Aufsätze

Steuerung von Risikoaktiva aus Sicht öffentlich-rechtlicher Primärinstitute eine Nutzenbetrachtung

Das Volumen verkaufter und verbriefter Risikoaktiva aus öffentlich-rechtlichen Primärinstituten ist gering. Und auch die bisher im Sparkassenverbund zur Steuerung des Kreditportfolios getätigten Transaktionen sind verglichen mit dem genossenschaftlichen Sektor beziehungsweise mit den Kreditbanken sehr wenige.

Ungekündigte Forderungen und Non-performing Loans

Es lassen sich grundsätzlich zwei Arten von Risikoaktiva unterscheiden. Bei ungekündigten Forderungen spielt vor allem die Zusammensetzung des Portfolios für die Steuerung eine zentrale Rolle. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, wie Branchen-, Bonitäts- und Volumenkonzentrationen aktiv gemanagt werden können.

Hier wurden erste Basket-Transaktionen in Verbindung mit Credit Default Swaps (CDS) und Credit beispielsweise zwischen der bayerischen Landesbank und bayerischen Sparkassen getätigt. Inzwischen wird eine dritte Basket-Transaktion durchgeführt. Im Zuge dieser Transaktion wird bayerischen Sparkassen die Möglichkeit geboten, sich über die Zeichnung von Credit Linked Notes an dem Portfolio zu beteiligen.

Non-performing Loans (NPL) sind leistungsgestörte Darlehen. Hier ist die Frage nach deren effizienter Bearbeitung und dem erzielbaren Ergebnisbeitrag dieser Forderungen von Bedeutung. Auf dem NPL-Markt sind einige öffentlichkeitswirksame Transaktionen getätigt worden. Im öffentlich rechtlichen Kreditgewerbe machte die Niederschlesische Sparkasse in Görlitz auf sich aufmerksam, als sie als erste ostdeutsche Sparkasse in 2004 notleidende Kredite im unteren dreistelligen Millionenbereich veräußerte.1)

Die Käufer der NPL im deutschen Markt sind hauptsächlich US-Finanzinstitute beziehungsweise US-Fonds. Vertreter der ersten Gruppe sind die bekannten Investmentbanken wie Merrill Lynch oder JP Morgan. Ein Fonds auf der Bieterseite ist beispielsweise Lone Star. Das Unternehmen wurde einer breiteren Fachöffentlichkeit bekannt, als es Risikoaktiva der Hypo Real Estate nach deren Abspaltung von der Hypovereinsbank AG in zwei Tranchen mit einem Gesamtvolumen von über 4,0 Milliarden Euro ankaufte.

Insgesamt lässt sich durch den gezielten Abbau von Kreditrisikopositionen und die Möglichkeit des Aufbaus neuer Positionen die Rendite-/Risikoposition des Instituts verbessern. Trotz dieser Möglichkeiten ist das bisherige Verbriefungs- und Verwertungsvolumen in der öffentlich-rechtlichen Kreditwirtschaft im Vergleich zum Potenzial handelbarer Risikoaktiva ausgesprochen gering.

Das Volumen handelbarer NPL wird in Deutschland auf zirka 300 Milliarden Euro geschätzt.2) 20 bis zirka 33 Prozent davon - also 60 bis 100 Milliarden Euro - dürften nach Schätzungen auf die Sparkassen-Finanzgruppe entfallen.3)4) An dieser Stelle stellt sich zunächst die Frage, welche Motive vor allem private Banken umtreiben, Kredittransaktionen zu tätigen und warum das Volumen vergleichbarer Transaktionen im öffentlich-rechtlichen Kreditgewerbe bisher so gering ausfiel. Nach Erörterung dieser Fragen lassen sich Thesen aus der weiteren Entwicklung des Verbriefungs- und Verwertungsmarktes für öffentlich-rechtliche Primärinstitute ableiten.

Der betriebswirtschaftliche Nutzen als Treiber der Transaktionen

Wesentliche Motive für den Handel der Risikoaktiva sind die Verbesserung der Ren-tabilitäts-, Kapazitäts- und Eigenkapitalposition. Die Auslagerung der Risikoaktiva macht dann Sinn, wenn sich hierdurch eine verbesserte Rendite/Risikosituation und durch das geringere Risikoexposure eine geringere Eigenmittelunterlegung ergibt. Dies führt insgesamt zu mehr Handlungsspielraum für die Verbesserung der Rentabilität. Die Verbriefung von ungekündigten Forderungen kann beispielsweise durch Portfoliodiversifizierung zu einem geringeren Unexpected Loss, das heißt einer besseren Risikoposition, führen.

Durch den Verkauf von NPL lässt sich der Expected Loss reduzieren und damit ebenfalls die Risikoposition verbessern. Der Verkauf von NPL entlastet darüber hinaus die Eigenkapitalanforderungen und verbessert gegebenenfalls sogar die Vermögensposition, wenn es gelingt, bei Verkauf (Sell) einen höheren Preis für die Aktiva als bei Eigenbearbeitung (Make) zu erzielen. Der Grenznutzen ermittelt sich aus der Diskontierung relevanter Erträge und Aufwendungen je Entscheidungsalternative und lässt sich in einer Nutzenanalyse darstellen. Abbildung 1 zeigt die Einflussfaktoren dieser Nutzenanalyse und die Phasen der Auslagerung von Risikoaktiva.

Institutionelle, rechtliche und betriebswirtschaftliche Argumente

Für die Entscheidungsalternativen Make or Sell werden folgende Planerlöse undkosten saldiert und zur Diskontierung herangezogen:

Entscheidungsalternative Make:

Zinserträge auf wertberichtigte Forderungen

./. Prozesskosten der Abwicklung

./. Kosten für externe Gutachten

././+ kalkulatorische Kosten oder Erträge der Exposureposition des Institutes

= Erfolgsbeitrag der Entscheidungsalternative Make

Entscheidungsalternative Buy:

Opportunitätserlöse der alternativ verwendbaren, freien Liquidität

+/./. außerordentlicher Ertrag oder Aufwand (Marktwert über oder unter dem Forderungsbuchwert)

./. Kosten der Due Diligence

././+ kalkulatorische Kosten oder Erträge der Exposureposition des Institutes

= Erfolgsbeitrag der Entscheidungsalternative Buy

Die Ursachen für das geringe Transaktionsvolumen bei den Sparkassen sind institutioneller, rechtlicher und betriebswirtschaftlicher Natur.

Es finden sich nur wenige publizierte Argumente, die sich kritisch mit dem Thema "Auslagerung von Risikoaktiva bei öffentlich - rechtlichen Kreditinstituten" auseinandersetzen. Wie oben angedeutet ist in Deutschland ein Marktpotenzial handelbarer NPL in Sparkassen zwischen 60 und 100 Milliarden Euro vorhanden. Offensichtlich sehen die Entscheidungsträger in den Instituten den Nutzen einer Auslagerung der NPL als zu gering an.5) Ordnet man die in diesem Zusammenhang in Diskussionen mit Vorständen und Führungskräften von Sparkassen vorgebrachten Argumente, werden institutionelle, rechtliche und betriebswirtschaftliche Argumente gegen eine Auslagerung von Risikoaktiva genannt.

Institutionelle Argumente: Bis vor kurzem fehlte eine zentrale Einheit zum Ankauf von Risikoaktiva im öffentlich-rechtlichen Kreditgewerbe. In 2005 gründeten die Nord-LB und die WestLB zusammen mit Shinsei/JC Flowers 2005 ein Joint Venture für Problemkredite, die Servicegesellschaft Kreditmanagement GmbH. Sie ist das bisher einzige Unternehmen im öffent-lich-rechtlichen Bereich für den Ankauf, die Restrukturierung sowie die Verwertung notleidender Kredite. Inzwischen bietet sie öffentlich-rechtlichen, aber auch privatrechtlich organisierten Kreditinstituten die Möglichkeit der Sanierung und Abwicklung von Problemkrediten im Bereich der Immobilienkredite und der Ausleihungen an Mittelstands- und Großunternehmen.

Rechtliche Argumente: Rechtliche Probleme gibt es aus Sparkassensicht insbesondere bei strukturierten Finanzierungen, bei denen Mittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) berücksichtigt sind. Diese Förderkredite lassen sich allerdings beim Ankauf der notleidenden Kredite durch den Käufer ablösen. Vorgeschaltet ist ein Analyse- und Bewertungsprozess dieser Finanzierungsanteile, der die Grundlage für die Preisverhandlung mit der Sparkasse darstellt.

Betriebswirtschaftliche Argumente: Die betriebswirtschaftlichen Argumente, die gegen eine Auslagerung vorgebracht werden, unterscheiden sich danach, ob eine Auslagerung vor dem Hintergrund einer komfortablen Eigenkapitalausstattung Sinn macht oder ob durch eine zu konsequente und zu hart empfundene Verwertungspraxis negative Auswirkungen auf die Kundenbeziehungen im Geschäftsgebiet der Sparkasse zu erwarten sind.

Keine Frage der Eigenkapitalausstattung

Deutsche Sparkassen sind in der Regel gut kapitalisiert. Im Durchschnitt konnten die Häuser ihre bilanzielle Eigenkapitalquote von 2001 auf 2004 von 4,24 Prozent auf 4,67 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme erhöhen. Bayerische Sparkassen beispielsweise konnten diese Quote in diesem Zeitraum sogar von 4,96 Prozent auf 5,60 Prozent erhöhen.6) Gerade in stark kapitalisierten Instituten wird argumentiert, eine zusätzliche Freisetzung haftender Eigenmittel ergebe wenig Sinn, da der Engpass meist auf der Mittelverwendungsseite besteht und somit rentierliche und unter Risikoaspekten tragfähige Anlagen nicht aber haftende Eigenmittel - fehlen.

An dieser Stelle hilft ein Blick auf die Rentabilitäts- und Effizienzsituation deutscher Sparkassen. Abbildung 2 zeigt für das Drittel der eigenkapitalstarken Institute, dass - gemessen an dem RoE-Ziel von 15 Prozent und dem Cost-Income-Ratio-Ziel von 60 Prozent - in 2004 von 154 Sparkassen 13 (8, 6 Prozent) beide Ziele, fünf Institute das Eigenkapitalrentabili-täts-, aber nicht das Effizienzziel, dafür aber 112 Häuser (73, 7 Prozent) beide Ziele nicht erreichten.

Imageschaden?

Für die 33 Prozent der eigenkapitalschwachen Sparkassen gilt ein ähnliches Ergebnis. Hier sind es 18 (11,6 Prozent) Sparkassen, die beide Ziele erreichten. 20 Häuser (12,99 Prozent) erreichten eins der beiden Ziele und 106 oder 68,9 Prozent erreichten keines der beiden Ziele.

Die Analyse zeigt zum einen, dass über zwei Drittel der Sparkassen von den gesetzten Zielen noch ein gutes Stück entfernt sind. Zum Zweiten ist bei dieser Analyse der betriebswirtschaftliche Erfolg weitgehend unabhängig von der Eigenkapitalquote der Institute. Und dies legt den Schluss nahe, dass die Qualität der Anlageentscheidungen im Zinsbuch oder im Depot A für die Rentabilität und Effizienz einer Sparkasse ein wesentlich wichtigerer Erfolgsfaktor als die Ausstattung mit Eigenkapital ist. Zum anderen hört man das Argument, dass ein zu straffes Verwertungsmanagement einen erheblichen Imageschaden bei der gewerblichen Kundschaft der Sparkasse hervorrufen kann. In diesem Zusammenhang wird Angst vor Sanierungsspezialisten geäußert, die ohne Rücksicht auf die Geschäftsbeziehungen in der Region auch die Verwertung von Sicherheiten vorantreiben, um möglichst hohe Verwertungserlöse zu erzielen.

An dieser Stelle ist anzumerken, dass bei den Käufern der NLP in der Regel langjährig praxiserfahrene Sanierungs- und Problemkreditabwicklungsspezialisten aus der Kreditwirtschaft und der Industrie mit der Verwertung von Sicherheiten beschäftigt sind. Darüber hinaus kann vertragsindividuell festgelegt werden, welche Sicherheiten bei dem Kunden in welchem Ausmaß in Anspruch genommen werden dürfen oder wie die Vorgehensweise der Verwertung vonstatten gehen soll. So lässt sich beispielsweise vertraglich regeln, ob ein Bürge in Anspruch genommen werden soll. Natürlich stellen diese Einschränkungen bei der Verwertung der Sicherheiten preisrelevante Komponenten dar.

Auch im öffentlich-rechtlichen Kreditgewerbe wird das Volumen auslagerungsfähiger Risikoaktiva zunehmen. Die institutionellen Voraussetzungen im Sektor sind geschaffen. Ob das Volumen nennenswert ansteigen wird, hängt davon ab, inwieweit sich der Nutzen einer Transaktion transparent ermitteln lässt und der Weg der Wertermittlung den Verkäufern der Risikoaktiva auch vermittelt wird. Das Zeitfenster für den Markt schließt sich in drei bis vier Jahren, da bis dahin der überwiegende Teil des Volumens notleidender Kredite entweder in Eigenregie der Institute saniert, abgeschrieben oder eben ausgelagert wurde.

Dr. Rüdiger Frischmuth , Unternehmensberater, Olching Sustainability-Linked Bonds (SLBs)
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