Gespräch des Tages

Private Banken - Lobbyismus pur

Lobbyismus, so eine gängige Definition, ist der Versuch der Einflussnahme auf politische Prozesse und Entscheidungsträger durch externe Teilnehmer - auch mit Hilfe von Machtgrundlagen - zur Verfolgung eines bestimmten Zwecks. Dabei geht es keineswegs immer um das Wohl des großen Ganzen, sondern durchaus um Branchen- wenn nicht gar Oligopolinteressen. Der Bundesverband deutscher Banken als Verband des privaten Bankgewerbes der Bundesrepublik macht Lobbying. Sein Präsident damit auch. Von daher kann es niemanden wirklich verwundern, dass nicht alle gegenwärtigen aufsichtlichen Maßnahmen und politischen Schuldzuweisungen dessen uneingeschränkte Zustimmung finden. Doch die Empfindlichkeiten und Befindlichkeiten nehmen nach fünf Jahren Krise, anhaltendem Misstrauen gegenüber der Kreditwirtschaft und immer neuen Manipulations- und Betrugsvergehen auf beiden Seiten zu. Öffentliche Schuldzuweisungen über allzu kreative Banken und Bankmitarbeiter, Spekulationen eines Zentralbank-Vorstands über die Angemessenheit der Risikovorsorge eines großen Einzelinstituts oder lautstark geäußerte Populismus-Verdächtigungen mögen zwar allesamt einen Kern Wahres enthalten, helfen aber sicherlich nicht weiter. So sehr man darüber diskutieren mag, dass Missstände aufgedeckt und damit in die Öffentlichkeit gezerrt werden, sollten sich doch zumindest die oberen Verantwortlichen ähnlich wie Trainer und Schiedsrichter an eine gewisse Vorbildfunktion erinnern.

Natürlich ist zunächst die Kreditwirtschaft selbst gefordert. Es rächt sich derzeit einfach die über viele Jahre forcierte allzu große finanzielle Abhängigkeit eines Teils der Beschäftigten von Verkaufserfolgen. Aber es wird sehr schwer werden, diese Mentalität zu ändern, sollte das überhaupt ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Wer seinen Ruhm lange Zeit nur durch Umsätze definierte und mehrte, wird nicht von heute auf morgen umzupolen sein. Da helfen auch zusätzliche interne Kontrollen oder Kontrolleure nichts, sondern dadurch droht nur wieder die Gefahr der Umgehung und neuer Skandale, wenn die Ausweichmanöver ans Licht kommen. Die allgemein herrschende Unruhe zeigt aber auch die Bedeutung des laufenden Assessment-Review durch die EZB und die EBA. Jürgen Fitschen, Co-Chef der Deutschen Bank und Präsident des BdB mahnt zu Recht "transparente Prozesse und glaubwürdige Ergebnisse an". Sonst droht ein Eigentor und eine der letzten Chancen auf die Zurückgewinnung von Vertrauen ist auch für die Aufseher vertan. Ob allerdings, wie vom BdB-Präsidenten angedeutet, eine "zu harte Konditionierung besser sei als eine zu weiche", ist zumindest dahingehend fraglich, wie der Markt auf viele "Sitzenbleiber" und erheblichen Kapitalbedarf des europäischen Bankensektors reagieren wird.

Doch auch jenseits der lobbyistischen oder politischen Scharmützel - je nach Sichtweise - droht dem Bankenverband Ungemach. Denn natürlich sind die Rahmenbedingungen alles andere als zufriedenstellend: scharfer Wettbewerb, Veränderungen im Kundenverhalten, hohe regulatorische Kosten, niedrige Zinsen und schrumpfende Margen erhöhen den Veränderungsdruck erheblich. Die erste typische Reaktion des Sparens hält Fitschen zwar für richtig, aber auch für gefährlich, denn "Gesundschrumpfen ist für die meisten keine Alternative". Vielmehr erwartet der Präsident zum einen verstärkte Ausweichbewegungen der großen Banken in Auslandsmärkte mit lukrativeren Ertragspotenzialen sowie Konsolidierungsbemühungen innerhalb der Konzerne durch das Abstoßen von Geschäftsbereichen und die verstärkte Nutzung von Plattformen. Für den europäischen Bankensektor prognostiziert Fitschen größere Veränderungen in Form des Aufkommens "größerer regionaler europäischer Banken, die im Wettbewerb zu lokalen Anbietern stehen". Die moderaten Töne an dieser Stelle gegenüber Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken mögen den ein oder anderen überraschen, sind aber vermutlich neben der allgemeinen Wertschätzung des BdB-Präsidenten für diese Bankengruppen und ihre Erfolge in den vergangenen Jahren der Struktur des eigenen Verbandes geschuldet, in dem die vielen kleineren regionalen und lokalen Banken zumindest zahlenmäßig deutlich dominieren. So kommt der (Lobby)-Kampf gegen zu viel Regulierung allen zugute.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X