Ausländer als Wettbewerber und Kunden

Bausparen auf Türkisch

Unsere Gesellschaft hat sich längst zu einer multikulturellen Einwanderungsgesellschaft entwickelt. Etwa ein Fünftel der in Deutschland lebenden Menschen sind zugewandert oder Nachkommen von Zuwanderern. Davon haben allein 2,7 Millionen Verbraucher ihre familiären Wurzeln in der Türkei. Die Kaufkraft dieser Kunden im konsumfreundlichen Durchschnittsalter von knapp 35 Jahren berechnen Experten mit einem zweistelligen Milliardenbetrag.

Ohne Zweifel ist es eine Zielgruppe mit Zukunft. Denn die Zahl der Migranten in Deutschland wird nach offiziellen Hochrechnungen in den kommenden Jahren weiter wachsen, die der Gesamtbevölkerung dagegen stagnieren oder sinken. Es wäre also ein Kardinalfehler, wenn Unternehmen diese Zielgruppe in ihrer Marktkommunikation ausblenden.

Möchten Unternehmen um diese Kundengruppe werben, müssen in Kommunikation und Beratung die unterschiedlichen ethnischen Hintergründe berücksichtigt werden. Damit vermeiden Unternehmen nicht nur das Risiko, durch mangelnde Sensibilität Sympathien zu verspielen. Wichtig ist vor allem, dass die Kunden merken: Dieses Unternehmen geht auf uns zu. Interkulturelle Kompetenz wird zum mitentscheidenden Wettbewerbsfaktor um Kunden, aber auch um Mitarbeiter.

Die ersten Migranten kamen in den fünfziger Jahren mit dem vorrangigen Ziel nach Deutschland, genügend Geld für einen sorgenfreien Ruhestand in ihrem Heimatland zu verdienen. Sie legten ihr gut verdientes Geld vorwiegend in Häuser und Wohnungen in ihren Heimatländern an. Doch es kam anders. Vor allem die "türkischen Gastarbeiter" wurden heimisch und holten ihre Familien nach. Inzwischen wohnen Kinder und Enkelkinder hier. Deshalb ver bringen viele Migranten der ersten Stunde den Großteil des Jahres in Deutschland.

Gleiche Ziele, aber ungleiche Möglichkeiten

Die türkeistämmigen Mitbürger arbeiten ehrgeizig für ihre Ziele. Sie sparen ebenso konsequent für ihre Konsumwünsche wie die deutsche Bevölkerung. Was die Altersvor sorge anbetrifft, gibt es jedoch Unterschiede zur einheimischen Bevölkerung. Denn türkische Migranten sind im besonderen Maße von der "Rentenlücke" betroffen.

Aufgrund von geringeren Beiträgen, Ausfallzeiten und Frühverrentungen wegen körperlich strapazierender Tätigkeiten ist von einem unterdurchschnittlichen Rentenniveau auszugehen.

Zudem stehen angesichts unterdurchschnittlicher Einkommen oft weniger freie Mittel für die private Vorsorge zur Verfügung.

Die bisher einmalige Untersuchung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) zeigt, dass die Ängste berechtigt sind. Viele hoffen, dass sie die Rentenlücke durch günstigere Lebenshaltung in der Türkei schließen können. Doch immer mehr planen ihren Lebensabend in Deutschland. Somit steht diese Zielgruppe vor der Herausforderung, geringeres Sparpotenzial und die Dringlichkeit privater Vorsorge in Einklang zu bringen. Vor allem die erste Generation ist sich der bevorstehenden Versorgungslücke bewusst und zeigt ein ausgeprägtes Problembewusstsein. 85 Prozent glauben, dass der Lebensstandard durch die gesetzliche Rente nicht oder nur mit Einschränkungen erhalten werden kann. Damit wird das Thema private Altersvorsorge nicht nur zwangsläufig wichtig, sondern ist dringend notwendig. Während die Älteren dem Thema private Altersvorsorge mit einer besonders hohen Verantwortung begegnen, sind jüngere Menschen und vor allem Frauen schlecht versorgt und informiert.

Verständliche Beratung auf Augenhöhe hat Schlüsselfunktion

Die BKM - Bausparkasse Mainz hat sich bereits frühzeitig der Tatsache gestellt, dass immer mehr Türken nicht in ihr Heimatland zurückkehren wollen und somit der Bedarf an privaten Altersvorsorgelösungen in dieser Zielgruppe zunimmt. Geldanlagen und die Investitionen in Altersvorsorge sind für die Türkeistämmigen (wie auch für die Deutschen) in hohem Maße Vertrauenssache, und die Herstellung von Vertrauen setzt in gewissem Umfang ähnliche Erfahrungshintergründe voraus.

Wenn es um das Thema Altersvorsorge geht, wünschen sich daher die meisten konkrete Anlaufstellen mit Angeboten in türkischer Sprache. Deshalb ist es konsequent und richtig, türkische Mitarbeiter damit zu beauftragen, türkische Kundenkreise in deren Landessprache und mit Kenntnis ihrer Gebräuche sowie ihrer Kultur anzusprechen. Denn eine verständliche Beratung bietet Entscheidungssicherheit und gewährleistet eine individuelle Altersvorsorge, die auch mit den Lebensentwürfen der Zielgruppe übereinstimmt.

Die BKM - Bausparkasse Mainz bietet deshalb seit 25 Jahren eine eigene Vertriebsorganisation für in Deutschland lebende Migrantenfamilien an. Seitdem werden türkischsprachige Kunden, aber auch Menschen anderer südeuropäischer Herkunft in ihrer Landessprache zu Bausparverträgen und anderen Finanzdienstleistungen beraten. Hierfür beschäftigt die BKM über 100 hauptberuflich und mehrere Hundert nebenberuflich tätige Außendienstmitarbeiter mit selbigem Migrationshintergrund.

Insgesamt ist die Beratung viel gefühlsbetonter angelegt. Oft wird zunächst ausführlich über Privates gesprochen. Zum gelungenen Gesprächseinstieg gehört es daher auch zu wissen, was sich gerade in der ersten türkischen Fußball-Liga und in den türkischen Daily Soaps tut, die auch in Deutschland gesehen werden. Erst dann folgt das Geschäft.

Immobilie ist Vorsorgeziel Nr. 1

Ganz oben auf der Hitliste der Vorsorgeziele der türkeistämmigen Bevölkerung steht die eigene Immobilie. Eine aktuelle Studie der Stiftung Zentrum für Türkeistudien bestätigt diesen Trend und zeigt, dass die Bildung von Wohneigentum durch Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland in den letzten Jahren deutlich zunahm. Dies liegt vor allem an der hohen Sicherheitsorientierung. Alles, was mit Wertpapieren zu tun hat, kommt speziell bei der ersten Generation nicht in Frage, schließlich hat man das Geld nicht leicht verdient. Besonders ausgeprägt ist der Wunsch nach den eigenen vier Wänden auch bei Migranten im Alter von 20 bis 29 Jahren. Hier möchten sich rund 85 Prozent den Traum vom Haus verwirklichen. Schließlich ist der Erwerb von Wohneigentum ein verlässlicher Weg zur sicheren Altersvorsorge.

Bausparen ist beliebt

In der türkischen Community hat sich das Bausparen als ideales Vorsorgeangebot bewährt. Und obwohl es das Wort Bausparen im Türkischen nicht gibt, kennt das Prinzip jeder. Die Kombination aus monatlichen Sparbeträgen und staatlicher Förderung mit dem späteren Anspruch auf eine zinsgünstige Baufinanzierung macht das Produkt vor allem für die türkischen Kunden der mittleren und unteren Einkommen attraktiv.

Im Gesamtbestand der BKM-Kunden nehmen die Kunden mit Migrationshintergrund einen Anteil von 20 Prozent ein und sind damit ein wichtiger Bestandteil der Bauspargemeinschaft. Religiöse Orientierungen sind in der Praxis keine Hindernisse. Streng genommen dürfen gläubige Muslime Zinsen weder verlangen noch annehmen. Doch Zinsen fallen in der Ansparphase eines Bausparvertrages notwendigerweise an. Sollte es doch Anfragen nach scharia-konformen Bausparverträgen geben, können die Zinsen aus der Ansparphase für wohltätige Zwecke gespendet werden.

Bei der Finanzierung der eigenen Immobilie zeigen sich türkische Baufinanzierungskunden äußerst diszipliniert und zielorientiert. Zudem ist der Zusammenhalt inner halb türkischer Familien groß. Schafft man die notwendigen 20 Prozent Eigenkapital für eine Immobilienfinanzierung nicht aus eigener Kraft, wird das Geld in der Verwandtschaft zusammengetragen. Zudem werden meist kürzere Darlehen bevorzugt und auch schneller zurückgezahlt. Ausfälle bei der Darlehensrückführung sind gering. Gerät ein Familienmitglied unvorhergesehen durch Arbeitslosigkeit, Unfall oder Scheidung in eine Problemlage, springt die Familie ein. Man hilft sich einfach.

In der Vergangenheit erwarben viele türkischstämmige Migranten sanierungsbedürftige Altbauwohnungen beziehungsweise -häuser in den Städten - im Gegensatz zu deutschen Baufinanzierungskunden, die Wohneigentum im Grünen favorisieren. Die Wohnlage ist vor allem wegen der intakten Infrastruktur mit Lebensmittelläden, Moscheen und auch Ärzten beliebt. Außerdem haben in den Städten Ein- bis Zweifamilienhäuser meist noch große Grundstücke mit Gärten. Neben potenziellen Möglichkeiten für Ausbauten versprechen diese Spielflächen für Kinder. Mehrfamilienhäuser sind ebenfalls begehrt, da hier mehrere Generationen wohnen können. Aufgrund ihres Zustandes konnten die sanierungsbedürftigen Objekte in guter Lage zu erschwinglichen Preisen erworben werden. Um die notwendigen Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen finanziell zu stemmen, setzte vor allem die erste Generation auf Eigenleistung.

Trend zu Neubauten

Die jüngere Generation favorisiert vor allem Neubauten. Wird doch eine sanierungsbedürftige Gebrauchtimmobilie erworben, kalkuliert diese Zielgruppe die notwendigen Investitionen beim Finanzierungsbedarf ein. Sowohl die jüngere als auch die ältere Generation bildet finanzielle Rücklagen, um die Wertstabilität der Immobilie zu erhalten. Auch hier wird das Bausparkonto zum Aufbau des notwendigen Finanzpolster genutzt.

In der türkischstämmigen Bevölkerung setzt sich zudem ein weiterer wichtiger Trend durch: der altersgerechte Umbau der eigenen Immobilie. Dies wird vor allem dann wichtig, wenn Kinder ihre Eltern in den eigenen vier Wänden pflegen möchten. Aufgrund der Familienstruktur und dem Zusammenleben in einem Mehrgenerationenhaus werden hierfür weitere Finanzierungsmittel benötigt. Denn in türkischen Familien gilt noch das Prinzip: Die Jungen sorgen für die Alten. Um die notwendigen Maßnahmen zu finanzieren, wird auch in diesem Fall auf das systematische Sparen mit einem Bausparvertrag gesetzt.

Wohn-Riester zeigt Potenzial

Neben dem Bausparen bietet auch Wohn-Riester, also die Eigenheim-Rente, für die Zielgruppe einen interessanten Weg in die eigenen vier Wände. Allerdings ist die Ei-genheim-Rente mit ihren zahlreichen Vorteilen in der deutsch-türkischen Zielgruppe wenig präsent. Dabei ist diese Riester-Variante aufgrund der Familienstrukturen in dieser Bevölkerungsgruppe im besonderen Maße interessant.

Bislang haben vor allem deutsche Verbraucher das Produkt für sich entdeckt. Mit 25,7 Prozent liegt es auf Platz 2 der beliebtesten Riester-Möglichkeiten. Die Wahlfreiheit zwischen steinerner Rente und monatlicher Rentenzahlung erscheint vor allem für Kunden mit transnationalen Lebensentwürfen unattraktiv. Für sie ist die Auszahlungsfähigkeit der Altersvorsorge in der Türkei ein wichtiges Abschlusskriterium. So wäre die Möglichkeit zum Bezug der vollen Riester-Rente im Ausland ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Vorsorge in der türkischen Community. Mit einer weiteren Überarbeitung der Förderrichtlinien könnte das Produkt daher auch für diese Zielgruppe an Attraktivität gewinnen.

Die Gründungsidee der BKM - Bausparkasse Mainz, möglichst vielen Menschen die Realisierung des Traums vom Eigenheim zu verwirklichen, gilt unabhängig davon, ob der Kunde ausländische Wurzeln hat oder nicht. Integration bedeutet schließlich auch, Menschen mit Migrationshintergrund den Traum vom sorglosen Ruhestand in der eigenen Immobilie zu ermöglichen. Dies bedingt eine interkulturelle Unternehmenskultur, aus deren Handeln heraus sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit entwickelt, die von allen Beteiligten geschätzt und getragen wird. Davon profitieren Gesellschaft, Unternehmen, Kunden und Mitarbeiter gleichermaßen.

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