Payment Provider Konsolidierung

Dr. Claudia Klausegger

Quelle: privat

In den letzten Monaten waren oft die Termini "Payment-Fusionen" und "Payment-Champions" zu hören und zu lesen. Tatsächlich handelt es sich dabei nicht um Payments im klassischen Sinn, sondern um die Fusion von Payment Providern und das Herausbilden beziehungsweise die Nichtherausbildung von Payment Champions. Als Payment Provider werden Unternehmungen bezeichnet, die vor allem das Akzeptanzgeschäft in der realen Welt am PoS und in der virtuellen Welt im E-Commerce inklusive des zugehörigen Processings entwickeln und abwickeln.

Dieses Akzeptanzgeschäft macht zwar nur einen kleinen Anteil aller Zahlungsverkehrstransaktionen aus, der aber deshalb wichtig ist, da er am PoS und beim E-Commerce mit allen Akzeptanten bargeldloser Zahlungen (Handelsunternehmen und Dienstleistungserbringer) und allen bargeldlosen Zahlern eine sensible Öffentlichkeit betrifft und es daher leicht zu (negativer) öffentlicher Resonanz kommen kann.

Ursprung in den achtziger Jahren

Die Geschichte der Payment Provider geht bis in die achtziger Jahre zurück. Damals wurden in Deutschland, Österreich und der Schweiz neue Formen von Payments als Bankgeschäft betrachtet. Da diese von den Groß- und Sektorbanken mengen- und volumenmäßig als zu wenig bedeutend eingeschätzt wurden, wurde nach "nationalen" Lösungen gesucht. In Deutschland übernahm diese Rolle Eurocard Deutschland/GZS, in der Schweiz Eurocard Switzerland/Telekurs und in Österreich Eurocard Austria/Europay Austria/Paylife Bank.

Doch diese Anbieter behielten nicht lange ihre Alleinstellung. Bald entwickelte sich aus Bankkreisen jeweils ein zweiter Payment Provider und in Folge kamen noch weitere hinzu. Diese Payment Provider sorgten vorerst nur im Kreditkartengeschäft und etwas später mit dem Aufkommen des Debitkartengeschäfts auch dort für die Akzeptanz. Da das Kartengeschäft auf der Issuing-Seite gut lief, boomte auch die Akzeptanzseite. Das Ergebnis ist, dass heute in der DACH-Region rund 50 Prozent der Transaktionen am PoS und beim E-Commerce mit Karten oder ihren Klonen (wie Smartphones, Uhren oder Armbändern) abgewickelt werden.

Kein nationaler Payment Champion in der DACH-Region

Keiner dieser Payment Provider in der DACH-Region wurde aber zu einem nationalen Payment Champion. Die Folge war, dass sich keiner auch nur ansatzweise in die Nähe eines European Payment Champions entwickeln konnte und daher der Gedanke an einen World Payment Champion gar nicht angedacht wurde. European Champion kann nur ein Unternehmen werden, das auch in seinem Heimatland der nationale Champion ist. Die Uneinigkeit der Eigentümer und wettbewerbsrechtliche Bedenken ließen aber einen derartigen nationalen Champion nie Realität werden.

In der Folge fokussierte sich das Geschäftsmodell bedingt durch den Preiswettbewerb auf ein Skalengeschäft, um trotz Margenverfall zu positiven Ergebnissen zu kommen. Der Zwang zur Größe über ein organisches Wachstum hinaus setzte ein.

"Ausverkauf" nationaler Assets

Da ein Domestic Merger nicht möglich war und eine Expansion in primär (angrenzende) Länder durch Fusionen oder Unternehmenskäufe nicht realisiert wurde, kam es zu einem "Ausverkauf" vorrangig an Zahlungsdienstleister aus anderen europäischen Ländern, die europaweit tätig werden wollten, oder an Finanzinvestoren, die in diesem wachsenden Geschäft noch große Expansionsmöglichkeiten sahen. Ein wesentlicher Grund für den "Ausverkauf" nationaler Assets der Banken lag darin, dass diese in ihrer kerngeschäftsfokussierten Strategie keine Rolle für das Akzeptanzgeschäft sahen.

Dieses wurde zwar als Bankgeschäft, jedoch nicht als Kerngeschäft betrachtet, weshalb die Bereitschaft zur Finanzierung einer Expansion nicht zuletzt mangels Finanzierung nur unzureichend gegeben war und eine Innovationsstrategie bei Produkten/Services, eine Digitalisierung von Prozessen und die Notwendigkeit, zunehmend Skalenerträge zu erwirtschaften, daher nicht konsequent und effektiv angegangen werden konnte.

Dieser beschriebene "Ausverkauf" führte zur ersten Konsolidierungswelle, die kurz dargestellt werden soll.

- In Deutschland fusionierte Nets (Dänemark, durch Fusionen auch präsent in Finnland, Norwegen und Schweden) mit Concardis (2019); Ingenico, ein ehemaliger Terminalhersteller, stark präsent in Frankreich und Belgien kaufte Easycash (2009), Fusion von BS Payone mit Ingenico Payment Services (ehemalige Easycash) zu Payone (2019) mit dem Deutschen Sparkassenverlag als Minderheitsaktionär.

- In Österreich kaufte Six Payment Services das Payment Provider-Geschäft der Paylife Bank (2013); Card Complete wurde zum Verkauf angeboten.

- In der Schweiz kaufte Six Payment Services nach Paylife das Aduno-Akzeptanzgeschäft (2017) und wurde 2018 in Worldline (stark in Frankreich und den Niederlanden) hineinfusioniert (mit Atos als Haupt- und Six als Minderheitsaktionär).

Auch in anderen Märkten wie in Skandinavien, in Irland und in Großbritannien ist die Konzentration im Payment- Provider-Geschäft ähnlich weit fortgeschritten. Es gibt aber auch Märkte wie zum Beispiel Spanien, Frankreich oder Italien, die noch heute stark fragmentiert sind und keinen nationalen Champion haben, der für das Skalenwachstum sorgt und alle Innovationsschübe mitmachen kann. Diese von der Größe her interessanten Märkte werden vermutlich von einer dort ersten Konsolidierungswelle nicht verschont bleiben.

Zweite Konsolidierungswelle absehbar

Nets, Ingenico und Wordline haben durch diese Käufe beziehungsweise Fusionen ihre Transaktionszahlen und -volumina massiv erhöht und durch die Nutzung von Synergien ihre Stellung im Skalengeschäft deutlich verbessert. Da es nicht das Bestreben dieser Big Player sein kann, in einem sich dynamisch entwickelnden Geschäft zurückzufallen, wird diese Entwicklung auf Dauer nicht ausreichen und sie werden voraussichtlich versuchen, in mehreren Ländern Marktführer zu werden oder zumindest eine sehr starke Position zu erreichen.

Diese zweite Konsolidierungswelle wird zu regionalen Playern führen, aber mit europaweiten Playern, die in allen Ländern eine deutliche Präsenz haben, ist nicht zu rechnen. Tritt dieses Szenario ein, wird die Zeit der nationalen Player - von Nischen-Playern abgesehen - vorbei sein und die Zeit eines europäischen Payment Champions gekommen sein. Ob dieser Entwicklungsschritt kommen wird oder ob mehrere Big Player (<10?) sich den europäischen Markt aufteilen werden, wird die Zukunft zeigen.

Marktkonsolidierung auch in den USA

Eine Marktkonsolidierung ist aber nicht nur in Europa beobachtbar, sondern auch in den USA. In den USA gab es 2019 insgesamt drei Milliarden-Dollar-Transaktionen. Die erste angekündigte Großfusion war die Übernahme von First Data durch Fiserv um 22 Milliarden US-Dollar. Die zweite geplante Großfusion war ein Gebot von Fidelity National Information Services über 35 Milliarden US-Dollar für die Übernahme von Worldpay. Die dritte Großfusion ist die für das 4. Quartal 2019 vorgesehene Übernahme von Total Systems Services (TSYS) durch Global Payments, wo es um 21,5 Milliarden US-Dollar geht. Auch in den USA wird das vermutlich nicht das Ende der Konsolidierung sein, wenngleich es dort bereits um ganz andere Größendimensionen als in Europa geht. Der Blog "World of Money" nennt die Übernehmer bereits "A Triumvirate of Titans".

Was die weltweite Präsenz der Giga-Player betrifft, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten wirklichen Global Player auftreten werden. Den nicht mehr im Akzeptanzgeschäft tätigen Banken bleibt dann nur die Alternative, das Bestmögliche aus einer Vertriebspartnerschaft mit einem oder mehreren Player/n zu machen.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wu.ac[dot]at. Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien, claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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