Europäische Langfristige Investmentfonds (ELTIF) - Idee, Ziele, Regularien und Investorengruppen

Erweiterter Zugang zu geschlossenen Fonds durch das ELTIF-Regime Quelle: Partners Group, per Februar 2016; * Investoren mit einem Anlagevermögen von > 100000 Euro

Felix Haldner, Partner, Leiter Investment Structures Business Department, und Markus Pimpl, Leiter des Teams Liquid Investment Solutions, Mitglied des Investment Solutions Teams und des Anlageausschusses für liquide Investments, beide Partners Group, Zug - Wie kann man institutionellen Investoren den Zugang zu illiquiden Sachwerten bei genau definierten Anlagerichtlinien ermöglichen? Dieser Aufgabenstellung ist die EU-Kommission Ende vergangenen Jahres mit der Inkraftsetzung des ELTIF-Regimes begegnet. Die Autoren bewerten die konkreten ELTIF-Regeln als einen wichtigen und richtigen Schritt hin zu geschlossenen Fonds mit verbesserter Transparenz und Kostenvorteilen für private und kleine institutionelle Investoren. Weil das Regelwerk vor allem unter dem Aspekt des Anlegerschutzes definiert wurde, geben sie ihm gute Chancen, sich wie die UCITS-Regeln für liquide Fonds als künftiger Qualitätsstandard für geschlossenen Fonds zu etablieren. (Red.)

Private und institutionelle Investoren leiden gleichermaßen unter dem aktuellen Anlageumfeld. Niedrige Zinsen bei gleichzeitig volatilen Aktienmärkten stellen eine große Herausforderung für Anleger mit dem Ziel einer langfristigen Vermögensbildung dar. Solide Renditen bei gleichzeitig ausgewogenem Investitionsrisiko sind aktuell die Wunschparameter aller Anleger. Insbesondere für Investoren wie Stiftungen und kleine Vorsorgewerke mit risikoaversem Anlageansatz fällt dieses Ziel im heutigen Umfeld häufig in die Kategorie "Wunschdenken". Nicht zuletzt diese Situation hat die Europäischen Institutionen dazu bewegt, neue Rahmenbedingungen für Investitionen in illiquide Sachwerte, wie zum Beispiel Infrastruktur, Unternehmensbeteiligungen und Immobilien, zu schaffen, um Investoren Zugang zu langfristigen Renditequellen zu ermöglichen, die bisher für viele Investoren mit erheblichen Investitionshürden verbunden waren.

Künftiger Qualitätsstandard?

Das am 9. Dezember 2015 in Kraft getretene ELTIF-Regime ermöglicht privaten und institutionellen Investoren nun den Zugang zu illiquiden Sachwerten bei gleichzeitig genau definierten Anlagerichtlinien. Diese Regeln, die vor allem unter dem Aspekt des Anlegerschutzes definiert wurden, haben gute Chancen, sich wie die UCITS-Regeln für liquide Fonds als künftiger Qualitätsstandard für geschlossene Fonds zu etablieren. Das ist ein Grund mehr, sich bereits heute mit der Funktionsweise von ELTIF-Fonds vertraut zu machen.

Das Produktangebot für professionelle, geschlossene Fonds, die nicht nur einem eingeschränkten Investorenkreis von großen institutionellen Anlegern zugänglich sind, ist aktuell sehr eingeschränkt. Mit Blick auf die Historie von geschlossenen Beteiligungsprodukten in Deutschland mag es auch einige gute Gründe für die Zurückhaltung von Initiatoren und Anlegern geben. Allerdings sollten gerade im aktuellen Nullzinsumfeld langfristige Beteiligungen eine attraktive Renditequelle darstellen und zu einer wertvollen Diversifikation des Portfolios beisteuern. Doch das limitierte Produktangebot ist nicht das einzige Problem. Verschärfte Regulierungen haben auch sinnvolle Anlagemöglichkeiten von den Produktmenüs privater und kleiner institutioneller Investoren verschwinden lassen. Diese Entwicklung hat die Europäische Kommission dazu bewogen, eine neue Regelung zu schaffen, um die vorteilhaften Eigenschaften einer nahezu verbannten Produktgruppe unter klar definierten Voraussetzungen für private Investoren wieder zugänglich zu machen, und das erstmals auch in Ländern außerhalb Deutschlands (beispielsweise Frankreich).

Ziel des ELTIF-Regimes

Im Sommer 2013 wurde von der Europäischen Kommission der Vorschlag unterbreitet, ein neuartiges Investitionsvehikel (ELTIF; European Long-Term Investment Fund) zur Förderung langfristiger Anlagen zu definieren, das sich inhaltlich auf illiquide Beteiligungen fokussiert und Investoren größtmögliche Transparenz und Kostenkontrolle bietet. Motiviert wurde dieser Vorschlag insbesondere durch die Erkenntnis, dass private und kleinere institutionelle Anleger neben Aktien und wenig renditestarken Anleihen alternative Möglichkeiten der langfristigen Vermögensbildung erhalten sollten.

Dieser Gedanke wurde auch dadurch gestützt, dass der notwendige Investitionsbedarf in europäische Infrastruktur eine Renditeopportunität darstellt, die nicht nur großen institutionellen Investoren, wie beispielsweise Versicherungen und Pensionskassen, vorbehalten bleibt, sondern auch privaten und kleinen institutionellen Investoren zugänglich sein sollte.

Weiterhin gab es auch die Ambition, ein einheitliches, europaweites Cross-Border-Regime zu schaffen. Ein Vorbild war in diesem Zusammenhang die erfolgreiche Etablierung der UCITS-Standards für liquide Fonds, die über die Grenzen Europa's hinaus anerkannt sind und als positives Beispiel europäischer Investmentstandards gelten.

Illiquide Investitionen

Wie kann ein ELTIF-Fonds investieren? Da es das Ziel der Europäischen Kommission ist, Anlegern den Zugang zu langfristigen Beteiligungen und Sachwertinvestitionen zu ermöglichen, ist eine Grundvoraussetzung eines ELTIF-Fonds, dass mindestens 70 Prozent des Fondsvermögens in illiquide Investitionen aus den Bereichen Infrastruktur, Unternehmensbeteiligungen (Private Equity) und Fremdkapitalfinanzierungen fließt. Immobilieninvestitionen sind ebenfalls möglich, sie müssen allerdings Teil eines langfristigen Investitionsprojekts, wie etwa Krankenhäuser, Justizvollzugsanstalten oder Studentenwohnheime, sein.

Weiterhin sind auch Investitionen in Sachwerte, wie zum Beispiel Schiffe und Flugzeuge, möglich. Charakteristisch für das ELTIF-Regime ist allerdings, dass es sich um Direktinvestitionen handeln muss, wobei jede Investition einen Wert von mindestens 10 Millionen Euro haben sollte.

Kontrolle der Gebühren

Es besteht außerdem ein sogenanntes Kaskadenverbot, womit ein ELTIF-Fonds nicht primär als Dachfonds umgesetzt werden kann. Der Vorteil für den Investor besteht dabei vor allem in der Vermeidung von zusätzlichen Gebühren auf Ebene des Zielfonds. Weiterhin werden reine Feeder-Fonds, also Konstrukte, die lediglich Zugang zu anderen geschlossenen Fonds verschaffen und dafür eine entsprechende Gebühr erheben, nicht den ELTIF-Anforderungen entsprechen.

Der Fokus auf Direktinvestitionen hat somit einen unmittelbaren Kostenvorteil für den Anleger. Allerdings besteht gleichzeitig die Herausforderung trotz dieser Limitierung eine gute Diversifikation zu erreichen. Konzentrationsrisiken sollen dadurch vermieden werden, dass einzelne Direktinvestitionen auf grundsätzlich 10 Prozent des Fondsvermögens beschränkt sind.

J-Kurven-Effekt vermeiden

Aktuell verfügen allerdings nur wenige europäische Asset Manager über die entsprechenden Investitionskapazitäten für Direktbeteiligungen in den unter ELTIF möglichen Anlageklassen. Die Umsetzung der angestrebten Diversifikationsziele ist somit eine Herausforderung, die insbesondere kleine und regional fokussierte Asset Manager vor eine große Aufgabe stellen könnte.

Bis zu 30 Prozent eines ELTIF-Fonds können in UCITS-konforme liquide Anlagen, wie zum Beispiel Aktien oder Geldmarktinstrumente, investiert werden. Diese liquide Quote ermöglicht es Fondsmanagern, bereits in der Aufbauphase des Beteiligungsportfolios Renditen zu erwirtschaften. Dies führt idealerwiese dazu, dass Kosten und Gebühren, welche in den ersten Monaten des Portfolioaufbaus anfallen, aufgefangen werden und so der bei geschlossenen Fonds häufig auftretende J-Kurven-Effekt vermieden werden kann. Dabei handelt es sich um den Umstand, dass Gebühren und Kosten bei der Fondsauflage zunächst den inneren Wert reduzieren und zu einer negativen Wertentwicklung führen. Die Wertschöpfung der eingegangenen Beteiligungen setzt typischerweise zeitverzögert erst nach zwei bis drei Jahren ein.

Der Einsatz von Fremdkapital (Leverage) auf Portfolioebene ist auf 30 Prozent des Fondsvermögens beschränkt. Auch diese Begrenzung soll Investoren vor übermäßiger Risikobereitschaft schützen, aber gleichzeitig eine gewisse Flexibilität des Asset Managers beim Portfolioaufbau ermöglichen. Die Laufzeit eines ELTIF-Fonds ist durch den Initiator des Fonds wählbar und nicht durch das ELTIF-Regime vorgegeben. Allerdings muss ein eindeutiges Laufzeitende des Fonds definiert sein und eine vorzeitige Rückgabe von Fondsanteilen sollte nicht möglich oder zumindest stark limitiert sein.

Das ELTIF-Regime untersagt explizit die direkte oder indirekte Investition in Rohstoffe, Leerverkäufe, die Wertpapierleihe von mehr als 10 Prozent des Fondsvermögens und den Einsatz von Derivaten, sofern dieser nicht der Absicherung der mit anderen Anlagen des ELTIF verbundenen Risiken dient.

Rechtliche Stellung des ELTIF-Regimes

Am 9. Dezember 2015 wurden die Regularien des ELTIF-Regimes über eine Richtlinie umgesetzt. Da diese unmittelbare Anwendbarkeit in den europäischen Mitgliedsländern findet, ist eine nationale Umsetzung nicht notwendig. Allerdings ist noch im Detail zu beurteilen, ob es zu möglichen Konflikten mit anderen Finanzmarkt-Richtlinien, wie beispielsweise MiFID, kommen könnte. Gemäß der ELTIF-Richtlinie können nur qualifizierte Alternative Investment Fund Manager (AIFM) das Management eines ELTIF-Fonds übernehmen. Gleichzeitig können auch nur europäische AIFs (Alternative Investment Fund) den Status eines ELTIF beantragen.

Für welche Investoren ist ein ELTIF zugänglich? Im Zentrum der ELTIF-Entwicklung stand, wie bereits beschrieben, der Gedanke, einer größeren Investorengruppe den Zugang zu illiquiden Sachwertinvestitionen zu ermöglichen. Mit ELTIF-Fonds soll ein Angebot geschaffen werden, welches mit großer Transparenz (Direktinvestitionen), guter Diversifikation (kein Single-Asset-Risiko wie beispielsweise ein einziges Containerschiff) und marktgerechten Gebührenstrukturen (unter anderem keine doppelten Gebührenstrukturen) langfristiges Wertentwicklungspotenzial ermöglicht (Abbildung).

Konsequenterweise werden Zugangsbarrieren, die insbesondere für private Investoren bestehen, abgemildert. Übersteigt das Portfoliovermögen des potenziellen privaten Investors nicht 500 000 Euro, wird ein Anlagevermögen von mindestens 100000 Euro vorausgesetzt, von welchem maximal 10 Prozent in einen ELTIF-Fonds investiert werden dürfen. Mit diesen Mindestanforderungen werden zukünftig auch wieder Investorengruppen aus dem klassischen Private-Banking-Segment Zugang zu geschlossenen Fonds erhalten. Aber auch für kleinere institutionelle Investoren, die gängige Mindestinvestitionssummen (häufig zwischen 5 bis 10 Millionen Euro) der Fonds, die sich auf institutionelle Anleger fokussieren, nicht darstellen wollen oder können.

In einigen europäischen Ländern wird es durch ELTIF-Fonds sogar erstmals privaten Investoren möglich sein, in einen geschlossen Fonds zu investieren. Diese länderübergreifende Regulierung der ELTIF-Fonds bietet Asset Managern die Möglichkeit, mit einer Fondsstruktur Investoren in sämtlichen europäischen Märkten anzusprechen.

Aktuell verfügbare ELTIF-konforme Fonds

Da das im vergangenen Dezember in Kraft getretene ELTIF-Regime recht jung ist, sind bisher nur wenige durch die Luxemburger Marktaufsichtsbehörde (CSSF) genehmigte ELTIF-Fonds bekannt. Ein rein institutioneller ELTIF-Fonds wurde bisher für den französischen Markt genehmigt. Partners Group hat den Prospekt eines auch für private Investoren zugänglichen ELTIF-Fonds zur Genehmigung bei der CSSF in Luxemburg eingereicht. Dieser ELTIF-Fonds wird in zirka 25 mittelständischen Unternehmen investieren und hat eine Laufzeit von zehn Jahren. Weiterhin befindet sich ein Prospekt für ein Vehikel in der Vorbereitung, welches in zirka 35 Unternehmenskredite investieren wird und mit einer Laufzeit von lediglich fünf Jahren eine attraktive Alternative für die Anleihequote darstellen kann.

Im vierten Quartal 2016 plant die Gruppe auch einige ihrer geschlossenen Fonds, die bisher nur institutionellen Investoren vorbehalten waren, mit der vom ELTIF-Regime geforderten Transparenz und Kosteneffizienz für eine breitere Anlegergruppe zu öffnen. Die Partners Group ELTIF-Fonds profitieren somit ebenfalls von den über Jahrzehnte entwickelten hohen Investmentstandards des Unternehmens sowie den tief gehenden ESG (Environmental, Social und Governance) Anforderungen für sozial nachhaltige Investitionen, die es bei seinen Investitionen anwendet.

Breiteres ELTIF-Fondsangebot in Sicht

Ein breiteres ELTIF-Fondsangebot kann in den kommenden Jahren erwartet werden. Einerseits stellen Diversifikationsforderungen des ELTIF-Regimes erhöhte Anforderungen an die Investitionskapazitäten der Asset Manager, andererseits kann zunächst auch mit Zurückhaltung im Hinblick auf die benötigte Transparenz gerechnet werden. Mittelfristig hat das ELTIF-Regime jedoch insbesondere durch die klar definierten Standards das Potenzial, ähnlich wie UCITS zum Qualitätsstandard für geschlossene Fonds zu werden.

Die konkreten ELTIF-Regeln sind ein wichtiger und richtiger Schritt hin zu geschlossenen Fonds mit verbesserter Transparenz und Kostenvorteilen für private und kleine institutionelle Investoren. Ein Privileg, das bisher meist nur großen institutionellen Investoren vorbehalten war. Allerdings wird der Erfolg und die Rendite eines geschlossenen Fonds nicht auf Basis der jeweiligen Regulierung oder Fondsstruktur erfolgen. Es ist vielmehr die Expertise des Asset Managers, ein gut diversifiziertes Portfolio mit werthaltigen Direktbeteiligungen verantwortungsvoll zusammenzustellen und weiterentwickeln zu können, die letztlich über den Erfolg eines ELTIF-Fonds entscheidet.

Markus Pimpl , Managing Director, Distribution Partners and Liquid Private Markets, Partners Group Holding AG, Zug
Noch keine Bewertungen vorhanden


X