Direktbanken

ING bricht mit Gewohnheiten

Quelle: ING-DiBa

Es kommen angesichts der Geldpolitik der EZB und der regulatorischen Belastungen harte Zeiten auf die Banken in Europa zu. Wenn es noch eines letzten Beweises dafür bedurft hätte, hat diesen nun die ING Deutschland geliefert. Denn die Verantwortlichen in der Frankfurter Zentrale der Digital- und Direktbank werden es sich genau überlegt haben, ob sie mit zwei so lieb gewordenen Gewohnheiten wirklich brechen sollten. Denn sowohl der Abschied vom kostenlosen Girokonto als auch der Einstieg in die Beratung stellen gravierende Veränderungen der künftigen Ausrichtung dar.

Während die Verantwortlichen um Vorstandschef Nick Jue in Sachen Wertpapierberatung noch etwas vage blieben, ist das Gebührenthema eindeutig: Wer älter als 28 Jahre ist und keinen monatlichen Geldeingang von 700 Euro oder mehr auf dem Girokonto vorweisen kann, muss ab Mai dieses Jahres eine Kontoführungsgebühr in Höhe von 4,90 Euro im Monat entrichten. Davon unberührt bleibt das sogenannte Basiskonto, dass per Gesetz jedem Verbraucher mit rechtmäßigem Aufenthalt in der EU kostenlos zusteht, damit dieser am Zahlungsverkehr teilnehmen kann.

Derzeit sind nach aktuellem Stand etwa ein Viertel aller Kunden von der Neuregelung betroffen. Ziel der Maßnahme ist es vor allem, die Kunden dazu zu bewegen, die ING Deutschland zu ihrer Hausbank zu machen, was nach eigener Definition bedeutet, dass Kunden ihr Gehaltskonto sowie mindestens ein weiteres Produkt des Instituts nutzen. Sollten inaktive Konten gekündigt werden, wäre auch das sicherlich nicht von Nachteil. Ein kleines Risiko besteht allerdings: Sollten zu viele Kunden der Idee des Vorstands folgen und ihre Geldströme zur ING umleiten, könnte das teuer werden. Denn bereits heute verfügt das Institut über einen Einlagenüberhang von fast 20 Milliarden Euro, der in Zeiten von negativen Einlagenfazilitäten bei der Zentralbank Geld kostet.

In Sachen echter Wertpapierberatung, der zweiten wesentlichen Neuerung in der künftigen Ausrichtung, braucht es noch etwas Geduld. Diese soll in einigen Wochen vorgestellt werden. Neben dem bereits aktiv genutzten Robo Advisor soll es dann zwei weitere Formen der Wertpapierberatung geben. Zum einen eine reine Onlinestrecke, durch die der Kunde sich selbstständig bis zum volldigitalen Abschluss durchklicken kann. Zum anderen können bei Kunden, die noch nicht so kapitalmarktaffin sind, Wertpapierberater per Telefon oder Video zugeschaltet werden. Zwischen allen drei Varianten werde es erkennbare Unterschiede geben, so Jue. Der Hintergrund ist klar: Angesichts der Null- und Niedrigzinsphase sollen aus uninteressanten Sparkunden lukrativere Anlagekunden gemacht werden, die dann über Provisionseinnahmen die GuV der Bank stabilisieren helfen.

Denn der Zinsüberschuss ist zum wiederholten Male rückläufig. Er sank im abgelaufenen Geschäftsjahr um 3 Prozent auf 2,08 Milliarden Euro. Der Provisionsüberschuss legte kräftig um 15 Prozent auf 325 Millionen Euro zu, allerdings immer noch auf niedriger Basis. Dank kräftiger Zuschreibungen in Höhe von 40 Millionen Euro, einem überschaubaren Kostenanstieg (plus 42 Millionen auf 1,23 Milliarden Euro) und einem kräftig gestiegenen sonstigen Ergebnis legte sowohl das Ergebnis vor Steuern (1,35 nach 1,32 Milliarden Euro) als auch das nach Steuern (898 nach 886 Millionen Euro) zu. Viel wichtiger als die reinen Zahlen waren Nick Jue aber die Erfolge beim Umbau des Geschäftsmodells. Er sei heilfroh, die agile Transformation 2019 abgeschlossen zu haben, da die Zeiten nicht einfacher werden.

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