NEW GENERATION - Die 111 besten deutschen Jungwinzer präsentiert von STUART PIGOTT WEINGUT DREISSIGACKER

WEINGUT DREISSIGACKER

Wenn ich auf dem Polterabend eines Jungwinzers wie ein Wilder tanze, dann werfen mir hinterher manche Kollegen vor, über ihn nicht mehr objektiv berichten zu können. Ehrlich gesagt, ich glaube beim Geschmack des Weins gar nicht an Objektivität. Aber ich glaube fest, dass mir alle Kollegen zustimmen, wenn ich behaupte, kaum ein deutscher Jungwinzer sei so schnell vorangekommen wie Jochen Dreissigacker (Jahrgang 1981). Als Erster in Bechtheim traute er sich, das warme Klima des Kessels, in dem der Ort liegt, für Weine mit einer Art subtropischer Prägung zu nutzen. Nicht nur die anderen Mitglieder der Jungwinzergruppe "Message in a Bottle", der Dreissigacker angehört, waren von seinen neuen Weinen begeistert.

Auch bei einem recht breiten Publikum stießen sie auf Zustimmung, und schnell haben seine Spitzenweine die üppigen und vielschichtigen Rieslinge aus dem Geyersberg und der noch opulentere Weißburgunder Einzigacker den Status neuer Klassiker erreicht. Wem das zu heftig ist, der wird die neuesten Dreissigacker-Bravourstücke vorziehen, die deutlich kühleren, schlankeren, aber ähnlich konzentrierten Rieslinge aus den Westhofener Spitzenlagen Aulerde, Kirchspiel und Morstein.

Als in den Weinbars von Berlin, München und Hamburg die ersten Dreissigacker-Rieslinge auftauchten, war die Begeisterung groß. Niemand hatte den Namen zuvor gehört. Doch schnell wurde er zum Geheimtipp. Dieser Rieslingstil hatte einen Nerv getroffen.

Jochen Dreissigacker aus Bechtheim hat diese Weine ausgebaut. Dass er seine Winzerkarriere mit einer Lehre zum Steuerfachangestellten begonnen hat, war sicher kein Ausrutscher, sondern schon auf seine spätere Aufgabe als Betriebsleiter im elterlichen Weingut ausgerichtet. Daran schloss sich die Winzerlehre im Weingut Keller in Flörsheim-Dalsheim an, das als Schmiede des rheinhessischen Weinwunders gilt. Im Weingut Bergdolt in der Pfalz beendete er seine Lehre. Nach einer Weiterbildung zum Weinbautechniker in Weinsberg übernahm er 2002 die Betriebsleitung des elterlichen Weinguts. Auf den 26 Hektar Rebfläche wachsen zu 60 Prozent Riesling sowie rote und weiße Burgundersorten. Ein wichtiger Schritt war 2004 die geglückte Umstellung auf biologischen Anbau; seit 2007 ist der Betrieb zertifiziert. Die Grundwerte seines weinbaulichen Handelns sind der schonende Umgang mit den Trauben und eine Weinbereitung, die mehr auf das Lassen als auf das Machen setzt.

Den 2011er Riesling Geyersberg nennt Jochen Dreissigacker mit einem kleinen Augenzwinkern: einzigartig. Die Trauben sind auf dem verwitterten Kalkstein der Bechtheimer Lage gewachsen. Durch schonende Pressung, Spontanvergärung in Holzfass und Edelstahltank und langes Hefelager ist ein Wein entstanden, der in der Tat seinesgleichen sucht. Zu welchen Speisen der Wein denn passe? Der Winzer muss nicht lange überlegen: "Zu allen."

Weintipp aus der Zeitschrift:

FINE Das Weinmagazin - Special No.2

Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag

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