Vertriebspolitik

Integration der Vertriebswege als Erfolgsbasis

"Integration der Vertriebswege", "Multikanalangebot" oder "Multikanalvertriebsstrategie" sind Schlagworte, die seit geraumer Zeit Sparkassen und Banken bewegen, die in Branchen-Konferenzen diskutiert werden, die jedoch in vielen Fällen recht einseitig auf eher technische Fragen reduziert sind. Häufig geht es dabei alleinig um IT-Plattformen oder um die Einrichtung eines Internetportals. Dabei werden entscheidende inhaltliche Fragen zur Aufstellung des Vertriebs leicht übersehen.

Wechselwirkungen oder gar Kannibalisierungseffekten wird teilweise keine hinreichende Bedeutung beigemessen. Dabei darf ein kurzfristiger Erfolg, ein "Strohfeuer" aus der Neuartigkeit eines Vertriebsweges nicht dazu führen, dass die bewährte Vertriebsstruktur vernachlässigt oder "demotiviert" und damit letztlich die Vertriebskraft insgesamt geschwächt wird. Die Aufstellung des Vertriebs ist nun einmal vergleichbar einem Räderwerk, in dem alle Segmente ineinander greifen müssen, damit das ganze System rund drehen kann.

Herausstellen der eigenen Stärken statt Imitation

Natürlich steht auch die Kreissparkasse Köln mitten im Wettbewerb zu neuen Marktteilnehmern, insbesondere aus dem Segment der Internetbanken. Das Rezept - als Marktführer in der Region - kann aber nicht lauten, Wettbewerber einfach zu imitieren. Die Sparkasse konzentriert sich vielmehr konsequent auf ihre Stärken. Ein Pfund ist - ob es einigen in der Werbung lautstarken Wettbewerbern passt oder nicht - die Nähe zu ihren Kunden, regional und emotional. "Direkt" heißt für die Kreissparkasse Köln daher nicht nur direkt im Internet, sondern es heißt genauso direkt um die Ecke, und das 216 mal - als die wahre Direktbank. Die Abbildung 1 zeigt die unterschiedlichen Vertriebskanäle und Ansprachewege für das klassische Privatkundengeschäft. Die Filiale ist und bleibt Basis ihres gesamten Dienstleistungsangebotes. Damit folgt die Sparkasse dem Bedarf und den Wünschen ihrer Kunden, gilt doch auch im Kölner Raum die Erkenntnis, dass auch zukünftig 80 Prozent aller Privatkunden auf die Filiale nicht verzichten wollen. Privatkunden - gerade auch junge - schätzen unverändert das persönliche Gespräch, den Kontakt von Mensch zu Mensch. Daneben schätzen viele dieser Kunden aber auch die Möglichkeit, Standardgeschäfte komfortabel von zuhause aus zu erledigen. Die Grundfrage zur Marktaufstellung lautet also nicht "entweder oder", sondern "sowohl als auch".

Mediale Vertriebswege

Neben die Filialen sind daher seit über zehn Jahren die medialen Vertriebswege, das Telefon und - allen voran - das Internet, getreten. So ist die Kreissparkasse Köln bereits seit 1995 im Internet präsent, seinerzeit als eines der ersten Kreditinstitute weltweit. Sukzessive wurde dieser Vertriebsweg vom reinen Medium des Zahlungsverkehrs zu einer kompletten virtuellen Filiale ausgebaut, über die heute ganz selbstverständlich sämtliche Produkte des stationären Vertriebs angeboten und abgeschlossen werden, zu großen Teilen über das Pin-/Tan-Verfahren fallabschließend. Der Internetauftritt der Kreissparkasse Köln ist als selbstständiges Portal gestaltet, in dem sämtliche Funktionen integriert und zentral ansteuerbar sind, ähnlich einer echten Filiale mit ihren Bereichen Information, Service, Kasse und Beratung. Zusätzlich stehen jedem Kunden auf Wunsch personalisierte Inhalte zur Verfügung, vom komplettem persönlichen Finanzstatus bis hin zu individuell zusammengestellten Portfolio- und Marktinformationen.

Integriert und zentral ansteuerbar

Der Vertrieb über Medien ist zum voll und ganz gleichberechtigten Vertriebsweg geworden - wohlgemerkt, gleichberechtigt in der Wahlmöglichkeit der Kunden. Er ist mit dem Filialgeschäft eng verzahnt. Alle Vertriebsaktivitäten im Onlinekanal sind dazu so gestaltet, dass sie auch von Filialkunden in Anspruch genommen werden können. Nur ein Beispiel hierfür ist die Versteigerung von Sparkassenbriefen der Kreissparkasse Köln im Jahr 2005. Die von Kunden abgegebenen Gebote wurden zu 56 Prozent über das Internet und zu 44 Prozent über den stationären Vertrieb platziert.

Durch eine enge Verknüpfung "lernen" die unterschiedlichen Vertriebswege voneinander. Sie verstehen sich nicht als Konkurrenz, sondern als gegenseitige Bereicherung. All das ist keine Theorie, sondern erlebte Praxis: Rund 40 Prozent der Privatkunden der Kreissparkasse Köln nutzen aktiv das Internetangebot der Sparkasse. Gleichzeitig wurden alleine im ersten Halbjahr 2006 über 5 000 konkrete Beratungsgespräche aus dem Internet heraus an die Geschäftsstellen vermittelt - auf Initiative der Kunden!

Neben Internet und Telefon bestehen in der Kreissparkasse Köln weitere etablierte Direktvertriebswege. So werden seit 1993 zentrale und dezentrale Vertriebskampagnen durch ein Outbound-Telefonteam unterstützt. Als Facette des mobilen Vertriebs sind "Extensivierungsteams" eingerichtet, die den Regionaleinheiten für konzentrierte Vertriebsaktionen zur Verfügung stehen.

Erfolg wird Filialen zugerechnet

Alle Geschäftsabschlüsse und Bestände werden den Filialen zugerechnet. Dies gilt ausnahmslos auch für die Direktvertriebswege, auch wenn diese organisatorisch an die Zentrale angebunden sind. Die Sparkasse folgt damit ihrer Überzeugung, dass auch in Zukunft die Filiale Basis aller Vertriebserfolge sein wird.

Zudem vermeidet sie so "Verteilungskämpfe" und fördert das bereits geschilderte enge Miteinander der Vertriebswege. Dieses Verständnis setzt sich durch alle eingebundenen Ebenen fort, bis in den Vorstand hinein, wo wiederum stationärer und medialer Vertrieb für Privatkunden in einer Hand gebündelt sind.

Die Nutzung einer einheitlichen IT-Plattform und einheitlicher Kernprozesse für alle Vertriebswege wurde in der Kreissparkasse Köln bereits früh als Erfolgsfaktor definiert. Ebenso zeigt sich ein flächendeckender und umfassender Internet-/Intranetzugriff zur Informationsbeschaffung für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen als echte Vertriebsunterstützung. Die Verknüpfung zentraler Vertriebskampagnen mit den Vertriebswegen ist inzwischen eingespielt. So werden beispielsweise der zentrale Marketingplan mit Verkaufsförderungsmaßnahmen im stationären Vertrieb, unterstützt durch das Outbound-Telefonteam, und mit dem Internetvertrieb eng verzahnt. Ein technisch eingebettetes Anlass- und Kampagnenmanagement strukturiert und vereinfacht die regelmäßige, systematische Kundenansprache.

Die Sparkassen erleben aktuell eine Ausdifferenzierung ihrer Wettbewerber. Neben die Universalbanken treten Spezialisten, die sich auf klar umgrenzte Zielgruppen konzentrieren und eine ausschließliche Ausrichtung als Qualitätsführer oder als Preisführer leisten können und wollen. Kunden aus dem Segment der "Qualitätskäufer" werden aggressiv mit umfassender Beratung über mobile Vertriebsformen angesprochen, "Preiskäufer" mit Kampfkonditionen über das Internet.

Perspektiven der Weiterentwicklung im Vertrieb

Strategisch bedeutet dies für die Kreissparkasse Köln, das konzertierte Zusammenspiel der Vertriebswege weiter auszufeilen.

Die Sparkasse muss neben den traditionellen Informationen über ihre Kunden, wie beispielsweise Einkommen und Vermögen, insbesondere deren individuelle Erwartungen, Wünsche und Bedürfnisse kennen lernen und damit umgehen. Seriösen Schätzungen zufolge werden mittel- bis langfristig zwei Drittel aller Bankkunden Multikanalnutzer sein, also Filiale und Internet parallel in Anspruch nehmen wollen.

Hier ist es wichtig, individuell zu wissen, wann und auf welchen Wegen die Kunden angesprochen werden wollen beziehungsweise welche Wege sie vielleicht auch als Belastung empfinden.

Mit zunehmender Flexibilität der Kunden, aber auch mit deren weiter zunehmender Serviceerwartung, werden Formen des mobilen Vertriebs an Bedeutung gewinnen, wiederum als integrierte Ergänzung der Filiale, nicht als Konkurrenz, und erst recht nicht als "Drückerkolonne".

Aktuell sammelt die Kreissparkasse Köln hier erste Erfahrungen - und die sind recht vielversprechend.

Holgeschäft

Neben die persönliche Ansprache von Kunden wird eine personalisierte Ansprache über SB-Geräte, E-Mail und Internet treten. Auch die Inbound-Telefonie wird den Vertrieb verstärkt unterstützen, was eine tiefe Vernetzung mit den Beratern, bis hin zu deren Terminplanung, erfordern wird.

Die Geschäftsphilosophie einer Sparkasse der Zukunft wird nicht darauf setzen können, sich alleinig über den Ausbau von Vertriebswegen zu behaupten, die die Initiative der Kunden, also das "Bringgeschäft", erfordern. Im mentalen Fokus des Vertriebs steht schon heute vor allem das "Holgeschäft".

Dabei sind die Voraussetzungen für Sparkassen ideal: Ihre Kunden wollen abgeholt werden, sie wollen angesprochen und beraten werden. Gerade die besonders interessante Klientel - junge Erwachsene, "Aufsteiger" und "Besserverdienende" wünschen sich ausdrücklich eine persönliche Ansprache durch ihre Sparkasse, so das eindeutige Ergebnis der Marktforschung. Eines wird in der Praxis mancher Bank gerne übersehen: Kunden wünschen sich eine objektive, faire Beratung. Tatsächlich dient aber vielen Banken alleine der Produktpreis als Verkaufsargument.

Häufig tritt dabei über einen scheinbar günstigen Preis der tatsächliche Nutzen des Produktes, sein Passen auf den Bedarf des Kunden in den Hintergrund. Erfahrung der Kreissparkasse Köln ist es, dass das richtige, auf die eigentlichen Bedürfnisse des Kunden passende Produkt in der Kundenwahrnehmung durchaus preiswürdig und damit für den Kunden tatsächlich günstig ist.

Über die integrierte Aufstellung des Vertriebs wird auf den heterogenen - im Zeitablauf sich auch immer wieder wandelnden - Bedarf der Kunden eingegangen. Die Abbildung 2 zeigt zusammenfassend das Verständnis zur Integration der Vertriebswege.

Mehr als eine Bank

Die Kreissparkasse Köln ist auch damit, wie die Sparkassen überhaupt, mehr als eine Bank: Kern der Philosophie bleibt die stetige Bindung zu den Menschen in ihrer Region, denn im persönlichen Kontakt immerhin zur Hälfte der Bevölkerung, im Spitzenplatz der Markenbekanntheit, in herausragenden Vertrauens- und Sympathiewerten und in der Chance zur tatsächlichen und bedarfsorientierten Beratung liegen die zentralen Wettbewerbsvorteile - überall im Geschäftsgebiet: stationär, mobil und medial.

Alexander Wüerst , Vorsitzender des Vorstands Kreissparkasse Köln und Landesobmann der rheinischen Sparkassen , Kreissparkasse Köln
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