PLATTFORMEN

Eine Bank macht noch keine Finanzierungsplattform

André Lichner, Foto: Interhyp_Andreas Pohlmann

Wenn jeder Anbieter versucht, eine eigene Plattform zu bauen, entsteht am Ende kein echtes Ökosystem, sagt André Lichner. Für Banken ist es deshalb besser, den Fokus auf das Kerngeschäft zu setzen und damit an eine Plattform anzudocken. So können sie Innovations- und Entwicklungskosten sparen. Regionalbanken haben zudem den Vorteil, Geschäft über die eigene Region hinaus machen zu können. Vom Wachstum der Plattform, auch durch die Hinzunahme zusätzlicher Services, profitieren die Banken auf der Plattform automatisch mit und gewinnen so neue Erträge. Red.

Wer sich auf das Thema Digitalisierung und entsprechende Geschäftsmodelle einlässt, kommt auch in der Finanzwelt schnell an den Punkt: Irgendetwas mit Plattform. Dabei denkt erst einmal fast jeder Anbieter, er müsse jetzt selbst eine werden. Wenn nun allerdings jeder versucht, seine eigene Plattform zu bauen, existieren am Ende zwar viele technische Ansätze, aber kein einziges lebendiges Ökosystem.

Damit Finanzierungsplattformen funktionieren, brauchen sie Teilnehmer: Nebst Endkunden gehören in diesem Fall eben auch Banken, Vermittler und Finanzierungsberater dazu. Nur so trifft Angebot auf Nachfrage und mit der Zeit können alle noch so speziellen Anfragen mit einer wachsenden Plattform immer besser abgedeckt werden. Das führt im Idealfall dazu, dass weitere Bereiche andocken. Wir reden von Baufinanzierung: Also warum nicht eventuell ein Handwerkerservice oder ein Gutachterservice, wie wir ihn aktuell schon auf unserer Plattform Home anbieten?

Zielführend ist also eher, ein System aufzubauen, das einen reichen Schatz von Anbietern an Bord hat, damit es die verschiedensten Kundenbedürfnisse erfüllen kann. Nur so wird aus einem weitgehend technischen Konstrukt auch ein wirkliches Ökosystem, von dem alle Beteiligten profitieren.

Digitale Entwicklungsschübe im Banking

Banken sind in ihren Kernbereichen hochspezialisiert. Sie sind Anbieter von Produkten. Sie verfügen über limitiertes Risikokapital, das optimiert auf Finanzprodukte allokiert werden muss - das ist ihre Kernkompetenz. Wenn es allerdings um das Vorantreiben echter Innovation geht, sind sie in der Regel aufgrund strenger Regularien sehr viel langsamer als beweglichere und weniger eingeschränkte digitale Anbieter.

Die gestiegenen regulatorischen Anforderungen, Compliance-Vorschriften oder auch die umständlichen und bürokratischen Neue-Produkte-Prozesse bringen enorme Hürden in den Innovationsprozess bei Banken. Am Ende ist das Mindset der Mitarbeiter dann auch irgendwann nicht mehr auf Innovation gepolt, die Rahmenbedingungen können sehr kräftezehrend für die Belegschaft sein.

Den eigenen Purpose bei den vorherrschenden Rahmenbedingungen zu finden und zu leben, ist eine echte Herausforderung - innoviert wird deshalb in kleineren Teams außerhalb der traditionellen Institute.

Neobanken wiederum profitieren vom Vorteil der grünen Wiese, auf der sie ansetzen können. Sie bauen die Prozesse und Produkte im Voraus gleich sehr viel digitaler. Die Komplexität aus der Zeit der Bankschalter müssen sie nicht auch noch bearbeiten. Keine Frage: Bei traditionellen wie auch bei den Neo-Playern haben wir in den vergangenen Jahren massive Entwicklungsschübe gesehen, doch eine Plattform ist daraus nie entstanden, meist sind die Neobanken als Nischenspieler gestartet, mittlerweile fangen die ersten etablierten Neobanken langsam an, ihr Produktspektrum zu erweitern.

Was also braucht es für eine Plattform, welche Rollen werden darauf benötigt? Ein wesentlicher Aspekt ist hier der niedrigschwellige Einstieg. Jeder, der mitmachen möchte, sollte das auch können. Dabei achtet der Anbieter darauf, dass keine großen Hürden im Weg stehen, damit Teilnehmer andocken können.

So ermöglicht er einen freien Wettbewerb und stellt das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage her. So bringt Interhyp das Kundenbedürfnis nach der Finanzierung einer Immobilie zusammen mit der Bank, die den Kredit vergibt. Ergänzt wird das Angebot über kurz oder lang um verschiedene Services rund um Haus, Wohnung und Energiethemen.

Finanzierungswunsch trifft auf Kreditgeber

Für einen ersten Schritt vereint die Plattform vier Parteien: den Endkunden (1) - bereits 500 000 Nutzer haben sich auf der neuen Baufinanzierungs-Plattform Home registriert. Das können sie direkt als Privatperson machen oder sie gelangen über einen der Vermittler-Partner (2) auf Home, das er aber in seinem eigenen Look and Feel gestaltet hat, das aber über alle Funktionalitäten verfügt. Auf der Angebotsseite sind die Banken (3) aktiv. Sie bringen in erster Linie ihre Möglichkeiten ein, das Risiko des Kredites in ihre Bücher zu nehmen. Schon heute werden Angebote von rund 500 Banken vermittelt.

Ziel ist es nun, ihnen nach und nach alle Interaktionsmöglichkeiten mit dem Kunden freizuschalten. Das reicht von der Freigabe der eingereichten Unterlagen über sämtliche Prüfungsprozesse der Bank bis hin zur digitalen Unterschrift. Den gesamten Prozess begleitet der Finanzierungsberater (4); er berät, so wie der Kunde es braucht und möchte. Eine anspruchsvolle Aufgabe, schließlich muss er den Bedarf des Kunden erkennen. Das reicht von einer Vollberatung von A bis Z bis hin zu Hinweisen an bestimmten neuralgischen Punkten des Entscheidungsprozesses, wenn der finanzerfahrene Kunde das braucht.

Kosten sparen, schnelle Innovation

Was aber hat die Bank generell davon, wenn sie Teil einer Plattform wird? Einen Effekt wird sie schnell spüren: Sie spart Kosten, und zwar gewaltig. Wie bereits angesprochen, sind Innovations- und Entwicklungsprozesse bei Banken teuer. Zum einen braucht es hohe Budgets für die Entwicklung selbst, zum anderen entstehen aber auch parallel dazu Kosten, um die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen. Primär sind diese Kosten Personalaufwand. So kann jede Bank ihr Portfolio für die Baufinanzierung den Kunden anbieten und auch von einem optimierten und zunehmend automatisierten Prozess profitieren. Dazu gehören eben auch Fragen zu Legal und Compliance.

Was hat der Vermittler davon? Er kann sich quasi auf Knopfdruck für sich, seine Mitarbeiter und seine Kunden eine eigene professionelle Software "zu eigen machen". Mit dem Configuration Service arbeiten heute schon die Finanzbetriebe, die über die Tochtergesellschaft Prohyp an Home angeschlossen sind.

Der Makler oder Vermittler kann sich die Plattform damit zu eigen machen und sämtliche Prozesse mit dem Kunden durchführen, ohne dass ein Bruch im Branding des Maklers entsteht. Vom Logo über CI-getreue Farben bis hin zur Bank, bei der direkt eingereicht werden darf. Mit ein paar wenigen Klicks richtet sich der Finanzbetrieb ein und verfügt über das komplette Bankenportfolio der Inter hyp-Gruppe, das von Jahr zu Jahr wächst.

Auch regionale Banken machen deutschlandweit Geschäft

Dabei ist der Anspruch als bester Partner für die Banken und als Technologieführer zugleich, nicht das Fax zu digitalisieren, sondern die Prozesse neu zu denken, sodass der Kunde schneller an sein Ziel kommt: die unterschriebene Baufinanzierungszusage der Bank.

Dabei sind vor allem Geschwindigkeit und Service wichtig. Wenn wir hier über Kunden reden, sprechen wir von sämtlichen auf der Plattform registrierten Kunden. Das heißt: Auch eine kleine, regional tief verwurzelte Bank in Bayern kann auf einmal Geschäfte in Berlin oder Hamburg tätigen - einfach nur, weil ihr Angebot optimal auf die Bedürfnisse der Kunden dort zugeschnitten ist.

Darüber hinaus bekommt eine Bank, die an einer Plattform teilnimmt, im Regelfall aber auch automatisch weitere Vorteile frei Haus. Diese unterstützen sie dabei, sich auf die Kernthemen zu fokussieren. Das reicht

  • von der einfachen Skalierbarkeit innerhalb höchster IT-Sicherheit und Ausfallsicherheit
     
  • über Compliance "out-of-the-box"
     
  • bis hin zu niedrigeren Betriebskosten, die im Rahmen ihrer Bankregularien um ein Vielfaches höher wären.

Auch eine Usability, welche die Nutzer von großen Tech-Playern wie Google, Apple oder Netflix kennen, müssen die Banken künftig nicht mehr selbst entwickeln. Sie bekommen diese State of the Art mitgeliefert, ohne den ständigen Mehraufwand von Use-Labs, ständiger Vertestung und konstanten Updates selbst tragen zu müssen.

Ist das Onboarding auf der Plattform erst einmal geschehen, öffnet sich neben diesen Basisfunktionalitäten aber auch eine Trickkiste voller technologischer Fortschritte, die sich die Bank unkompliziert zu eigen machen kann und die fortlaufend upgedated werden: Das betrifft den Einsatz von künstlicher Intelligenz genauso wie Data Analytics. Aber auch der von vielen so sehr gefürchtete Umzug in die Cloud ist hier inklusive - die Plattform ist am Ende die Cloud.

Stellt sich dann erst einmal der viel beschworene Lock-in-Effekt ein, weil die Kunden mit dem stets wachsenden Angebot zufrieden sind, profitiert das partizipierende Geldhaus mit von den Wachstumseffekten. Somit entsteht ein sicheres Einkommen aus dem Ökosystem.

André Lichner , Mitglied des Vorstands , Interhyp AG, München

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