Macht der Marke

Von anderen Branchen lernen: Blick über den Tellerrand

Sind Erfolgskonzepte anderer Branchen überhaupt auf den Bankenmarkt übertragbar? Die Unterschiede in der Vermarktung zwischen einem "fast moving consumer good" wie zum Beisiel dem Spontanartikel "Kaugummi" und der Anlage- oder Vermögensberatung einer Bank sind evident. Trotz dieser Unterschiedlichkeit sind die Gesetze für erfolgreiche Markenführung, effiziente Kommunikation Vertriebssteuerung zwischen den Märkten weitgehend identisch. Man könnte sogar den Vorwurf an die Bankenbranche richten, sie halte sich in ihrem Wesen für so eigenständig, dass sich Vergleiche mit anderen Branchen erübrigen und deshalb das Marketing ein noch weitgehend unterentwickeltes Eigenleben führt. Mit der Konsequenz, dass das Marketing-Know-how im Bankenmarkt dem der Markenartikler aus Industrie und Handel hinterher hinkt.

An dieser Einschätzung ist durchaus etwas Wahres. In seiner ursprünglichen Definition bedeutet Marketing, die Unterordnung aller betrieblichen Funktionen unter das Primat der Kundenorientierung. Vertrieb ist in diesem Sinne eine Funktion des Marketing und nicht umgekehrt. Das heißt auch nichts anderes, als dass die Funk tionen des Marketing in die Linie und nicht in den Stab gehören. Häufig genug ist das Marketing in der Finanzbranche eine Stabsfunktion - begrenzt auf die Verantwortlichkeit für Werbung und Verkaufsförderung.

Erfolgreich praktiziertes Marketing setzt also auch ein anderes Selbstverständnis voraus. An diesem eigentlichen Marketingselbstverständnis kann sich die Branche durchaus mehr orientieren. Ein Blick über den Tellerrand lohnt sich deshalb. Fünf Beispiele mögen als Illustration dienen, wo es Ansatzpunkte gibt, sich am Marketing-Best-Practise anderer Branchen zu orientieren.

1. Das Beispiel Marke und Kommunikation

Es ist unstrittig, dass der Bankenmarkt in seinem Bemühen, eine konsequente Markenpolitik und eine effiziente Kommunikation zu betreiben, in den letzten Jahren ein gutes Stück vorangekommen ist. Eine Bank als Marke zu bezeichnen ist heute kein Sakrileg mehr. Auch die Einsicht in die Notwendigkeit, wirksam zu werben, ist gestiegen, wie sich an der stetigen Zunahme der Werbeaufwendungen der Branche ablesen lässt. Trotzdem bleibt noch ein unbefriedigendes Gefühl, wenn man sich die Marken- und Werberperformance der Banken etwas näher anschaut. Was sich beispielsweise bisher nur rudimentär durchgesetzt hat, ist die Bedeutung des "monetären Markenwerts".

So ist bemerkenswert, dass unter den 100 wertvollsten Marken der Welt als einziger deutscher Finanzdienstleister mit einem Markenwert von 3,8 Milliarden US-Dollar an 80. Stelle nur die Allianz vertreten ist. Zwar gelingt der Citibank mit der Position Nummer elf eine Positionierung an vorderer Stelle des Markenwerts-Ranking, jedoch erreichen auch Merrill Lynch, JP Morgan, HSBC oder auch die UBS durchaus respektable Plätze im Mittelfeld. Es wird auch interessant sein zu verfolgen, in welchem Maße die aktuelle Finanzkrise den Markenwert der Banken beschädigt hat. Erste Indizien weisen hier nichts Gutes aus.

Dieser unternehmensstrategische Aspekt des Marketing beweist, dass das Thema Marke einen durchaus handfesten betriebswirtschaftlichen Hintergrund hat. Es wird ja schon seit geraumer Zeit darüber spekuliert, dass in absehbarer Zeit der monetäre Markenwert im Anlagevermögen der Bilanz erscheinen wird.

Austauschbare Bankwerbung

Auch beim Thema Kommunikation beziehungsweise Werbung zeigen sich häufig Unterschiede, sowohl im Werbestil als auch in der Bereitschaft in Werbung zu investieren. Der Unterschied wird schon darin "augenfällig", wenn die Budgetgrößenordnungen verglichen werden. Als Vergleichsgröße soll hier die Branche dienen, zu der das Retailbanking gerne eine Beziehung herstellt: das klassische Retailbusiness. So waren allein die Ausgaben in 2007 für klassische Kommunikation im Media Markt/Saturn-Konzern größer als die Gesamtausgaben der Top-Ten-Spender im Bankenmarkt.

Doch nicht alleine das bloße quantitative Werbeinvestment zeigt Unterschiede auf. Auch der Werbestil differenziert sehr stark. Differenzierende Markenkommunikation setzt ein hohes Maß an Eigenständigkeit in der Inszenierung des Markenauftritts voraus. Aktuell drängt sich bei der Bankenwerbung vielfach der Eindruck auf, dass sich die Kreativität im Wesentlichen in der Darstellung attraktiver Preise erschöpft, die Werbung ansonsten aber austauschbar ist.

Kampf um die Wahrnehmung

Der Preiskampf nimmt zwar zu, doch entscheidend ist der Kampf um die Wahrnehmung. Denn es ist nicht intelligent, zum niedrigsten Preis zu verkaufen, aber es ist intelligent, das Gefühl zu vermitteln, zum günstigsten Preis eingekauft zu haben.

Bei der Betrachtung der Werbung einzelner Protagonisten für erfolgreiche Kommunikation fällt auf, dass der Preis zwar durchaus eine wichtige Rolle spielt, der Stil beziehungsweise die Art und Weise, wie Preiswerbung betrieben wird, so eigenständig ist, dass nicht das Gefühl einer weitgehend austauschbaren Preiswerbung aufkommt wie im Bankenmarkt.

Analysiert man die Werbung beispielsweise von Media Markt, Ikea und H&M genauer, lässt sich leicht feststellen, dass hier mit einem absolut uniquen Kommunikationsstil geworben wird, der unter anderem dafür verantwortlich ist, dass gerade diese Unternehmen in dem schwierigen Einzelhandelsjahr 2007 zum Teil so gar zweistellige Umsatzzuwächse erzielt haben.

Während Media Markt häufig mit einer bewusst polarisierenden Form agiert,

zeichnet sich Ikea durch eine auf eigene Art witzige Aufmachung in der Werbung aus, die ein hohes Maß an spontaner Wiedererkennung garantiert.

H&M setzt trotz seiner Charakterisierung als Textildiscounter nicht auf banale Preiswerbung, sondern appelliert an die Intelligenz seiner Kunden und differenziert sich sehr stark auch über außergewöhnliche Formate. Wie überhaupt das neue Gesetz erfolgreicher Kommunikation in die Richtung geht, dass das Format immer wichtiger wird als die Frequenz.

Das heißt: mehr und differenzierende Markenkommunikation à la Media Markt, Ikea und H&M ist für den Bankenmarkt nicht nur die Herausforderung für effizientere Werbung, sondern sie hat auch eine konkrete Relevanz für die Steigerung des Markenwertes. Die ING-Diba ist ein gutes Beispiel, dass dies durchaus im Retailbanking gelingen kann.

2. Geschäftstelle und Emotionen

Wiederum sollen Beispiele aus dem Retailbusiness herangezogen werden. Obwohl gerade im Einzelhandel in einer Phase wachsender Preissensibilisierung der Deutschen der Preis nach wie vor eine zentrale Rolle spielt, bemühen sich immer mehr Handelsunternehmen, dem Druck des ruinösen Preiswettbewerbs zu entkommen.

Intelligente Preiswerbung ist die eine mögliche Lösung des Problems. Die andere geht in eine stärkere Emotionalisierung des Markenauftritts und zwar dort, wo der Konsument dieser Marke direkt begegnet, in den Filialen, Outlets, Supermärkten. Einer der Protagonisten ist hier die Parfümeriekette Douglas, die sich über gekonnte Emotionalisierung vor Ort, attraktive Produktplatzierung und hervorragenden Service positiv im Markt absetzt. Aber auch die aktuellen Bemühungen von Edeka ("Wir lieben Lebensmittel") oder die sehr erfolgreichen Differenzierungsbestrebungen des englischen Handelsunternehmens Tesco ("Every little helps") illustrieren, dass man zu einer stärkeren Emotionalisierung auch bei der konkreten Darbietung des Angebots im Supermarkt kommt.

Schaut man sich wieder die Realität im Retailbanking an, so findet man in der Regel propere Hauptgeschäftsstellen bei den großen Filialisten. Der Eindruck von den normalen, insbesondere kleineren Geschäftsstellen ist jedoch häufig genug ein anderer. Sowohl das äußere Erscheinungsbild (die sogenannten Schaufenster tragen diesen Namen bei den Banken vielfach zu Unrecht), als auch die Geschäftsstellengestaltung im Inneren machen nicht den Eindruck, als ob es die Banken darauf anlegen würden, dass ein Kunde die Geschäftstelle mit Freude betritt und mit positiven Eindrücken wieder verlässt.

Die Art und Weise wie man in einer Geschäftsstelle, unter welchen äußeren Bedingungen "behandelt" wird, leistet einen erheblichen Beitrag für die Kundenbindung - gerade bei den Filialisten, die den emotionalen Bezug zu ihren Kunden als differenzierendes Merkmal gegenüber den Direktbanken herausstellen müssen. Es fällt jedoch oft genug auf, dass der sogenannte PoS der Filialbanken immer mehr von einem "Point of Sale" zu einem bloßen "Point of Service" mutiert. Fast alle empirischen Belege zeigen auf, dass sich Verkaufsinitiativen in der Geschäftsstelle eher selten ereignen. Darüber hinaus strahlen viele kleinere Geschäftsstellen noch den Charme der siebziger/achtziger Jahre aus und sind zu sehr auf die liebgewordene Vergangenheitserfahrung ausgerichtet, die bloße Existenz einer Geschäftsstelle hätte genügend Attraktionsvermögen für eine Klientel, die allerdings immer weniger bindungsbereit ist.

Mehr Atmosphäre und Kooperationen Die neuen Anforderungen an einen modernen Finanzshop müssen deshalb lauten:

Funktionswechsel vom Saugnapf zum Vertriebskopf,

mehr Atmosphäre statt reine Funktion,

mehr Multi- statt Monokultur, das heißt eine stärkere Ausrichtung auf andere Frequenzbringer, um mehr "Traffic" in die Geschäftsstelle zu holen.

Einige erfolgversprechende Beispiele wie bei der Postbank (Kooperation mit Mobilfunkanbietern und Energieunternehmen) oder einzelnen Sparkassen zeigen hier neue Wege auf, das Thema mehr Emotion in der Geschäftsstelle voranzubringen.

3. Intelligentes Dialogmarketing in Erweiterung zur klassischen Werbung

Es fällt schon seit geraumer Zeit auf, dass sich erfolgreiche Markenartikler wie P&G, Red Bull, Jägermeister oder Adidas immer mehr von der klassischen Werbung lösen. Die Gründe hierfür sind vielfältig.

Zum Teil wird es einerseits schwieriger, den Kern der Zielgruppe über Breitenkommunikation zu erreichen, auf der anderen Seite werden neue Verfahren im Dialogmarketing immer häufiger eingesetzt, um eine bessere Verknüpfung auch zwischen Kommunikation und Vertrieb zu ermöglichen.

Den Weg eines integrierten Vorgehens zwischen Onlinewerbung und neuen Verfahren im Dialogmarketing beschreitet mit Hilfe des Couponings schon seit Jahren der Markenartikler Procter & Gamble. Über Geomarketing-qualifizierte Methoden der Verkaufsförderung werden Rabatt-Coupons an (potenzielle) Kunden verteilt. Zum Einsatz kommt dieses Verfahren unter anderem bei dem Babywindel-Produkt "Pampers". So lässt sich für eine relativ kleine Zielgruppe die Kundenansprache zielgenauer ansteuern, als dies mit klassischer Breitenkommunikation möglich ist. Der Kunde löst den über Mailings oder Briefkästen beziehungsweise über die "for me-Website" von P&G verteilten Coupons in Drogeriemärkten ein. Über eine Clearingstelle erhält der Handel das Geld vom Hersteller zurück. Mit diesem Verfahren schlägt der Markenartikler zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Streuverluste, die bei klassischer Werbung entstehen würden, werden deutlich reduziert und der an sich anonyme Kaufprozess wird personifiziert.

Es gehört nicht viel Phantasie dazu, dieses Verfahren auch im Retailbanking einzusetzen, zum Beispiel für die Neukundengewinnung bei der Baufinanzierung. Über einen mikro-geografischen Selektionsprozess werden die Merkmale ausgesteuert, die Kunden mit einem hohem Baufinanzierungs- beziehungsweise Modernisierungspotenzial ausweisen. Die entsprechenden Merkmale wie Alter, Haushaltsnettoeinkommen, Zahl und Alter der Kinder, Neubaugebiet oder Baujahr der Immobilie stehen mit hoher Genauigkeit auf Straßenebene zur Verfügung. Die Direktansprache erfolgt mittels persönlichen Mailings unter Auslobung von Vorteilsdispositionen wie zum Beispiel attraktive Zinsen, kostenlose Architekturberatung, Immobilienvermittlung, Gratisangebote von hochwertigen Handwerkergeräten, bei einem möglichen Abschluss des Vertrages. Bei Einlösung des Coupons in der Geschäftsstelle und über Direktmedien erhält der Kunde eine kostenlose Beratung oder in Verbindung mit einem abgeschlossenen Vertrag die jeweils ausgelobten Vorteile.

Da sich nur etwa vier Prozent der bundesdeutschen Haushalte aktuell für den Abschluss einer Baufinanzierung interessieren, lassen sich die Streuverluste in der Kommunikation dramatisch reduzieren.

4. Online zu mehr Kundenbindung

Lange Jahre galt die Überzeugung, dass das Onlinebanking die im Privatkundengeschäft der Banken zu beobachtende Erosion in der Kundenbindung weiter verstärken wird. Diese Überzeugung ist dann durchaus richtig, wenn - wie vielfach im Markt praktiziert - das Onlinebanking von den Filialbanken häufig nur als Transaktionsplattform für Überweisungen und Kontostandsabfragen eingesetzt wird.

Wenn man allerdings die rasante Entwicklung in der Nutzung des Onlinebankings, insbesondere durch die "Leitbild-Zielgruppen" (junge Aufsteiger, Wirtschaftsaktive, vermögende Private, agile Senioren) in Betracht zieht, drängt sich der Verdacht auf, dass die Kunden, die in naher Zukunft nur "offline" bedient werden, eher zu den gefährdeten Zielgruppen gehören werden. Bestimmte Kundengruppen wird man über den klassischen stationären Vertriebsweg immer weniger oder überhaupt nicht mehr erreichen. Deswegen sind Ansätze gefragt, die das Onlinebanking als Vertriebs- und Kundenbindungsplattform verstehen.

Vorbild Ebay

Vorbildhaft in der Art und Weise online aktiv zu nutzen ist Ebay. Das Unternehmen hat ein hervorragendes automatisches System installiert, das gleichzeitig Infor-mations-, Handels- und Kundenbindungsplattform ist. So lassen sich über "Mein Ebay" in übersichtlicher Zusammenfassung nicht nur alle Kaufaktivitäten darstellen, es ist auch eine persönliche Informationsseite "Meine Nachrichten" eingerichtet, man kann Testberichte und Ratgeber abrufen, Unstimmigkeiten online klären und der Kunde erhält regelmäßig Angebote, die auf seine individuelle Bedarfswelt zugeschnitten sind. Damit ist auf verschiedenen Wegen eine permanente Interaktion zwischen Ebay und seinen Kunden erreicht.

Dieses System kann in seiner Grundausrichtung durchaus auf das Retailbanking übertragen werden. So kann die Bestandssituation und das aktuelle Kaufverhalten für eine sehr präzise Kundensegmentierung genutzt werden. Diese ist dann die Plattform für die bedarfsgerechte Aussteuerung von Angeboten, die eine in der Wahrnehmung des Kunden individualisierte Kundenansprache vermittelt.

Der Kunde könnte weiterhin auch ein Newsletter-Angebot nutzen, das auch seine Vorlieben berücksichtigt, die außerhalb des Bankings liegen. Nicht zuletzt besteht die Möglichkeit, in Eigenregie mehrmals pro Jahr Kundenzufriedenheitsanalysen durchzuführen, deren Ergebnisse unmittelbar in den Dialog mit dem Kunden einfließen. Dies führt zu einer stärkeren "Anbindung" des Kunden und gibt ihm das Gefühl, die Bank kümmert sich persönlich um ihn. Der emotionale Aspekt und Effekt in der Kundenbindung lässt sich also durchaus online vermitteln. Wenn man berücksichtigt, dass bereits heute 45 Prozent der 18- bis 60-jährigen Deutschen Onlinebanking nutzen1) und die Prognosen für die Zeit nach 2010 von einem Wert von etwa 60 Prozent ausgehen, bieten sich gerade für die Filialbanken hervorragende Möglichkeiten, den durch die stark rückläufige Zahl der Geschäftsstellenbesuche eingeleiteten Abschmelzungsprozess in den Kundenkontakten zu kompensieren.

5. Innovatives Produktmanagement

statt generisches Leistungsangebot Dem Bankgeschäft im Privatkundenmarkt inhärent ist der Nachteil, dass neu entwickelte Produkte sehr schnell von der Konkurrenz kopiert werden können. Wirklich innovative Finanzprodukte sind deshalb im Retailbanking selten. Dieser Umstand führte dazu, dass Produkte aus dem Aktiv- und Passivbereich häufig mit bloßen Bezeichnungen versehen werden, die einen Unterschied zum Wettbewerb signalisieren sollen. Dieser Unterschied ist jedoch nur scheinbar. Begrifflichkeiten wie Giro Plus, Zero Konto, Top Giro, Giro All oder Giro Loyal im Zahlungsverkehr stellen aber nur eine Art Etikettierung dar und sind außerhalb der Preisunterschiede keine echte Differenzierung im Leistungsangebot.

Insofern sind auch wirkliche Produktmarken, wie sie im Konsum- und Gebrauchsgüterbereich die Regel sind, im Privatkundengeschäft der Banken relativ selten. Der Verfasser kann sich nur an drei Beispiele erinnern, die den Namen Produktmarke zu Recht tragen. Das war in den achtziger Jahren der Dispo 2000 vom BHW. Das ist aktuell der Easy Credit der Teambank und mit einer gewissen Einschränkung auch das Extra Konto der ING-Diba.

Der Kern dieser Produktmarken ist mit dem der jeweiligen Konkurrenzprodukte durchaus vergleichbar. Die vom Kunden wahrgenommenen Unterschiede resultieren deshalb auch nicht aus klar nachvollziehbaren Leistungsunterschieden, sondern aus der Tatsache, dass mit erfolgreicher, aufmerksamstarker Werbung eine Differenzierung geschaffen wird, die alleine über das Markenprinzip erreicht wird. Der Kunde hat das Gefühl, dass es sich hier um ein besonderes Angebot handelt. Gleichzeitig erleichtert ihm eine erfolgreiche Produktwerbung den Selektionsprozess. Nicht unwichtig ist auch der Aspekt, dass eine erfolgreiche Produktmarke auch zu einer Aufwertung der eigentlichen Unternehmensmarke führt.

Vorbild Allianz

Beispiele aus der Konsum- und Gebrauchgüterbranche anzuführen, bei denen eine erfolgreiche Produktmarkenpolitik betrieben wird, ist ein müßiges Unterfangen, da vielfach die Produktmarke sogar die eigentliche Leistungsmarke darstellt, wie bei Persil, Pril oder Pritt für die Dachmarke Henkel.

Natürlich fällt es im "gegenständlichen" Produktbereich leichter, konkret wahrnehmbare Produktvorteile zu kommunizieren, als bei den "abstrakten" Dienstleistungen im Finanzmarkt. Deswegen soll der Blick über den Tellerrand auch auf einen Marktbereich gelenkt werden, der in einer gewissen Verwandtschaft zum Bankgeschäft steht, die Assekuranz. So ist es bemerkenswert, wie der Marktführer Allianz Produktdifferenzierung betreibt. Auch im Versicherungsgeschäft wird überwiegend mit einem weitgehend generischen Leistungsangebot operiert. Die Allianz ist diesem Manko entgegen getreten, indem sie schon seit Jahren Produktwerbung praktiziert, die konkrete leistungsdifferenzierende Merkmale in der Werbung herausstellt.

So war die neue "Allianz Unfallversicherung, die auch pflegt, putzt und einkauft" ein hervorragender Ansatz, sich im generischen Wettbewerbsumfeld erfolgreich abzusetzen. Die Ausstattung einer Standardversicherung mit Assistanceleistungen, gepaart mit einer schlagkräftigen, originellen Werbung, war den Juroren des Effie-Wettbewerbs ein gewichtiger Grund, die Allianz mit einem Effie für besonders effiziente Werbung auszuzeichnen.

Ähnliches gelang der Allianz bei der Riester-Rente, indem man auch hier wieder ein weitgehend austauschbares Produkt mit einem spezifischen Schlüsselbild (das blaue Sparschwein mit den zwei Schlitzen und der Ergänzung "Die Allianz Riester Rente. Einen Teil zahlen Sie, den anderen der Staat") kombinierte. Auch diese Kampagne wurde wieder mit einem Effie belohnt.

Bei den Leitsparten im Passiv- und Aktivgeschäft erscheint es also durchaus sinnvoll, über das Prinzip der Produktmarke Leistungsdifferenzierung zu schaffen, die ein scheinbar vergleichbares Angebot aus der zum Teil unübersichtlichen Fülle der Konkurrenzprodukte hervorhebt und über effiziente Werbung (in Verbindung mit Vertriebsunterstützung) gleichzeitig auch die Leistungsmarke stärkt.

Diese fünf Beispiele sind natürlich nicht als kategorischer Imperativ und damit auch nicht als Pflichtübung für die Banken zu verstehen. Sie sollen lediglich als Anregung dienen, welche "Learnings" von erfolgreichen Markenartiklern der Industrie und des Handels möglicherweise auch im Marketing der Banken umgesetzt werden könnten. Letztlich fordern die verschärften Wettbewerbsbedingungen im Privatkundengeschäft zu mehr Aktivität, mehr Kreativität und mehr Effizienz im Marketing heraus. So erscheint es auch sinnvoll, kein abschließendes Fazit zu ziehen, sondern lediglich ein Motto zu prop agieren.

Anders ist besser

Marke heißt ja nichts anderes, als "relevante Differenzierung im Markt, die glaubwürdig vertreten wird". Deshalb gilt auch für die Banken: Raus aus der Konvention, raus aus Gleichmacherei und Epigonentum.

Es wäre schade, wenn das Marketing der Banken zu einer reinen Preisdumping-Show verkommen würde. Indizien für diese Entwicklung sind im Markt erkennbar. Sie hätten mittel-/langfristig fatale Auswirkungen für das Betriebsergebnis der Banken, insbesondere wenn dann - wie im Einzelhandel zu sehen - der Kunde zu einer wachsenden Preissensibilisierung geradezu "erzogen" wird. Dann ist die Konsequenz, dass der Preis in der Wahrnehmung des Kunden der einzige Unterschied im Marktauftritt der Banken ist, irreversibel. Deshalb gilt auch die Aufforderung zu mehr Kreativität in Marketing und Vertrieb im Sinne des Mottos von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking "Anders ist besser! ".

Fußnote

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