50 Jahre Konsumentenkredit

Ertragspotenziale lassen sicherschließen

Mehr als 20 Prozent aller deutschen Privathaushalte haben einen Privatkredit aufgenommen. Wichtigste Gründe für die Kreditaufnahme sind der Autokauf und der Erwerb einer neuen Wohnungseinrichtung. Der Marktanteil der Sparkassen-Finanzgruppe war in diesem Wachstumsmarkt einige Jahre rückläufig, während Citibank, die Autobanken und insbesondere die Volks- und Raiffeisenbanken mit dem Easy Credit zu den Gewinnern zählten.

Als Marktführer im Kreis Ludwigsburg mit einer Bilanzsumme von gut neun Milliarden Euro und über 200 000 Kunden konnte deshalb auch die Kreissparkasse Ludwigsburg mit dem über Jahre hinweg stagnierenden Absatz von etwa 2 200 Verträgen pro Jahr und dem damit einhergehenden sinkenden Marktanteil nicht zufrieden sein - Anlass für eine Ursachenanalyse und Neupositionierung im Jahr 2007, die bereits zu deutlich besseren Verkaufszahlen und einer intensiveren Ausschöpfung der Marktpotenziale führte.

Ursachenanalyse Eine Analyse der Ursachen zeigte, dass mehrere Faktoren zu dieser Situation und zur unbefriedigenden Marktausschöpfung geführt hatten:

Die defensive Vermarktungsstrategie führte zu unterdurchschnittlichen Verkaufszahlen.

Die Antrags- und Bearbeitungsabläufe waren zu bürokratisch und zu langsam.

Für den Verkauf waren mehrere voneinander unabhängige Programme notwendig, was zu einer hohen Fehleranfälligkeit führte.

Das Produkt hatte bei manchen Mitarbeitern ein negatives Image.

Eine risikoorientierte Preisdifferenzierung war nicht möglich.

Einige veraltete Produktmerkmale wie zum Beispiel die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr und eine zu niedrige Betragsgrenze von 25 000 Euro hemmten den Verkauf. S-Privatkredit als Kerngeschäftsfeld im Privatkundenbereich

Um eine grundlegende Neupositionierung im Konsumentenkreditgeschäft zu erreichen, wurde eine Projektgruppe damit beauftragt, auf Basis klarer Zielvorgaben eine Sollkonzeption zu entwickeln. Zentrales Ziel der Neupositionierung war die Etablierung des Sparkassen-Privatkredits als Kerngeschäftsfeld im Privatkundenbereich, passend zur DSGV-Strategie, den Privatkredit als "Leuchtturmprodukt" intensiv zu vermarkten (siehe Abbildung 1). Die Projektgruppe erarbeitete einen umfassenden Maßnahmenkatalog, der noch im Jahr 2007 konsequent umgesetzt wurde. Im Zentrum der Arbeiten stand die Zielsetzung, ein für die Kunden attraktives, vernünftiges und faires Produkt anzubieten, das aber auch für die Kreissparkasse ertragbringend sein sollte. Im Einzelnen wurden die folgenden Stellschrauben neu justiert:

Produkte und Vertriebskanäle: Die Bearbeitungsgebühr wurde abgeschafft, die

Betragsgrenze auf 40 000 Euro erhöht. Um den Kunden die Möglichkeit zu geben, sich beziehungsweise ihre Angehörigen gegen die Risiken Tod, Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit während der Laufzeit des Privatkredites abzusichern und gleichzeitig weitere Ertragspotenziale zu generieren, wurden entsprechende Angebote zur Restkreditversicherung in das Verkaufspaket integriert.

Mit der Sparkassen Versicherung (SV) und Genworth wurden Partner gefunden, die die Versicherungen bei hoher Abwicklungsqualität zu einem attraktiven Preis zur Verfügung stellen. Hier gelang der Sparkasse ein echtes Zwei-Gewinner-Modell. Die Kunden erhalten eine preisgünstige Kreditabsicherung, und die Kreissparkasse steigert die Rentabilität des Produktverkaufs. Seit 2007 kooperiert die Kreissparkasse auch mit dem Portal www.gebrauchtwagen.de, um einen weiteren Vertriebskanal in der Kfz-Finanzierung zu nutzen.

Prozesse und Organisation: Die Abwicklung des Sparkassen-Privatkredites läuft ausschließlich über das OS-Plus-Portal der Sparkassen Finanz Informatik. Durch das enthaltene Scoringsystem erfolgt "automatisch" eine Bonitätsbeurteilung des Kunden während der Antragsbearbeitung. Darauf aufbauend konnte eine risikoorientierte Preisgestaltung, letztlich also eine Risikooptimierung, umgesetzt werden. Im Zuge dieser Umstellung wurde zudem eine fallabschließende Bearbeitung im Markt durch nur einen Mitarbeiter etabliert. Auf diese Weise konnte der Abwicklungsprozess signifikant vereinfacht und die Fehlerquote erheblich gesenkt werden.

Preisgestaltung: Das im System integrierte Scoringverfahren ermöglichte eine differenzierte Preisgestaltung. Mit der Umsetzung der risikoorientierten Preisgestaltung wurde ein neues Zinstableau auf Basis von Effektivzinsen entwickelt. Für 18 verschiedene Bonitätsklassen wurden je Laufzeitjahr unterschiedliche Konditionen festgelegt. Dadurch konnten vor allem bei guten Bonitäten attraktive Preise angeboten werden. Vertriebssteuerung: Für den Verkauf wurden anspruchsvolle Ziele definiert, die ins Zielsystem der Kreissparkasse integriert wurden. Ein regelmäßiges Reporting an die Führungskräfte unterstützt den Verkauf zusätzlich.

Zweistufiges Mailing

Der neu gestaltete Sparkassen-Privatkredit wurde in der Folgezeit durch speziell konzipierte Verkaufskampagnen im Markt etabliert. Nachdem das Produkt in einem Testmarkt erfolgreich platziert werden konnte, folgte ab Mai 2007 eine zentrale Schwerpunktkampagne, die in weiter entwickelter Form auch 2008 durchgeführt wurde und für 2009 geplant ist.

Als besonders erfolgreich erwiesen sich Mailings, bei denen Kunden zweimal mit unterschiedlich gestalteten Flyern angeschrieben wurden. Eines der Mailings enthielt ein Post-It und einen "Wunschfüller", die in puncto Aufmerksamkeit bei der Zielgruppe ihre Wirkung nicht verfehlten.

In allen Fällen wurde zur Vereinbarung von Beratungsterminen ein Call-Center eingesetzt. Um einen erhöhten Aufmerksamkeitswert zu erzielen und Synergieeffekte zu nutzen, wurden die individuellen Maßnahmen mit den Aktivitäten der Spar -kassen-Gemeinschaftswerbung synchronisiert.

Um die Identifikation der Mitarbeiter mit dem neuen Produktangebot zu erhöhen und den aktiven Verkauf zu forcieren, wurde auch eine "interne Kampagne" durchgeführt. Mit der Neugestaltung der Produkteigenschaften und der technischen Plattform für die Abwicklung waren nun die Voraussetzungen dafür gegeben. In einem umfangreichen Schulungsprogramm wurden die Mitarbeiter auf den Verkauf vorbereitet. Die Schulungen umfassten einerseits die technische Abwicklung, wo an praktischen Fallbeispielen gearbeitet wurde.

Auf der anderen Seite wurden speziell entwickelte verkäuferische Inhalte vermittelt, die von den Trainern und den Produktmanagern der Kreissparkasse konzipiert und gemeinsam trainiert wurden. Als übergeordneter Integrationsrahmen diente die strukturierte Beratung mit dem Finanz-Check, also der ganzheitliche Beratungsansatz.

Die Trainingsinhalte im Einzelnen waren: Grundlagen zum Sparkassen-Privatkredit, der Beratungsprozess im OS-Plus-Portal, Bearbeitung eines Beispielfalles, Absicherung Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit sowie typische Verkaufsansätze zum Spar-kassen-Privatkredit: Wie kann die Kundenansprache erfolgen? In welchen Bedarfssituationen ist der Sparkassen-Privatkredit das geeignete Produkt?

Alle Schulungen waren stark praxisorientiert und wurden, da sie kompakt gehalten waren (etwa vier Stunden), von den Mitarbeitern positiv angenommen. Ergänzt wurden diese Aktivitäten durch eine umfangreiche, aber umsetzungsorientierte Dokumentation aller verkaufsrelevanten Informationen im Intranet der Kreissparkasse. Erfreulich war, dass der Verkauf bereits direkt nach den Schulungen stark anzog.

Unmittelbar positive Auswirkungen auf Verkaufszahlen

Die von der Kreissparkasse Ludwigsburg ergriffenen Maßnahmen führten unmittelbar zu einer positiven Entwicklung der Verkaufszahlen. Im Jahr 2008 lag die Zahl der verkauften Privatkredite um 61 Prozent über der des Jahres 2006. Das durchschnittliche Kreditvolumen stieg im gleichen Zeitraum von 9 800 auf 11 000 Euro an. Bemerkenswert ist, dass dieser Erfolg ausschließlich über den Filialvertrieb erreicht wurde.

Noch beeindruckender war die qualitative Steigerung: Die Anbindung der Verträge mit Absicherung gegen Arbeitslosigkeit beziehungsweise Arbeitsunfähigkeit stieg um das 25-fache an (siehe Abbildung 2). Dieser Entwicklung entsprechend stiegen auch die Versicherungserträge deutlich von 165 000 Euro (2007) auf 717 000 Euro (2008) an.

Die steigende Verkaufstendenz hält an: In den ersten beiden Monaten des Jahres 2009 stieg die Zahl der verkauften Privatkredite um weitere 32 Prozent gegenüber dem Vorjahresergebnis; auch die Versicherungsanbindung konnte noch einmal erhöht werden. In 87 Prozent der Verkäufe war eine Restkreditversicherung enthalten, in mehr als 64 Prozent sogar eine Versicherung gegen Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit. Das heißt das Cross-Selling konnte beachtlich gesteigert werden.

Der bisherige Erfolg zeigt, dass sich die Sparkassen trotz hohen Wettbewerbsdrucks durch Direktbanken und Absatzfinanzierer auch im Bereich des Privatkredits erfolgreich am Markt etablieren und weitere Ertragspotenziale erschließen können. Um auch in Zukunft eine positive Entwicklung sicherzustellen, arbeitet die Kreissparkasse ständig an der Weiterentwicklung des Produktes. Im laufenden Jahr stehen drei wichtige Neuerungen zur Umsetzung an: Der Sparkassen-Privatkredit wird leicht modifiziert als Modernisierungskredit und außerdem als Online-Variante - für den Kunden fallabschließend - über das Internet angeboten werden.

Im Bereich der Vertriebskanäle wird außerdem der POS-Händlerkanal für Kfz-Finanzierungen und Wohnungseinrichtungen pilotiert. Damit steht eine weiter verbreiterte Absatzplattform zur Verfügung.

Bestandsscoring einführen

Zur Weiterentwicklung der Risikosteuerung wird das Bestandsscoring eingeführt. Um die Aussagekraft der Bonitätsbeurteilung eines Bestandskunden zu erhöhen, werden hierbei alle über einen Kunden verfügbaren Informationen herangezogen. Der Ergebniswert des Bestandsscoring, das eine zentrale, automatisiert laufende Anwendung ist, wird über zwei Stufen aus einzelnen Scorewerten (zum Beispiel Girokonto, Baufinanzierung) zu einem Kundenscore aggregiert.

Was bleibt der Sparkasse im Wettbewerb mit Absatzfinanzierern und Direktbanken? Aus Sicht der Kreissparkasse Ludwigsburg bleiben ein enormes Absatzpotenzial und ein ebenso großer Vor sprung gegenüber den Wettbewerbern durch hervorragend ausgebildete Berater, faire Produkt- und Preisgestaltung, exzellente Partner und ein nicht kopierbares Vertriebsnetz. Die starke Marke "Kreisspar kasse" beweist sich auch beim Privatkredit als hervorragende Basis für Ver kaufserfolge - wenn Produkt und Preis stimmen.

Dr. Heinz-Werner Schulte , Vorsitzender des Vorstands , Kreissparkasse Ludwigsburg, Ludwigsburg
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