sieht sie als eine langfristige Geldanlage. Banken müssen sich Gedanken darüber machen, wie sie diese steigende Nachfrage bedienen können, um zu wachsen und ihr Geschäft zu sichern.

Für vorausschauende Banken stellen Kryptowährungen nicht nur eine Möglichkeit dar, neue Kunden zu gewinnen, sondern auch Kapital zu binden, das ansonsten bei einer Umwandlung in Krypto das eigene Institut verlassen könnte. Da sich viele jüngere Menschen für den Markt interessieren, kann das Angebot von Kryptodienstleistungen Finanzinstituten somit helfen, zu wachsen und ihr Geschäft langfristig zu sichern.

Doch noch längst sind nicht alle Menschen aufgeschlossen, in Kryptoassets zu investieren. Ganz im Gegenteil, gibt es nach wie vor viele Konsumenten, die kein besonders starkes Vertrauen in digitale Währungen haben. Bisher haben laut der Bitkom-Studie gerade einmal 3 Prozent der Befragten direkt in Kryptowährungen investiert.

Banken haben hier eine große Chance und einen entscheidenden Vorteil. Dank der etablierten und vertrauensbasierten Beziehung zu ihren Kunden sind sie gut positioniert, ihnen die nötige Unterstützung und das Wissen zu bieten, um in diese alternative Anlageklasse investieren zu können. Dies ist ein besonders wichtiger Aspekt, da Krypto sich immer mehr zum Standard entwickelt.

... und Marktanteile von reinen Digitalanbietern gewinnen

Banken können ihre Kunden in einem vertrauten Umfeld langsam an das neue Thema Kryptowährungen heranführen und gleichzeitig Markanteile von reinen Digitalanbietern gewinnen. Ferner bieten Kryptodienstleistungen den Kreditinstituten die Möglichkeit, über Transaktionsgebühren im Zusammenhang mit dem Kauf und Verkauf digitaler Währungen zinsunabhängige Erträge zu erzielen. Die Priorität für Banken ist, ihren Kunden zu vermitteln, dass sie sich im Bereich Kryptowährungen auf ihre Bank verlassen können. Das gelingt am besten mit leicht zugänglicher finanzieller Aufklärung.

Die Bank als Aufklärer

Der Markt für digitale Währungen wird immer komplexer. So gibt es viele verschiedene Arten von Kryptowährungen, wie beispielsweise öffentliche Kryptowährungen, zu denen viele verschiedene Netzwerke, Stablecoins und digitale Zentralbankwährungen (CBDCs) zählen. Für Verbraucher kann dies durchaus verwirrend und schwierig zu handhaben sein. Vielen fehlt das Finanzwissen, um in traditionelle Anlageklassen zu investieren, ganz zu schweigen von einer neuen und unbekannten.

Lange Zeit war es so, dass sich Bankkunden bei Finanzfragen nahezu ausschließlich über die Banken selbst informierten. Inzwischen müssen die Banken in dieser Hinsicht mit Unmengen an Inhalten Dritter konkurrieren, die im Internet kursieren. Fehlinformationen über Kryptowährungen können das Misstrauen noch verstärken, ganz zu schweigen von dem potenziell hohen Risiko, das damit verbunden ist. Personen, die sich in den Hype um Kryptowährungen einkaufen, ohne den Markt ausreichend zu kennen, riskieren den Verlust ihrer Ersparnisse.

Für Banken liegt hierin eine große Chance, Vertrauen aufzubauen und ihre Kunden bei fundierten Entscheidungen zu unterstützen. Banken gelten für Verbraucher nach wie vor als kompetente Ansprechpartner, wenn es um die Verwaltung ihrer Finanzen geht. Die Informationen, die sie bereitstellen, müssen allerdings klar, verständlich und frei von Fachjargon sein.

Verantwortung und Chance zugleich

Trotz der zunehmenden Beliebtheit wirft das Thema Krypto bei den Verbrauchern noch immer eine Fülle von Fragen auf, wobei Banken in der Verantwortung stehen, kompetent aufzuklären und zu unterstützen. Auf diese Weise zeigen Banken nicht nur, dass sie die Bedürfnisse ihrer Kunden verstehen, was das Vertrauen stärkt. Sie können zudem neue Kunden gewinnen und bestehende an sich binden.

Zwei der wichtigsten Felder, in denen es einen großen Bedarf an Aufklärung gibt, sind Steuern und Risiken.

  • Kryptowährungen sind extrem unbeständig und daher mit einem hohen Risiko verbunden. Interessierte sollten sich daher gründlich informieren und den Rat ausgewiesener Experten suchen, bevor sie in Kryptowährungen investieren. Von informativen E-Mails, Newslettern und Veranstaltungen zur bevorstehenden Steuersaison bis hin zu einer FAQ-Sektion zu Kryptowährungen auf der Website gibt es für Banken viele Wege, das Wissen und damit den Umgang ihrer Kunden mit dieser neuen Anlageklasse zu optimieren.
     
  • Neue Besitzer von Kryptowährungen sollten sich außerdem über die transaktionssteuerlichen Implikationen im Klaren sein; das ist insbesondere aufgrund der hohen Volatilität von Kryptowährungen relevant. Kunden, die häufig mit diesen Vermögenswerten in Deutschland handeln, unterliegen der Einkommenssteuer.

Bei den Kunden herrscht eindeutig ein großer Bedarf an mehr Informationen zu Krypto. Hier können Banken eine entscheidende Rolle spielen und zwischen dem Bekannten und dem neuen Feld der Kryptowährungen eine Brücke schlagen. Die Banken müssen sich jetzt als Experten und zentrale Anlaufstelle im Markt positionieren, um den Trend und das damit einhergehende Potenzial nicht zu verpassen.

Neues Feld, neue Partnerschaften

Wenn es darum geht, Kunden Kryptoservices anzubieten, haben Banken verschiedene Optionen. Sie können die Vermögenswerte selbst verwahren, direkt in Kryptowährungsbörsen integrieren oder mit Fintechs zusammenarbeiten, die auf Kryptowährungen spezialisiert sind. Zumindest Banken, die noch keine Kryptowährungen eingeführt haben, sollten nach Möglichkeiten suchen, Krypto-Wallet-Angebote zu implementieren, die es Kunden ermöglichen, digitale Währungen sicher und in Übereinstimmung mit den regulatorischen Anforderungen zu kaufen, zu verkaufen und zu halten. Für viele Finanzinstitute ist der attraktivste Weg, dies zu erreichen, die Partnerschaft mit Fintechs, die umfassende Lösungen zu einem attraktiven Preis anbieten können und die den Kryptoraum bereits gut kennen.

Die Partnerschaft mit krypto-nativen Fintechs ermöglicht es Banken, deren Expertise zu nutzen und gleichzeitig das Geschäft mit ihren bestehenden Kunden zu erhalten. Beispielsweise kann eine schlüsselfertige Lösung Bankkunden über die Mobile-Banking-App ihres Finanzinstituts Zugang zu einer Kryptowährungs-Wallet verschaffen. Das Schöne an dieser Vereinbarung ist, dass alle Beteiligten bei ihrem Spezialgebiet bleiben: Die Bank fungiert als Partner des Kunden, hilft ihm bei der Aufklärung und erleichtert seinen Umgang mit digitalen Währungen, während das Fintech die Verwahrung und das Risiko übernimmt. Fintechs unterliegen auch nicht den gleichen regulatorischen Beschränkungen wie Banken, was bedeutet, dass eine Partnerschaft das Spektrum der Produkte und Dienstleistungen erweitern kann, die Banken ihren Kunden anbieten können.

Flexibilität ist der Schlüssel

Da Finanzinstitute aller Formen und Größen ihr Angebot um Kryptowährungen erweitern, ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass Flexibilität der Schlüssel ist. Heute liegt der Fokus auf digitalen Wallets, aber die Anlageklasse wird bereits erweitert, um möglicherweise neue Produkte wie Kryptowährungs-ETFs aufzunehmen.

Die digitale Währungslandschaft entwickelt sich täglich weiter und Banken müssen Technologien wie offene APIs einführen, die es ihnen ermöglichen, sich nahtlos und effizient mit neuen Partnern und Produkten zu integrieren.

Für einige Verbraucher ist "Kryptowährung" immer noch ein Schlagwort, das sie mit Internet-Memes in Verbindung bringen. Aber mit zunehmender Reife dieser Anlageklasse müssen Banken sie in ihre anderen Angebote integrieren, um das Wachstum voranzutreiben und auf dem Retail-Banking-Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Kryptowährungen sind hier, um zu bleiben, und können für den neuen Zugang zu Kapital und Kreditvergabe ausschlaggebend sein. Nichtstun ist keine Option für Banken.

Die Blockchain-Technologie hat das Potenzial dazu, das Finanzwesen zu revolutionieren und eine Ära des intelligenten oder programmierbaren Geldes einzuläuten. Wohin man den Blick auch wendet, schießen Fintechs aus dem Boden, die neue Ideen vorantreiben und damit die Finanzwelt von morgen gestalten. Wenn sich Banken gegenüber diesen Initiativen nicht verschließen, sondern im Gegenteil proaktiv fördern, kann eine fruchtbare Symbiose aus Banken und Fintechs entstehen. Die Zusammenarbeit könnte zu einem florierenden Ökosystem führen, in dem die Banken vertraute Kontodienstleistungen und -systeme bereitstellen, während Fintechs durch die Nutzung dieser Systeme Innovationen hervorbringen.

Interoperabilität als Voraussetzung

Der digitale Zahlungsverkehrsmarkt der Zukunft wird deutlich größer sein als heute, mit viel Spielraum für Innovationen und viele verschiedene Akteure, von Zentralbanken bis hin zu Fintechs. So wie die Einführung des Internets den Aufstieg vieler Anwendungen und Unternehmen ermöglichte, die nie vorhergesehen wurden, könnte die Arbeit an CBDCs, Stablecoins und Tokenisierung den Weg für eine ganz andere Finanzlandschaft ebnen, die viele neue Anwendungen und neue Unternehmen hervorbringt.

Zunächst muss die Branche jedoch eine nahtlose Interoperabilität erreichen, die es Fintechs und Banken ermöglicht, Innovationen voranzutreiben und neue Funktionen für ihre Kunden zu entwickeln. Je mehr Systeme miteinander kommunizieren können, desto größer ist die Chance, ein Netzwerk zu schaffen, in dem Geld zu geringeren Kosten und mit weniger Reibungsverlusten bewegt wird, als es heute möglich ist.

Ökosystem-Orchestratoren nehmen deshalb eine wichtige Rolle ein. Sie können der Bank der Zukunft helfen, in einem weit vernetzten Ökosystem verschiedenste Services zu navigieren, die in einem fein aufeinander abgestimmten Zusammenspiel dem Kunden eine nahtlose und ganzheitliche Erfahrung bieten. Banking muss kundenzentriert sein. Das große Interesse an Kryptowährungen zu bedienen, sollte für Banken also eine hohe Priorität einnehmen.

Shuki Licht , SVP, Chief Innovation Officer , Finastra, Atlanta, USA

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