Gespräch des Tages

Sparkassen - Nicht auf einer Insel

Große Verunsicherung an den Märkten schadet letztlich allen Marktteilnehmern. Insofern werden auch die deutschen Sparkassen mit gemischten Gefühlen die aktuellen Kursentwicklungen an den Börsen, die Orientierungslosigkeit der Politik sowie die unterschiedlichen Einschätzungen von Wissenschaftlern und von Chefvolkswirten in den Banken über die weitere wirtschaftliche Entwicklung registrieren. Der solide Start im ersten Halbjahr kann jedenfalls nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Sparkassen vor Ort nicht von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abkoppeln können. Im ersten Halbjahr war in den Sparkassen von möglicherweise getrübten Aussichten für das Restjahr aber noch wenig zu spüren. Ob in Ostdeutschland, in Baden-Württemberg oder in Westfalen-Lippe, überall konnten die Kreditzusagen insbesondere an Unternehmen und Selbstständige den Zwischenberichten aus den dortigen Regionalverbänden nach mit deutlichen, teils zweistelligen Zuwachsraten ausgeweitet werden. Und im Einlagengeschäft dürfen sich die S-Primären gerade in wirtschaftlich schwieriger werdenden Zeiten erhoffen, vom Trend zu möglichst sicheren Anlagen zu profitieren.

Dass sich die Sparkassen im und durch den Bankenwettbewerb stark verändern, verdeutlicht die Entwicklung zweier elementarer Zeitreihen (Abbildung). So erreichte die aggregierte Bilanzsumme laut Bundesbankzahlen per Ende 2010 rund 1082,9 Milliarden Euro und damit gegenüber dem Jahresultimo 1999 eine Steigerung um gut 17 Prozent. Parallel dazu hat sich die Zahl der Mitarbeiter von 282135 im Jahre 1999 um gut 12 Prozent auf 248137 zum Jahresende 2010 verringert. Wurde 1999 pro Mitarbeiter eine Bilanzsumme von 3,27 Millionen Euro generiert, so waren es 2010 gut 4,36 Millionen Euro. Sicher muss man bei solchen Daten hinterfragen, inwieweit es bei aller Bindung an die Realwirtschaft auch im Sparkassensektor eine Tendenz zu einem volumenträchtigeren Produktspektrum gibt. Und auch die verbesserte Zusammenarbeit im Verbund - etwa die sichtbaren Erfolge in der Konzentration der IT-Kompetenz wirken eindeutig in diese Richtung. Aber in einem wettbewerbsfreien Raum bewegen sich die S-Primären sicher nicht. Das dokumentieren nicht zuletzt die Anstrengungen im Private Wealth Management, der Aufbau von S-Dienstleistungsgesellschaften, die Nutzung des Pfandbriefs als Refinanzierungsinstrument und die ersten Übungen zum Einsatz von Social Media, wie sie allesamt in diesem Heft exemplarisch aufgegriffen werden.

Gleichermaßen vielfältige wie unkalkulierbare Verknüpfungen der deutschen und internationalen Bankenszene mit den Sparkassen gibt es nicht zuletzt über die (regulatorischen) Rahmenbedingungen. Angefangen von den Anforderungen an die Qualifikation der Aufsichtsorgane bis hin zu den Themen Bankenabgabe, Finanztransaktionssteuer und Basel III reichen die vieldiskutierten Maßnahmen, bei denen die beiden hiesigen Verbundgruppen ihre besonderen Bedingungen nur unzureichend berücksichtigt fühlen.

Im speziellen Fall der Umsetzung von Basel III bringt der DSGV-Präsident angesichts der ihm fehlenden Differenzierung nach den unterschiedlichen Bankengruppen gar ins Spiel, die Primärbanken von der Umsetzung der Regelungen auszunehmen. Inwieweit diese Überlegungen in den kommenden Monaten vorangetrieben werden oder nur als Argument für Änderungen bei der Umsetzung dienen, wird interessant zu beobachten sein. Immerhin mag es die Ortsbanken beruhigen, dass der EU-Kommissar Michel Barnier ihre Bedeutung für die Kreditversorgung in der Region ausdrücklich würdigt. Aber wie weit reicht solch ein wohlwollendes Grundverständnis aus Brüssel, wenn es darum geht, konkrete europäische Regelungen auszuarbeiten?

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