Auslandsbanken

Die Sache mit den Übergangsfristen

Quelle: pixabay

Die Niedrigzinsen, die Bankenabgabe an den SRM, die Aufsichtsgebühren für den SSM und die Kosten für die Einlagensicherung belasten derzeit in allen europäischen Banken die Ertragslage und haben der Tendenz nach die Cost Income Ratio in den vergangenen Jahren spürbar ansteigen lassen. Für viele der Auslandsbanken in Deutschland sind das derzeit allerdings nur störende Nebengeräusche. Denn die stärkste Aufmerksamkeit verlangt dort der Brexit mit seinen ungewissen Rahmenbedingungen. Auch an dieser Stelle ist freilich die Dringlichkeit der Problemlage unterschiedlich. Diejenigen Auslandsbanken, die schon derzeit eine Niederlassung in Deutschland haben und von der BaFin und der Bundesbank beaufsichtigt werden, sind in einer vergleichsweise komfortablen Lage (vergleiche Interview Lutz Raettig in diesem Heft). Sie müssen zwar auch überlegen, ob sie Strukturen und Infrastruktur zur Erbringung bestimmter Dienstleistungen oder zum Angebot von Produkten von London heraus an einen Standort in der EU verlagern sollen. Aber sie sind und bleiben immerhin voll operationsfähig. Ihr Hauptproblem ist die Anpassung innerhalb der vertraglich vorgegebenen Zeit von zwei Jahren ab Einreichung des Austrittsantrags von Großbritannien.

Viel schwieriger ist die Lage für jene Auslandsbanken, die bisher in London einen Hub aufgebaut haben und von dort aus über den europäischen Pass ihre Vertriebsleistungen in allen oder einigen der 27 EU-Länder anbieten. Denn sie müssen sich in absehbarer Zeit darauf festlegen, mit welchem Geschäftsmodell, mit welchen Strukturen und an welchen Standorten sie künftig in der EU antreten wollen. Dort gilt es dann insbesondere neue Einheiten für die Marktfolge und das Risikomanagement aufzubauen sowie die erforderliche Eigenkapitalausstattung sicherzustellen. Dass diese Entscheidungssituation bei Weitem nicht den Exodus für den Finanzplatz London bedeuten wird, hält der Verband der Auslandsbanken in Deutschland (VAB) anhand der Marktdaten gleichwohl für gesichert. Rund 75 Prozent der aus UK beziehungsweise London heraus angebotenen Produkte und Dienstleistungen werden seinen Zahlen nach nicht in den EU-Staaten, sondern im Rest der Welt abgesetzt und bleiben damit vom Brexit unbetroffen.

Dass zumindest in den kommenden beiden Jahren zäher Verhandlungen über die Umsetzungsmodalitäten bei Banken und Kunden sehr viele Entscheidungen unter großer Unsicherheit getroffen werden müssen, dürfte den Finanzplatz London der Tendenz nach aber schwächen. Denn weder in der Finanzwirtschaft noch im Unternehmenssektor kann es sich ein verantwortungsbewusstes Management leisten, nach einem vollzogenen Brexit in der EU nicht mehr lieferfähig zu sein. Bei vielen Entscheidungen der kommenden Wochen erwartet der VAB deshalb eine Ausgestaltung, die eine schnelle Anpassung an den jeweiligen Stand der Verhandlungsergebnisse erlaubt. Aber genau dieses permanente Klima der Verunsicherung - im Extremfall sogar bis zum Szenario des Scheiterns eines geordneten Austritts - erklärt ein zentrales Anliegen des Verbandes. Schon im Vorfeld konkreter Verhandlungen ist ihm auf beiden Seiten ein Grundbekenntnis zu pragmatischen Übergangsfristen wichtig.

Dass es an dieser Stelle ein hartnäckiges Ringen um deren Dauer geben könnte, lassen Äußerungen von Sabine Lautenschläger vermuten. Zwar hat die EZB-Direktorin und Vizevorsitzende der europäischen Bankenaufsicht kürzlich Übergangsfristen für die Nutzung von internen Modellen angekündigt, die von der britischen Aufsicht genehmigt sind, doch hinsichtlich der Dauer der Nutzung von sogenannten Back-to-Back-Lösungen, also einem spiegelbildlichen Abschluss und der Abwicklung von Geschäften mit der Infrastruktur in London, gab sie sich nur bedingt gesprächsbereit. Von jeder im Euroraum operierenden Bank will die EZB spätestens nach zwei Jahren ein angemessenes Risikomanagement und ausreichende Mitarbeiter vor Ort einfordern, um operativ unabhängig agieren zu können.

Hoffentlich bleiben pragmatische Übergangslösungen keine Wunschvorstellung: In einem mindestens zweijährigen Verhandlungsmarathon mit 27 beteiligten Staaten wird es - auch unabhängig von Wahlterminen - immer wieder Situationen geben, in denen die nationale Politik es für geboten hält, der eigenen Bevölkerung klarzumachen, dass es vonseiten der britischen Bevölkerung doch keine so gute Idee war, die EU zu verlassen.

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