Gespräch des Tages

Kreditvergabe - Firmenkunden pfui - Privatkunden hui

Die Kreditvergabe deutscher Banken und Sparkassen ist wiederum zurückgegangen. Für gewöhnlich reicht diese Aussage aus, um sämtliche Verbraucherschützer und mit ihnen auch gleich noch all die mit der Sache betrauten Politiker auf den Plan zu rufen. Nicht so im Moment, denn erst waren die Verantwortlichen mit dem Wahlkampf und nun mit dem Bilden einer Regierung beschäftigt. Da bleibt für Banken-Bashing ausnahmsweise mal keine Zeit. Das ist gut so, denn es wäre ungerecht. Die rückläufige Entwicklung liegt nicht etwa an der mangelnden Bereitschaft der Kreditwirtschaft, Kredite zu vergeben, sondern vielmehr an der zurückhaltenden Nachfrage der Unternehmen selbst. "Da die Entwicklung der Buchkredite an nicht finanzielle Unternehmen typischerweise einen Nachlauf gegenüber der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und den Investitionen von etwa drei Quartalen aufweist, kann der Großteil des Rückgangs der Unternehmenskredite mit der konjunkturellen Schwächephase gegen Jahresende 2012 sowie der schwachen Investitionstätigkeit deutscher Unternehmen erklärt werden", heißt es dazu im Monatsbericht August der Deutschen Bundesbank. Vor allem aus dem kurz- und mittelfristigen Bereich ziehen sich die Unternehmen zurück, was angesichts der historisch niedrigen Zinsen natürlich verständlich ist, denn schließlich möchte man sich die am liebsten so lange wie möglich sichern.

Allerdings spüren die Banken auch noch nichts von der Verbesserung der konjunkturellen Aussichten und einem Wiederanziehen der Investitionsbereitschaft. Das liegt zum einen daran, dass die Unternehmen gut mit Kapital ausgestattet sind und der Anteil der Innenfinanzierungen zugelegt hat. Zum anderen nutzen die Unternehmen inzwischen verstärkt andere Finanzierungsquellen. So fiel das über die Emission von Unternehmensanleihen beschaffte Finanzierungsvolumen nominal so hoch aus wie zuletzt vor gut zehn Jahren. "Insgesamt unterstreichen die Angaben der Finanzierungsrechnung aus dem ersten Vierteljahr den seit Jahren beobachtbaren Trend einer zunehmenden Substitution im Unternehmenssektor von Bankkrediten durch andere Finanzierungsformen und alternative Kapitalgeber", so die Bundesbank. So ist es nicht verwunderlich, wenn Bankenvertreter wie der BVR eine neue Regierung - in welcher Konstellation auch immer - anmahnen, möglichst schnell mit einem klaren Bekenntnis zu einer investitionsfreundlichen Politik den Investitionsstau aufzulösen. Ob es helfen wird?

Während das Firmenkreditgeschäft also schwächelt, boomt die Kreditvergabe an den Privatsektor. Das liegt natürlich an der enormen Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten, aber auch das Konsumentenkreditgeschäft zieht wieder an. So stieg der Bestand an Verbraucherkrediten im vergangenen Jahr in Deutschland um 0,8 Prozent auf rund 225 Milliarden Euro. Ganz anders sieht es im Rest von Europa aus, wo insgesamt ein Rückgang des Konsumentenkreditbestands zwischen 2008 und 2012 um knapp neun Prozent auf 1 056 Milliarden Euro zu beobachten war - so die Ergebnisse einer von der französischen Crédit Agricole Consumer Finance durchgeführten Studie. Demnach ist Deutschland nur eines von sechs Ländern in Europa, in denen die Nachfrage nach Verbraucherkrediten zulegte. Allerdings zeigt das doch noch verhaltene Wachstum, dass sich die Konsumlaune der Verbraucher, die seit Monaten die deutsche Konjunktur stützt, nicht eins zu eins in einer höheren Verschuldung niederschlägt. So ist die Pro-Kopf-Verschuldung 2012 sogar um 1,3 Prozent auf 2741 Euro zurückgegangen. Auch hier besteht also kein Grund für Verbraucherschützer aufzuschreien. Die Banken wird es freuen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X