HSBC Deutschland

Abschied vom Privatbankimage

Die Botschaft war klar. Carola Gräfin von Schmettow hatte bei ihrem Auftritt vor dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten eine längst fällige Imagekorrektur auf der Agenda. Ein knappes Viertel Jahrhundert nach dem Einstieg der britischen Großbank HSBC bei der traditionsreichen Adresse Trinkaus & Burkhardt will deren Deutschland-Ableger nicht mehr als "Düsseldorfer Privatbank" wahrgenommen werden, sondern als der deutsche Arm der global aufgestellten HSBC. Der interne Rufname ist längst HSBC Deutschland, auch wenn in der offiziellen Firmierung der AG noch die Privatbankwurzeln zum Tragen kommen. Tenor der Vorstandssprecherin: Die Bank zählt sich selbst nicht mehr zu den hiesigen Privatbankiers mit ihrer traditionsreichen Unternehmenskultur, sondern zum Lager der internationalen Großbanken. Der Konzern gibt die Richtung vor. Für das Privatbankimage bleibt da wenig Platz. Allein der mit 238,4 Millionen Euro vergleichsweise hohe Anteil des Provisionsüberschusses - rund das 2,4-fache des Zinsüberschusses - erinnert an Ertragsstrukturen der hiesigen Privatbankiers. Im Private Banking der HSBC Deutschland wird heute nur noch weniger als ein Zehntel der Erträge generiert.

Der Fokus des Wachstums liegt in der Tat schon seit einigen Jahren eindeutig auf dem Firmenkundengeschäft. Und dessen zuletzt erreichte Zuwachsraten von jährlich rund 30 Prozent gründen ganz maßgeblich auf dem gezielten Ausbau des Corporate Banking und dessen guter Verzahnung mit dem Investment-Banking-Angebot der global agierenden Konzernmutter. Der Marktkapitalisierung nach ist diese per Ende August mit weitem Abstand die größte Bank in Europa und weltweit auf Rang sieben. Deren fast lückenloses globales Netzwerk, so der dezente Hinweis, beschert der Tochter ein anhaltendes Interesse einer zunehmenden Zahl an deutschen Unternehmen. In besonderem Maße gelte dies für Firmen, die - teils mit Standorten in verschiedenen Ländern - in den Welthandel eingebunden sind. Die HSBC ihrerseits ist derzeit in 71 Ländern vertreten und rühmt sich in einer hauseigenen Präsentation ihrer ausgewogenen Präsenz, die 92 Prozent des weltweiten BIP, 91 Prozent aller Handelsströme, 96 Prozent aller Kapital ströme und die 20 wichtigsten Handelskorridore abdeckt. In welchen Dimensionen an dieser Stelle gedacht und gehandelt wird, belegt die Vorstandssprecherin der hiesigen Tochter mit den Hinweisen auf die maßgebliche Beteiligung ihres Hauses bei der Strukturierung und Finanzierung der Übernahme des Schweizer Agrarunternehmens Syngenta durch das chinesische Chemieunternehmen Chem-China sowie dem Kauf von Monsanto durch Bayer.

Nicht zuletzt im Sinne solcher Geschäfte mit Kapitalmarktbezug hat die hiesige HSBC-Einheit schon vor vier Jahren den besonderen Fokus ihrer strategischen Ausrichtung und Expansion auf eine möglichst gute Einbindung in das globale Netzwerk der HSBC-Gruppe gelegt. Rund um die weltweite Handelsfinanzierung eröffnet das nahezu zwangsläufig gute Chancen. Je internationaler ein deutscher Unternehmerkunde aufgestellt ist, so darf man in Düsseldorf heute selbstbewusst verkünden, desto sicherer zählt HSBC Deutschland zu seinen drei wichtigsten Banken. Die Führung von Fremdwährungskonten, beispielsweise in chinesischer Währung oder in argentinischen Peso, die lokale Finanzierung von Geschäftseinheiten im Ausland, die Absicherung von Handelsströmen gegen Wechselkursschwankungen, syndizierte Kredite und nicht zuletzt die Dienstleistungen rund um den ausländischen Zahlungsverkehr sind allesamt Angebote, mit denen die HSBC-Gruppe ihre starke Stellung rund um den Welthandel zu stärken oder zumindest zu halten sucht.

Im Zeitalter von Digitalisierung und Blockchain sind die Erfolge von Netzwerkbanken allerdings nicht ungefährdet. Denn im Zuge der Forcierung des Auslandsgeschäftes mit alten und neuen Firmenkunden werden die DZ Bank, die Landesbanken, die beiden verbliebenen deutschen sowie viele andere (europäische) Großbanken versuchen, in bester Fintech-Manier Provisionsgeschäft aus der Wertschöpfungskette des HSBC-Netzwerkes herauszubrechen - nicht nur im Zahlungsverkehr und im Dokumentengeschäft. Aber das ist lediglich ein mögliches Zukunftsszenario.

Dass sich die hiesige HSBC-Einheit bei einer wie auch immer gearteten Umsetzung des Bexit-Votums in großem Stil als möglicher Ausweichstandort zu London etablieren könnte, stuft Carola Gräfin von Schmettow übrigens als weniger realistisch ein. Zwar nennt sie HSBC Deutschland als Herzstück der HSBC-Strategie in Europa, aber die kapitalmarktnahen Geschäftseinheiten, nicht zuletzt die Führung des Euro-Handelsbuches, waren bisher schon in großem Maße in Paris angesiedelt.

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