Gespräch des Tages

Staatsfonds - Vermasselte Einkaufstour?

Dr. Bettina Wieß, Frankfurt, schreibt der Redaktion: "Der britische Oppositionsführer David Cameron forderte nach dem Einmarsch russischer Truppen in Georgien strengere Einreisebestimmungen für russische Staatsbürger, die ein , Shopping- und Luxuswochenende' in London verbringen wollen. Die Beschränkung einer , Einkaufstour' ganz anderer Art stand im August auf der Tagesordnung des Bundeskabinetts: Mit einer Abänderung des Außenwirtschaftsgesetzes soll das Bundeswirtschaftsministerium ein Prüf- und Vetorecht bei einem Erwerb eines Anteils von mehr als 25 Prozent durch einen ausländischen Investor an einem Unternehmen erhalten, wenn damit die öffentliche Ordnung und Sicherheit bedroht werden könnte. Gemeint sind vor allem Staatsfonds, die ihre Einnahmen aus Rohstoffexporten oder ihre Devisenreserven zunehmend in Aktien anlegen. Industrie und Banken warnen vor einem , Abschotten' der Bundesrepublik vor internationalen Finanzinvestoren, hatten sich doch Staatsfonds aus Singapur, China und den arabischen Staaten in den letzten Monaten um die Stabilisierung internationaler, vor allem US-amerikanischer Großbanken verdient gemacht und investieren doch auch gerade deutsche Unternehmen große Summen im Ausland. Der Vorsitzende des Bundesverbandes deutscher Banken, Commerzbank-Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller, sprach von einer befremdlichen Situation, als er bei einem Besuch in arabischen Anlagestaaten habe erklären müssen, warum nun diese gesetzlichen Regelungen kämen, obwohl doch Kuwait zum beiderseitigen Vorteil seit 1974 einen Anteil an dem Stuttgarter Autobauer Daimler halte.

Dass China nicht weiterhin die amerikanische Verschuldung durch den Kauf niedrig verzinster US-Treasuries finanzieren will ist verständlich. Und selbst gut ausgestattete Finanzinvestoren werden nicht auf Dauer zusehen wollen, wie ihre Kapitaleinlagen bei den Investmentbanken durch Kursrückgänge bei den Bankwerten dahin schmelzen, auch wenn langfristig von einer Erholung ausgegangen werden kann. Bleiben als Anlagemöglichkeit international gut aufgestellte Konzerne, von denen einige in Deutschland sitzen. Sie sind nicht nur im größten Absatzmarkt der EU zu Hause, sondern verfügen zudem über Kompetenzen und strategische Vorteile, die sie international wettbewerbsfähig gemacht haben. Hier zu fragen, ob ein Investor auch ein strategisches Interesse haben könnte, kann so falsch nicht sein. Denn wir sind nicht nur ungeübt bei anstehenden feindlichen Übernahmen (nicht einmal unter deutschen Akteuren, wie gerade das Gefecht um die Beteiligung von Schaeffler an Continental zeigte), sondern selbstverständlich müssen wir ein Interesse daran haben zu kontrollieren, was mit Telekommunikation, Stromversorgung oder Dienstleistungen von strategischer Bedeutung passiert - bevor andere es tun. Es ist durchaus ein legitimes Vorgehen, mit diesen Fragen Bundesministerien und den Gesetzgeber zu befassen. Das Zusammenbauen von Handys kann jedenfalls, wie der Fall Nokia gezeigt hat - trotz erheblicher öffentlicher Subventionen - nicht dauerhaft Arbeitsplätze sichern. Zukünftigen Besuchern arabischer Staaten kann mit auf den Weg gegeben werden: Ein 7,6-prozentiger Anteil an Daimler steht nicht zur Debatte. Aber andererseits würden es die Öl exportierenden Länder vermutlich auch nicht zulassen, dass ein Unternehmen ohne Zustimmung der herrschenden Klasse 25 Prozent an den Ölvorkommen des Landes verkaufen würde - selbst wenn der Investor der Einzige wäre, der Ölpumpen hätte."

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