Aufsätze

Unternehmensfinanzierung - immaterielle Vermögenswerte als Sicherheit

Als Folge der verschärften Anforderungen der Banken im Hinblick auf die Kreditmittelvergabe stehen kapitalsuchende Unternehmen vor großen Problemen. Vor diesem Hintergrund bieten innovative - auf immateriellen Vermögenswerten basierende - Finanzierungslösungen neue Möglichkeiten der Unternehmensfinanzierung. Diese sind zunehmend auch für den Mittelstand interessant. Immateriellen Vermögenswerten wird eine stärker werdende Bedeutung im Zusammenhang mit ihrer Wertschöpfung für Unternehmen zugemessen.

Gerade bei innovationsstarken Unternehmen ist "geistiges Eigentum" einer der wichtigsten Wertfaktoren. Dennoch ist Intellectual Property (IP) - insbesondere Marken und Patente - vielen Unternehmen als attraktive Finanzierungsmöglichkeit noch weitgehend unbekannt. Dabei birgt IP ein enormes Potenzial, wie eine Studie der KfW aus dem Jahr 2009 zeigt. Lediglich bei zwei Prozent aller besicherten Finanzierungen in Deutschland werden demnach Sicherheiten durch IP gestellt. Ähnlich gering fällt nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Leasing-Unternehmen der Anteil der immateriellen Vermögenswirtschaftsgüter im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Mobilienleasingmarktes aus.

IP-Finanzierung - Modelle im Überblick

Für auf IP basierende Finanzierungen existieren mittlerweile einige Finanzkonstruktionen am Markt, die eine gewinnbringende Verwendung von Marken und Patenten sowohl für kapitalsuchende Unternehmen als auch für Kapitalgeber erlauben. Zu den am häufigsten eingesetzten Finanzierungsformen gehören derzeit die Kreditbesicherung sowie Sale-and-Lease-Back. Entscheidend für die Auswahl der optimalen Finanzierungsform sowohl aus der Sicht der Kapitalgebers als auch des Unternehmens ist die "Reife" des IP. Diese kann insbesondere anhand der Risiken und Cash-Flows beurteilt werden, die der relevanten Lebenszyklusphase des zu finanzierenden IP zuzuordnen sind. Während die Forschungsphase für eine Technologie mit den größten (produkt-, markt- und technologiebezogenen) Entwicklungsunsicherheiten und negativen Cash-Flows verbunden ist, lassen sich die (positive) Umsatz- und Gewinnentwicklung eines auf dem bereits erteilten Patent basierenden Produkts in der Regel besser prognostizieren. Die Übersicht stellt mögliche Finanzierungsformen den einzelnen IP-Lebenszyklusphasen gegenüber - je reifer das IP, desto vielfältiger sind die Möglichkeiten.

In der Praxis am gängigsten ist, dass Marken und Patente entweder als Sicherheit übereignet oder ein Pfandrecht an ihnen bestellt wird. In der letzten Zeit gewann zudem die Kreditbesicherung in Form von Bürgschaften im Zusammenhang mit dem Hilfe-Fonds "Wirtschaftsfonds Deutschland" an Bedeutung.

Die Kreditbesicherung mittels IP

Die Kreditbesicherung durch IP eignet sich sowohl für kleinere und mittlere sowie nicht börsennotierte Unternehmen. Das ist einer der wesentlichen Vorteile dieser Finanzierungsform. Darüber hinaus können (nachträgliche) Risiken durch einen klar formulierten Vertrag minimiert werden etwa in Bezug auf die Sicherung der Nutzungsrechte während und nach dem Finanzierungszeitraum, die Unterlizenzierung oder die Aufrechterhaltung und Pflege der Marken- und Patentrechte. Eine Offenlegung der Transaktion für Unternehmen ist nicht notwendig: es erfolgt meistens keine Eintragung ins Register. Dies kann allerdings aus der Sicht des Kapitalgebers nachteilig sein, weil theoretisch eine mehrfache Sicherheitenbestellung gegenüber mehreren Kreditinstituten möglich wäre.

An die Kreditbesicherung stellen die Kapitalgeber bestimmte Anforderungen, die vom Kapitalnehmer zu berücksichtigen beziehungsweise zu erfüllen sind: Aufgrund ihrer juristischen Durchsetzbarkeit sind erteilte Marken und Patente unter den verschiedenen IP-Rechten am besten geeignet für Kreditbesicherungszwecke (bestandene Prüfung durch das Patent- und Markenamt sowie Möglichkeit der Übertragbarkeit). Die Cash-Flows der Marken und Patente sollten bereits markterprobt sein (zum Beispiel anhand einer Lizenzvergabe an Dritte oder mehrjähriger positiver Umsatz- und Ergebnishistorie). Und häufig ist eine komplementäre Rechtsübertragung notwendig (zum Beispiel an Spezialmaschinen) oder es werden zusätzliche Kreditsicherheiten verlangt (etwa bei verschlechterten wirtschaftlichen Verhältnissen des Kreditnehmers).

Die Bonität des Kreditnehmers spielt bei einer IP-Finanzierung unabhängig von dem durch die Bank eingesetzten Ansatz zur Kreditrisikoermittlung (Standardansatz oder Interner Ratingansatz) eine entscheidende Rolle. Zu rechnen ist regelmäßig mit einer Grenze von weniger als 50 Prozent des Beleihungswertes.

Herausforderung Bewertung

Zusätzlich zur Kreditbesicherung besteht die Möglichkeit, im Rahmen eines Sale-and-Lease-Back die IP zu verwerten. Hierbei werden die immateriellen Vermögenswerte meist an eine Leasing- oder Objektgesellschaft veräußert und anschließend zur Nutzung an das Unternehmen zurücklizenziert. Auf Basis eines Bewertungsgutachtens wird der Veräußerungspreis der immateriellen Vermögenswerte ermittelt. Das Gutachten wird in der Regel von unabhängigen Experten beziehungsweise neutralen Gutachtern erstellt. Zu den bekanntesten Fällen des Marken-Sale-and-Lease-Back in Deutschland zählen Asbach Uralt, Closed Jeans sowie ein Portfolio aus den Marken Livio, Biskin und Becht's.

Voraussetzung für einen Marken-Sale-and-Lease-Back sind Marken, die über eine hohe Markenstärke verfügen sowie einen signifikanten Anteil an der Wertschöpfung innerhalb des Unternehmens darstellen.

Beim Sale-and-Lease-Back verbleibt darüber hinaus die operative Markenführung, die die Pflege und Aufrechterhaltung der Marken beinhaltet, beim Unternehmen. Hierbei ist allerdings notwendig, ein wertorientiertes Marken-Controlling zu implementieren, um die Werthaltigkeit der Marke kontinuierlich messen und steuern zu können. Ein weiterer wertvoller Nutzen von Sale-and-Lease-Back-Lösungen - neben der Generierung von Liquidität, der möglichen Bilanzneutralität sowie fehlender Verpflichtung zur Offenlegung im Register - liegt in der individuellen Strukturierung der Transaktion. Diese ermöglicht eine steuerneutrale Gestaltung des Verkaufs oder eine Finanzierung über den Kapitalmarkt. Zusätzlich führen die für die Nutzung der Marke zu zahlenden Lizenzen zur Steuerminderung für das Unternehmen. Ein Grund für die geringe Anzahl an IP-Finanztransaktionen ist vor allem darin zu sehen, dass Banken lediglich über begrenzte praktische Erfahrungen hinsichtlich der Werthaltigkeit des IP im Verwertungsfall verfügen. Daher ist eine verlässliche monetäre Wertermittlung des IP unabdingbar. Diese setzt eine umfangreiche Expertise im Umgang mit Bewertungsverfahren und -methoden sowie solide Marktkenntnisse voraus. Demnach ist ein externes Bewertungsgutachten von unabhängigen Experten zur Darlegung der Werthaltigkeit von Patenten und Marken empfehlenswert.

Auf dem Markt existieren bereits vielfältige Bewertungsmethoden. Doch bis vor Kurzem gab es keine einheitlichen Standards. Um Risiken aus der Finanztransaktion zu minimieren, ist dennoch eine weitgehend standardisierte Vorgehensweise zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte unverzichtbar.

Aus diesem Grund haben sich in den vergangenen Jahren mehrere Initiativen mit den Zielen der Standardisierung, Harmonisierung sowie der Akzeptanzsteigerung der Bewertungsverfahren von immateriellen Vermögenswerten gebildet. So zeichnet beispielsweise der Arbeitskreis der Initiative Finanzstandort Deutschland für den Entwurf des Standards "Grundsätze zur Bewertung von Patenten bei der Verwendung als Kreditsicherheit" verantwortlich. Zudem hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) den Standard S5 "Grundsätze zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte" entwickelt. Darüber hinaus ist ein internationaler Arbeitskreis gegenwärtig dabei, einen im Entwurf veröffentlichten ISO-Standard zur Bewertung von Marken zu finalisieren.

Im Hinblick auf die Erfüllung der grundsätzlichen Anforderungen an die Bewertung von immateriellen Vermögenswerten haben sich kapitalwertorientierte Verfahren als klar zu präferierende Bewertungsverfahren herauskristallisiert. Dabei werden die zukünftig erwarteten vermögenswertspezifischen Cash-Flows aus denen des Unternehmens isoliert und auf einen Bewertungsstichtag abgezinst. Dies ermöglicht nicht nur eine transparente und verlässliche Bestimmung des monetären Wertes, sondern auch eine Überleitung zum Gesamtwert des Unternehmens.

Aufklärungsarbeit notwendig

Auf immateriellen Vermögenswerten basierende Finanzierungsformen können einen gewichtigen Beitrag zur Unternehmensfinanzierung leisten. Doch ist diese Form der Finanzierung sowohl auf Unternehmensseite als auch auf Bankenseite noch mit vielen Vorbehalten behaftet. Hier müssen alle Beteiligten weiterhin Aufklärungsarbeit leisten.

Insbesondere Unternehmen sind oftmals über die Möglichkeit einer IP-Finanzierung nicht informiert. Besonders in mittelständischen Unternehmen besteht ferner nur eine vage Vorstellung über den monetären Wert der eigenen immateriellen Vermögenswerte. Aber auch die Kreditgeber haben (noch) Vorbehalte gegenüber IP-Finanzierungen, insbesondere aufgrund der vermeintlichen Diskrepanz von Bewertungsverfahren und des damit verbundenen Restwertrisikos am Ende der Finanzierung. Diesen Bedenken wird allerdings zunehmend durch die Standardisierungsbestrebungen begegnet. Nicht zuletzt forcieren auch IFRS-Rechnungslegungsstandards oder die Basel-II-Regelungen das Thema IP-Finanzierung.

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