Banking-as-a-Service

Immer öfter nehmen Finanzdienstleister, daher auch Banken und bankfremde Unternehmen, die ihr Produktportfolio um gewisse digitale Finanzprodukte erweitern wollen, Banking-as-a-Service in Anspruch. Dabei geht es im Wesentlichen darum, dass die Unternehmen Finanzprodukt-Module bei einem Anbieter individuell hinsichtlich Art und Anzahl der Produkte, sowie den gewünschten Serviceleistungen, einkaufen.

Eine allgemein anerkannte Definition für Banking-as-a-Service gibt es bislang nicht, weshalb folgende Abgrenzung vorgenommen wird: Banking-as-a-Service ist ein Geschäft, bei dem darauf spezialisierte technologieaffine Banken und Nichtbanken Dritten Module (Software und Leistungspakete) zur Verfügung stellen, die deren be nötigte Finanzdienstleistungen digital abdecken. Diese werden vom Dritten direkt beim Anbieter in Anspruch genommen oder in seine IT-Umgebung integriert - entweder als einzelne Module oder in Form eines Gesamtpakets.

APIs als Grundlage

Je nach Geschäftsmodell erfolgt der Betrieb der Module auf der Infrastruktur des Anbieters oder der des Abnehmers sowie im Namen (und mit der Banklizenz) des Abnehmers (White Labeling) oder im Namen (und mit der Banklizenz) des Anbieters.

Banking-as-a-Service beruht auf Application Programming Interfaces, kurz APIs genannt, über die Anwendungen von Finanzprodukten von Dritten genutzt werden können. Mittlerweile existiert eine Reihe von Anbietern, die digitale Finanzprodukte aus einem Baukasten anbieten, inklusive der Nutzung der eigenen Infrastruktur. Mit einem derartigen Angebot können Dritte digitale Finanzprodukte in ihr Produktportfolio aufnehmen.

Aufgrund einer eigenen Banklizenz des Dritten beziehungsweise der Banklizenz des Anbieters können die APIs durch Passporting auch in den meisten europäischen Ländern genutzt werden.

Endkunde als wichtigste Partei

Bei Banking-as-a-Service gibt es folgende unterschiedliche Parteien:

  • Einerseits technologieaffine Unternehmen, die Finanzprodukt-Module Dritten (Finanzdienstleistern, wie Banken oder bankfremden Unternehmen) anbieten. Diese Unternehmen werden auch als Enabler von Banking-as-a-Service bezeichnet. Gelegentlich fungiert der Enabler auch als Provider, wenn er eine Banklizenz hält und zusätzlich zu den Finanzprodukt-Modulen nicht nur ein White-Label-Finanzprodukte anbietet, sondern auch für die Finanzprodukte selbst steht und die notwendigen regulatorischen Erfordernisse erfüllt.
     
  • Anderseits Unternehmen wie Finanzdienstleister, Banken oder bankfremde Unternehmen, die vom Enabler beziehungsweise Provider Banking-as-a-Service-Finanzprodukt-Module beziehen. Diese Unternehmen werden auch als Distributor von Banking-as-a-Service bezeichnet.
     
  • Die dritte und wichtigste Partei ist der Consumer, der Endkunde, der die vom Distributor angebotenen Finanzprodukte nutzt.

Verteilung von Investitionskosten

Die Vorteile für die Enabler von Banking-as-a-Service sind die Verteilung der Investitionskosten und zusätzliche Erträge. Die Finanzprodukt-Module werden von den Abnehmern ohne Änderungen eins zu eins oder mit (meist kleineren) Änderungen bestellt und somit mehrfach genutzt. Je mehr Abnehmer ein Banking-as-a-Banking-Enabler/Provider hat, desto schneller können sich die Investitionskosten amortisieren und desto rascher führt es als Ertragsfaktor zu positiven Auswirkungen auf das Ergebnis des Enablers/Providers.

Die Vorteile durch die Integration von Banking-as-a-Service-Finanzprodukten eines Enablers/Providers durch einen Distributor bestehen vor allem darin, dass die Finanzprodukte relativ einfach in das Produktportfolio des Distributors aufgenommen werden können und sich dadurch zusätzliche Ertragsoptionen eröffnen. Die Distributoren können auch die Finanzprodukte in ihre Angebote unter eigenem Namen und mit eigenem Look-and-Feel aufnehmen.

Finanzdienstleistungen im Baukasten-Prinzip

Der Enabler/Provider bleibt für den Consumer überwiegend unsichtbar. Jedes interessierte Unternehmen kann auf diese Weise seinen Kunden Finanzprodukte ohne spezifische Technologie und ohne eigene Banklizenz offerieren. Banking-as-a-Service macht somit die Bereitstellung von Finanzdienstleistungen für nahezu alle Unternehmen möglich.

Die Zusammenstellung der Banking-asa-Service-Finanzprodukte erfolgt üblicherweise nach dem Baukasten-Prinzip, abhängig von den Bedürfnissen der Endkunden, den Kunden des Distributors und dessen Geschäftsmodell. So kann ein Banking-as-a-Service-Angebot vom Distributor en bloc über alle Finanzprodukte des Enablers/Providers in Anspruch genommen werden, sich nur auf ein Finanz- oder auf mehrere Finanzprodukte beziehen und gegebenenfalls sukzessive ausgeweitet werden. Derartige digitale Angebote umfassen meist:

  • klassisches Banking (Kontoführung),
     
  • Payment Services (wie Debit- und Kreditkarten inklusive Apple Pay und/ oder Google Pay),
     
  • Kreditgeschäft (meist Konsumenten- und Kredite an kleine und mittelgroße Unternehmen),
     
  • diverse Anlageprodukte (inklusive Digital Assets),
     
  • Vermögensverwaltung und
     
  • Personal Finance Management.

Absenkung der Zugangsschranken für bankfremde Akteure Das Angebot an Finanzprodukten kann mit Banking-as-a-Service in der Regel schnell - nach den Vorstellungen des jeweiligen Distributors - skaliert werden. Durch Banking-as-a-Service können Finanzprodukte von einer großen Vielfalt an Unternehmen zusätzlich in ihr Produktportfolio aufgenommen und von ihnen nahtlos in den Alltag der Endkunden eingebunden werden.

Mit Banking-as-a-Service wird nicht nur für Banken oder banknahe Unternehmen die Einbindung von Finanzprodukten, die von Dritten erstellt wurden, erleichtert, sondern es wird durch die Absenkung der Zugangsschranken auch für bankfremde Akteure möglich.

Die Gründe für die Distributoren, Banking-as-a-Service anzubieten, sind einerseits die Befriedigung von geänderten Erwartungen der Consumer hinsichtlich des Produktportfolios und andererseits die Erschließung zusätzlicher Ertragsquellen durch das eigene Produktportfolio ergänzende Finanzprodukte. Ergänzend hinzu kommt die Erwartung, dass die zusätzlichen Finanzprodukte dazu beitragen, die Kundenbindung zu erhöhen.

Die wichtigste Partei bei Banking-as-a-Service ist der Consumer, der Endkunde, der die angebotenen Finanzprodukte nutzen soll. Ein Grund, warum er dies tun könnte ist, dass für ihn durch diesen Service interessante Finanzprodukte besser in seinen Alltag eingebettet sind. Erfolgreich wird Banking-as-a-Service aus diesem Grund nur dann sein, wenn im Endkundenerlebnis der Verbraucher seine Bedürfnisse optimal abgedeckt findet. Die Verkaufsschlagworte für Banking-as-a-Service lauten: "Nützlicher, verständlicher, einfacher und schneller Service!"

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wu.ac[dot]at. Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien, claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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