VERTRIEBSPOLITIK

Die Zukunft ist "phygital"

Das ist neu: 83 Prozent der Neobanken bewerten physische Präsenz als sehr wichtig. Und der Anteil ihrer Kunden, die all ihre Bezahltransaktionen online abwickeln beträgt 0 Prozent. Das geht aus der Studie "Opportunities in the phygital landscape", durchgeführt von Global Data im Auftrag von Giesecke + Devrient (G + D), hervor, für die Ende 2021 insgesamt Bankmanager aus den Führungsebenen von 15 traditionellen Banken sowie 11 (rein digitalen) Neo banken in 15 Ländern interviewt wurden.

Die große Mehrheit der Banken, sowohl der traditionellen (92 Prozent) als auch der Neobanken (80 Prozent), glaubt deshalb an die Bedeutung der physischen Zahlungskarte in den kommenden Jahren. Denn die Karte fungiert als Markenelement und Verbindungssymbol zwischen der Bank und ihrem Kunden. Und gerade bei der Sichtbarkeit haben Neobanken immer noch ein Defizit, das sich auch in vergleichsweise geringem Vertrauen niederschlägt. Immerhin 27 Prozent der für die Studie befragten Neobanker sehen dies als Problem - gegenüber lediglich 3 Prozent bei den Filialbanken.

Eine "phygitale" Welt, die Physisches und Digitales verbindet, ist somit für beide Seiten mit Herausforderungen verbunden. Dass eine solche "phygitale" Welt für 47 Prozent der Neobanken zu ihrer Topstrategie gehört, jedoch nur für 17 Prozent der traditionellen Banken, muss insofern nicht überraschen. Banken und Sparkassen sind in Sachen Digitalisierung vermutlich bereits ein gutes Stück weiter als die meisten Neobanken, wenn es ums "Anfassen" geht. Ein bloßer Chatbot, dem der Kunde Fragen stellen kann, ist eben nicht phygital. Da brauchte es schon echte Menschen.

Mit einer echten Multikanalstrategie kämpfen dennoch noch 43 Prozent der klassischen und sogar 63 der Neobanken. Banken sehen zu 20 Prozent die wichtigste Herausforderung ihrer Phygitalisierungsstrategie darin, dass Kunden bei Bedarf Zugang zu einem persönlichen Kontakt haben, ohne dass das Kundenerlebnis dabei beeinträchtigt wird. Unter den Neobanken sehen nur 7 Prozent der Neobanken hier Handlungsbedarf. Gut möglich, dass sie damit ihr Kundenpotenzial selbst limitieren. Schließlich zeigen Verbraucherumfragen immer wieder, dass auch (und häufigsogar gerade) junge Kunden, die in einem digitalen Umfeld aufgewachsen sind, im Fall des Falles mit einem echten Menschen sprechen möchten.

Im Wettbewerb von Filial- und Direktbanken hat sich schon seit einiger Zeit eine Angleichung der Geschäftsmodelle gezeigt: Die Direktbanken setzen mehr auf Service, die Filialbanken mehr auf Digitalisierung. Die Studie zum phygitalen Banking legt nun nahe, dass sich eine ähnliche Entwicklung selbst bei den Neobanken ein Stück weit wiederholen könnte. Eine Filialisierungsstrategie werden sie sicher nicht verfolgen. Doch dass es gerade Fintechs sind, die sich in den vergangen Jahren immer wieder mit Plakatwerbung und teilweise sogar im Fernsehen um mehr Sichtbarkeit bemühen, beweist auch, dass es nach wie vor nicht so einfach ist, den physischen Vorsprung der klassischen Banken aufzuholen. Red.

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