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Regulierung beeinträchtigt den Wettbewerb

Sparkassen haben das Selbstverständnis und den Anspruch, Deutschlands Nummer 1 bei allen Geldangelegenheiten zu bleiben. Dabei ist ihre Kernaufgabe nicht in erster Linie die Gewinnerzielung, sondern die Erfüllung des öffentlichen Auftrags. Innerhalb dieses Rahmens stellen sich Sparkassen dem Wettbewerb: Allein die 74 westfälisch-lippischen Sparkassen sind mit 1 500 Geschäftsstellen in der Region präsent, beraten die Kunden aber auch gerne telefonisch oder auf Wunsch zu Hause, und bieten ihren Kunden an, die Geldgeschäfte bequem im Internet zu erledigen. Damit sind Sparkassen die wahren Direktbanken, und sie sind es als Qualitätsanbieter. Preisführer könnten sie sein, wollen es aber nicht.

Die Kunden akzeptieren diese Leistungen. Nach aktuellen Marktforschungen zum Privatkundengeschäft in Westfalen-Lippe erreichen die 74 Sparkassen in der Region bei den 15- bis 75-Jährigen eine Kundenreichweite von 61 Prozent. Für 55 Prozent der Befragten sind Sparkassen die Hausbank. Und entsprechend dem öffentlichen Auftrag stammen die Kunden eher aus den unteren Einkommensklassen. Allerdings verlieren Sparkassen bei der Hausbankverbindung leicht an Marktanteilen. Es gibt außerdem noch Potenziale am Markt, die nicht immer ausgeschöpft werden, und die Institute könnten die Kunden noch häufiger und professioneller ansprechen. Im Ergebnis bleiben sie hinter ihren vertrieblichen Möglichkeiten zurück.

Rahmenbedingungen neu justieren

Dennoch gibt es keinen Grund zum Jammern. Nach den Schlagzeilen der letzten Jahre zu urteilen, leben wir in sehr bewegten Zeiten. Es stimmt zwar: Deutschland und auch die deutschen Kreditinstitute haben viele Aufgaben zu erledigen. Aber es gibt durchaus Gründe zur Zufriedenheit und zu Optimismus.

Den besten Beweis dafür hat das letzte Jahr geliefert: Wir haben die konjunkturelle Talsohle sehr schnell hinter uns gelassen. Sogar die Einkommens- und Beschäftigungsverhältnisse sind annähernd stabil geblieben. Diese Erfolge sind aber kein Zauberwerk, sondern nicht zuletzt der Wirtschaftsordnung zu verdanken: Die soziale Marktwirtschaft deutscher Prägung mit ihren Grundprinzipien "Freiheit auf dem Markt" und "sozialer Ausgleich der Marktergebnisse" hat sich einmal mehr bewährt. Auf diesen Fundamenten lassen sich alle Krisen relativ gut bewältigen, auf jeden Fall deutlich besser als in anderen Ländern.

Aus dem Aufwärtstrend kann auch ein dauerhaftes Wachstum gestaltet werden. Aber dafür muss die Wirtschaftspolitik jetzt die Rahmenbedingungen neu justieren. Ein besonderes Augenmerk muss die Politik dabei auf das Finanzsystem richten, denn es ist quasi das Schmiermittel für die Wirtschaft. Allerdings hat spätestens die Finanzmarktkrise gezeigt: Es gibt Lücken im System. Diese Lücken betrafen vor allem große, sehr vernetzte und stärker auf internationale Finanzmärkte ausgerichtete Institute sowie strukturierte und damit risikoreiche Produkte. Hier hat der Markt übermäßige Gefahren für Dritte entstehen lassen - für einzelne Marktteilnehmer, für Kunden und sogar für die Stabilität der Finanzmärkte insgesamt. Wenn die Wirtschaftspolitik also der Wirtschaftsordnung folgt, muss sie die Reformen an diesen Stellen ansetzen. Dass heißt umgekehrt aber auch:

Die staatlichen Eingriffe dürfen den Wettbewerb nur soweit einschränken, wie es zum Erreichen der Finanzmarktstabilität notwendig ist.

Die staatlichen Eingriffe dürfen den Wettbewerb unter den Marktteilnehmern nicht verzerren, also einzelne Marktteilnehmer nicht ungerechtfertigt benachteiligen oder anderen Vorteile verschaffen.

Im 21. Jahrhundert muss die Wirtschaftspolitik außerdem die Globalisierung der Finanzmärkte berücksichtigen. Sie muss sicherstellen, dass alle Maßnahmen EU-weit abgestimmt und eingeführt werden. Nationale Alleingänge würden das deutsche Finanzsystem im internationalen Vergleich benachteiligen.

An diesen drei Maßstäben müssen sich sämtliche Harmonisierungs-, Regulierungs- und Verbraucherschutzmaßnahmen messen lassen.

Basel III, ...

Die als "Basel III" bekannten Vorschriften sollen über eine EU-Bankenrichtlinie Mitte 2011 in europäisches Recht umgesetzt werden. Grob zusammengefasst, fordert "Basel III" von den Kreditinstituten größere Pufferund bessere Qualität im Eigenkapital und in der Liquidität. Gerät ein Institut in Schieflage, soll es mit Hilfe dieser Puffer entweder stabilisiert oder abgewickelt werden. Dies ist vom Grundsatz her richtig und notwendig. Es ist aber problematisch, dass für alle Kreditinstitute künftig ein und dieselben Anforderungen an das Eigenkapital und die Liquidität gelten sollen. Damit berücksichtigt "Basel III" nämlich nicht, dass von den Kreditinstituten je nach Geschäftsmodell und Größe unterschiedliche Risiken für die Gesamtwirtschaft ausgehen. Kleine und risikoarme Kreditinstitute haben unter "Basel III" die gleichen Anpassungslasten zu tragen wie große und risikoreiche Banken. Damit wird der Wettbewerb verzerrt, und zwar eben zulasten der kleinen und risikoarmen Institute. Genau das aber widerspricht den guten Grundsätzen unserer Wirtschaftsordnung.

Umso mehr vor dem Hintergrund, dass auch die neuen Baseler Vorschriften den Zusammenbruch einzelner Banken nicht vollständig ausschließen können. Wenn auch in geringerem Maße, bleibt die Gefahr von Kettenreaktionen und Systemkrisen weiter bestehen. Und sie geht insbesondere von den national und international stark vernetzten Banken aus, den sogenannten systemrelevanten Instituten. Das "too-big-to-fail"-Problem löst "Basel III" nicht.

... Restrukturierungsgesetz und EU-Einlagensicherung

Um solche Kettenreaktionen zu verhindern, braucht es vielmehr ein besonderes Insolvenzverfahren. Die Aufsichtsbehörden müssen die Kompetenz haben, einzelne Kreditinstitute geordnet und marktschonend abwickeln zu können. In diese Richtung geht das von der Bundesregierung initiierte und Anfang 2011 in Kraft getretene Restrukturierungsgesetz: Es gewährt staatlichen Stellen mehr Eingriffsrechte.

Allerdings sieht das Restrukturierungsgesetz gleichzeitig vor, dass sich der gesamte Bankensektor über eine nationale Bankenabgabe an den Kosten einer möglichen Restrukturierung beteiligt. Manko auch hierbei: Obwohl im Krisenfall nur systemrelevante Großinstitute Leistungen aus diesem Krisentopf erhalten beziehungsweise benötigen, sollen alle Banken einzahlen. Das benachteiligt abermals die kleinen und risikoarmen Kreditinstitute in Deutschland. Deshalb und weil das Restrukturierungsgesetz im nationalen Alleingang eingeführt wurde, kann es auch nur ein erster Schritt sein. In einer global vernetzten Finanzwelt ist ein international - über die EU-Grenzen hinaus - abgestimmtes Vorgehen notwendig. Es bleibt zu wünschen, dass dann auch die wettbewerbsverzerrenden Elemente dieses Gesetzes behoben werden.

Kritisch zu sehen sind auch die Pläne der EU-Kommission, mit denen sie die bestehende Einlagensicherungsrichtlinie überarbeiten will. Künftig sollen alle Kreditinstitute einem gesetzlichen Einlagensicherungssystem angehören, das pro Privatkunde Einlagen bis zu 100 000 Euro im Insolvenzfall absichert. Diese Reform berücksichtigt aber nicht, dass die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken bereits über Institutssicherungssysteme verfügen. Diese vermeiden Insolvenzen und damit Einlagensicherungsfälle. Die Erfahrungen zeigen, dass die bestehende Institutssicherung damit deutlich leistungsfähiger ist als eine Einlagensicherung: Mit weniger Mitteln werden Kundengelder besser geschützt. Die geplante Reform würde also die Finanzmärkte schwächen, statt sie stabiler zu gestalten.

Es ist demnach mehr als fraglich, ob die Reformen beziehungsweise Regulierungsmaßnahmen weitere Finanzkrisen vermeiden können. Fest steht, dass sie solide, realwirtschaftlich orientierte Inst itute benachteiligen und etablierte Systeme riskieren. Und im Abgleich mit den Maßgaben der sozialen Marktwirtschaft ist festzuhalten: Die Maßnahmen sind schlicht nicht effektiv oder sogar kontraproduktiv. Sie treffen weder die Ursachen noch die Verursacher. Stattdessen verzerren sie den Wettbewerb in der deutschen Kreditwirtschaft, ohne dass dies wirtschaftlich gerechtfertigt ist. Und da sie noch dazu über internationale Regulierungen hinausgehen, schwächen sie das deutsche Finanzsystem auch im weltweiten Vergleich.

Verbraucherschutzmaßnahmen: richtige Ziele, zweifelhafte Umsetzung

Neben diesen Regulierungen wurden und werden in Deutschland derzeit zahlreiche Verbraucherschutzmaßnahmen auf den Weg gebracht. Es ist grundsätzlich richtig, dass der Staat den Ordnungsrahmen des Finanzsektors auch im Hinblick auf den Verbraucherschutz weiterentwickelt. Aber für diese Reformen gelten genauso die Maßgaben der sozialen Marktwirtschaft. Um es vorweg zu nehmen: Sie werden in weiten Teilen nicht eingehalten.

Ein Beispiel hierfür ist die seit Juni 2010 gültige neue Verbraucherkreditrichtlinie. Sie soll es den Kunden vor allem leichter machen, Kreditkonditionen zu vergleichen. So darf in der Werbung nur ein Zinssatz genannt werden, den mindestens zwei Drittel der Kunden erhalten. In der Praxis ist die neue Regelung mit einer wahren Papierflut verbunden: Der Verbraucher erhält jetzt bereits vor Vertragsabschluss eine Fülle von gesetzlich vorgeschriebenen Informationen, deren Inhalt er aber kaum aufnehmen kann - bei Anschaffungskrediten beispielsweise umfassen sie zwölf Seiten. Außerdem sind die neuen Vorgaben zur Effektivzinsberechnung viel komplizierter und undurchsichtiger geworden. Vom Aufwand für die Kreditinstitute - in der IT, bei den Vordrucken und Verträgen, für die Schulungen der Mitarbeiter - ganz zu schweigen. In Summe schürt also die Verbraucherkreditrichtlinie die Gefahr, dass Kunde und Kreditinstitut, das Wesentliche einer Kreditvergabe viel mehr aus den Augen verlieren als früher.

Das Beratungsprotokoll soll den Verbrauchern helfen, ihre Ansprüche bei einer Falschberatung besser durchsetzen können. Da-her ist die Protokollierungspflicht seit Anfang 2010 so geregelt, dass die Berater über jede Wertpapierberatung ein mehrseitiges Protokoll anfertigen und zur Verfügung stellen müssen - unabhängig davon, ob der Kunde es wünscht oder nicht, ob es zu einem Geschäftsabschluss kommt oder nicht und ob sie den Kunden kennen oder nicht. Das dauert mindestens zehn bis fünfzehn Minuten und umfasst fünf bis sechs Seiten. Selbst Kunden mit regelmäßiger Beratung haben keine Möglichkeit, ihr Kreditinstitut von der Protokollpflicht freizustellen. Und seit November 2010 müssen für Prüfungszwecke der Bankenaufsicht sogar Gespräche mit Nichtkunden dokumentiert werden, bei denen Wertpapiere angesprochen wurden. Im Ergebnis erhalten formale Anforderungen ein stärkeres Gewicht als die Beratung selbst, das Wertpapiergeschäft der beratungsorientierten Filialbanken leidet - und im Online-Brokerage können Kunden nach wie vor ohne Beratungsprotokoll ihre Wertpapiergeschäfte erledigen.

Das dritte Beispiel betrifft die neue Entgeltregelung bei Geldautomaten. Seit Mitte Januar dieses Jahres wird ein direktes Kundenentgelt erhoben. Dass heißt, Fremdkunden bekommen die Kosten für eine Abhebung angezeigt. Wenn es ihnen zu teuer ist, können sie sich einen günstigeren Automaten suchen. In der Praxis allerdings konnten die meisten Bundesbürger schon vorher überall in Deutschland kostenlos oder zumindest sehr günstig Bargeld beziehen. Was also hat die Umstellung gebracht? Sie hat bei den Kreditinstituten mit einem breiten Geldautomatennetz einen hohen Aufwand verursacht. Am Ende werden also die Kreditinstitute belohnt, die aus Renditegründen auf Automaten verzichten. Das macht die Bargeldversorgung der Bevölkerung eher schlechter als besser.

Schon an diesen drei Beispielen wird deutlich: Die Ziele sind grundsätzlich richtig, es hakt bei der Verwirklichung. Und das Gleiche gilt bei weiteren Initiativen der Verbraucherschützer.

Anlegerschutzgesetz geht an der Praxis vorbei

Beispielsweise beim Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz. Demnach müssen sich die rund 300 000 Berater - darunter 130 000 Sparkassenberater - bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) intern registrieren und gegebenenfalls sogar von ihr sanktionieren lassen. Auch dieses Gesetz geht weit an der Praxis vorbei: Abgesehen von den datenschutzrechtlichen Problemen und der Frage, wie dieses Datenaufkommen überhaupt verwaltet werden soll - sogar der Wechsel eines Mitarbeiters von Geschäftsstelle A in die Geschäftsstelle B ist nachzuhalten - sind doch die Vorstände der Kreditinstitute für die Vertriebsvorgaben und die Beratungsqualität zuständig. Sie sind es, die von der BaFin auf ihre Eignung hin geprüft werden und nach dem Kreditwesengesetz die Verantwortung tragen. Im Zweifelsfall können sie auch viel wirksamer und schneller in die Beratungsprozesse eingreifen als eine ferne Aufsichtsinstanz. Und falls es dann doch einmal zu Streitfällen kommt, können sich die Kunden an die etablierten Schlichtungsstellen wenden. Über all diese Lösungen hinaus sorgt das Gesetz doch nur für verunsicherte Berater. Sie müssen dauernd Angst haben, bei einer Beschwerde abgestraft zu werden. Es ist nur menschlich, wenn sich dies letztlich in der Beratungsquantität und -qualität niederschlägt. Auch die von Ministerin Aigner propagierte Honorarberatung bringt den Verbraucherschutz in Deutschland nicht voran. Wenn der Provisionsberatung Schwächen unterstellt werden können, dann gelten sie in gleichem Maße für die Honorarberatung: Die Recheneinheit ist dann nicht die Höhe der Produktabschlüsse, sondern die der Beratungsstunden. Abgesehen davon wollen die deutschen Kunden mehrheitlich keine Honorarberatung. Wann ist sie sinnvoll, wie häufig, zu welchem Preis? Dazu haben die meisten Privatkunden keine Vorstellungen. Auf diese Schwächen hatte übrigens der Wissenschaftliche Beirat des Verbraucherschutzministeriums schon 2009 hingewiesen. Was aber nach den trotzdem weitergeführten Diskussionen in der öffentlichen Wahrnehmung hängen geblieben ist, ist das Gefühl, dass jede Provisionsberatung rein aus Eigeninteressen des Beraters und der Kreditinstituts erfolgt. Für eine vertrauensbasierte Dienstleistung ist das keine gute Voraussetzung. Insbesondere dann nicht, wenn es an Alternativen mangelt.

Testkäufe schüren Misstrauen

Das Misstrauen und die Distanz der Kunden hat Ministerin Aigner schon an vielen anderen Stellen geschürt. Zuletzt Ende Dezember 2010, als sie vollmundig "verdeckte Ermittler" für die Kreditwirtschaft angekündigt hat. Das ist ein Begriff aus der Strafprozessordnung. Hier heißt es in § 110 a: "Verdeckte Ermittler dürfen zur Aufklärung von Straftaten eingesetzt werden, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Straftat von erheblicher Bedeutung 1. auf dem Gebiet des unerlaubten Betäubungsmittel- oder Waffenverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung, 2. auf dem Gebiet des Staatsschutzes, 3. gewerbs- oder gewohnheitsmäßig oder 4. von einem Bandenmitglied oder in anderer Weise organisiert begangen worden ist". Der Vergleich mit seriös arbeitenden Bank- und Sparkassenberatern ist darum unerträglich.

Über konkrete Hintergründe schweigt sich die Ministerin aus. Sie erläutert auch nicht, wer ermitteln soll, welche Qualifikationen die Ermittler haben müssen und welche Ziele sie verfolgen. Sie ignoriert außerdem, dass die BaFin bereits als "Kontrollinstanz" für die Anlageberatung tätig ist und dass die Kreditinstitute sich regelmäßig über Testkäufe von unabhängigen Instituten einer Selbstkontrolle unterziehen. Aber einmal mehr bleibt beim Verbraucher der Eindruck hängen, dass bei Banken und Sparkassen etwas richtig schief läuft.

Verbraucherschutzmaßnahmen fördern beratungsloses Geschäft

Von möglichen partei- oder finanzpolitischen Hintergründen einmal abgesehen, steht doch eines fest: Alle diese Maßnahmen schützen die Verbraucher weder vor Falschberatung noch vor Verlusten. Sie treffen auch nicht die "schwarzen Schafe" der Branche. Das Gegenteil wird erreicht.

Von Seiten der Anbieter betrachtet, belasten diese Maßnahmen Kreditins titute, die ihre Kunden mit allen modernen Finanzdienstleistungen versorgen. Solche, die sich aus Rendite- und Risikogründen beispielsweise aus dem beratungsintensiven Kundengeschäft zurückgezogen haben oder auf eigene Geldautomaten verzichten, bleiben dagegen verschont. Ebenso wie die rund 80000 freien Vermittler, die weder der Protokollpflicht unterliegen noch auf ihre Qualifikation und Beratungsqualität hin überwacht werden.

Von Seiten der Verbraucher aus betrachtet, schüren solche Maßnahmen zunächst das Misstrauen in die Leistung der Kreditwirtschaft und gehen noch dazu in die Bevormundung über. Die Finanzkompetenz der Verbraucher wird damit kleingeschrieben. Und die Gefahr besteht, dass Kunden lieber auf beratungslose Geschäfte insbesondere im Internet ausweichen, die weniger bürokratisch sind und - aufgrund des nicht vorhandenen Beratungsaufwands - vermutlich höhere Renditen versprechen können. Wohin das führen kann, hat der Fall "Kaupthing Bank" ja gezeigt. Unter diesen Entwicklungen werden insbesondere junge, einkommensschwache und bildungsferne Haushalte leiden. Aber gerade deren finanzwirtschaftliches Wissen und finanzielle Absicherung müssen gefördert werden. Das hat das Bundesverbraucherschutzministerium selbst mit einer Studie bestätigt: Die Hälfte der Befragten wusste nicht, wofür ein Girokonto da ist, und meinte, man könne es gut zum Sparen nutzen. ie bisherigen Verbraucherschutzmaßnahmen bestrafen demnach Leistung statt sie zu fördern. Sie tragen dazu bei, dass sich die Kreditinstitute aus wirtschaftlichen Gründen und unter Risikoaspekten weiter aus dem beratungsintensiven Kundengeschäft zurückziehen. Das kann aber doch nicht wirklich die Antwort auf einzelne Falschberatungen in der Kreditwirtschaft sein.

Motivation statt Sanktionen

Vielmehr braucht unser Land einen ordnungspolitischen Rahmen, der den Konflikt zwischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zielen entschärft.

Statt Sanktionen braucht die Kreditwirtschaft also Motivation zum Flächenvertrieb und zur vertrauensvollen Beratung.

Statt Gegenwind braucht sie Unterstützung.

Statt reißerischer Schlagzeilen wird sachliche Aufklärung der Kunden gebraucht.

Statt Misstrauen wird Vertrauen gebraucht.

Deutschland braucht noch viel mehr Kreditinstitute mit gut geschulten Beratern, die Produkte verkaufen, die sie verstehen, an Menschen, die sie kennen. Es braucht Kreditinstitute, die die Finanzkompetenz ihrer Kunden tatsächlich fördern statt sie von vorne herein zu begrenzen. Und die dafür auch bereit sind zu investieren. Internetauftritte und Produktinformationsblätter reichen da vielleicht manchmal, aber bei Weitem nicht immer aus. Dafür ist das Leben zu komplex. Tatsächlich verantwortungsvoll handeln Kreditinstitute nur dort, wo sie sich um die Kunden kümmern statt sie auf sich allein zu stellen.

Sparkassen verwirklichen Verbraucherschutz

Das Geschäftsmodell der Sparkassen basiert auf einer solch vertrauensvollen Kundenbeziehung. Die Institute sind in den Regionen verankert. Umgekehrt sind sie auf das Wohl der Bürger und Unternehmen und eine lange, intensive Kundenbeziehung angewiesen. Diese Verbundenheit schafft eine Verantwortlichkeit jedes Einzelnen, die bereits per se ein hohes Maß an Verbraucherschutz gewährleistet. Sparkassen erfüllen bereits alle Aufgaben, die gesellschaftspolitisch und volkswirtschaftlich wichtig sind. Vieles von dem, was die Verbraucherschützer jetzt fordern, haben wir bereits verwirklicht. Um nur einige Beispiele zu nennen:

Sie investieren seit jeher viel in die Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten und sichern so die Beratungsqualität.

Sie bezahlen Festgehälter, nur ein geringer Teil wird variabel vergütet. Damit vermeiden sie Vertriebszwänge und Fehlanreize.

Sie kümmern sich um jeden Kunden, auch wenn da im Einzelfall kein Geld zu verdienen ist.

Sie haben den Sparkassen-Schulservice und den Beratungsdienst Geld & Haushalt bereits vor Jahrzehnten ins Leben gerufen, als von Bildungsinitiativen zur Finanzkompetenz noch keine Rede war.

Als einzige Institutsgruppe fördern Sparkassen die kommunalen Schuldnerberatungsstellen, obwohl ihre Kunden gemessen am Marktanteil deren Beratungsangebot nur unterdurchschnittlich in Anspruch nehmen.

Diese und vielen weitere Leistungen sind der Grund, warum täglich mehr als 50 Millionen Kunden den rund 430 deutschen Sparkassen ihr Vertrauen aussprechen. Und diesem Vertrauen wollen die Institute auch in Zukunft gerecht werden. Deshalb hören sie nicht auf, an sich zu arbeiten. Und die aktuellen Verbraucherschutzdiskussionen rund um Qualität, Ganzheitlichkeit, Fairness und Transparenz geben dabei noch den einen oder anderen Impuls.

Beispielsweise haben die westfälisch-lippischen Sparkassen die Forderung der Ministerin nach Honorarberatung - so praxisfern sie im Moment auch sein mag

- zum Anlass genommen, weitere Ansatzmöglichkeiten für die Gebührenmodelle zu schaffen. Derzeit wird über Festpreistarife für die Bankverbindung inklusive beliebiger Produktabschlüsse nachgedacht.

Die Sparkassen in Westfalen-Lippe beschäftigen sich auch intensiv mit der Frage, wie sie ihren öffentlichen Auftrag an den gesellschaftlichen Wandel anpassen können. Sie wollen neue Kundengruppen verstehen, die andere Einstellungen mitbringen. Beispielsweise die wachsende Gruppe der Muslime in Deutschland. Auch hier wurde der Boden für weitere Produktentwicklungen bereitet.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors beim Privatkundenforum 2011.

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