Redaktionsgespräch mit Michael Bentlage

"Die Kosten eines Bankbetriebs sind mittlerweile sehr hoch"

Michael Bentlage, Foto: Hauck Aufhäuser Lampe

Zu Beginn des Jahres wurde offiziell der Zusammenschluss der beiden traditionsreichen Privatbankhäuser Hauck & Aufhäuser und dem Bankhaus Lampe vollzogen. Das erste Kennenlernen der Belegschaften musste dabei aufgrund der Pandemie per Videoübertragung durchgeführt werden. Den Abschluss der Integration der Häuser erwartet Vorstandschef Bentlage noch in diesem Jahr. Die strategische Idee der fusionierten Bank ist es, ein umfassendes Dienstleistungsangebot rund um das Vermögen privater und institutioneller Kunden anzubieten. Ab dem kommenden Jahr erwartet das Institut deutliche Synergieeffekte aus der Fusion, die in erster Linie aus dem Zusammenlegen des IT-Betriebes und anderer zentraler Einheiten resultieren. Durch die Fusion sieht sich das neue Institut auch resilienter gegenüber Kapitamarktturbulenzen als zuvor. (Red.)

Herr Bentlage, inmitten der ganzen Corona-Einschränkungen haben die beiden traditionsreichen Häuser Hauck & Aufhäuser sowie das Bankhaus Lampe einen Zusammenschluss - der für Kreditinstitute ja auch unter normalen Umständen schon keine leichte Aufgabe ist - durchgeführt. Wurde die Integration der beiden Institute durch die Corona-Einschränkungen erschwert?

Definitiv. Die Tatsache, dass man sich über zwei Jahre hinweg nur eingeschränkt treffen konnte und überwiegend auf Videokontakte angewiesen war, erschwerte den Aufbau von Kontakten und Vertrauen. Auch scheint der Genehmigungsprozess durch die Pandemie länger gedauert zu haben als in normalen Zeiten, was die Phase der Unsicherheit für viele Kolleginnen und Kollegen weiter in die Länge zog.

Konnten sich angesichts der Homeoffice-Pflicht die beiden Belegschaften überhaupt schon aneinander gewöhnen? Gab es digitale Kennenlern-Konferenzen oder wie muss man sich das vorstellen?

Ja, wir hatten das Glück, rechtzeitig ein sehr professionelles Videostudio bei uns im Haus einzurichten. Damit eröffneten sich uns vielfältige technische Möglichkeiten, die unsere Kolleginnen und Kollegen sehr zu schätzen wussten. In vielen sogenannten "Welcome Sessions" haben wir Geschäftsbereiche, Projekte und Struk turen der Bank vorgestellt und dabei besonders großen Wert darauf gelegt, dass viel Interaktion unter den Kolleginnen und Kollegen stattfand. Im Rahmen der digitalen Möglichkeiten kamen viele berührende Videos aus allen Ecken der Bank zustande, die erste Brücken zwischen den beiden Häusern schlugen. Mittlerweile arbeiten die Kolleginnen und Kollegen schon sehr vertraut miteinander. Besonders freuen wir uns auf unser großes erstes, gemeinsames Mitarbeiterfest im Spätsommer - dann haben wir wirklich Gelegenheit, uns über alle Bereiche hinweg persönlich zu begegnen.

Welche Rolle wird das Remote-Arbeiten nach dem Ende der Pandemie spielen? Bleibt es für die HAL Privatbank eine Option im großen Stil oder eher im Einzelfall?

Das hybride Arbeiten wird die Zukunft sein. Wie bei anderen Unternehmen auch war die Pandemie ein Digitalisierungsbeschleuniger und hat die Scheu vor Homeoffice und Videokonferenzen genommen. Insofern wird das Homeoffice fester Bestandteil des Unternehmensalltags sein.

Welche Teile des Zusammenschlusses sind schon abgearbeitet, was liegt noch vor Ihnen?

Wir sind mittlerweile sehr weit in unserem Zusammenschluss. Der Legal Merger wurde zum Jahreswechsel vollzogen, die technische Migration soll im Sommer erfolgen. Danach werden wir auch ein einheitliches Organigramm und gleichlaufende Prozesse haben. Selbstverständlich wird das kulturelle Zusammenwachsen noch sehr viel länger dauern.

Wann soll laut Planung final der letzte Schritt vollzogen sein?

Wir werden die Integration sehr wahrscheinlich im Lauf des Jahres abschließen können.

Was war eigentlich die strategische Idee hinter diesem Zusammenschluss?

Die strategische Idee ist die Skalierung unseres bestehenden Geschäftsmodells - der Ausbau der Präsenz bundesweit und damit einhergehend eine stärkere Wahrnehmung sowie auch ein umfassenderes Dienstleistungs- und Produktangebot. Die Kosten eines Bankbetriebs sind aufgrund der enorm gestiegenen regulatorischen Anforderungen mittlerweile sehr hoch. Insofern ist eine gewisse Betriebsgröße notwendig um Banking profitabel betreiben zu können.

Können Sie kurz die strategische Aufstellung der neu formierten HAL Privatbank anreißen?

Wir wollen eine der großen Privatbanken in Deutschland sein, die ein umfassendes Dienstleistungsangebot rund um das Vermögen von privaten und institutionellen Kunden anbietet. Die Bandbreite geht von Verwahrung und Administration von Vermögen über das Management bis hin zum Handel, sei es über die Börse oder als klassischer M & A Deal. Wir sind Lösungsanbieter für alle privaten und institutionellen Kunden bei jeglichen Fragestellungen zu ihrem jeweiligen Vermögen. Daher agieren wir mit vier Geschäftsfeldern: Asset Servicing für Verwahrung und Administration von Vermögen, Investment Banking für Research, Handel, Kapitaltransaktionen und Börsengänge, M & A, Private & Corporate Banking für das Management von privaten Vermögen sowie die Unterstützung bei Finanzierungsfragen, Asset Management für Anlagestrategielösungen für Institutionelle Anleger.

Welche Synergieeffekte waren im Rahmen des Zusammenschlusses kalkuliert und wie viel wird sich davon bereits im laufenden Jahr in den Zahlen niederschlagen?

2022 wird sich relativ wenig realisieren lassen, da der Transformationsprozess in vollem Gange ist. Tatsächlich erwarten wir aber ab 2023 doch deutliche Effekte, die im Wesentlichen in der Zusammenlegung des IT Betriebs und anderer zentraler Einheiten liegen. Ferner sehen wir insbesondere auch Ertragssynergien aufgrund der neu gewonnenen Größe und damit besserer Wahrnehmung, was uns im Neukundengeschäft hilft.

Alle drei Ursprungsinstitute haben eine lange, erfolgreiche und ereignisreiche Geschichte. Auch die letzte Eigentümerfamilie - die Oetker- Familie - vom Bankhaus Lampe weist eine lange Unternehmertradition in Deutschland auf. Hat da die Tatsache, dass mit Fosun seit 2016 eine chinesische Beteiligungsgesellschaft Eigentümer von Hauck & Aufhäuser ist, anfangs zu Vorbehalten beim alten Eigentümer des Bankhauses Lampe geführt?

Fosun geht ebenfalls auf einen erfolgreichen Unternehmer zurück, der heute noch Mehrheitsaktionär ist und durchaus vergleichbar ist mit der Rolle, die einst Rudolf August Oetker für das Bankhaus Lampe hatte. Daher ist und war man sich unter dem Aspekt des Unternehmertums sehr nahe, einzig der kulturelle Unterschied ist fraglos gegeben. Da Fosun aber seit vielen Jahren ein global agierendes Unternehmen ist, gab es wenig gegenseitige Berührungsängste.

Hatten die Aufsichtsbehörden BaFin und EZB beim Genehmigungsverfahren für den Zusammenschluss Bedenken angesichts des Eigentümers?

Nein, sonst wäre Oetker gar nicht in den Prozess mit Hauck & Aufhäuser eingestiegen.

Man könnte ja aber auch sagen, dass Fosun ein Fuß in der Tür zum chinesischen Markt ist. In der Tat "verkauft" Hauck & Aufhäuser das ja auch so und wirbt mit den Verbindungen, um Firmenkunden zu akquirieren, die in China Geschäfte machen wollen. Wie läuft dieses Segment? Steigt die Nachfrage oder ziehen sich die Unternehmen angesichts der durch die Pandemie ausgelösten Lieferketten-Problematik eher wieder ein Stück weit zurück aus China?

Wir sehen aktuell unverändert Interesse auf beiden Seiten, der deutschen wie der chinesischen sich im jeweiligen ande ren Markt zu engagieren. Zweifellos erschwert die Pandemie und die stark eingeschränkte Möglichkeit der gegenseitigen direkten Besuche generell aktuell den aktiven Durchführungsprozess von Transaktionen.

Sie haben nun mit circa 12 Milliarden Euro Bilanzsumme eine recht ansehnliche Größe für eine Privatbank erreicht. Ist der anorganische Wachstumshunger nun gestillt oder wird es noch weitere Zukäufe geben?

Wir sind nicht aktiv auf der Suche, wenn sich allerdings Gelegenheiten ergeben, die unser Geschäftsmodell gut ergänzen, dann sind wir offen.

Das ganze Konzept der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank ist auf den Kapitalmarkt ausgerichtet. Befürchten Sie nun, nachdem sich eine Zinswende andeutet und das wiederum für Turbulenzen am Kapitalmarkt zu sorgen beginnt, dass die ersten Jahre des neu aufgestellten Instituts gleich eher schwierige Jahre werden könnten? Oder glauben Sie, eine Zinswende kann dem Boom der vergangenen Jahre nichts anhaben?

In der Tat haben wir eine gewisse Kapitalmarktabhängigkeit. Tatsächlich ist diese jedoch durch die Übernahme des Bankhauses Lampe gesunken. Der Anteil unseres Kreditgeschäftes ist gestiegen. Auch haben wir in einzelnen Geschäftsfeldern ein stärker kapitalmarktunabhängiges Geschäft entwickelt. Damit ist die Bank heute resilienter gegenüber Kapitalmarktturbulenzen als es noch vor wenigen Jahren der Fall war. Wenn Märkte fallen, wird es aber dennoch nicht spurlos an uns vorübergehen.

Die europäische Kapitalmarkt Union hat zuletzt neuen Schwung bekommen. Gibt es dadurch Pläne bei Hauck Aufhäuser Lampe, eine Harmonisierung des europäischen Kapitalmarkts als Anlass für eine Ausweitung der Geschäfte im europäischen Raum zu nutzen?

Im Moment konzentrieren wir uns im Wesentlichen auf Deutschland und Luxemburg. Ob sich in der Zukunft Gelegenheiten ergeben, ist aus heutiger Sicht nicht absehbar. Wir verfolgen zumindest zum jetzigen Zeitpunkt keine aktive Strategie diesbezüglich.

War die strategische Idee und Ausrichtung der vergangenen Jahre aktiv von Fosun vorgegeben oder hat der Eigentümer dem Vorstand da freie Hand gelassen?

Wer die Managementphilosophie von chinesischen Konzernen kennt, der weiß, dass sie sich von westlichen Kulturen unterscheidet. Tatsächlich geben Chinesen dem Vorstand sehr große Freiheitsgrade. Die haben wir in den vergangenen Jahren genutzt, um die Bank zukunftsfähig umzubauen und aufzustellen. Die erfreuliche Entwicklung der Bank in den vergangenen Jahren zeigt, dass diese Vorgehensweise offensichtlich erfolgreich ist.

Kommen wir zu einem eher neueren Geschäftsfeld. Mit dem Kauf der Kapilendo Custodian AG wurde auch ein Zukauf im Bereich digitale Assets durchgeführt. Welchen Stellenwert wird dieses Segment haben? Ergänzung oder denken Sie, dass digitale Assets den Kapitalmarkt irgendwann dominieren werden?

Es ist heute noch nicht absehbar, welchen Stellenwert Digital Assets im Kapitalmarkt einnehmen werden, aber wir gehen von einer Fortsetzung des aktuell starken Wachstums aus. Es ist ein neues Instrument mit vielfältigen Geschäftsmöglichkeiten. Es geht hier nicht nur um Investitionen in Kryptowährungen, vielmehr wird die Tokenisierung von Vermögensgegenständen sicherlich ein Wachstumsfeld sein, beispielsweise durch sogenannte Kryptowertpapiere, die wir mit als erste am Markt bereits begeben dürfen. Darüber hinaus wird die Technologie Auswirkungen auf die gesamte Abwicklung von Wertpapieren und anderen Vermögensgegenständen haben. Es bleibt abzuwarten, wie Anleger diese neuen Möglichkeiten zur Investition in Vermögensgegenstände über die Zeit annehmen werden.

Was muss auf regulatorischer Seite noch passieren, damit digitale Assets "erwachsen" werden und gleichberechtigte Assetklasse ohne Vorbehalte werden können?

Die Regulierung muss abschließend geklärt sein. Es lässt sich sagen, dass wir in Deutschland regulatorisch aber bereits auf sehr gutem Weg sind und jüngst sogar als kryptofreundlichstes Land ausgezeichnet wurden. Aber auch eine internationale Harmonisierung der Regulierung wäre wichtig. Gerade hier dürfen Regelungen auf europäischer Eben nicht ohne Einbeziehen der Folgekonsequenzen getroffen werden.

Was können und müssen die Marktteilnehmer noch dafür machen?

Wichtig für die Teilnehmer ist eine Infrastruktur auf herkömmlichem Kapitalmarktniveau. Die vielen neuen Produkte im Bereich Digital Assets werden oft durch unregulierte Angebote schnell abgedeckt. Wir möchten möglichst schnell dazu eine regulierte Alternative anbieten und vereinen dafür bereits einige Lizenzen im Haus.

Der jüngste starke Einbruch bei Bitcoin und anderen Kryptowährungen war nichts für schwache Nerven. Befürchten Sie keine Reputationsschäden aufgrund der massiven Volatilität?

Volatilität ist bei Investitionsgütern per se ja nichts Schlechtes, wichtig ist, mit ihr umgehen zu können. Unsere Aufgabe als Bank ist es, unseren Kunden neben Direktinvestitionen auch dafür Lösungen anzubieten.

Hatte der Einbruch bei den Kryptowährungen bereits Auswirkungen auf das Geschäft mit digitalen Assets?

Bisher nein.

Michael Bentlage , Vorsitzender des Vorstands , Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG
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