Bundesgerichtshof

Erbnachweis auch durch eigenhändiges Testament

Beim Tod eines Bankkunden gehen dessen Rechte und Pflichten gegenüber der Bank kraft Gesetzes auf den beziehungsweise die Erben über. Die Bank kann daher ihre Verpflichtungen aus dem Bankbeziehungsweise Girovertrag nur noch durch Leistung an oder nach Weisung der Erben schuldbefreiend erfüllen. Hatte der Kunde einem Dritten eine transmortale Kontenvollmacht erteilt, bleibt sie bis zu einem etwaigen Widerruf der Erben wirksam. Ebenso bleibt auch bei einem "Oder-Konto" die (alleinige) Verfügungsbefugnis des überlebenden Mitinhabers bestehen. Hier treten aber der Alleinerbe beziehungsweise die Gemeinschaft der Erben des Verstorbenen als dann ebenfalls allein Verfügungsberechtigte hinzu. Die Bank muss daher nach dem Tod ihres Kunden feststellen, wer nun in seiner Nachfolge erbrechtlich legitimiert ist.

Den für die Bank nächstliegenden und wegen des "Gutglaubensschutzes" der §§ 2366 und 2367 BGB auch rechtlich sichersten Weg, den (für die Erben allerdings kostenträchtigen) Erbschein zu verlangen, hat der BGH schon vor Längerem versperrt. Er entschied nämlich, dass für den Erben keine normative Pflicht gegenüber der Bank bestehe, sein Erbrecht durch Erbschein nachzuweisen; auch in anderer Form sei das möglich. Seither reicht der Erbnachweis durch Vorlage eines nachlassgerichtlich eröffneten notariell beurkundeten Testaments des verstorbenen Bankkunden aus. Das räumt allerdings das - zwar selten realisierte, aber gleichwohl vorhandene - Rückforderungsrisiko der Bank nicht aus, wenn sie zum Beispiel Kontoauszahlungen an den darin genannten Erben leistet, dieser sich beim etwaigen nachträglichen Auftauchen eines zeitlich späteren Testaments aber als "Nichtberechtigter" mit der Folge herausstellt, dass die Bank noch einmal an den wahren Berechtigten leisten muss.

Dieses "Unrichtigkeitsrisiko" für die Banken hat der BGH nun in einem die bisherige Rechtsprechung ausdrücklich weiterführenden Urteil vom 5. April 2016 (AZ. XI ZR 440/15 - abgedruckt unter anderem in ZIP 2016 S.1015) auch auf eigenhändige Testamente ausgeweitet. Demnach kann der Erbe sein Erbrecht auch durch Vorlage "eines nachlassgerichtlich eröffneten eigenhändigen Testaments belegen, wenn dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist". Die Bank habe, so ist in der Begründung zu lesen, "kein schutzwürdiges Interesse", auch in klaren Erbfolgefällen allein zur Erlangung des Gutglaubensschutzes der §§ 2266, 2267 BGB regelmäßig auf einem Erbschein zu bestehen.

Der BGH räumt zwar ein, dass ein eigenhändiges Testament keine dem notariellen gleich kommende widerlegbare "Vermutungswirkung" für die Erbfolge habe. Es sei daher anhand der Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob ein solches Testament "die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit" nachweise. Nur "abstrakte Zweifel" würden die Bank aber nicht berechtigen, einen Erbschein zu verlangen. Es müssten schon konkrete und begründete Zweifel an der Richtigkeit der durch das eigenhändige Testament belegten Erbfolge sein, die das Verlangen nach weiteren Unterlagen oder letztlich des Erbscheins rechtfertigen würden.

Leider hat sich der BGH mit der Zumutbarkeit des nun erweiterten "Unrichtigkeitsrisikos" für die Banken nicht befasst. Entweder hielt er solche Überlegungen für grundsätzlich nicht relevant oder er hat sie ausgeklammert, weil der Streitgegenstand dieses Prozesses "nur" die Ersatzpflicht der beklagten Bank für die von den Erben "unnötig" aufgewendeten Kosten für den bankseits zusätzlich zum eröffneten eigenhändigen Testament verlangten Erbschein betraf. Wie auch immer: Der BGH hat das "Risikopotenzial" für die Banken wieder einmal um ein Weniges vermehrt! RA Dr. Claus Steiner, Wiesbaden

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