Gespräch des Tages

VÖB I - Gleichbehandlung

Dass der Staat beziehungsweise die Politik künftig stärkeren Einfluss auf die Rahmenbedingungen der Kreditwirtschaft ausüben würde, ist seit vielen Monaten erwartet worden. Buchstäblich greifbar werden die Anforderungen des Staates an eine neue Branchenkultur aber erst nach der Insolvenz von Lehman Brothers Mitte September. Waren die möglichen Regulierungsmaßnahmen bis dahin bei mehr oder weniger unverbindlichen Vorschlägen und einigen hehren Selbstverpflichtungen verschiedenster Gremien auf nationaler und internationaler Ebene stehen geblieben, so sind seither innerhalb von nur gut zwei Monaten weltweit verbindliche Regelungen in Kraft getreten.

Auf Basis des international abgestimmten Grundinstrumentariums aus "Garantieermächtigung", "Rekapitalisierung" und "Risikoübernahme" gibt es inzwischen in vielen Ländern spezielle Gesetze zur Bewältigung der Finanzmarktkrise. Hierzulande werden die Eingriffsmöglichkeiten des Staates bekanntlich durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) vom 17. Oktober 2008 geregelt, das samt der drei Tage später folgenden Verordnung zur Durchführung des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes (FMStFG) als Artikelgesetz im Rekordtempo durch die gesetzlichen Instanzen gebracht wurde. Die darin festgelegten Bedingungen für die Staatshilfe orientieren sich in abgestufter Form "an der Art, der Höhe und der Dauer der in Anspruch genommenen Stabilisierungsmaßnahme."

Noch im Diskussionsstadium sind darüber hinaus internationale oder europäische Regulierungen. Weiter konkretisieren könnten sie sich beispielsweise im Gefolge der just zum Erscheinen dieser Ausgabe startenden Reihe von Weltfinanzgipfeln, mit denen die G20 das Gerüst einer neuen Finanzarchitektur bauen wollen. Und nicht zuletzt stehen auch seitens der EU-Kommission noch eine Reihe von Maßnahmen im Raum, die die hiesigen Verbände der Kreditwirtschaft eine neue Regelungsflut befürchten lassen.

Auf den ersten Blick sollte man meinen, der Verband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) sei gegenüber solcherlei Vorgaben der Politik insofern vergleichsweise immun, als sich die öffentliche Hand als (Mit-)Eigentümer vieler seiner Mitgliedsbanken ohnehin mehr oder weniger stark in deren Angelegenheiten einmischen kann. Aber auch als Interessenvertreter einer vergleichsweise staatsnahen Bankengruppe sieht sich der VÖB immer wieder mit gesetzlichen Vorgaben konfrontiert, die seine Institute im nationalen und/oder internationalen Wettbewerb benachteiligen könnten. Auf der Agenda weit oben steht derzeit zum einen wieder einmal die Befürchtung, allein der Anwendung von unterschiedlichen Regeln wegen, gegenüber Wettbewerbern aus anderen Ländern in Rückstand geraten zu können. Konkrete Nachteile für seine Mitgliedsinstitute wie auch für andere deutsche Banken befürchtet der Verband beispielsweise durch die vieldiskutierte Zwangsrekapitalisierung von Banken in den USA, Großbritannien und Frankreich. Eine höhere Eigenkapitalquote könnte ausländischen Instituten zu besseren Konditionen bei der Refinanzierung verhelfen. Im derzeitigen Stadium ist das nur eine begründete Vermutung. Sollte diese sich freilich in der Praxis zeigen, könnte sie durchaus zu einer Hausaufgabe für den Verband werden. Denn nicht zuletzt obliegt es ihm, dann nach Alternativen oder Auswegen zu suchen.

Die zweite Mahnung betrifft die Reform der Verbriefungsmärkte. Bei aller grundsätzlichen Sympathie für eine Verbesserung der Produktqualität sowie der Transparenz auf Verkäufer- wie Käuferseite warnt der VÖB vor einer Ungleichbehandlung der europäischen Institute gegenüber dem Rest der Welt. Die diskutierte Auflage für Verkäufer einen gewissen Anteil der Papiere (seien es nun fünf oder gar 20 Prozent) quasi als Vertrauensbeweis in die Qualität in den eigenen Büchern zu halten, ist für den VÖB nur als weltweit gültige Regelung akzeptabel. Auf europäische Institute beschränkt wird er indes als massiver Wettbewerbsnachteil bewertet.

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