Aufsätze

Neue Eigenkapitalanforderungen - Engpassfaktor für Banken?!

Der Höhepunkt der Finanzmarktkrise ist überschritten, jedoch ist die Diskussion um die - unter anderem aufsichtsrechtlich zu ziehenden Lehren zur Verhinderung künftiger Krisen nach wie vor in vollem Gange. Im besonderen Fokus der Diskussionen stehen dabei die regulatorischen Anforderungen an die Institute. Vor allem zusätzliche Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung von Banken werden derzeit heftig debattiert und auf verschiedenen Ebenen auch schon regelseitig umgesetzt. Die Vielzahl der Vorschläge und Änderungen zur Stärkung der Krisenfestigkeit der Kreditinstitute und zur Stabilisierung des Kapital- und Finanzmarktes insgesamt stellt die Institute vor die Herausforderung, die Planung ihrer Kapitalausstattung zu prüfen und entsprechend dem künftigen regulatorischen Umfeld anzupassen. So haben kürzlich die Bankaufseher des Baseler Komitees auf ihrem Treffen am 8. und 9. Dezember 2009 die Einführung antizyklischer Eigenkapitalpuffer sowie einer Leverage-Ratio diskutiert und noch vor Weihnachten (17. Dezember) einen Entwurf für Überarbeitung der Baseler Eigenkapitalvereinbarung veröffentlicht.

Fehlende Substanz

Die Lage des Finanzsektors hat sich seit dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise nicht zuletzt auch durch fiskal- und geldpolitische Maßnahmen - deutlich entspannt. Dies zeigt sich auch an den Geld- und Kreditmärkten, an denen sich die Risikoprämien für Kreditversicherungen (Credit-Default-Swap-Spreads) auf dem Niveau einpendelten, das sie vor der Leh-man-Insolvenz hatten. Allerdings sind nach der Meinung der Experten die Folgen der Finanzmarktkrise noch nicht ausgestanden und so fehle es weder an der aktuellen positiven Entwicklung noch an der erforderlichen Substanz. Die Gewinne der Banken in den letzten Monaten sind im Wesentlichen auf Werterholungen und volatile Handelserträge einerseits und den Abbau von Wertpapierpositionen und Repo-Geschäften andererseits zurückzuführen.1)

Als typische Folge einer Finanzmarktkrise wird eine zunehmende Anzahl von Unternehmensinsolvenzen und damit höhere Ausfälle von Krediten erwartet. Zudem nimmt die Bonität von Kreditnehmern weiter ab und erfordert aufgrund der Ratingverschlechterung eine höhere Eigenkapitalunterlegung der betroffenen Kreditengagements. Vor diesem Hintergrund dürfen die zuletzt gestiegenen Kapitalquoten der Banken nicht über die drohenden Verluste aus noch bestehenden Risiken hinwegtäuschen.

Auswirkungen auf das regulatorische Eigenkapital

Derzeit ziehen bereits die Regulatoren ihre Schlussfolgerungen aus der Finanzmarktkrise und überarbeiten unter anderem auch die Anforderungen an das bankaufsichtliche Eigenkapital von Banken.

Angemessene Eigenkapitalausstattung: Die derzeit bestehenden Regelungen zur Eigenkapitalausstattung der Banken wurde mit der Solvabilitätsverordnung (SolvV) zum 1. Januar 2007 durch den deutschen Gesetzgeber im Vergleich zu dem davor bestehenden Grundsatz I hinsichtlich der zu berücksichtigenden und zu bewertenden Risiken bei der Ermittlung der angemessenen Eigenkapitalausstattung maßgeblich überarbeitet. Weitgehend unverändert sind dagegen die aufsichtsrechtlich anerkannten Komponenten des haftenden Eigenkapitals geblieben, die im Wesentlichen noch auf der Baseler Eigenkapitalvereinbarung von 1988 (Basel I) beruhen.

Änderungen auf nationaler Ebene: Der Deutsche Gesetzgeber hat bereits mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und Versicherungsaufsicht2), das Teil des Maßnahmenpakets der Bundesregierung von Oktober 2008 ist, die nationalen Regelungen zur Eigenmittelausstattung der Institute geändert. Demnach erhält die BaFin zusätzliche präventive Befugnisse. So kann sie im Einzelfall anordnen, dass ein Institut Eigenmittelanforderungen einhalten muss, die über die Anforderungen der SolvV und über Maßnahmen bei organisatorischen Mängeln (§ 45b Abs. 1 KWG) hinausgehen, insbesondere

1. um solche Risiken zu berücksichtigen, die nicht oder nicht in vollem Umfang von der SolvV erfasst werden,

2. wenn die Risikotragfähigkeit eines Instituts nicht gewährleistet ist,

3. um den Aufbau eines zusätzlichen Eigenmittelpuffers für Perioden wirtschaftlichen Abschwungs sicherzustellen oder

4. um einer besonderen Geschäftssituation des Instituts, etwa bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit, Rechnung zu tragen (§ 10 Abs. 1b KWG).

Darüber hinaus wurden die Institute verpflichtet, eine Änderung des Verhältnisses von bilanziellem Eigenkapital zur Summe aus der Bilanzsumme, den außerbilanziellen Verpflichtungen und des Wiedereindeckungsaufwands für Ansprüche aus außerbilanziellen Geschäften (modifizierte bilanzielle Eigenkapitalquote) um mindestens fünf Prozent auf der Grundlage eines Monatsausweises oder der monatlichen Bilanzstatistik jeweils zum Ende eines Quartals im Verhältnis zum festgestellten Jahresabschluss des Instituts anzuzeigen (§ 24 Abs. 1 Nr. 16 KWG).

Änderungen auf Ebene der Europäischen

Union: Auf europäischer Ebene wurde zuletzt die Richtlinie 2009/111/EG vom 16. September 20093) zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2007/64/EG hinsichtlich Zentralorganisationen zugeordneter Banken, bestimmter Eigenmittelbestandteile, Großkredite, Aufsichtsregelungen und Krisenmanagement erlassen. Die Richtlinie ändert die regulatorischen Anerkennungsvoraussetzungen für Eigenkapital gemäß der Bankenrichtlinie (2006/48/EG) sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht. Die Änderungen der EU-Richtlinien sind spätestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2010 von den Mitgliedstaaten in Kraft zu setzen.

Erhöhte Anforderungen an die Qualität des Kernkapitals

Nach den derzeitigen aufsichtsrechtlichen Regelungen wird das haftende Eigenkapital in Kernkapital und Ergänzungskapital unterschieden, wobei das Ergänzungskapital auf die Höhe des Kernkapitals begrenzt ist. Das Ergänzungskapital wiederum wird in sogenanntes Upper Tier II (Ergänzungskapital 1. Klasse) und Lower Tier II (Ergänzungskapital 2. Klasse) unterschieden. Eine derartige Unterscheidung für das Kernkapital besteht derzeit weder im Rahmen der Regelungen auf europäischer noch auf nationaler Ebene. Künftig wird auch das Kernkapital in Kapital mit unterschiedlicher Haftqualität unterschieden werden; zum einen in die sogenannten Basiseigenmittel (teilweise auch hartes Kernkapital oder Core Tier I genannt) und das Kapital aus hybriden Kapitalinstrumenten. Die Basiseigenmittel sollen sämtliche Instrumente umfassen, die nach nationalem Recht als Beteiligungskapital gelten, die den Stammaktien bei der Liquidation im Rang gleichgestellt sind und die unter Zugrundelegung der Unternehmensfortführungsprämisse (going concern) gleichrangig mit Stammaktien eine vollständige Verlustabsorption bieten.

Ferner sollen die Basiseigenmittel sämtliche anderen Instrumente umfassen, die unter die satzungsmäßigen Bestimmungen der Kreditinstitute fallen, wobei die spezielle Struktur von Gesellschaften auf Gegenseitigkeit, Genossenschaften und ähnlichen Einrichtungen zu berücksichtigen ist, und die, insbesondere was die Verlustabsorption betrifft, hinsichtlich der Qualität ihres Kapitals als gleichwertig mit Stammaktien gelten. Instrumente, die den Stammaktien bei der Liquidation nicht im Rang gleichgestellt sind oder die unter Zugrundelegung der Unternehmensfortführungsprämisse nicht gleichrangig mit Stammaktien eine vollständige Verlustabsorption bieten, fallen unter die Kategorie der hybriden Instrumente.

Die hybriden Kapitalinstrumente weisen sowohl Merkmale von Eigenkapital- als auch Fremdkapitalinstrumenten auf. Mit der Änderungsrichtlinie 2009/111/EG werden nun erstmalig europaweit einheitliche Kriterien zur Berücksichtigungsfähigkeit von hybriden Finanzinstrumenten als Eigenmittel festgelegt. Zuvor bestand mit der sogenannten Sydney-Erklärung vom 28. September 1998 nur eine rechtlich unverbindliche Vereinbarung der Bankenaufseher im Baseler Ausschuss.

Nach Sydney und dem künftigen EU-Recht müssen die hybriden Kernkapitalinstrumente im Insolvenz- und Liquidationsfall nachrangig gegenüber den Ergänzungskapitalgebern haften und dem Institut grundsätzlich dauerhaft, das heißt unbefristet oder mindestens für 30 Jahre, zur Verfügung gestellt werden. Sie dürfen nach alleinigem Ermessen des Emittenten eine oder mehrere Kündigungsoptionen beinhalten, jedoch dürfen sie frühestens fünf Jahre nach dem Emissionstermin zurückgezahlt werden.

Sofern Instrumente mit unbefristeter Laufzeit einen Anreiz zur Rückzahlung (in der Regel Zinsanpassung - Interest Step-Up) beinhalten, darf dieser nicht innerhalb von zehn Jahren nach dem Emissionstermin wirksam werden. Würde das Institut im Falle von Zins- oder Dividendenzahlung nicht mehr über eine angemessene Eigenmittelausstattung verfügen, muss das Institut Zahlungen an die Gläubiger nach den Bedingungen der Instrumente ausfallen lassen können.

Quantitative Begrenzung im Rahmen des Kernkapitals

Neben den qualitativen Kriterien an die hybriden Kapitalinstrumente werden zugleich Anrechnungsgrenzen für ihre Anerkennung aufgestellt und zwar in Abhängigkeit von der jeweiligen Haftmittelqualität des hybriden Kapitalinstruments. So dürfen solche Instrumente, die nach ihren Bedingungen in Krisensituationen in Basiseigenmittel - beispielsweise Aktienkapital - umgewandelt werden können, nur bis zu 50 Prozent des Kernkapitals betragen. Innerhalb dieser Grenze von 50 Prozent des Kernkapitals dürfen Hybridkapitalinstrumente ohne eine solche Wandeloption in Krisenzeiten und ohne Rückzahlungsanreiz maximal 35 Prozent des Kernkapitals ausmachen. Hybridkapitalinstrumente mit Rückzahlungsanreiz werden innerhalb der 50-Prozent-Grenze auf maximal 15 Prozent des Kernkapitals beschränkt. Hybridkapital, das über diese Kappungsgrenzen hinaus geht, darf von den Instituten als Ergänzungskapital berücksichtigt werden.

Für bestehende Kapitalinstrumente, die nach derzeitigen Regelungen als Kernkapital anerkannt und die künftig als Hybridkapital qualifiziert werden, jedoch nicht die neuen Anrechnungsvoraussetzungen erfüllen, gibt es eine gestufte Übergangsregelung. Innerhalb der 50-Prozent-Grenze für das Hybridkapital dürfen diese Kapitalinstrumente 30 Jahre nach Inkrafttreten der Neuregelung weiterhin berücksichtigt werden. In den ersten zehn Jahren dürfen sie vollumfänglich berücksichtigt werden, in den zweiten zehn Jahren nach Inkrafttreten dürfen sie nur zu 20 Prozent des Kernkapitals und in den darauffolgenden zehn Jahren bis zu zehn Prozent des Kernkapitals angerechnet werden.

Sonstige Änderungen mit Auswirkungen auf die Eigenmittel

Nicht nur die Anforderungen auf der Kapitalseite werden durch die Änderungsrichtlinie 2009/111/EG verschärft, sondern auch jene für Adressrisiken, die aus Verbriefungstransaktionen resultieren. Und so muss künftig der Originator beziehungsweise Sponsor der Verbriefungstransaktion einen materiellen Nettoanteil von mindestens fünf Prozent der verbrieften Positionen zurückbehalten. Zudem werden die Kapitalanforderungen für Verbriefungen und Wiederverbriefungen im Handelsbuch denen des Anlagebuchs angeglichen, um Kapitalarbitragemöglichkeiten zwischen Anlage- und Handelsbuch zu verhindern. Ferner müssen Handelsbuchinstitute die inkrementellen Risiken des Handelsbuches mit Eigenkapital unterlegen.

Auch die Änderungen des Großkreditregimes werden sich mittelbar auf die Eigenmittel der Institute auswirken. So wird insbesondere die strengere Fassung des Privilegs für Interbankenkredite zur Folge haben, dass einige Kreditinstitute keine kurzfristigen Mittel mehr bei anderen Kreditinstituten aufnehmen können und sich gegebenenfalls über Eigenmittel refinanzieren müssen.

Beschlüsse des G20-Gipfels in Pittsburgh

Auf internationaler Ebene sind vor allem die Beschlüsse des G20-Gipfels in Pittsburgh vom 25. September 2009 zu nennen. Dort haben sich die 20 führenden Industriestaaten darauf verständigt, bis Ende 2009 Regelungen für die Harmonisierung der Eigenkapitaldefinition aufzustellen, wobei das Kernkapital überwiegend aus Aktienkapital und Rücklagen bestehen soll. Ferner wurde bereits im September 2009 vereinbart, sogenannte antizyklische Eigenkapitalpuffer zu fordern. Bis Ende 2012 sollen international vereinbarte Regelungen in Kraft treten, um die Quantität und Qualität der Eigenkapitalausstattung der Banken zu verbessern und überhöhte Verschuldung der Banken einzudämmen. Die Maßnahmen sollen mit einer weiteren Überarbeitung der Baseler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II) einhergehen.

Ergänzend zu den bestehenden Anforderungen der Säule I der Baseler Eigenkapitalvereinbarung wird die Einführung des Verschuldensgrads - sogenannte Leverage Ratio - als weitere aufsichtsrechtliche Kennzahl unterstützt. Um die Vergleichbarkeit dieser Kennzahl zu gewährleisten, sollen die Details des Leverage Ratio international harmonisiert werden und Unterschiede aufgrund der unterschiedlichen Rechnungslegungsvorschriften adjustiert werden. Die Neuregelungen sollen stufenweise und in Abhängigkeit der Erholung der Finanzmärkte und der Gesamtwirtschaft eingeführt und bis Ende des Jahres 2012 umgesetzt werden.

Folgen für die Banken

Während die Auswirkungen der Änderung der Bankenrichtlinie (2006/48/EG) auf die Eigenmittelanforderungen für Banken bereits sehr konkret sind, sind die geplanten Änderungen auf internationaler Ebene auf Basis der Beschlüsse des G20-Gipfels noch großteils wenig spezifiziert. Nichtsdestotrotz ist der von den G20-Mitgliedern gesetzte zeitliche Umsetzungsplan mit Ende 2012 ambitioniert und verlangt bereits heute von den Banken, diese künftigen Änderungen im Rahmen ihrer mittelfristigen Eigenkapitalplanung zu berücksichtigen. Dabei sind unterschiedliche Aspekte zu beachten.

Auswirkungen auf bestehende Kapitalbestandteile: Auswirkungen hat die Neuregelung insbesondere auf die Berücksichtigung von Vermögenseinlagen stiller Gesellschafter, die derzeit von den Banken als Kernkapital berücksichtigt werden können. Vor allem die öffentlich-rechtlichen Institute nutzen diese Form des Kernkapitals, da sie aufgrund ihrer Rechtsform keine anderen Kapitalbestandteile emittieren können und somit keinen Zugang zum Eigenkapitalmarkt haben. Auch der SoFFin hat im Rahmen von Rekapitalisierungsmaßnahmen Banken stille Einlagen gewährt. Sowohl einige Verbände als auch die deutsche Finanzaufsicht sprechen sich für den Erhalt von stillen Vermögenseinlagen als regulatorisches Kernkapital aus, letztlich wird jedoch die konkrete Umsetzung der Neuregelung auf nationaler Ebene in Deutschland abzuwarten sein.

Veränderte Finanzierungsbedingungen: Die künftige Unterscheidung des Kernkapitals in Basiseigenmittel und Hybridkapital führt zu einer Aufwertung des Aktienkapitals. Soweit die Banken aufgrund der eingangs noch bestehenden Risiken ihre Eigenkapitalausstattung durch Emission von Aktien stärken wollen, könnte dies zu einer Reihe von Kapitalerhöhungen führen. Gemäß einer Studie der Investmentbank JP Morgan4) haben die Banken in Europa, um die auf dem G20-Gipfel beschlossenen Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen, einen Eigenkapitalbedarf von 53 Milliarden Euro, davon entfallen allein 18,5 Milliarden Euro auf die börsennotierten Banken in Deutschland.

Insoweit ist mit einem verstärkten Wettbewerb der Banken am Eigenkapitalmarkt zu rechnen, der sich negativ auf die Kapitalkosten auswirken dürfte. Auch die Emissionsbedingungen der hybriden Eigenkapitalinstrumente werden sich künftig aufgrund der nun bestehenden qualitativen Anforderungen ändern. Hier wird abzuwarten sein, ob sich Investoren finden werden, die zu den veränderten Bedingungen bereit sind, den Banken Eigenkapital zu gewähren. Dies ist insbesondere für die deutschen Banken von Bedeutung, wie etwa Sparkassen, Landesbanken und Genossenschaftsbanken, die sich aufgrund ihrer Rechtsform nicht durch die Emission von Aktien finanzieren können.

Anforderungen der Ratingagenturen: Bereits heute gehen die Anforderungen der Ratingagenturen über die aufsichtlichen Mindestkennziffern hinaus und so wird aktuell eine Kernkapitalquote von mindestens acht Prozent von großen Privatbanken gefordert. Insofern ist es wahrscheinlich, dass die Ratingagenturen die Verschärfung der aufsichtsrechtlichen Regelungen als Anlass nehmen, ihre eigenen Anforderungen für ein Rating zu prüfen und gegebenenfalls zu verschärfen. Ferner werden sie die Erfüllung der künftigen regulatorischen Voraussetzungen durch eine Bank bereits heute in ihren Beurteilungen berücksichtigen und insoweit die Regelungen faktisch in zeitlicher Hinsicht - wenn auch nicht en detail - antizipieren.

Auch wenn Elemente des zukünftigen regulatorischen Eigenkapitalregimes noch nicht final geregelt sind, ist absehbar, dass Kapital für Banken auf geraume Zeit ein knappes Gut bleiben wird. Die Erwartung steigender Eigenkapitalanforderungen in Verbindung mit weiterhin bestehenden Verlustrisiken, insbesondere in den Kreditbüchern der Banken, lassen derzeit keine andere Voraussage zu.

Aktives Kapitalmanagement

In einem solchen Umfeld ist die Kapitalausstattung ein wesentlicher Faktor für den geschäftspolitischen Spielraum eines Institutes und bestimmt, ob Marktchancen aktiv genutzt oder dem Wettbewerb überlassen werden müssen. Spätestens damit rückt die Qualität des internen Kapitalmanagements in den Mittelpunkt des Interesses, denn nur eine vorausschauende, zuverlässige Kapitalplanung und -steuerung kann die entscheidungsrelevanten Informationen liefern, die das Top-Management zur Geschäftssteuerung benötigt.

Eine zentrale Anforderung einer vorausschauenden Kapitalsteuerung besteht darin, Auswirkungen von geschäftspolitischen Entscheidungen auf den zukünftigen regulatorischen und ökonomischen Kapitalbedarf zuverlässig bestimmen zu können. Dies erfordert, dass Abhängigkeiten zwischen der geplanten Geschäftsentwicklung (zum Beispiel des Neugeschäfts), daraus resultierenden Veränderungen des Risiko- und Ertragsprofils der Bank und letztendlich der abgeleitete Kapitalbedarf transparent gemacht werden können.

Dabei zeigen Erfahrungen aus den letzten Jahren, dass eindimensionale Sichtweisen vermieden werden sollten: Planungsergebnisse der verschiedenen Unternehmenssteuerungseinheiten einer Bank (zum Beispiel Controlling, Accounting, Risikomanagement, Treasury) müssen auf Basis konsistenter Annahmen und Szenarien in eine Gesamtsicht integriert werden, um wesentliche Abhängigkeiten zwischen den Treibern von Kapitalbedarf und Kapitalausstattung adäquat zu berücksichtigen. Dies ist am ehesten anhand einer vorausschauenden, szenariobasierten Kapitalplanung zu realisieren, die integraler Bestandteil der Geschäftsplanung ist.

Konsistenz zwischen Kapitalausstattung und Unternehmenszielen

Die Implementierung eines solchen Ansatzes hält naturgemäß umfangreiche Herausforderungen bereit, sowohl an die Gestaltung des Planungsprozesses als auch an die Verfügbarkeit von Informationen und die Quantifizierung kapitalrelevanter Effekte. Zudem sind in einem weiteren Schritt die Planwerte in passende operative Limite herunterzubrechen. Aber nur so kann neben der aufsichtsrechtlichen Kapitaladäquanz auch die Konsistenz zwischen Unternehmenszielen und Kapitalausstattung langfristig sichergestellt werden.

Diesen Herausforderungen müssen sich Banken jedoch bereits jetzt stellen, um Altregelungen und Übergangsfristen optimal nutzen zu können. Die übergreifende Steuerung des Kapitalbedarfs und der Kapitalausstattung wird auf absehbare Zeit das zentrale Thema für das Bankmanagement sein.

Fußnoten

1) Rede von Prof. Dr. Zeitler anlässlich der 12. Euro Finance Week vom 16. November 2009, www.bundesbank.de

2) Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und der Versicherungsaufsicht vom 29. Juli 2009 (BGBl. 2009 I, Seiten 2305 ff.).

3) Veröffentlicht im ABl. L 302, Seite 97 vom 17. November 2009.

4) Siehe Artikel vom 5. Oktober 2009, www.mana-ger-magazin.de.

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