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Unternehmensfinanzierung im Wandel - Erfahrungen eines Privatbankiers

Wer glaubte, dass das Bankgeschäft langweilig sei, konnte in den letzten Jahren seine Meinung gründlich revidieren. Neben den verbraucherrechtlichen Vorschriften (unter anderem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz, Wertpapierhandelsgesetz) kommen aufsichtsrechtlich strengere Eigenkapitalregeln auf die Banken zu.

Neue Anforderungen an Sicherheiten

Die Beweggründe sind gut gemeint. Gesetzgeber und Aufsicht versuchen, alle Banken und Bankengruppen krisenfest zu machen. Außerdem sollen Auswirkungen, wie sie zur ersten Bankenkrise 2008 (Lehman) geführt haben, für die Zukunft wenn möglich - ausgeschlossen oder zumindest deutlich erschwert werden. Hierzu wurden und werden die regulatorischen Hürden aktuell für die Kreditinstitute drastisch erhöht.

Entschieden ist bereits im Rahmen von Basel III, dass die Banken mit einer Übergangsfrist bis zum Jahresbeginn 2019 erheblich mehr Eigenkapital vorhalten müssen, um potenzielle Verluste besser überstehen zu können. Nachdem die Möglichkeiten, frisches Eigenkapital von außen zuzuführen, speziell für die Privatbanken, sehr eingeschränkt sind, folgt daraus, dass erzielte Gewinne thesauriert werden müssen. Das zwingt die Inhaber der Privatbanken zu einer Veränderung der Dividenden-Ausschüttungs-Politik zu ihren Lasten.

Reduktion risikogewichteter Aktiva

Alternativ können zur Erreichung der erforderlichen Kernkapitalquote risikogewichtete Aktiva reduziert werden, mit der Folge einer unmittelbaren Auswirkung auf die kreditnehmenden Unternehmungen. Die Gefahr einer dann entstehenden Kreditklemme kann spätestens jetzt nicht mehr ausgeschlossen werden.

Auch die gestiegenen Anforderungen an die Methodik der Risikotragfähigkeitsberechnung sollen dazu dienen, die Banken krisenfester zu machen. Wenn Risiken schlagend werden, sollen der laufende Ertrag und schnell realisierbare Reserven das Überleben der Institute sichern (Going-Concern-Gedanke). Ohne Frage ist es immer positiv, wenn sich Banken vorausschauende Gedanken über ihre Risiken machen.

Ein Ergebnis wird dabei sein, die Risikogewichtung der Aktiva zu reduzieren, zum Beispiel durch Umschichtung im Kreditportfolio. Daraus ergibt sich für die Banken ein geringerer Spielraum für einzugehende Kreditrisiken. Bereits jetzt ist es notwendig, die Kreditbestände zu optimieren und die dafür einzusetzenden Kapitalbestandteile sensibler zu steuern. Kreditnehmer mit schlechtem Rating werden sich darauf einstellen müssen, neuen Sicherheiten-Anforderungen gegenüberzustehen und für sie schlechtere Konditionen akzeptieren zu müssen. Im schlimmsten Falle erhalten sie überhaupt keinen Kredit mehr.

Schließlich wird die Verschärfung der Liquiditätsanforderungen dazu führen, dass langfristige Zinsbindungen nur noch in dem Maße angeboten werden, in dem entsprechend langfristige Einlagen als Refinanzierungsmittel zur Verfügung stehen. Die kleinen und mittelständischen Privatbanken, die in der Regel diese langfristigen Einlagen nicht in ausreichendem Umfang besitzen, werden dies zum Anlass nehmen, in verstärktem Maße Zinssicherungsinstrumente, bei denen sie mit geeigneten Partnern kooperieren, ergänzend in das Leistungsangebot für ihre mittelständischen Kunden aufzunehmen.

Reaktionsmöglichkeiten einer Privatbank

Die Privatbanken - und darunter auch die mittelständisch ausgerichtete Fürstlich Castell'sche Bank - haben, losgelöst von den jetzt kommenden gesetzlichen Vorgaben, auf die Herausforderungen im Kundengeschäft schon seit längerer Zeit reagiert. Sie sahen schon seit jeher ihre Aufgabe darin, ihren Kunden immer eine unternehmerisch geprägte Beratung zu bieten und sich nicht nur auf die Kreditgewährung als Einzelgeschäft zu konzentrieren.

Beispielhaft findet sich ein solcher Prozess wie folgt wieder: Bei einer Kundenanfrage nach einer Investitionsfinanzierung findet zunächst die (selbstverständliche) Prüfung der Bonität und des gleichzeitig mit angeforderten Businessplanes statt. Daneben wird zeitgleich geprüft und mit dem Kunden diskutiert, wie sich möglicherweise die Gesamtkapitalstruktur durch diesen Finanzierungsvorgang verändert und wie eine optimierte Kapitalstruktur mit einem Mix aus Eigenkapital und Fremdkapital aussehen sollte. Kapitalersetzende Instrumente, wie Mezzanine- sowie Beteiligungskapital oder Leasingkomponenten, werden mit einbezogen.

Zusätzlich beinhaltet die Beratung einen Blick auf die bilanztechnische Aufstellung des Unternehmens mit Empfehlungen zu möglicherweise vorzunehmenden Veränderungen und/oder Ausgliederungen (etwa im Hinblick auf das Bilanzmodernisierungsgesetz, Einsatz von Factoring und andere Maßnahmen).

Je nach Unternehmenssituation kann auch die Aufnahme neuer Partner als Geldgeber, mit dem Ziel, Investitionsrisiken auf mehrere Schultern zu verteilen und damit das Unternehmen krisenfester zu machen, sinnvoll sein. Diese Vorschläge werden selbstverständlich in engem Dialog mit den Uönrtertn.ehmern er

Vorteile langjähriger Kundenbeziehungen

Kleinere Privatbanken verfügen nicht über personalintensive Stäbe mit vielen Spezialisten wie die Großbanken. Dagegen können sie Faktoren ins Feld führen, die von ihren zumeist eher mittelständisch geprägten Kunden in hohem Maße geschätzt werden.

Von besonderer Bedeutung sind die häufig sehr langjährigen Beziehungen zu den Unternehmen und den für sie handelnden Personen. Diese werden durch eine geringe Fluktuation bei den Kundenberatern ermöglicht. Die für dieses Geschäft notwendige und erforderliche Vertrauensbasis kann nur durch eine stetige verlässliche Einhaltung von Zusagen und die Güte von Empfehlungen im Zeitverlauf wachsen. Bankier und Unternehmer sprechen darüber hinaus die gleiche Sprache und begegnen sich "auf gleicher Augenhöhe".

Privatbanken erwerben regelmäßig sehr spezifische Erfahrungen bei den typischen Finanzierungsanfragen aus dem Mittelstand. Im Falle der Castell-Bank kommt hinzu, dass die Eigentümer neben der Bank noch Unternehmungen aus dem Primärsektor betreiben. Über diesen Weg erhalten die Firmenkundenberater und die Kompetenzträger Einblicke in die eigenen Unternehmen und können Unternehmensentscheidungen sehr nah nachvollziehen und verstehen. Diese Erfahrungen und Kenntnisse fließen uneingeschränkt in die Gespräche mit den Kreditkunden ein. Schließlich führen kurze interne Entscheidungswege zu kurzfristigen Entscheidungen, die das Kundenklientel gerade von privat geführten Bankinstituten erwartet.

Bewusstseinswandel wünschenswert

Nicht nur in der längeren, sondern auch in der jüngsten Vergangenheit war ein extremer Preiswettbewerb im Kreditgeschäft festzustellen. Ein Vergleich mit den Verhältnissen im Lebensmitteleinzelhandel liegt nahe: Die Kunden fordern niedrige Preise und übersehen die damit erhaltene schlechtere Qualität der Leistung und der Produkte.

Wünschenswert wäre ein Bewusstseinswandel, der auch durch die Veränderungen im wettbewerblichen und regulatorischen Umfeld entstehen könnte. Zunächst bei einigen wenigen Kunden setzt sich die Tendenz durch, für gute Beratung den Banken ein entsprechendes Entgelt zu gewähren. Die Kunden kommen allmählich zu der Erkenntnis, dass auch bei der Finanzierungsberatung gilt: "Maßschneiderei" ist teurer als "der Anzug von der Stange".

Auskömmliche Ergebnisse in Sicht?

Spätestens hier muss klar sein, dass der Privatbankier mit dem von ihm gebotenen höheren Aufwand einen Mehrwert bietet, der eine entsprechend höhere Preisstellung erfordert. Die Privatbankiers haben die Aufgabe, diese Leistung transparent zu machen und die Vorteile daraus für alle Beteiligten stärker als bisher aufzuzeigen.

Das Licht am Ende des Tunnels für auskömmliche Ergebnisse aus der Unternehmensfinanzierung ist noch schwach. Aber erste Ansätze für eine Verbesserung sind erkennbar. Privatbanken tun gut daran, ihr Profil durch den Ausbau ihrer jeweils speziellen Möglichkeiten und Fähigkeiten zu schärfen.

Der Schwerpunkt ist vom Nur-Verkauf des Produktes Kredit hin zum Angebot hochwertiger Beratung zu verlegen. Weitere neue Themen halten Einzug in den Beratungsalltag. Die entsprechenden Qualifikationen müssen aufgebaut und laufend aktuell gehalten werden.

Zum Beispiel sind für die Neugestaltung der Kapitalstruktur in einem Unternehmen umfängliche Kenntnisse über einzusetzende Instrumente zu vermitteln. Für die Nachfolgeplanung in familiengeführten Unternehmen müssen gesellschafts- und steuerrechtliche Fragen beantwortet werden können. Zusätzlich ist durch zielgerichteten Einsatz geeigneter Berater zu erreichen, sensibel mit familieninternen und von oft starken Unternehmerpersönlichkeiten geprägten Situationen umzugehen. Ähnliches gilt auch für die Erbfall-Optimierung des Gesamtvermögens des Unternehmers.

Honorierte Beratung

Sehr stark betriebswirtschaftlich orientiert sind dagegen Herausforderungen, die aus Fragen der Reduktion der Kapitalbindung im Unternehmen, zum Beispiel durch Effizienzsteigerungen, Verbesserung des Mahnwesens, Optimierung der Lagerhaltung sowie zur Verbesserung der Innenfinanzierung im Unternehmen resultieren. Ergänzend sind auf der Bankproduktseite die Informationen über alle relevanten mittelständischen Förderprogramme aktuell zu halten. Am anspruchsvollsten und meist nur durch vielfältige Erfahrungen im Lauf mehrerer Jahre sind die Fähigkeiten zu entwickeln, die für die Optimierung der strategischen Positionierung des Kundenunternehmens benötigt werden. Der hierbei erfolgreiche Banker hat in der Regel seinen Kunden für eine lange Zeit an sich gebunden.

Es scheint klar zu sein, in welche Richtung der Weg führen wird. Die Wandlung vom Produktverkäufer zum Problemlöser durch das Angebot einer hochqualifizierten - und entsprechend honorierten - Beratung, ist für Privatbankiers alternativlos.

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