Vergütung

Bankgehälter in der Krise - ein Ländervergleich

Bei den aktuellen Diskussionen über die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Vergütungselemente im Finanz- und Dienstleistungssektor stehen die jährlichen Bonuszahlungen im Fokus des Interesses. Nun gibt es erste belastbare Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung im Jahre 2010, die sich auch in der Vergütung niederschlagen sollte. Doch die bisherige empirische Evidenz ist rar. Der vorliegende Beitrag analysiert die Auswirkungen der Finanzkrise für die Vergütung im Finanzdienstleistungssektor des deutschsprachigen Raumes. Datengrundlage ist die Financial Services Compensation Survey der Unternehmensberatung Towers Watson (ehemals Towers Perrin), die Individualdaten von Beschäftigten aus einer Vielzahl von in- und ausländischen Instituten des jeweiligen nationalen Banken- und Finanzdienstleistungssektors enthält.

Deutschland: Mehr als die Hälfte verdiente 2009 gleich viel oder weniger

Für Deutschland liegen Informationen von jährlich mehr als 120 000 Beschäftigten, für die Schweiz von etwa 50 000 bis 70000 und für Österreich von zirka 20000 Beschäftigten vor. Die Datenauswertung erfolgte in Kooperation mit dem Seminar für Personalwirtschaftslehre der Universität zu Köln.

Für Deutschland zeigen sich erhebliche Auswirkungen der Finanzkrise auf die Grundgehälter. Zwar stiegen die individuellen Grundgehälter im Krisenjahr 2009 noch leicht an, doch liegt dieser Anstieg mit durchschnittlich 2,8 Prozent unterhalb der Steigerungsraten der vorherigen Jahre von durchschnittlich mehr als fünf Prozent.

Besonders deutlich wird dies auch am Absinken des Medians der Grundgehaltssteigerungen auf null Prozent, das heißt mehr als die Hälfte der betrachteten Beschäftigten im Finanzsektor konnte keine Gehaltserhöhungen erzielen oder musste sogar Abschläge hinnehmen.

Im Jahr 2010 hingegen ist eine Erholung erkennbar, da die individuellen Gehälter um durchschnittlich fünf Prozent stiegen (Median 1,8 Prozent). Dies wird gerade von den oberen Hierarchie- ebe-nen getrieben, wo die Zuwachsraten zwischen sechs Prozent und 14 Prozent liegen (Median drei Prozent bis zehn Prozent). In Österreich hingegen sind keine Auswirkungen der Finanzkrise auf die Gehaltssteigerungen erkennbar, da die individuellen Gehälter im Jahr 2009 um durchschnittlich 5,2 Prozent und in 2010 um 3,1 Prozent gestiegen sind. Auch sind die Wachstumsraten auf allen Ebenen sehr ähnlich.

Interessanterweise wirkt sich die Finanzkrise in Deutschland erst im Jahr 2010 negativ auf die Durchschnittsgehälter der untersten Ebene aus. Während diese im Jahr 2009 noch um zwei Prozent bis vier Prozent gestiegen sind, sinken die Gehälter der Einstiegsebene um durchschnittlich drei Prozent, was auf eine Verringerung der Einstiegsgehälter von Berufsanfängern schließen lässt. In Österreich hingegen ist ein Rückgang der Fixgehälter für Berufsanfänger um bis zu vier Prozent schon im Jahr 2009 zu erkennen, während im Jahr 2010 wieder ein leichtes Plus von rund zwei Prozent zu verzeichnen ist.

Weniger Bonusberechtigungen für Retailbanker

Der Anteil an überhaupt bonusberechtigten Angestellten im Banken- und Finanzdienstleistungssektor geht in Deutschland infolge der Krise auf 80 Prozent aller Angestellten im Jahr 2010 zurück, während dieser Wert in den Vorjahren bei rund 90 Prozent lag. Fast alle Angestellten auf den oberen Ebenen sind bonusberechtigt, aber auf den untersten Ebenen sind hohe Rückgange zu verzeichnen, die vor allem durch die Ser vice- und Querschnittsfunktionen sowie das Retailbanking getrieben werden. Die Bonusberechtigung in der Schweiz und Österreich hingegen bleibt auch in den Jahren 2009 und 2010 sehr hoch mit Werten von über 95 Prozent in der Schweiz und zirka 90 Prozent in Österreich.

Eine aufschlussreiche Kennzahl ist der Anteil der eigentlich bonusberechtigten Mitarbeiter, die auch tatsächlich eine positive Bonuszahlung erhalten haben. Im Zuge der Finanzkrise deutete es sich an, dass es innerhalb der Unternehmen massive Einschränkungen der Bonuspools geben werde oder Banken ihren eigentlich bonusberechtigten Mitarbeitern gar keine Boni auszahlen würden. In der Tat geht dieser Anteil in Deutschland und Österreich zurück, jedoch hat auch hier in der Krise nur eine Minderheit von Mitarbeitern gar keinen Bonus bekommen: Erhielten in den Jahren vor der Krise noch über 95 Prozent der bonusberechtigten Mitarbeiter tatsächlich einen positiven Bonus, so ist im Jahr 2009 ein Rückgang auf 87 bis 88 Prozent zu erkennen; eine Entwicklung, die alle Hierarchieebenen betrifft. Im Jahr 2010 ist nur eine leichte Erholung beobachtbar, da die Werte nur auf 89 bis 91 Prozent ansteigen. In der Schweiz hingegen liegt dieser Anteil konstant bei 94 bis 95 Prozent.

Interessanterweise wurden in Deutschland in den kapitalmarktnahen Bereichen Investment Banking und Treasury and Capital Markets in beiden Jahren überdurchschnittlich oft keine Boni ausgezahlt. Obwohl die Krise also für einige Angestellte in deutschen und österreichischen Banken in Gestalt von nicht ausgezahlten Boni bemerkbar ist, kann von einer vollständigen Streichung der Boni für eine breite Gruppe von Mitarbeitern nicht die Rede sein.

Drastischer Rückgang der Bonuszahlungen 2009 ...

Deutlich zeigen sich die Auswirkungen der Finanzkrise jedoch bei der Entwicklung der durchschnittlichen jährlichen Bonuszahlungen. Nach jährlichen Steigerungsraten zwischen fünf Prozent und 30 Prozent in den Vorjahren, ist im Jahr 2009 ein drastischer Rückgang in allen drei Ländern zu beobachten. Dieser liegt in Deutschland bei durchschnittlich 40 Prozent, in Österreich bei 33 Prozent und in der Schweiz bei 25 Prozent. Die manchmal in den Medien geäußerte Vermutung, dass Beschäftigte auf den untersten Ebenen von den Kürzungen besonders getroffen wurden, kann hier jedenfalls für Deutschland und die Schweiz nicht bestätigt werden. Im Gegenteil, der starke Rückgang der Boni wird vor allem von den höchsten Hierarchieebenen im Datensatz getrieben, denn mit zunehmender Hierarchieebene ist ein steigender prozentualer Rückgang zu erkennen (siehe Abbildung 1).

... vor allem auf den höheren Hierarchieebenen

So sinken die Bonuszahlungen bei deutschen Abteilungsleitern (Ebene 5) im Durchschnitt um rund 40 Prozent und bei Bereichsleitern (Ebene 6) sogar um über 50 Prozent, in der Schweiz um zirka 30 Prozent auf Ebene 5 und bei Bereichsleitern um mehr als 35 Prozent. Auf den untersten drei Ebenen hingegen fallen die Abschläge deutlich kleiner aus in Deutschland und der Schweiz. In Österreich zeigt sich ein etwas differenzierteres Bild, da auch auf den unteren Ebenen spürbare Verluste zu beobachten sind.

Doch die wirtschaftliche Erholung schlägt sich auch in den Bonuszahlungen nieder, die im Jahr 2010 ausgezahlt werden (siehe Abbildung 2). Die Steigerungsraten erreichen mit durchschnittlich 14 Prozent bis 23 Prozent in allen drei Ländern wieder Vorkrisenniveau.

Während aber in Deutschland und Österreich auf höheren Hierarchieebenen auch höhere Steigerungsraten zu finden sind, ist das Gegenteil in Schweizer Banken sichtbar. Hier wird die Steigerung der Bonuszahlungen fast komplett durch die unterste Ebene getrieben, denn die Bonuszahlungen auf den höchsten drei Ebenen liegen im Jahr 2010 nur durchschnittlich ein Prozent über Vorjahresniveau oder sogar darunter. Die Verluste der Schweizer Führungskräfte auf den oberen Ebenen fielen also in 2009 zwar geringer aus, bleiben aber persistenter als in Deutschland oder Österreich.

Die Analyse der Bonuszahlungen nach Funktionsfamilien zeigt, dass, wie auch in der Vergangenheit, in den Bereichen Asset Management, Investment Banking sowie Treasury and Capital Markets in allen Ländern die höchsten Boni gezahlt werden. Eine Auswirkung der Finanzkrise ist jedoch ein deutlicher Rückgang der Abstände zu den anderen Funktionsfamilien, wobei aber, auch innerhalb derselben Funktionsfamilien, teilweise unterschiedliche Entwicklungen in den untersuchten Ländern zu erkennen sind.

In Deutschland ist in den Bereichen Investment Banking und Treasury and Capital Markets ein Rückgang der Boni um bis zu 60 Prozent zu erkennen. Aber auch im Asset Management und Corporate Banking, wo in den Vorjahren noch hohe Wachstumsraten erzielt wurden, sanken die Boni im Jahr 2009 um durchschnittlich 45 bis 50 Prozent. In der Schweiz sind neben dem Investment (minus 57 Prozent) und Corporate Banking (minus 37 Prozent) vor allem die Bereiche Private- (minus 44 Prozent) und Retailbanking (minus 45 Prozent) durch die Krise getroffen. In Österreich liegen, analog zu den Auswertungen für die Hierarchieebenen, die Rückgänge in allen Bereichen in einem engeren Intervall.

Interessanterweise wirkt sich die wirtschaftliche Erholung selbst innerhalb der gleichen Funktionsfamilien unterschiedlich stark auf die Bonuszahlungen in den einzelnen Ländern aus, die im Jahr 2010 ausgezahlt wurden (siehe Abbildung 3). In den Bereichen Investment Banking und Treasury and Capital Markets sind die höchsten Steigerungsraten zu erkennen, mit Bonuszuwächsen um bis zu 100 Prozent (bis auf den Rückgang im Bereich Treasury and Capital Markets in der Schweiz).

Doch in Deutschland und der Schweiz erreichen die durchschnittlichen Boni in 2010 in keinem der Bereiche, die in 2009 hohe Verlust erlitten haben, wieder annähernd das Vorkrisenniveau. Auch im Private Banking sanken die Boni weiter oder stiegen nur marginal an. Im österreichischen Finanzsektor hingegen liegen die Boni in den kapitalmarktnahen Bereichen und im Private Banking in 2010 schon wieder (teils deutlich) über dem Niveau des Jahres 2008.

Beschäftigte im Tarifbereich bessergestellt als vor fünf Jahren

Nachdem die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Bonuszahlungen jeweils nach Hierarchieebenen und Funktionsfamilien analysiert worden sind, stellt sich nun die Frage, wie sich die Einkommenssituation der Beschäftigten im Langzeitvergleich entwickelt hat. Da die Vergütungsdaten für Deutschland bis ins Jahr 2005 und für die Schweiz bis ins Jahr 2006 zurück vorliegen, werden diese Jahre als Referenz gewählt, da damals noch keine Anzeichen einer drohenden, weltweiten Rezession und Finanzkrise zu erkennen waren.

Die Bonuszahlungen in Deutschland sind, relativ zum Referenzjahr 2005, in den Jahren vor der Finanzkrise kontinuierlich angewachsen, und zwar auf allen Hierarchieebenen. Im Jahr 2008 liegen die Boni auf den untersten Ebenen durchschnittlich zwischen 40 Prozent bis über 50 Prozent höher als im im Jahr 2005 und auf den mittleren Managementebenen zwischen 20 Prozent und 30 Prozent. Auf der höchsten Ebene im Datensatz ist ein Anstieg der Boni um bis zu 60 Prozent zu beobachten.

Eine Analyse der Auswirkungen der Finanzkrise im langfristigen Vergleich liefert sehr interessante Ergebnisse. Denn trotz der auf allen Ebenen zu verzeichnenden krisenbedingten Rückgänge der Boni in 2009 und der Erholung im Jahr 2010 sind die Beschäftigten auf den unteren Ebenen (im Tarifbereich) auch nach der Krise noch bessergestellt als fünf Jahre zuvor: ihre Boni liegen Ende 2010 im Durchschnitt immer noch zwischen elf Prozent und 30 Prozent höher als im Jahr 2005.

Das Gegenteil trifft auf die Beschäftigten auf den oberen Ebenen zu, deren Boni im Jahr 2010 immer noch zwischen zehn Prozent und 17 Prozent unterhalb der des Jahres 2005 liegen (im Jahr 2009 zwischen 20 Prozent und 25 Prozent). Ein analoges Resultat findet sich auch für Mitarbeiter im Schweizer Bankensektor.

Eine Analyse der längerfristigen Bonusveränderungen nach Funktionsfamilien Ende des Jahres 2010 zeigt für Deutschland, dass Beschäftigte in den Bereichen Treasury and Capital Markets, Corporate Banking und Retailbanking deutlich schlechter gestellt sind als im Referenzjahr 2005. Bedingt durch die überproportionalen Wachstumsraten im Jahr 2010 erreichen die Boni im Investmentbanking hingegen fast wieder das Niveau des Jahres 2005.

Eine weitere Auswirkung der Finanzkrise zeigt sich in der abnehmenden Spreizung in den Bonuszahlungen, sowohl zwischen wie auch teilweise innerhalb der Karrierestufen. In Deutschland und der Schweiz ist das Verhältnis der durchschnittlichen Bonuszahlungen zwischen höchster und niedrigster Ebene im Datensatz, welches in den Vorkrisenjahren in Deutschland bis auf das 45-fache angestiegen war, im Jahr 2010 auf das 30-fache zurückgegangen, in der Schweiz vom 55-fachen auf das 26-fache. Nur in Österreich scheint die Krise nur einen geringen Einfluss auf diese Art der Differenzierung zu haben, wie der moderate Rückgang vom 36-fachen auf das 33-fache zeigt.

Anteil der variablen Vergütung geht zurück

Verglichen mit anderen Branchen ist der Banken- und Finanzdienstleistungssektor in den vergangenen Jahren durch einen hohen Anteil der variablen Vergütung am Gesamtvergütungspaket der Mitarbeiter gekennzeichnet. Die sogenannte Bonus to Base Ratio, also das Verhältnis der kurzfristigen variablen Vergütung am Grundgehalt, stieg bis zum Jahre 2008 in Deutschland auf durchschnittlich 18 Prozent und in der Schweiz auf 23 Prozent, in Österreich jedoch lediglich auf acht Prozent. Besonders eindrucksvoll zeigt sich die gestiegene Bedeutung der variablen Vergütung am Grundgehalt auf den höchsten Hierarchieebenen. In Deutschland liegt die Bonus to Base Ratio auf Bereichsleiter-Ebene im Durchschnitt bei 75 Prozent (Median über 50 Prozent), in der Schweiz sogar bei 90 Prozent (Median über 80 Prozent). Mit weitem Abstand folgt Österreich, wo Boni durchschnittlich nur 26 Prozent des Grundgehaltes bei Bereichsleitern ausmachen. Doch auch auf den unteren Ebenen wird variable Vergütung über die Zeit hinweg bedeutender, hier liegen die Werte bei bis zu zehn Prozent.

Auch beim Anteil variabler Vergütung am Grundgehalt zeigt sich ein drastischer Rückgang im Jahr 2009 bedingt durch die Finanzkrise. Interessanterweise bleiben die Werte jedoch im Jahr 2010 überwiegend unverändert, das heißt hier ist noch keine Erholung sichtbar. Die Bonus to Base Ratio geht in Deutschland auf durchschnittlich zwölf Prozent, in der Schweiz auf 18 Prozent und in Österreich auf sechs Prozent zurück.

Auch hier ist zu erkennen, dass auf den unteren Ebenen nur moderate Rückgänge zu verzeichnen sind, während auf den höheren Ebenen der Anteil variabler Vergütung am Grundgehalt sehr stark abnimmt. Auf Bereichsleiterebene sinkt die Bonus to Base Ratio auf durchschnittlich 40 Prozent in deutschen (Median 34 Prozent), auf 49 Prozent in Schweizer (Median 43 Prozent) und auf 19 Prozent in österreichischen Banken und Finanzdienstleistungsinstitutionen.

Insgesamt zeigt die Analyse in allen drei Ländern spürbare Auswirkungen der Finanzkrise. Die Bonuszahlungen für das Jahr 2009 sind auf allen Ebenen und in allen Funktionsfamilien deutlich zurück gegangen. Insbesondere ist in Deutschland und der Schweiz eine deutliche Abnahme der Spreizung der Bonuszahlungen zwischen der höchsten und niedrigsten Hierarchieebene festzustellen.

Auch die einsetzende wirtschaftliche Erholung zeigt erste positive Auswirkungen auf die individuelle Vergütung der Mitarbeiter. Doch diese unterscheiden sich zwischen den Ländern sowie innerhalb der untersuchten Funktionsbereiche. Insbesondere bei den Bonuszahlungen sind die infolge der Finanzkrise erlittenen Verluste in vielen Bereichen noch nicht wieder aufgeholt worden.

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