Titel: Wettbewerb im Retail

Die Entwicklung der Marke Postbank volle Segel voraus

"Volle Segel voraus." Diese Illustration mit Hilfe des Markensymbols steht gleichsam als Metapher für die Marktentwicklung der Postbank in den vergangenen Jahren dieser Dekade.

Die bewusste Retrospektive der Markenentwicklung der Postbank setzt natürlich viel früher an. Sie beginnt, als 1990 mit der ersten Stufe der Postreform der Übergang von der guten, alten Postsparkasse zur Postbank eingeleitet wurde.

Nun bedeutet ein solcher Schritt nicht zwangsläufig auch, dass sich die Wahrnehmung der Öffentlichkeit quasi per Knopfdruck verändern lässt. So stand der formale Namenswechsel in einem krassen Gegensatz zu dem, wie die Postbank von ihren Kunden beziehungsweise der Bevölkerung erlebt wurde. Etwas despektierlich formuliert stand das "b" eher für brav, beamtenhaft und beschränkt (letzteres zu verstehen im Sinne des Leistungsangebots).

Wahrnehmungsproblem in den neunziger Jahren

Es existierte bis weit in die neunziger Jahre ein fundamentales Wahrnehmungsphänomen; im Prinzip kannte jeder die Postbank - aber nur wenn man der Erinnerung der Menschen nachgeholfen hatte. Auf die spontane Frage: "Welche Geldinstitute sind Ihnen dem Namen nach bekannt?" nannten 1992 nur sechs Prozent der Bevölkerung die Postbank 1).

Die Postbank wurde noch Mitte der neunziger Jahre als - wenn auch nicht real existierender, so doch empfundener - Appendix der Post angesehen. Das heißt eine Bank, die nur "so tut als ob", aber nicht vergleichbar war mit den klassischen Banken und Sparkassen im Privatkundengeschäft.

An Bemühungen diese Situation zu verbessern, hat es zu diesem Zeitpunkt nicht gemangelt. Doch es gab auch Störfeuer. So hatte die Konkurrenz noch 1995 versucht, den Einstieg der Postbank in das Aktivgeschäft zu verhindern. Mit der zweiten Stufe der Postreform wurde jedoch diese Hürde gemeistert. Die Postbank konnte die Vollbanklizenz erwerben und somit als gleichwertiger Wettbewerber im Bankenmarkt auftreten.

Nur hieß das noch lange nicht, dass sich in einem mit starken Bankmarken dicht besetzen Wettbewerbsumfeld die unternehmenspolitischen und kommunikationsstrategischen Bemühungen der Postbank auch erfolgreich im Markt widerspiegeln müssten.

Wenig Verbesserung nach der Postreform

So betrug die spontane Markenbekanntheit der Postbank 1998 immer noch nur acht Prozent während die gestützte Markenbekanntheit respektable 90 Prozent ausmachte. Das Motto "ach ja, die gibt es ja auch noch" stellte sich weiterhin als eine schwere Hypothek für die Markenführung dar.

Wie konnte die Postbank diese "battle of perception" gewinnen - in einem so gut wie verteilten Markt mit einem starken Bankenestablishment?

Ende der neunziger Jahre wurden die entscheidenden, unternehmensstrategischen Weichen für eine adäquate Wahrnehmung der Postbank gestellt. Aus der Sicht des Verfassers sind es unter anderem drei Faktoren die die Postbank - neben der ING-Diba - zum dynamischsten Player im deutschen Privatkundengeschäft der letzten Jahre machten.

Natürlich war es zunächst der konsequente Ausbau der Produktpalette, die die Postbank als Vollsortimenter sowohl im Passiv- als auch im Aktivgeschäft auswies.

Doch entscheidender war der Schritt vom bloßen Produkt hin zum Kommunikationswettbewerb, denn nur, wer in der Kommunikation erfolgreich ist, ist auch mit seinen Produkten erfolgreich. Diese Erkenntnis hatte sich zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht in der deutschen Finanzwirtschaft etabliert.

Die Postbank gehört jedoch seit Jahren zu den Big Spendern in der klassischen Breitenkommunikation, wobei diese sich allerdings dadurch auszeichnet, dass sie - jenseits unverbindlicher, generischer Imagekampagnen - konsequent und kontinuierlich eine Produktkommunikation betrieb, die den Kunden und potenziellen Kunden konkrete Vorteile anbot.

Parallel dazu wurde ab dem Jahr 2000 das Multikanalprinzip als markenstrategischer "reason why" der Postbank propagiert. Der Slogan "Alle Wege, eine Bank" schaffte somit eine Differenzierungskomponente, die der Postbank zunehmend zu einem eigenständigen Marktauftritt verhalf. Der aktuelle Werbespot "Die Mehrbank" illustriert auf selbstbewusste Weise, mit welchem Anspruch die Postbank heute operiert.

Erfolgreicher Börsengang verbessert das Markenbild

Natürlich halfen auch der erfolgreiche Börsengang 2003 und die Aufnahme in den DAX in 2006, das Bild der Postbank von einem eher defensiven Marktteilnehmer, zu einer offensiven und erfolgreichen Marktgröße zu verändern.

Eine weitere Phase betraf den Aufbau der Vermögensberatung, die die Postbank weg vom bloßen Supplier von Standardleistungen hin zu einem kompetenten Partner auch im qualifizierten Passivgeschäft positionierte. Mit der Übernahme des BHW und dessen Markenkompetenz in der Baufinanzierung sowie der damit verbundenen deutlichen Aufrüstung des mobilen Vertriebs, konnte das Ziel, dem Kunden individuelle Problemlösungen sowohl im Liquiditäts-, Vermögens, - als auch Vorsorgemanagement anzubieten, weiter vorangetrieben werden.

Emanzipation von der Post steigert Wahrnehmung der Kompetenz

Gleichzeitig setzte sich die Emanzipation von der Post weiter fort. Während noch in den neunziger Jahren die Postbank überwiegend als Abteilung der Post angesehen wurde, waren schon 2004 zwei Drittel der Bevölkerung der Meinung, die Postbank ist ein eigenständiges, von der Post unabhängig geführtes Geldinstitut. Mit der wachsenden Emanzipation wuchs gleichzeitig die Kompetenzwahrnehmung sowohl aus Experten- als auch Kundensicht.

Rekapituliert man die letzten Jahre, ist das Resultat im Markenbildungsprozess sehr bemerkenswert. Starke Marken kennzeichnet eine starke Kommunikation. Dies bezieht sich nicht nur auf eine differenzierende, inhaltliche Aussage, sondern auch auf die Größe der Trommel die man zu schlagen bereit ist.

Wenn man eine Marktführerrolle beansprucht, muss man auch Kommunikationsführer sein. Nur mit viel Werbedruck und einer differenzierenden Botschaft kommt man in die Köpfe der Menschen. So sind zwei Effieauszeichnungen für besonders verkaufsstarke Werbung innerhalb der letzten vier Jahre ein "schlagender" Beweis für die erfolgreiche Kommunikation der Postbank.

Spontane Markenbekanntheit vervierfacht

Mindestens genauso bemerkenswert ist aber auch die Stärkung der Markensubstanz. So hat sich die spontane Markenbekanntheit seit Anfang der neunziger Jahre auf aktuell 26 Prozent vervierfacht, ein aufschlussreicher Beleg mit welcher Dynamik der Markenbildungsprozess vorangetrieben werden konnte. Allerdings ist der Zuwachs an Markenbekanntheit allein noch kein Beweis für das Maß der wirklichen Markenstärke.

Eisbergmodell zeigt positives Markenguthaben

Doch hier helfen wieder die Methoden der Marktforschung, Entwicklungen in der Brand Equity, also des Markenwerts aufzuzeigen. Die Analyse der im Eisbergmodell von Icon Added Value beschriebenen Markenerfolgsfaktoren unterstreicht, welche respektable Markenposition die Postbank heute sowohl in der Markenikonographie als auch im Markenguthaben einnimmt.

Das Eisbergmodell charakterisiert die Stärke einer Marke auf Basis zentraler Markenerfolgsfaktoren. Es wurde zur Bemessung des qualitativen Markenwertes für alle wichtigen deutschen Banken eingesetzt und erlaubt somit einen differenzierten Ausweis über die Stärken und Schwächen der jeweiligen Bankmarken.

In der Mitte der Darstellung sind als arithmetisches Mittel die Referenzdaten für alle im Privatkundengeschäft operierenden Geldinstitute ausgewiesen. Abweichungen rechts von der jeweiligen Referenzposition bringen bessere, dagegen links davon schlechtere Bewertungen zum Ausdruck.

Gemeinsame Identität mit der Post entwickelt sich zum Vorteil

Das hier vermittelte Bild der Postbank ist eindeutig. Bei den drei Bewertungspositionen: Kommunikationsstärke, Uniqueness und Markenloyalität ergeben sich signifikant positive Abweichungen zum Referenzwert. Aber auch mit den Sympathie- und Vertrauenswerten kann die Postbank punkten.

Marke ist relevante Differenzierung im Markt, die glaubwürdig vertreten ist. Das heißt der wirtschaftliche Erfolg der Postbank findet also auch seine Entsprechung im Markenerfolg. Hervorzuheben ist insbesondere auch, dass sich die vormals als Bürde empfundene Abhängigkeit von der Post offenbar zunehmend als Vorteil erweist. Die vollzogene Ablösung von der Post bei gleichzeitiger Betonung der gemeinsamen Identität ist die Plattform für einen differenzierenden Marktauftritt.

Mit der Übernahme von 850 großen Postfilialen verschaffte sich die Postbank einen Filialtypus, der sich auch loslöste vom bloßen Verkauf von Finanzdienstleistungen, sondern mit einer erweiterten Angebotsstruktur wie den Postdiensten, dem Verkauf von Mobilfunk- und Stromtarifen und anderem sind zusätzliche Frequenzbringer im Einsatz, die die Voraussetzung für das so wichtige Cross-Selling auch am Point of Sale ist. Eigenständiges

Markenbild geschaffen

Insofern schließt die aktuelle Bewertung der Markenposition der Postbank mit dem Fazit, dass es mit einer konsequenten Marken- und Kommunikationsstrategie erreicht wurde, ein absolut eigenständiges Markenbild sowohl gegenüber den Sparkassen und Genossenschaftsbanken, als auch den Großbanken und den Direktbanken zu schaffen.

Die Marktbedingungen im Privatkundengeschäft werden in Zukunft zweifellos härter. Der Übergang zum Verdrängungswettbewerb ist bereits vollzogen. Die Winde werden sich häufiger drehen. Es wird deshalb spannend sein zu verfolgen, welches Segel die Postbank in Zukunft setzen wird. Denn nicht der Wind sondern das Segel bestimmt die Richtung.

Fußnote: Quelle: Postbank Marktforschung

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