Leitartikel

Bescheidene Zukunft für "Assurbank"

sb - Die Trennung der Allianz von der Dresdner Bank kann in mancher Hinsicht als Scheitern des Konzepts der Bankassurance gewertet werden. Tot ist die Verbindung von Versicherungs- und Bankgeschäft damit gleichwohl nicht, auch nicht für die Allianz selbst. Denn wenn auch die Dresdner den Münchnern wenig Freude bereitete. Im Privatkundengeschäft hat die wechselseitige Nutzung der Vertriebswege recht gut funktioniert. Das galt nicht nur für die klassische Bankassurance, sondern auch für den "Assurbank" genannten Verkauf von Bankprodukten über die Versicherungsagenturen, die teilweise mit SB-Geräten regelrecht zu Mini-Filialen ausgebaut wurden. Immerhin rund eine Million Kunden haben die Allianz-Agenten laut offiziellen Zahlen so an die Dresdner Bank vermittelt. Diese Klientel war stets eine besondere. Zwar konnte sie die Infrastruktur der Bank nutzen, Ansprechpartner bei Problemen blieben indessen die Versicherungsagenturen. Beim Verkauf an die Commerzbank wurde deshalb klargestellt: Hier handelt es sich eher um Allianz- als um Dresdner-Bank-Kunden. Also sollten diese Kundenbeziehungen auf eine neue Allianz-Bank (als Zweigstelle der konzerneigenen OLB) übergehen. Deren Start war ursprünglich Ende März vorgesehen. Doch nur drei Wochen vor dem geplanten Termin wurde der Markteintritt auf den 2. Juni 2009 verschoben, weil man sich für ein verändertes Vorgehen entschieden hatte. Anstatt ungefragt in die neue Bank übergeleitet zu werden, wurden ab Mitte April alle Kunden einzeln angeschrieben und um ihre Einwilligung ersucht. Diese Änderung des Verfahrens wird als Nachbesserung im Sinne nachhaltiger und ausbaufähiger Kundenbeziehungen verstanden, die das Risiko einer hohen Kundenfluktuation nach Marktstart oder eines großen Anteils inaktiver Konten reduziert.

Das Werben um die zu transferierenden Kunden fand indessen unter erschwerten Bedingungen statt. Zum einen ist das neue Konzept, das vom Ansatz her ausdrücklich nicht mit normalen Banken konkurrieren soll, noch wenig greifbar. Anlaufstelle sind neben den rund 130 Bankagenturen vor allem die 10 000 Allianz-Vertreter. Am ehesten gleicht das Modell somit dem Ansatz der freien Finanzvermittler, allerdings ohne deren Anspruch anbieterneutraler Beratung, dafür mit angeschlossener Direktbank. Zweifellos eignet sich dieses Konzept nicht für jeden - und es ist erklärungsbedürftig. Eben dafür aber war aufgrund des nachträglich geänderten Verfahrens die Zeit knapp. Aus technischen Gründen musste die Überleitung der wechselwilligen Kunden vor der formaljuristischen Verschmelzung der Dresdner Bank auf die Commerzbank am 11. Mai abgeschlossen sein. Vom Zeitpunkt des Mailings an blieben dafür nur rund vier Wochen.

Dass das Vorgehen prompt ein negatives Medienecho auslöste, konnte kaum ausbleiben. Kritisiert wurden unter anderem die knappe Bedenkzeit für solche Wechselbereite, die sich Treueprämien und Vorzugskonditionen sichern wollten, sowie die mangelnde Auskunftsfähigkeit der Hotline auf Fragen nicht zuletzt zum Auslaufen der bisherigen Dresdner-Bank-Visa-Tankkarte, die die Bank nur an Kfz-Versicherte der Allianz ausgegeben hatte. Solche Probleme mögen dem Zeitdruck geschuldet sein. Unglücklich sind sie gleichwohl - und vermitteln nicht unbedingt das Vertrauen, mit dem die Allianz-Bank auf der neuen Website wirbt. Ganz so kläglich wie verschiedentlich kolportiert wird die neue Bank dennoch sicher nicht in den Markt gehen. Die von Welt Online genannte Zahl von 50 000 Kunden werde weit übertroffen, heißt es aus München, wenn auch Zahlen über die Konversionsrate des Mailings bei Redaktionsschluss noch nicht vorlagen. Wichtiger als dies wird ohnedies künftig die Neukundengewinnung sein. Schließlich macht es einen Unterschied, ob die Versicherungsagenturen einer Filialbank ein "Zubrot" bescheren oder den wichtigsten Vertriebsweg einer neuen Bank darstellen. Wie groß das Marktpotenzial für eine solche "Assurbank" ist, wird sich erst zeigen müssen. Die Zielgruppe scheint jedenfalls eine recht spezielle zu sein: eine Schnittmenge aus der Klientel der freien Finanzvermittler, der klassischen Filialbank- und Direktbankkunden. Dies mag eine ordentliche Nische sein, aber vielleicht auch nicht viel mehr.

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