Marktforschung

Restkreditversicherung: schlecht oder schlecht gemacht?

Die Restkreditversicherung (RKV) feierte im vergangenen Jahr in Deutschland ihr 50-jähriges Bestehen. Gerade in jüngster Zeit steht das Produkt verstärkt im Brennpunkt der Medien und wird kontrovers seitens der Marktteilnehmer und der Öffentlichkeit diskutiert.

Hohe Intransparenz im Markt

Eine Restkreditversicherung dient der Absicherung sowohl des Kreditnehmers als auch Kreditgebers. Besonders im Sektor Konsumenten- und Ratenkredit sind in der Praxis eine Vielzahl unterschiedlicher Versicherungsprodukte anzutreffen, die mit der ursprünglichen Kreditlebensversicherung, die ausschließlich Todesfall und Krankheit absicherte, nur noch wenig Gemeinsamkeiten hat. Moderne Ausprägungen der Restkreditversicherung decken zwar primär die Begleichung der noch ausstehenden Restschuld bei Tod gleichermaßen ab, sie schließen aber immer mehr die Risiken bei Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit und Unfall mit ein und sichern je nach Tarifvariante - soziale Zahlungsverpflichtungen, die nicht direkt an einen Kredit gekoppelt sind, wie Miet-, Telefon- oder Stromkosten.

Leider besteht im Markt eine hohe Intransparenz. Allein die Vielfalt der unterschiedlichen Begriffe wie Restschuldversicherung, Restkreditversicherung, Restkreditlebensversicherung, Restwertversicherung oder Payment Protection führen zu einem hohen Maß an Verunsicherung für Konsumenten, Finanzdienstleister, Verbraucherschützer und Gerichte.

Insbesondere für die Kunden stellt sich die Frage, ob eine Weiterentwicklung der traditionellen Restkreditversicherung in Richtung Payment Protection sinnvoll ist, die alle Formen regelmäßig wiederkehrender Zahlungsverpflichtungen mit einbezieht. An dieser Stelle sind Verbände wie beispielsweise Bankenfachverband1), in dem nahezu alle Marktführer der Konsumfinanzierung vertreten sind, aber auch Gesetzgeber gefordert, klare Rahmenbedingungen für die Vertriebsorganisation von Restkreditversicherungen zu setzen. Schließlich handelt es sich um einen stetig wachsenden Markt, dessen Gesamtvolumen sich im abgelaufenen Jahr auf zirka 236,7 Milliarden Euro belief.

Pauschale Abstrafung der RKV ist nicht gerechtfertigt

Aus der Sicht der Medien und Verbraucherschützer2) wird vielfach pauschal der Vorwurf erhoben, dass Kunden oftmals zum Abschluss einer Restkreditversicherung gezwungen werden, eine bessere Alternative eine (bereits vorhandene) Risikolebensversicherung sei und zudem Restkreditversicherungen die Kreditkosten unangemessen um das zwei- bis dreifache erhöhen würden, was dem Tatbestand des "Wucher" entspräche.

Diese Themen wurden beispielsweise seitens der Verbraucherzentralen und ihrem Bundesverband (vzbv) mittels einer gemeinsamen Fragebogenaktion zu unseriösen Praktiken bei Ratenkrediten aufgestellt. Zielsetzung war eine Dokumentation der Missstände und Fehlentwicklungen, die insbesondere auch durch die Medien und Fernsehanstalten stark in die Öffentlichkeit getragen wurde. Die gebündelten Maßnahmeaktionen sind voll zu begrüßen und zu unterstützen, um die im wenig transparenten Markt sicherlich vorhandenen Auswüchse und grauen Schafe zu enttarnen. Aufgrund der bekannt gewordenen Negativfälle, die in einer Schwarzen Liste der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, scheint jedoch eine pauschale Abstrafung sämtlicher RKV-Produkte weder gerechtfertigt noch im Sinn einer Erfüllung von Kundenbedürfnissen zu stehen.3)

Risikolebensversicherung und RKV kaum vergleichbar

Neben dem vorgebrachten Hauptargument, dass die bessere Alternative immer eine (bereits vorhandene) Risikolebensversicherung sei, weshalb ein Neuabschluss überflüssig werde, gibt es zahlreiche weitere sachliche Ungereimtheiten. So deckt eine Risikolebensversicherung in der Regel allein das Risiko Todesfall und eventuell die Berufsunfähigkeit ab. Und zumindest müsste dann entsprechend die Versicherungssumme der Risikolebensversicherung um den Nominalbetrag des Konsumentenkredits erhöht werden.

Um Vergleichbarkeit zu gewährleisten, müssten die zusätzlichen Risiken wie Arbeitslosigkeit und Krankheit separat versichert werden. Versicherungstechnisch dürfte dies allein aufgrund unterschiedlicher Laufzeiten in der Praxis schwer realisierbar sein. Aus diesen Gründen erscheint es unrealistisch, Kostenvergleiche abzuleiten mit dem Ergebnis, dass ein Abschluss einer Restkreditversicherung überteuert sei.

Um die Stichhaltigkeit der vorgebrachten Argumente realistisch bewerten zu können, wurde im Auftrag der April Financial Services AG durch die Hochschule München im Sommer 2007 eine Marktuntersuchung unter meiner fachlichen Leitung durchgeführt. Mittels eines Fragebogens wurden 95 marktführende Unternehmen aus den Bereichen Auto- und Konsumentenkredit-Banken sowie Leasing- und Kreditkartengesellschaften befragt. Mit einer Rücklaufquote von mehr als 25 Prozent sind die Ergebnisse zwar nicht voll repräsentativ, sie sind jedoch richtungsweisend und liefern aufschlussreiche Einblicke. So bekräftigen 55 Prozent der Befragten, dass ein RKV-Abschluss ausschließlich auf Kundenwunsch erfolgt sei. Zwar benutzen die anderen Befragten ein Abwahlsystem, aber kein Befragter bekannte sich zu einer faktischen Verknüpfung von RKV-Abschluss und Kreditvergabe.

Das Argument, dass RKV-Policenabschlüsse als Versicherungsschutz überflüssig seien, widerlegten die Befragten gleichfalls. So betrachten nahezu 70 Prozent der Befragten die RKV als wichtige bis sehr wichtige Ergänzung des persönlichen Versicherungsschutzes ihres Klientels.

Das negative Image der Restkreditversicherung dürfte vordergründig auf einer unzureichenden qualitativen Beratung beruhen, was auch zu einer geringen Markttransparenz führt. Dieses Argument haben die Befragten erkannt. Die Komponente Produkt- und Leistungsumfang nimmt entsprechend in der RKV-Beratung oberste Priorität in der Nennung mit 48 Prozent sehr wichtig und 42 Prozent wichtig ein.

Im Hinblick auf die Kostenstruktur zeichnet sich ein indifferentes Bild ab. Zwar bestätigen 40 Prozent der Policenanbieter, dass ein RKV-Abschluss eine finanzielle Zusatzbelastung für den Kunden darstellt, als adäquate Gegenleistung dafür aber eine weitere Risikoabsicherung, Unabhängigkeit und Existenzsicherung gegenüber externen, nicht beeinflussbaren Faktoren gewährt wird.

Preis-/Leistungsverhältnis verbesserbar

Spielraum und Nachbesserungsbedarf besteht dagegen noch im Preis-/Leistungsverhältnis. Zwar geben 55 Prozent der Befragten hier gute bis sehr gute Noten. Die weitere Strategie der Anbieter muss lauten, durch finanzielle Anreize ein hohes Maß an Kundenzufriedenheit und Verantwortlichkeit den Kunden gegenüber zu leisten und gleichfalls Störungen der Zins- und Tilgungsleistungen und das Ausfallrisiko zu minimieren und somit im Sinne von Basel II die Bilanzen der Kreditgeber zu entlasten.

Die Restkreditversicherung bietet insgesamt jeder Zielgruppe die Möglichkeit existenzbedrohende Lücken im individuellen Versicherungsschutz zu schließen. Voraussetzung für eine gute Partnerschaft ist jedoch eine qualifizierte individuelle Beratung, um den Herausforderungen und Bedürfnissen der Kunden und gleichermaßen der Kreditgeber gerecht zu werden.

Klaus Fleischer , Prof. (em.) Finanz- und Bankwirtschaft, Hochschule München, München
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