Vor Ort

Verbünde in Kiel: umworbenes "Tor nach Skandinavien"

Die nördlichste Großstadt Deutschlands und Hauptstadt von Schleswig-Holstein, dem "Land zwischen den Meeren", ist ein besonderer Ort. Wer Kiel hört, der denkt zunächst an Werften, die Förde, die Kieler Woche und den erfolgreichen Handballverein THW Kiel. Wirtschaftlich bedeutsam sind der Ostseehafen, der lokale Schiffsbau und vor allem der Dienstleistungssektor. Und auch der Tourismus ist durch die Lage an der Kieler Förde von Bedeutung. Gerade auch aus den nordischen Ländern kommen viele Besucher in die Landeshauptstadt.

Aus ihrer Historie heraus hat die Stadt noch heute einen starken Bezug zu den Ländern im Norden. Zu der Zeit als die Sparkasse 1796 als erstes Kreditinstitut in Kiel gegründet wurde, regierte hier der dänische König. Damals beschloss die Gesellschaft freiwilliger Armenfreunde die Eröffnung einer Kasse, bei der Dienstboten, Tagelöhner, Handwerksgesellen und Seeleute kleine Beträge anlegen konnten. Ideengeber und gleichzeitig erster Kassierer war der Kanzleirat und Landsyndikus Johann Carl Cirsovius. Drei Jahre später folgte ebenfalls auf seine Idee hin die Eröffnung einer Leihkasse, um Gewerbetreibenden kurzfristig kleinere Kredite zum Ankauf von Material und Gerätschaften gewähren zu können. Erstmals in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts beteiligte sich das Institut dann mit finanzieller Hilfe der Stadt an einem Großprojekt, dem Bau der Eisenbahn Kiel-Altona.

Erst knapp 60 Jahre nach Gründung dieser Sparkasse, im Jahr 1852, rief der Kaufmann und Staatswissenschaftler Hans Wilhelm Ahlmann die erste Privatbank Kiels ins Leben, die in allen Bereichen des Geld- und Bankgeschäftes tätig war und bald eine bedeutende Stellung einnahm. Vor der Gründung des Bankhauses Ahlmann, das sich insbesondere auf Wechsel- und Wertpapiergeschäfte, den Sortenwechsel, die Devisenbeschaffung, aber auch den allgemeinen Zahlungsverkehr fokussierte, mussten Geschäftsleute und Bürger all ihre komplexeren Bankgeschäfte über Hamburg abwickeln. Noch im Jahr 1941 gehörte das Haus zu den 30 größten Privatbanken Deutschlands und 1952 zu den bedeutenderen der zu dieser Zeit bestehenden privaten Geldhäuser.

Marine begünstigt Aufstieg Kiels zur Großstadt

1865 verlegte der preußische König - im Jahr zuvor war Schleswig-Holstein durch Preußen und Österreich erobert worden die Ostsee-Marinestation von Danzig nach Kiel. Noch heute ist Kiel Haupthafen der deutschen Kriegsflotte.

Infolge dieser wichtigen Weichenstellungen und des damit verbundenen wirtschaftlichen Aufschwungs entwickelte sich Kiel rasch zu einer Großstadt. Dementsprechend nahm auch die Zahl der hier ansässigen Banken rasch zu. 1865 wurde von Hamburg aus die Vereinsbank Kiel gegründet, von Husum aus nahm die Filiale Kiel der Schleswig-Holsteinischen Bank ihre Tätigkeit auf und auch zwei Aktienbanken wurden ins Leben gerufen: die Kieler Bank (1872) und die Kreditbank Kiel (1899).

Durch die wirtschaftliche Entwicklung, die vor allem auf die Werft- und Zulieferindustrie ausgerichtet war, gerieten allerdings das Handwerk, kleinere Gewerbe und auch die Landwirtschaft in eine schwierige finanzielle Lage. So brach die Zeit des Genossenschaftswesens an, im Sinne der gemeinschaftlichen Hilfe zur Selbsthilfe. Unter anderem wurde 1897 die Handwerksbank eGmbH zu Kiel gegündet, der Vorgänger der heutigen Volksbank. Nach dem Ersten Weltkrieg fing dieses Institut an, seinen Kundenkreis auszudehnen und das Filialnetz zu erweitern, bis es sich letztlich nach dem Zweiten Weltkrieg und der Währungsreform für alle Kunden öffnete. Seit dem Februar 1940 trägt die Bank ihren heutigen Namen, Kieler Volksbank.

Im Jahr 1905 errichtete die erste deutsche Großbank, die Commerz- und Disconto-Bank, eine Geschäftsstelle in Kiel. Erst in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts eröffnete dann auch die Dresdner Bank eine Filiale in der Stadt und seit 1957 übernahm die Deutsche Bank in mehreren Schritten das Bankhaus Ahlmann. Letzteres wurde im Jahr 1974 in eine Filiale der Großbank umgewandelt und trägt seither den Namen Deutsche Bank Filiale Kiel.

Sowohl Commerzbank als auch Deutsche Bank sind noch heute in der Stadt präsent genauso wie weitere private Banken, unter anderem SEB und Santander Consumer. In Kiel hat auch die HSH Nordbank einen ihrer beiden Hauptsitze, die sich aus der während des Ersten Weltkrieges als Zentralstelle für den öffentlichen Kredit gegründeten Landesbank und der 1916 ins Leben gerufenen Girozentrale der Sparkassen gebildet hat. Die heutige Landesbank kämpft bekanntermaßen mit dem Abbau von Kredit- und Kapitalmarktportfolios, die in den Vorjahren zu hohen Abschreibungen führten.

Dänische Sydbank besetzt eine Nische

Als Besonderheit des Bankenmarktes in der schleswig-holsteinischen Stadt darf die Präsenz der Sydbank gelten, die als erste dänische Bank 1984 eine Filiale in Deutschland eröffnete und hier zunächst eine kleine Nische besetzte (siehe Interview mit Poul Wehmeyer, bank und markt 2/2012, Seite 20). Ziel der Bank war es zunächst, einen günstigeren und effektiveren Zahlungsverkehr zwischen Deutschland und Skandinavien, insbesondere Dänemark, anzubieten. Kurz nach ihrer Gründung begann sie jedoch auch mit der Anlageberatung von vermögenden Privat- und Firmenkunden.

Das breiter angelegte Privatkundengeschäft war bis ins Jahr 1998 die Ausnahme. Seit diesem Zeitpunkt bietet die Sydbank ein "Grenzkonto" an, mit dem sowohl deutsche als auch dänische Bankgeschäfte unkompliziert abgewickelt werden können. Seit 1998 haben sich zwar lediglich etwa 5000 Kunden für das Produkt entschieden, Zielsetzung der Sydbank Deutschland ist es aber, sich von einer Spezialbank für Fir menkunden und Vermögensberatung zu einer Universalbank in Südschleswig zu entwickeln. Offenbar reichen die Ambitionen jedoch auch noch darüber hinaus: Seit Beginn des Jahrs ist die Bank mit Filialen in Berlin und Wiesbaden vertreten.

Fusion als Dreierbund: Abgrenzung gegen die Haspa

Aus der ersten Sparkasse in Kiel, der Kieler Spar- und Leihkasse ist letztlich dieFörde Sparkasse hervorgegangen, die heute mit Abstand die größte Primärbank der beiden Finanzverbünde in der schleswig-holsteinischen Hauptstadt ist. Sie nimmt mit einer Bilanzsumme von rund 5,8 Milliarden Euro auf der DSGV-Rangliste für 2010 Platz 37 ein.

In ihrer heutigen Ausprägung ist sie im Jahr 2007 aus einer Fusion der drei Sparkassen in Kiel, sowie in den Kreisen Plön und Eckernförde entstanden. Der Dreierbund wurde vor allem als Reaktion auf das Geschäftsgebaren der Hamburger Sparkasse gewertet. Das öffentlich-rechtliche Institut in der 90 Kilometer südlich Kiels gelegenen Metropole dringt seit Jahren immer weiter nach Norden vor: Mittlerweile ist die Haspa am Kapital von vier der 14 schleswigholsteinischen Sparkassen beteiligt.

Bei dem Zusammenschluss vor rund fünf Jahren warf jede der drei Sparkassen ihre Stärken in die Waagschale, die vom damaligen Vorstandsvorsitzenden der Kieler Sparkasse und heutigen Vorstandsvorsitzenden der Förde Sparkasse, Götz Bormann, so eingeschätzt wurden: Die Sparkasse Eckernförde verfügte über eine solide Ausstattung mit Kernkapital, die Sparkasse Kiel über ein Geschäftsgebiet mit attraktivem und relativ diversifiziertem Kundenpotenzial und die Sparkasse des Kreises Plön über einen hohen Anteil an Kundeneinlagen, der den Aktivüberhang der anderen beiden Fusionspartner ansatzweise ausgleichen konnte. Dennoch standen im Jahr 2010 auch in der neuen Bank 4,52 Milliarden Euro Kundenkredite rund 3,84 Milliarden Euro an Kundeneinlagen gegenüber.

Das neue Kreditinstitut ist gemäß seiner Entstehungsgeschichte keine reine Stadt-, sondern eine Flächensparkasse: Ihr Geschäftsgebiet umfasst 2300 Quadratkilometer. Insgesamt wohnen darin 500 000 Menschen, 240000 und damit knapp die Hälfte davon in der Landeshauptstadt. Rund 240 000 Privatgirokonten und 20 000 Geschäftsgirokonten werden von der Bank betreut, die sich dementsprechend auch die Marktführerschaft in ihrem Geschäftsgebiet auf die Fahnen schreibt. Mit rund 1260 Mitarbeitern werden insgesamt 80 Standorte betrieben, davon 58 Filialen und 22 SB-Stellen.

2010 wuchs vor allem das Kreditgeschäft

Das Geschäftsjahr 2010 hat die Sparkasse durchaus erfolgreich abgeschlossen. Die Bilanzsumme blieb mit 5,81 Milliarden Euro etwa auf Vorjahresniveau, die Kundeneinlagen blieben hinter den Erwartungen zurück und legten lediglich um 1,2 Prozent auf 3,84 Milliarden Euro zu. Dabei verstärkte sich entsprechend dem allgemein wahrgenommenen Trend bei der Sparkasse die Neigung der Kunden zu täglich fälligen Anlagen.

Das Kundenkreditvolumen wuchs kräftiger als das Einlagengeschäft um 4,2 Prozent auf 4,52 Milliarden Euro. Dass dabei vor allem die gewerblichen Kredite zulegten, die privaten aber stagnierten, dürfte ein kleiner Wermutstropfen sein - verbuchte doch die Sparkasse bei den Privatkrediten einen steigenden Zinsertrag, bei den gewerblichen einen fallenden. Im ersten Halbjahr 2011 wiederum stagnierten die Kundeneinlagen weiterhin, das Kreditvolumen wuchs um 1,8 Prozent.

Solidarbeitrag aus dem laufenden Geschäft

Mit einem Aufwand-Ertrags-Verhältnis von 64,7 Prozent erreichte die Sparkasse 2010 beileibe keinen Spitzenwert, schnitt jedoch besser ab als die schleswig-holsteinischen Sparkassen mit einem durchschnittlichen Wert von 68,1 Prozent. Den Solidarbeitrag für die Not leidende Nord-Ostsee-Sparkasse bezahlte die Förde Sparkasse aus dem laufenden Geschäft, sie wurden unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen verbucht, die dementsprechend um 13,1 Millionen Euro auf 19,8 Millionen Euro anstiegen.

Das soziale Engagement der drei vormaligen Fusionspartner setzt die Förde Sparkasse mit sechs Stiftungen, Sponsoringmaßnahmen und Spendengeldern fort. Im Bereich des Sportsponsoring ist das öffentlich-rechtliche Haus einer der Sponsoren des mehrfachen deutschen Meisters THW Kiel und profitiert außerdem davon, dass die Sparkassen-Finanzgruppe im Jahr 2008 die Namensrechte an der damaligen Ostseehalle in Kiel übernahm. Heute heißt die Heimspielstätte des THW Sparkassen-Arena.

Norwegisches Honorarkonsulat in der Hauptstelle der Volksbank

Deutlich kleiner als die in Kiel dominierende Sparkasse, aber dennoch wendig und innovativ zeigt sich die ortsansässige Kieler Volksbank eG. Mit einer Bilanzsumme von rund 1,0 Milliarden Euro - gegenüber 2009 mit 915 Millionen Euro ist das ein Plus von fast zehn Prozent - ist die Kieler Volksbank heute die zweitgrößte Volksbank in Schleswig-Holstein. Rund 230 Mitarbeitern betreuen in der Hauptstelle und 16 weiteren Geschäftsstellen etwa 60000 Kunden. 23560 davon sind gleichzeitig Mitglieder der Bank. Sie können weitere neun SB-Geschäftsstellen nutzen und acht Geldautomaten.

Für die vergangenen Jahrzehnte schreibt sich die Volksbank einige Innovationen auf die Fahnen. Man habe 1971 als erstes Institut eine Filiale für ausländische Mitbürger eröffnet, in diesem Fall für türkische Gastarbeiter. Außerdem hat die Bank 1990 bundesweit den ersten Geldautomaten an einer Tankstelle in Betrieb genommen und 1994 landesweit als erstes regionales Kreditinstitut mit dem Tele-fon-Banking begonnen. Erst 2008 hat die Volksbank in der Kieler Innenstadt eine Kinderbetreuung eingeführt, um sich als besonders familienfreundliches und innovatives Institut zu präsentieren. Doch trotz äußerst positiver Meinungsäußerungen von Politik und Wirtschaft hat das Angebot bei Eltern zu wenig Resonanz gefunden. Es wurde daher zur Jahresmitte 2011 wieder eingestellt.

Der Nähe zu Skandinavien trägt die Bank dadurch Rechnung, dass sie das Königlich Norwegische Honorarkonsulat in den Räumen ihrer Hauptstelle am Europaplatz beherbergt. Länderübergreifende Geschäftskontakte und Kooperationen sollen so vermittelt, betreut und gefördert werden.

Ruhestand des Vorstandsvorsitzenden Carl-Christian Ehlers

In dem Haus war das gerade abgelaufene Jahr geprägt vom Abschied Carl-Christian Ehlers, langjähriger Vorstandsvorsitzender der Bank, der seit knapp 30 Jahren für die Volksbank arbeitete, einen Großteil davon als Vorstandsmitglied. Ehlers zog sich Mitte des Jahres 2011 in den Ruhestand zurück und übergab seine direkte Nachfolge an die zum 1. Juli in den Vorstand der Genossenschaftsbank bestellten Frau Dr. Christine Toffel. Im Zuge seines Abschiedes erweiterte sich der Vorstand der Bank zum Jahresende 2011 von zwei auf drei Mitglieder.

Mit einer Bilanz, die strukturell gegensätzlich zu der der ortsansässigen Sparkasse ausgestaltet ist, schloss die Kieler Volksbank ebenfalls ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2010 ab. Bei der genossenschaftlichen Bank besteht ein leichter Passivüberhang: 0,7 Milliarden Euro an Kundeneinlagen stehen Kundenkredite in Höhe von 0,60 Milliarden Euro gegenüber. In der Gewinn- und Verlustrechnung verzeichnete die Bank gute Zahlen. Insgesamt verbuchte sie im Jahr 2010 ein Er gebnis aus normaler Geschäftstätigkeit in Höhe von 6,5 Millionen Euro, was einem Zuwachs von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Für das Jahr 2011 wird in dem Haus ein Anknüpfen an die guten Zahlen erwartet.

Gemeinsame SB-Filiale

Aus betriebswirtschaftlichen Gründen betreiben Sparkasse und Volksbank zwei gemeinsame SB-Filialen: eine davon bereits seit dem Jahr 2003, eine seit 2010. Die Partnerschaft funktioniere sehr gut, so der Tenor aus beiden Häusern, weitere gemeinsame Standorte sind derzeit aber nicht in Planung.

Ebenfalls in Kiel am Markt, wenn auch nur mit zwei Filialen ist die mit einer Bilanzsumme von 296 Millionen Euro nur rund ein Drittel so große Eckernförder Bank eG Volksbank-Raiffeisenbank. Ihre Kundeneinlagen beliefen sich zum Jahresende 2010 auf 220,3 Millionen Euro, die Kundenkredite auf 186,1 Millionen Euro. Insgesamt betreut das Institut heute mit 91 Mitarbeitern in elf Filialen rund 23 000 Kunden, davon 7069 Mitglieder.

Eckernförder Bank: "privilegiertes Geschäftsgebiet"

Ihr Geschäftsgebiet rund um Eckernförde, das sie als "privilegiert" beschreibt, umfasst die Region von Kiel bis Kappeln: Die Arbeitslosenquote sei relativ niedrig, die Nachfrage nach Immobilien groß. Letzteres stimmt unter anderem deswegen, weil sich die Stadt Kiel in den vergangenen Jahren mit dem Ausweis von Baugrundstücken eher zurückhielt.

Gegründet wurde das Institut als Eckernförder Creditbank im Jahr 1874 und damit 23 Jahre früher als das Vorgängerinstitut der Kieler Volksbank. Die letzte Fusion verband das Haus im Jahr 2000 mit der Raiffeisenbank Dänischer Wohld, die ihren Sitz auf der gleichnamigen Halbinsel zwischen Eckernförder Bucht und Kieler Förde hatte. Bei dem Zusammenschluss gab sich die Bank ihren heutigen Namen.

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