Gespräch des Tages

Öffentliche Banken - Vorrang für einheitliche Regeln

"Die Finanzmarktkrise hat zahlreiche Schwachstellen offengelegt, die nun beseitigt werden müssen" so lautete die Kernbotschaft, die Christian Brand gleich zu Beginn der Jahresberichterstattung des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) verkündet hat. Mit der deutlichen Optimierung der Eigenkapitalausstattung der Finanzwirtschaft und des Risikomanagements der Institute sowie der Schließung erkannter Beaufsichtigungslücken hat der Präsident des VÖB dann auch konkrete Aufgabenfelder für die angestrebte Regulierung angesprochen. Doch die immer wieder erhobene Forderung nach einheitlichen Wettbewerbsbedingungen vermittelte insgesamt schon den Eindruck, als sei dies das wahre Oberziel des VÖB. "Im Spagat zwischen notwendiger Revision und Überregulierung", so klang es mehrfach an, tendiert der VÖB für ein Level Playing Field.

Dem Verband angesichts der bekannten Zähigkeit weltweiter Einigungsprozesse damit ein Plädoyer für ein schlichtes "Weiter so" zu unterstellen, geht allerdings zu weit. Denn der VÖB hat durchaus Vorstellungen von einem konkreten Regelungsbedarf formuliert. In einem Positionspapier spricht er sich beispielsweise für den Abbau von Risikokonzentrationen, für einen Risikoselbstbehalt bei Verbriefungsgeschäften, für höhere Kapitalanforderungen für Handelsgeschäfte und für eine stärkere Standardisierung des Derivatemarktes aus. Die derzeitige Flut an weltweiten Regulierungsbestrebungen indes birgt für die öffentlichen Banken die generelle Gefahr eines "regulatorischen Overkill". Mit den jüngsten BaFin-Regelungen zu Leerverkäufen vor Augen schwingt bei dieser Einschätzung zudem wohl die Befürchtung mit, als könnten es die deutsche Politik und die Regulatoren mit neuen Vorgaben ernster nehmen als andere Länder.

Dem daraus abgeleiteten Appell an Augenmaß und Weitsicht lässt sich wohl kaum widersprechen. Und wenn der VÖB in diesem Sinne gründliche Auswirkungsstudien und realistische Übergangsfristen fordert, bevor regulatorische Maßnahmen umgesetzt werden, ist das keinesfalls exotisch, sondern ein Gebot der Vernunft. Doch bei aller Mahnung zu einer gebührenden Vorbereitung stellt sich schon die Frage, ob und wie lange Politik und öffentliche Meinung Übergangsfristen ohne konkrete Regulierungsergebnisse noch mittragen. Die Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen der hiesigen Kreditwirtschaft im internationalen Reigen der Regulierung ist sicherlich ein hohes Gut. Im Zweifel allein auf die heilsamen Schockwirkungen der jüngsten Schieflagen zu setzen und eine international einvernehmliche Anpassung der bestehenden Regelungen an die heutigen Erfordernisse abzuwarten, reicht wahrscheinlich nicht aus. Weitere finanzielle Belastungen in den Größenordnungen von Finanzkrisen-, Griechenland- und Euro-Paketen können die öffentlichen Haushalte jedenfalls kaum stemmen.

Auf eine eher evolutionäre Entwicklung setzt der VÖB übrigens auch im Falle dringend notwendiger, weil längst überfälliger, struktureller Veränderungen der deutschen Landesbankenszene. Aus seiner Sicht bietet eine klare Ausrichtung auf das Prinzip starker Regionalbanken mit Fokus auf die Mittelstands- und Unternehmensfinanzierung unter rein betriebswirtschaftlichen Aspekten hinreichend viele Möglichkeiten, nach langfristig tragfähigen Geschäftsmodellen zu suchen. Die deutliche Abschmelzung der Bilanzsummen durch Beteiligungsverkäufe und die Aufgabe von Geschäftsbereichen stehen dabei ebenso im Kalkül wie ein Wechsel der Mehrheitseigentümer. An dieser Stelle kann sich der VÖB vermutlich leichter auf der Linie der Realitäten bewegen. Denn einerseits zielen die Brüsseler Wettbewerbsauflagen in diese Richtung, und andererseits korrespondiert das auch mit den politischen Vorstellungen in den wichtigsten Bundesländern.

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