Gespräch des Tages

Landesbanken - Eine gewisse Eigendynamik

Es war wohl kaum eine neu entdeckte Verbundenheit mit dem öffentlich-rechtlichen Sektor und speziell den Landesbanken, die den BdB-Präsidenten dazu bewogen haben, die leidige Strukturdebatte auf der traditionellen Herbstpressekonferenz seines Verbandes überhaupt nicht zu erwähnen. Sondern der Druck der diversen Brüsseler Beihilfeverfahren auf den deutschen Landesbankensektor, seine finanziellen Belastungen aus dem Gebührenaufkommen für die Garantien des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) und/oder das Auslaufen von Abschirmungen der Eigner haben zurzeit eine Eigendynamik entwickelt, die die privaten Banken in die komfortable Lage versetzt, erst einmal getrost die Entwicklung der Dinge abwarten zu können.

Dem größten Druck ist derzeit die WestLB ausgesetzt, denn dort gilt es schon bis Ende November, also noch vor Erscheinen dieser Ausgabe, die Garantien der Eigentümer in Höhe von vier Milliarden Euro abzulösen. Seit mehreren Wochen gab es Gespräche und Verhandlungen zwischen den WestLB-Eignern, dem SoFFin, dem Bund und diversen S-Gremien über die Usancen und die Haftungsrisiken der Gründung einer Abwicklungsanstalt für das betroffene WestLB-Portfolio unter dem Dach des SoFFin. In der letzten Novemberwoche sind die Beteiligten dabei von den zuvor mehr oder weniger vagen Äußerungen und Andeutungen aus verschiedenen Kreisen in die Offensive übergegangen und haben eine Inanspruchnahme der Sicherungsreserve der Landesbanken ins Spiel gebracht. Rund um ein Treffen der Landesbankenchefs war in wachsender Schärfe von Preispoker, einem erbitterten Kampf um die Lastenverteilung oder gar von Erpressung die Rede. Als Ergebnis dieser Sitzung verlautet vom DSGV: Es wurde "eine Verständigung auf einen finanziellen Beitrag in Zusammenhang mit der Abspaltung eines Portfolios der WestLB und dessen Überführung in eine Abwicklungsanstalt erzielt" (siehe Bankenchronik).

Am folgenden Tag hat die WestLB eine Presseerklärung herausgegeben, die bezeichnend die Situation widerspiegelt und dabei den Eindruck erweckt, als habe die Bank selbst mit der Sache nichts zu tun: "Die WestLB befindet sich in konstruktiven und zielführenden Verhandlungen zur Auslagerung eines Portfolios nicht-strategischer Aktivitäten im Volumen von zirka 85 Milliarden Euro in eine Abwicklungsanstalt gemäß § 8 a Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStFG). In diesem Zusammenhang sind schwierige haftungsrechtliche Fragen insbesondere mit dem SoFFin und den Eigentümern der WestLB als zukünftigen Träger einer Abwicklungsanstalt zu klären. Die WestLB-Eigentümer RSGV (Rheinischer Sparkassen- und Giroverband) sowie WLSGV (Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband) haben zur Abdeckung der auf sie entfallenden Verpflichtungen aus der Verlustübernahmegarantie für die Abwicklungsanstalt auch Gespräche über eine mögliche Inanspruchnahme der Sicherungsreserve der Landesbanken geführt. Die WestLB selbst hat zu keinem Zeitpunkt gegenüber der Sicherungsreserve der Landesbanken Unterstützungsleistungen beantragt."

In den drei anderen Landesbanken mit laufenden Beihilfeverfahren in Brüssel ist der momentane Zeitdruck nicht gar so stark. Die HSH Nordbank hat die relevanten Unterlagen Anfang September nach Brüssel eingereicht, die LBBW hat dort Ende Oktober ihren Restrukturierungsplan vorgelegt, und die Bayern-LB wartet schon seit April auf die endgültigen Brüsseler Reaktionen. Über die Schiene der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) freilich müssen die Münchener quasi zwei Beihilfeverfahren im Auge haben. Offizielle Signale aus Brüssel gibt es in allen Fällen bislang nicht. Und auch die betroffenen Landesbanken selbst halten sich mit eigenen Bewertungen betont zurück. Bis Ende des Jahres, so die Erwartung in allen drei Häusern, könnte es aber nähere Hinweise geben.

Was freilich die eine oder andere Andeutung sowie Äußerung aus dem Kreis der Träger sowie hin und wieder von "befreundeten" Landesbanken auslöst und ständig Kommentare in den Medien herausfordert, sind die beihilferechtlichen Würdigungen der EU-Kommission im Amtsblatt der EU. Auch wenn dort Passagen mit internen (Planungs-)Daten eingeschwärzt sind, wurde erst kürzlich wieder gemutmaßt, Brüssel könnten die Restrukturierungsvorschläge der HSH Nordbank nicht weit genug gehen. Und mit Blick auf das LBBW-Verfahren wurde kolportiert beziehungsweise kommentiert, dass eine Änderung der Eignerstruktur von Brüssel wohl nicht eingefordert würde. Im Verlauf solcher öffentlicher Debatten haben die Beteiligten immer wieder den Verdacht, ungleich behandelt zu werden, sei es gegenüber den privaten Banken oder anderen Landesbanken. Vor diesem Hintergrund ist übrigens auch die Klage des Westfälisch-Lippischen Sparkassenverbandes vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Auflagen der EU-Kommission im Zuge des WestLB-Beihilfeverfahrens einzuordnen.

Neben Brüssel lastet auch der geschäftspolitische Druck auf allen Landesbanken. Für das vierte Quartal erwarten einige einen deutlichen Anstieg der Risikovorsorge (siehe Zwischenberichte in diesem Heft). Die HSH Nordbank hat unterdessen schon vor dem im Finanzkalender für den 4. Dezember angekündigten Zwischenbericht zum dritten Quartal erste Eckdaten bekannt gegeben. Demnach haben sich die Gesamterträge per 30. September auf Grundlage des Kapitalmarktgeschäfts und Wertaufholungen zwar auf 1,919 (0,757) Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Gleichwohl wird ein Konzernfehlbetrag von minus 821 (minus 466) Millionen Euro verbucht. Nach Angaben der Bank beinhaltet dieser Verlustausweis unter anderem Zahlungen an die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein in Höhe von 203 Millionen Euro für die Bereitstellung der Garantien, Zahlungen an den SoFFin in Höhe von 83 Millionen Euro sowie 79 Millionen Euro für Restrukturierungsaufwendungen. Einige Zahlen: Deutlich auf 1,841 (0,509) Milliarden Euro aufgestockt hat die HSH im dritten Quartal die Risikovorsorge. Während sich der Zinsüberschuss bei 1,285 (1,268) Milliarden Euro vergleichsweise stabil zeigte, waren beim Provisionsüberschuss mit 154 (209) Millionen Euro Rückgänge zu verzeichnen. Einen Swing von gut einer Milliarde Euro weist mit 533 (minus 507) Millionen Euro das Handelsergebnis aus. Das Ergebnis aus Finanzanlagen fiel mit minus 159 (minus 213) Millionen Euro besser aus als im Vorjahr. Um rund elf Prozent auf 649 (730) Millionen Euro gesunken ist der Verwaltungsaufwand. Bei einer Bilanzsumme von 186,0 Milliarden Euro wird die Kernkapitalquote nach den Kapitalmaßnahmen des laufenden Jahres auf 10,2 Prozent beziffert.

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